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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
VwGG §41 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Ladislav, über die Beschwerde der E-KG in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 4. Jänner 1991, Zl. GA 14-2/Sch-99/1/1/90, betreffend Eingangsabgaben, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich im wesentlichen folgendes:
Im Verlaufe eines hier nicht in allen Einzelheiten darzustellenden Zollverfahrens, in dem die hier in Rede stehenden, in der Folge noch näher zu bezeichnenden Waren, in der gemäß § 52 Zollgesetz 1988 (in der Folge: ZollG) von dem von der Beschwerdeführerin bevollmächtigten Spediteur schriftlich abgegebenen Anmeldung vom 3. Juli 1989 als Gewürzsoße bzw. Gewürzsoßen unter Angabe der Nummer des Zolltarifs (in der Folge: Nr) 2103 Unternummer (in der Folge: UNr) 90 B bezeichnet worden waren, wurden je ein von der Beschwerdeführerin vorgelegtes Muster (je eine Packung zu je 227 g) der mit "Green Label Mango Chutney" (in der Folge als A) bezeichneten Ware und der mit "Bengal Hot Mango Chutney" (in der Folge als B) bezeichneten Ware von der Technischen Untersuchungsanstalt der Bundesfinanzverwaltung (in der Folge: TUA) untersucht. Mit Schreiben vom 10. Juli 1990 teilte die TUA dem Zollamt Wien danach im wesentlichen folgendes mit:
Zu A:
"Ein etikettiertes Glasgefäß mit 'Twist-off'-Verschluß ist mit einer rötlichbraunen, dickbreiigen, nach Essig riechenden, mit Fruchtstückchen durchsetzten Masse gefüllt.
Diese besteht im wesentlichen aus Mangofrüchten (tw. püriert, tw. in Stückchen) Zucker, Essig, Gewürzen (z.B. Paprika fein zerkleinert) und Kochsalz.
Die Ware erweist sich als gebrauchsfertige, würzige,
soßenartige Zubereitung."
Zu B:
"Ein Glasgefäß, versehen mit bunt bedrucktem Etikett und 'Twist-off'-Verschluß, enthält eine braune, dickbreiige Masse mit Geruch nach Essig und kleinen Stückchen durchsetzt.
Die Masse besteht im wesentlichen aus Mangofrüchten, Zucker, Essig, Gewürzen (z.B. fein zerkleinerter roter Paprika) und Kochsalz.
Die Ware erweist sich als gebrauchsfertige, würzige, soßenartige Zubereitung."
Abschließend schlug die TUA vor, beide Waren in die Nr 2103 90 B einzureihen, und wies informationshalber auf den Tarifbescheid Nr 5540 hin.
Die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (in der Folge: belangte Behörde) teilte den Inhalt dieses Schreibens der Beschwerdeführerin mit schriftlichem Vorhalt vom 30. Oktober 1990 im wesentlichen mit folgenden zusätzlichen Ausführungen mit:
Informationshalber werde auf die Ausführungen des Tarifbescheides Nr 5540, der die Waren der vorbezeichneten Art ebenfalls als "Gewürzsoßen" klassifiziere, hingewiesen. Dieser Tarifbescheid habe zwar mit Inkrafttreten des Zolltarifgesetzes 1988 (in der Folge: ZTG) seine Gültigkeit verloren - die tarifarische Beurteilung einer Ware nach objektiven Beschaffenheitskriterien sei jedoch nach wie vor zu beachten.
Innerhalb der ihr für eine Gegenäußerung eingeräumten Frist teilte die Beschwerdeführerin darauf der belangten Behörde mit Schreiben vom 14. November 1990 folgendes mit:
"In Beantwortung Ihres o.g. Schreibens teilen wir Ihnen mit, daß Sharwood's Mango Chutney von der weltweit bedeutendsten Herstell-Firma für Soßen, Pickles, Chutney's etc. produziert wird. Es handelt sich dabei um die klassische und ursprüngliche Form von Mango Chutney."
Abschließend wies die Beschwerdeführerin in dieser Vorhaltsbeantwortung darauf hin, daß diese Ware unter Nr 2001 90 "A" (richtig wohl gemeint: F1b und 2b) namentlich genannt sei und sie ersuchte, diese Ware in diese Nr richtig einzureihen.
Mit dem für das nunmehrige verwaltungsgerichtliche Verfahren noch wesentlichen Teil ihrer Berufungsentscheidung vom 4. Jänner 1991 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Eingangsabgabenbescheid des Zollamtes Wien vom 10. Juli 1989, soweit sie die zolltarifarischen Einwände betreffe, als unbegründet ab. Dies unter Anführung der Nrn 2001 und 2103 sowie des Punktes 1 der Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung des Zolltarifs (in der Folge: AV) insbesondere mit folgender Begründung:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei für die Anwendung des Punktes 1 der AV grundsätzlich die OBJEKTIVE BESCHAFFENHEIT einer Ware maßgeblich.
Diesbezüglich habe die TUA in dem - auch von der Beschwerdeführerin unwidersprochen gebliebenen - Befund vom 10. Juli 1990 festgestellt, daß sich diese Waren als gebrauchsfertige, würzige, soßenartige Zubereitungen erwiesen, die im wesentlichen aus Mangofrüchten (teilweise püriert, teilweise in Stückchen), Zucker, Essig, Gewürzen (z.B. Paprika fein zerkleinert) und Kochsalz bestünden.
Demnach erwiesen sich diese Waren als vorwiegend breiige Produkte, in denen die vereinzelt vorkommenden geringen Mengen an Fruchtstückchen unauffällig blieben und den Waren in ihrer Gesamtheit das Aussehen von in Farbe und Konsistenz nahezu homogenen Soßen der Nr 2103 verliehen.
Demgegenüber sei bei eingelegten Früchten und Fruchtstücken der Nr 2001 zu erwarten, daß diese in der Einlegeflüssigkeit ihre Form nahezu unverändert beibehielten.
Dieser Auffassung werde auch durch Z. 5 der Bemerkungen in den - nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als Auslegungsbehelf zu verstehenden - Erläuterungen zum Österreichischen Zolltarif (in der Folge: Erläuterungen) zu Nr 2001 untermauert, die wie folgt lautet:
"'Mango Chutney', das sind Stücke oder Schnitzel der Mangofrüchte, in Essig eingelegt, der mit Gewürzen und Zucker versetzt ist."
Ergänzend dazu werde in Z. 2 der Bemerkungen in den Erläuterungen zu Nr 2001 ausgeführt:
"Die Waren dieser Nr unterscheiden sich von den Soßen der Nr 2103 dadurch, daß die letztgenannten im allgemeinen Flüssigkeiten, Emulsionen oder Suspensionen sind, die praktisch keine sichtbaren Fruchtstücke, Gemüsestücke oder andere eßbare Pflanzenteile enthalten."
Daraus erhelle, daß eine Qualifizierung dieser Waren als
solche der Nr 2001, die nach ihrem Wortlaut "... Früchte mit
Essig ... zubereitet oder haltbar gemacht" erfasse, auf Grund
der allgemeineren Warenbezeichnung dieser Nummer gegenüber "Gewürzsoßen" der Nummer 2103 auszuschließen sei.
Schließlich gehe auch der Einwand der Beschwerdeführerin, diese Waren seien unter der Nr 2001 namentlich genannt, ins Leere, weil gemäß Punkt 6 AV in sinngemäßer Anwendung der AV zwar innerhalb des Begriffsumfanges einer Nr der Wortlaut der UNr maßgeblich sei, jedoch nur, soweit dieser nicht über den Begriffsumfang des Wortlautes einer Nr hinausgehe.
Im nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist die Beantwortung der Frage streitentscheidend, ob (im Sinn der angefochtenen Berufungsentscheidung) die hier in Rede stehenden Waren in die Nr 2103 90 B einzureihen sind oder (wie die Beschwerdeführerin vermeint) nicht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 2 ZTG bildet der im Anhang angeschlossene Zolltarif, der auch die AV für seine Auslegung und die Zollbegünstigungsliste umfaßt, einen Bestandteil dieses Bundesgesetzes.
Auf Grund der AV erfolgt die Einreihung von Waren in den Zolltarif nach den folgenden Grundsätzen:
1 - Die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Unterkapitel
stellen nur Hinweise dar; maßgebend für die Einreihung sind der Wortlaut der Nrn und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln sowie die nachstehenden Vorschriften, letztere jedoch nur insoweit, als sie dem Wortlaut der Nrn oder der Anmerkungen nicht widersprechen.
2 - a - Jede Bezugnahme auf eine Ware in einer Nr gilt auch
für die unvollständige oder unfertige Ware, wenn sie in diesem Zustand die wesentlichen Merkmale der vollständigen oder fertigen Ware hat. Sie gilt auch für die vollständige oder fertige oder nach der vorstehenden Bestimmung als solche geltende Ware, wenn sie zerlegt oder noch nicht zusammengebaut ist; in diesem Fall sind die einzelnen Elemente der zerlegten oder noch nicht zusammengebauten Ware nicht als Teile im Sinne des Zolltarifs anzusehen.
b - Jede Bezugnahme auf einen Stoff in einer Nr gilt
für diesen Stoff sowohl in reinem Zustand als auch gemischt oder in Verbindung mit anderen Stoffen. Ebenso gilt jede Bezugnahme auf eine Ware aus einem bestimmten Stoff für Waren, die ganz oder teilweise aus diesem Stoff bestehen. Die Einreihung solcher gemischter oder zusammengesetzter Waren erfolgt nach den Grundsätzen der Vorschrift 3.
3 - Kommen für die Einreihung von Waren bei Anwendung der
Vorschrift 2b oder aus einem anderen Grund zwei oder mehr
Nrn in Betracht, so ist wie folgt zu verfahren:
a - die Nr mit der spezifischeren Warenbezeichnung geht
den Nrn mit allgemeiner Warenbezeichnung vor. Die
Warenbezeichnungen von zwei oder mehr Nrn, von
denen sich jede nur auf einzelne Stoffe einer
gemischten oder zusammengesetzten Ware oder nur auf
einzelne Waren einer Warenzusammenstellung in
Aufmachung für den Kleinverkauf bezieht, sind
hinsichtlich dieser Waren als gleich spezifisch
anzusehen, auch wenn eine davon eine vollständigere
oder genauere Warenbezeichnung enthält.
b - Gemische und Waren, die aus verschiedenen Stoffen
oder Bestandteilen bestehen, sowie handelsübliche Zusammenstellungen von Waren, die in einer gemeinsamen Aufmachung für den Kleinverkauf vorliegen und die in einander ergänzender Weise verwendet werden, um eine bestimmte Tätigkeit oder die Deckung eines bestimmten Bedarfs zu ermöglichen, sind, wenn ihre Einreihung nicht nach der Vorschrift 3a erfolgen kann, so einzureihen, als würden sie zur Gänze aus jener Komponente (Stoff, Bestandteil oder Ware) bestehen, die ihr Wesen bestimmt, sofern diese Feststellung getroffen werden kann.
c - ist die Einreihung nach den Vorschriften 3 a und 3 b
nicht möglich, so ist die Ware in die der Numerierung
nach letzte der gleichermaßen in Betracht kommenden
Nrn einzureihen.
4 - Waren, die nach den vorstehenden Vorschriften nicht
eingereiht werden können, sind in die Nr jener Waren
einzureihen, denen sie am ähnlichsten sind.
5 - ...
6 - Maßgebend für die Einreihung von Waren in die UNrn
einer Nr sind der Wortlaut der UNrn und der Anmerkungen zu den UNrn sowie, in sinngemäßer Anwendung, die vorstehenden Vorschriften, wobei nur UNrn der gleichen Gliederungsstufe gegenüberzustellen sind. Vorbehaltlich gegenteiliger Bestimmungen sind bei Anwendung dieser Vorschrift auch die Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln heranzuziehen.
Nr 2103 hat folgenden Wortlaut:
Zubereitungen für Gewürzsoßen und zubereitete Gewürzsoßen; zusammengesetzte Würzmittel; Senfmehl, auch zubereitet, und Senf.
Diese Nr hat folgende UNrn jeweils mit nachstehendem
Wortlaut:
10 - Sojasoße ...
20 - Tomatenketchup und andere Tomatensoßen ...
30 - Senfmehl, auch zubereitet und Senf:
a - Senfmehl, auch zubereitet ...
b - andere ...
90 - andere:
A - Zubereitungen für Gewürzsoßen, auf der Grundlage von
Mehl, Gries, Stärke oder Malzextrakt ...
B - andere ...
Zur Vermeidung von Mißverständnissen wird an dieser Stelle bemerkt, daß aus den Anmerkungen zum Abschnitt IV und zu Kapitel 20 des Zolltarifs für die Einreihung der hier in Rede stehenden Waren nichts zu entnehmen ist.
Ausgehend von dem Grundsatz, daß im Interesse der Rechtssicherheit und einer geordneten Verwaltungstätigkeit bzw. der Meßbarkeit des Verwaltungshandelns das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen ist, wie sie im Wortlaut der Nr (und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln) festgelegt sind (siehe z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. September 1991, Zl. 90/16/0012, mit weiterem Hinweis), vermag der Verwaltungsgerichtshof - auf der Grundlage der von der belangten Behörde in der angefochtenen Berufungsentscheidung getroffenen Feststellungen der objektiven Merkmale der betreffenden Waren (ob diese Feststellungen die angefochtene Berufungsentscheidung mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belasten oder nicht, wird noch zu prüfen sein) - keine inhaltliche Rechtswidrigkeit in der Einreihung dieser Waren in die Nr 2103 UNr 90 B zu erblicken.
Nach den getroffenen Feststellungen handelt es sich bei diesen Waren nämlich um zubereitete Gewürzsoßen im Sinn von kalten Fertigsoßen, selbst wenn ihnen vor dem Konsum noch eine persönliche Note durch Verwendung weiterer Gewürze, Kräuter oder anderer Zutaten gegeben werden kann (siehe z.B. "Die Helfershelfer aus dem Supermarkt" in Zabert, Kochen - Die neue große Schule, Hamburg, ohne Angabe des Erscheinungsjahres, S. 254). Diese Auffassung steht im übrigen auch mit der für die Einreihung in die Nr des Zolltarifs nicht unwesentlichen Verkehrsauffassung (siehe z.B. das bereits angeführte Erkenntnis, auch im nunmehrigen Zusammenhang mit weiterem Hinweis) im Einklang. So handelt es sich z.B. nach Meyers Enzyklopädischem Lexikon, Band 5, Mannheim/Wien/Zürich 1972, S. 727, bei Chutney um eine Paste aus zerkleinerten, aber nicht passierten Früchten mit Zusätzen von Gewürzen (u.a. Ingwer, Pfeffer, Zucker), die zur Herstellung asiatischer Gerichte sowie als Beigabe zu Fischgerichten und kaltem Fleisch verwendet wird. Besonders bekannt sind Tomaten - Chutney und Mango - Chutney (siehe weiters z.B. Das große Duden-Lexikon, Zweiter Band, Mannheim 1965, S. 176; Brockhaus Enzyklopädie, Vierter Band, Wiesbaden 1968, S. 58; und Brockhaus - Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Zweiter Band, Wiesbaden - Stuttgart 1981, S. 107, bzw. Vierter Band, 1982, S. 576).
Diese Literaturangaben stehen im übrigen durchaus im Einklang mit den von der Beschwerdeführerin - entgegen dem aus § 41 Abs. 1 erster Satz VwGG abzuleitenden Neuerungsverbot und daher im nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtlichen - erstmals in ihrer schriftlichen Äußerung zur Gegenschrift der belangten Behörde vorgebrachten Zitaten aus der Fachliteratur. An dieser Stelle ist noch zu bemerken, daß auch das erstmalige Vorbringen der Beschwerdeführerin in dieser Äußerung, wonach die Lebensmitteluntersuchungsanstalt ... durch eine Untersuchung der Waren A und B folgende Feststellungen getroffen habe, gegen dieses Neuerungsverbot verstößt:
"Bei A handelt es sich um bis zu 3 x 2 x 1 cm große, grüngelbliche Pflanzenteile (offensichtlich Mangostücke) in braunorangefarbener, pastöser, trüber, fließfähiger Masse mit feinzerkleinerten, feinverteilten, roten, gewürzartigen Teilchen. Dazu kommen Würzingredienzen wie Zucker, Essig, Zuckerarten, Gewürze und Salze.
B stellt sich als ein aus ca. 0,4 x 0,3 x 0,2 cm großen, grüngelblichen Pflanzenteilen (offensichtlich Mangostücke) in orangebrauner, pastöser, trüber, fließfähiger Masse mit feinzerkleinerten, feinverteilten orangeroten, gewürzartigen Teilchen bestehendes Produkt dar. An Gewürzen enthält diese Ware die gleichen Zutaten wie das erstbeschriebene Produkt."
Wie die belangte Behörde zutreffend erkannte, stellen die Erläuterungen keine verbindliche Rechtsquelle, sondern lediglich einen Auslegungsbehelf dar. Diese Erläuterungen können einer Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden, wenn ihr Wortlaut dem normativen Gehalt der betreffenden Nr widerspricht (siehe z.B. das bereits zitierte Erkenntnis, auch im nunmehrigen Zusammenhang mit weiterem Hinweis).
Im vorliegenden Fall besteht jedoch kein solcher Widerspruch zwischen Nr 2103 und z.B. Bemerkung 3 und 5 der Erläuterungen zu dieser Nr. Nach dieser Bemerkung 3 gehörten zu dieser Nr auch bestimmte Erzeugnisse auf der Grundlage von Gemüsen oder Früchten. Diese unterschieden sich jedoch von den haltbar gemachten Erzeugnissen des Kapitels 20 - insbesondere von denen der Nr 2001 - dadurch, daß sie sich im wesentlichen als Flüssigkeiten, Emulsionen oder Suspensionen erwiesen, die nur sehr geringe Mengen sichtbare feste Stoffe enthielten (Hinweis auf die Bemerkungen zur Nr. 2001, betreffend diese Zubereitungen).
Auf Grund der Bemerkung 5 der Erläuterungen zur Nr 2103 seien Beispiele für Waren dieser Nr: Mayonnaise, Salat-Dressings, Soße Bearnaise, Soße Bolognaise (aus faschiertem Fleisch, Tomatenpüree, Gewürzen, usw.), Sojasoße, bestimmte würzende Pilzsoßen, Worcester-Soße (im allgemeinen auf der Grundlage einer dicken Sojasoße, gemischt mit einem Aufguß von Gewürzen in Essig, mit Zusatz von Salz, Zucker, Zuckercouleur und Senf), Tomatenketchup (Zubereitungen aus Tomatenmark, Zucker, Essig, Salz und Gewürzen) und anderen Tomatensoßen, Selleriesalz (eine Mischung von Kochsalz und feingemahlenem Sellerie-Samen) sowie bestimmte zusammengesetzte Würzmittel für die Wurstherstellung.
Die Beschwerdeführerin, die die hier in Rede stehenden Waren in die Nr 2001 mit der Warenbezeichnung Gemüse, Früchte und andere genießbare Pflanzenteile, mit Essig oder Essigsäure zubereitet oder haltbar gemacht eingereiht wissen will, scheint zunächst zu übersehen, daß der Verwaltungsgerichtshof auf Grund einer sogenannten Bescheidbeschwerde den angefochtenen Bescheid nur aufheben (kassieren) jedoch nicht abändern (reformieren) kann. Dennoch hält es der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Fall für nötig, auch zu dieser Nr 2001 UNr 90 F 1 b (in luftdicht verschlossenen Umschließungen mit einem Gewicht von 15 kg oder weniger: Mango Chutney) bzw. 2 b (sonstige: Mango Chutney) Stellung zu nehmen. An dieser Stelle ist der Vollständigkeit halber zu bemerken, daß "Mango Chutney" in dem "Internationalen Übereinkommen über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Kodierung der Waren" (s. BGBl. Nr. 553/1987) namentlich nicht genannt wird.
Der Beschwerdeführerin, die auf Grund der ausdrücklichen namentlichen Nennung von Mango Chutney in der angeführten UNr der Nr 2001 vermeint, die hier in Rede stehenden Waren müßten deshalb in diese Nr eingereiht werden, scheint weiters zu übersehen, daß das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften (und nicht in deren Bezeichnung) zu suchen ist (andernfalls könnte die vom Vertreter der Beschwerdeführerin in der Anmeldung gewählte Bezeichnung der Waren als Gewürzsoßen maßgebend sein), und läßt die Punkte 1 und 6 der AV unberücksichtigt. Nach der erstgenannten Tarifierungsvorschrift ist der Wortlaut der Nr (und nicht der UNr) maßgebend und nach der zweitgenannten Tarifierungsvorschrift sind nur UNr der gleichen Gliederungsstufe (Nr) gegenüberzustellen.
Im übrigen decken sich die Bemerkungen 2 zu den Erläuterungen zur Nr 2001 und die Bemerkungen 5 zu den UNr dieser Nr im wesentlichen mit den bereits angeführten Bemerkungen zu den Erläuterungen zur Nr 2103. Nach dieser Bemerkung 2 unterschieden sich die Waren dieser Nr von den Soßen der Nr 2103 dadurch, daß die letztgenannten im allgemeinen Flüssigkeiten, Emulsionen oder Suspensionen seien, die praktisch keine sichtbaren Fruchtstücke, Gemüsestücke oder andere eßbare Pflanzenteile enthielten. Laut der zuletzt zitierten Bemerkung 5 seien "Mango Chutney" Stücke oder Schnitzel der Mangofrüchte, in Essig eingelegt, der mit Gewürzen und Zucker versetzt sei.
Mangels eines gegenteiligen Wortlautes in den Nrn 2001 und 2103 und anderer hier anzuwendender Tarifierungsvorschriften vermag der Verwaltungsgerichtshof in der auf den Bemerkungen 3 (in Verbindung mit der Bemerkung 2 der Erläuterungen zur Nr 2001) und 5 zu den Erläuterungen zur Nr 2103 aufbauenden Auslegung der belangten Behörde keine inhaltliche Rechtswidrigkeit zu erblicken.
Nun ergibt sich aber aus der bereits zitierten Vorschrift des § 41 Abs. 1 erster Satz VwGG u.a. auch, daß der Verwaltungsgerichtshof bei der Überprüfung eines angefochtenen Bescheides eine Verletzung von Verfahrensvorschriften im Sinn des § 42 Abs. 2 Z. 2 und 3 VwGG von Amts wegen wahrzunehmen hat.
Bei der Erfüllung dieser Aufgabe fällt vor allem auf, daß die belangte Behörde bei den oben angeführten, der angefochtenen Berufungsentscheidung zugrundegelegten Feststellungen nicht nur von dem die hier in Rede stehenden Waren betreffenden Untersuchungsergebnis der TUA ausging, sondern mit diesem Teile des (z.B. in den ÖZSN 24/1980, S. 491 f, veröffentlichten) - von der belangten Behörde zutreffend als nicht mehr "gültig" erkannten - Tarifbescheides Nr 5540 verwob, nämlich "... in denen die vereinzelt vorkommenden geringen Mengen an Fruchtstückchen unauffällig bleiben und den Waren in ihrer Gesamtheit das Aussehen von in Farbe und Konsistenz nahezu homogenen Soßen der Nr. 2103 des Zolltarifs verleihen."
Die Verwendung dieser - vor allem zumindest ein schon im Jahre 1980 untersuchtes (vielleicht vergleichbares) Warenmuster betreffenden - Feststellungen stehen jedenfalls mit dem Untersuchungsergebnis der TUA vom 10. Juli 1990 "... mit
Fruchtstückchen durchsetzten Masse ... besteht im wesentlichen
aus Mangofrüchten (tw. püriert, tw. in Stückchen)" bzw. "... und kleinen Stückchen durchsetzt. Die Masse besteht im wesentlichen aus Mangofrüchten" in unaufgeklärt gebliebenem Widerspruch.
Da der Verwaltungsgerichtshof nicht auszuschließen vermag, daß die belangte Behörde bei Unterlassung der soeben aufgezeigten Verletzung von Verfahrensvorschriften zu einem anderen (für die Beschwerdeführerin günstigeren) Bescheid hätte kommen können, ist die angefochtene Berufungsentscheidung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Zuerkennung des Aufwandersatzes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage RechtsquellenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991160026.X00Im RIS seit
27.11.2001