TE Vwgh Erkenntnis 1992/5/18 90/10/0101

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Veröffentlicht am 18.05.1992
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Index

82/04 Apotheken Arzneimittel;

Norm

ApG 1907 §10 Abs2 Z1 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des Dr. A in W, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz vom 27. Februar 1987, Zl. IV-245.223/3-4/87, betreffend Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke durch den Mitbeteiligten in W (mitbeteiligte Partei: Mag. G in I, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in I), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von S 2.530,-- und dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid vom 10.Juni 1985 erteilte der Landeshauptmann von Tirol dem Mitbeteiligten gemäß den §§ 9 und 51 des Apothekengesetzes, RGBl. Nr. 5/1907 in der Fassung BGBl. Nr. 502/1984 (im folgenden: ApG), die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke mit dem Standort in W.

Die Inhaber der Nachbarapotheken in X und in S erhoben Berufung wegen mangelnden Bedarfes und Existenzgefährdung. Im Zuge des vom Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz durchgeführten ergänzenden Ermittlungsverfahrens gab der Mitbeteiligte als künftige Betriebsstätte ein Grundstück in der Mitte der Dorfstraße in W bekannt.

1.2. Mit Bescheid vom 27. Februar 1987 gab der Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz diesen Berufungen nicht Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe, daß der Standort "Ortschaft W" laute und die künftige Betriebsstätte auf einem Grundstück in der Mitte der Dorfstraße im Ortskern von W in Aussicht genommen sei. Der Bundesminister bejahte den Bedarf gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. a ApG und verneinte die Existenzgefährdung der beiden Nachbarapotheken.

Die Inhaber der genannten Nachbarapotheken erhoben Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.

1.3. Am 12. April 1990 folgte der Bundesminister für Gesundheit und öffentlicher Dienst dem Beschwerdeführer - er ist Inhaber einer ärztlichen Hausapotheke in W -, der sich im Sinne des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Dezember 1989, Zl. 87/08/0259 = ZfVB 1990/4/1604, auf seine Parteistellung im Apothekenkonzessionsverfahren berufen hatte, den unter Punkt 1.2. genannten Konzessionsbescheid vom 27. Februar 1987 aus.

1.4. Mit Erkenntnis vom 24. März 1992, Zl. 87/08/0089, wies der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde der Inhaber der Nachbarapotheken in X und in S gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz vom 27. Februar 1987, betreffend die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in W, als unbegründet ab. Auf die Darstellung des Inhaltes des Ministerialbescheides in diesem Erkenntnis sowie auf dessen Begründung wird verwiesen.

1.5. Gegen den Konzessionsbescheid vom 27. Februar 1987 wendet sich auch die vorliegende Beschwerde des hausapothekenführenden Arztes in W, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer sei als Partei übergangen worden und erachte sich in seinem Recht verletzt, daß in der Gemeinde W im Hinblick auf den mangelnden Bedarf keine öffentliche Apotheke bewilligt werde, denn eine solche Neuerrichtungskonzession müßte zur Zurücknahme seiner Hausapothekenbewilligung führen.

Zunächst wird geltend gemacht, daß eine ausreichende Bezeichnung der Betriebsstätte der neuen öffentlichen Apotheke weder namhaft noch glaubhaft gemacht worden sei. Im erstinstanzlichen Verfahren habe der Antragsteller keine Betriebsstätte bekanntgegeben; erst im Berufungsverfahren habe er ein nicht näher bezeichnetes Grundstück in der Mitte der Dorfstraße in W bekanntgegeben. Es liege ein Verfahrensmangel vor, der auch wesentlich sei. Die im Apothekengesetz vorgesehene Bedarfsprüfung könne nämlich nur von einem bestimmten Punkt aus vorgenommen werden. Die Bedarfsprüfung leide daher aus diesem Grund an einem wesentlichen Verfahrensmangel.

Die belangte Behörde gehe davon aus, daß auch die außerhalb des 4-km-Umkreises von der neuen öffentlichen Apotheke wohnhafte Bevölkerung als zu versorgende Personen berücksichtigt werden müsse und die gesamte Bevölkerung von Y und T ihren Medikamentenbedarf mangels anderer Bezugsmöglichkeiten in der öffentlichen Apotheke von W abdecken werde. Dem sei jedoch entgegenzuhalten, daß T aus den Ortsteilen N, T und V bestehe, wobei lediglich die Bewohner von N die Ärzte in W aufsuchten. Die Bewohner von T und V würden von dem in Z ansässigen praktischen Arzt ärztlich betreut und würden dessen Rezepte auch wie bisher in der nahegelegenen öffentlichen Apotheke von S einlösen. In der Nähe von N sei auch in der Gemeinde F ein praktischer Arzt ansässig, der ebenfalls einen Teil der am Randgebiet (von T) wohnhaften Bevölkerung ärztlich versorge. Dessen Rezepte würden wohl auch künftig bei der öffentlichen Apotheke in X eingelöst werden.

Auch die Bevölkerung von Wberg habe die Möglichkeit, die Rezepte in den öffentlichen Apotheken von X bzw. S einzulösen bzw. auch die dort praktizierenden Ärzte aufzusuchen.

Die Gemeinde P falle in das Versorgungsgebiet der öffentlichen Apotheke in S. Die Entfernung dorthin betrage ca. 3,9 km. Demgegenüber betrage die Entfernung nach W ca. 3 km. Da die Bevölkerung von P derzeit von den in Z und in S ansässigen Ärzten medizinisch betreut werde und die Medikamente großteils von der öffentlichen Apotheke in S beziehe, scheine auch die Zuordnung von 181 Bewohnern der Gemeinde P zu der geplanten öffentlichen Apotheke in W unzutreffend.

1.6. Die belangte Behörde erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof räumte dem Beschwerdevertreter die Möglichkeit ein, in die Verwaltungsakten Einsicht zu nehmen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Dem vom Beschwerdeführer zitierten hg. Erkenntnis vom 3. Juli 1986, Zl. 86/08/0055 = ZfVB 1987/2/418, lag ein Fall zugrunde, in dem sich der beschwerdeführende Bewerber um eine Apothekenkonzession geweigert hatte, die in Aussicht genommene Betriebsstätte bekanntzugeben. Der Verwaltungsgerichtshof gelangte im damaligen Beschwerdefall zu dem Ergebnis, daß die Konzessionsbehörde das Konzessionsansuchen in diesem Fall wegen der Unmöglichkeit einer Bedarfsprüfung zu Recht abgewiesen hatte. Im vorliegenden Fall geht es hingegen darum, ob durch die auf dem Boden der bekanntgegebenen künftigen Betriebsstätte erstellte Bedarfsprognose Rechte des beschwerdeführenden hausapothekenführenden Arztes verletzt wurden.

Dies ist nicht der Fall. Wenn nämlich die belangte Behörde die Angabe der Betriebsstätte mit "in der Mitte der Dorfstraße im Ortszentrum von W" dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt hat, so reichte dies aus, um sachverhaltsbezogen eine hinreichend präzise Umschreibung des Bereiches innerhalb von vier Straßenkilometern, gemessen von dem möglichen Ort der in Aussicht genommenen Betriebsstätte, zu gewährleisten. Eine für das Verfahrensergebnis relevante Unschärfe der Bedarfsprognose wird damit jedenfalls vom Beschwerdeführer nicht dargetan, zumal es - wie sich aus dem hg. Erkenntnis vom 24. März 1992, Zl. 87/08/0089, ergibt - weder in der Richtung von X (hier werden sich nicht alle in der 4-km-Zone wohnenden Personen der neuen Apotheke in W zuwenden) noch in der Richtung von Y und T (von wo auch außerhalb des 4-km-Umkreises wohnende Personen ihren Arzneimittelbedarf voraussichtlich in W decken werden) auf die 4-km-Zone ankommt.

2.2. Was das Kundenpotential aus dem 4-km-Umkreis, darunter insbesondere eines Teiles der Bevölkerung von P (nämlich 181 von 743 Einwohnern von P), und im Falle von T und Y auch jenes Potentials von außerhalb dieses 4-km-Bereiches anlangt und welches - selbst abzüglich der Einwohner der Ortschaft V im Gemeindegebiet von T - für eine positive Bedarfsprognose ausreicht, wird auf das bereits mehrfach zitierte, in dieser Sache ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. März 1992 verwiesen. Gleiches gilt auch für die dort erörterten Fragen der Fremdennächtigungen und der Pendler.

2.2.1. Hinsichtlich der eben erwähnten, innerhalb der 4-km-Zone wohnhaften 181 Einwohner von P läßt das Beschwerdevorbringen, das Gemeindegebiet falle in das Versorgungsgebiet von S, die der Bedarfsprognose zugrunde gelegten Feststellungen der belangten Behörde nicht als unschlüssig erscheinen, zumal der Beschwerdeführer selbst angibt, die Entfernung von dort nach S betrage 3,9 km, nach W jedoch 3 km, und weil im Hinblick darauf, daß auch in W ein praktischer Arzt seinen Ordinationssitz hat, es nicht darauf ankommt, daß die Bevölkerung von P "derzeit" von den in Z und in S ansässigen Ärzten medizinisch betreut werde. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 24. März 1992 ausgeführt hat, ist die belangte Behörde durchaus zutreffend davon ausgegangen, daß der Großteil der Bevölkerung von P - bei einer Gesamteinwohnerzahl von 743 - zur öffentlichen Apotheke in S tendiert und nur ein geringer Teil näher nach W hat, nämlich die angeführten 181 Einwohner. Wie der Gerichtshof dort weiters ausgeführt hat, ist es in einem solchen Fall hinsichtlich dieser 181 Personen durchaus zutreffend, bei Anwendung des § 10 Abs. 2 erster Satz in Verbindung mit Abs. 2 Z. 1 lit. a ApG auf die Entfernungen abzustellen und andere Gesichtspunkte, wie die "unvergleichliche Infrastruktur der Bezirkshauptstadt S" oder wie hier die behauptete teilweise "derzeitige" ärztliche Betreuung durch praktische Ärzte in Z oder in S hintanzustellen.

2.2.2. Dieselbe Überlegung gilt für die INNERHALB des 4-km-Bereiches wohnhafte Bevölkerung der Gemeinde T, das sind 695 Personen. Es besteht kein Grund, die Annahme der belangten Behörde für unschlüssig zu erachten, daß sich dieser Bevölkerungsteil der näher gelegenen neuen öffentlichen Apotheke in W zuwenden und sich, längerfristig gesehen, nicht mehr aus den weiter entfernt gelegenen, bestehenden öffentlichen Apotheken versorgen werde. Was die AUSZERHALB des 4-km-Umkreises wohnhafte Bevölkerung von T von 997 Personen anlangt, wurde bereits im hg. Erkenntnis vom 24. März 1992 die Bevölkerung des Ortsteiles V (821 Personen) nicht der geplanten öffentlichen Apotheke des Mitbeteiligten in W zugeordnet. Es verbleiben danach 5.754 zu versorgende Personen insgesamt. Im Hinblick auf die Überdeckung des gesetzlichen Mindestpotentials von 5.500 um 254 Personen, ist es rechtlich unerheblich, welcher der Apotheken sich die verbleibenden 176 Personen, die die belangte Behörde aus dem Bereich von T der neuen Apotheke als potentielle Kunden zugeordnet hat, zuwenden würden. Bemerkt sei dennoch, daß die geringere Entfernung von T nach W als nach Z - läßt man persönliche Präferenzen außer Betracht - es ohnedies nahelegen würde, daß der betreffende Bevölkerungsteil die Ordination des praktischen Arztes in W und nach dem Arztbesuch die dortige öffentliche Apotheke aufsuchen würde.

2.3. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 2 und 48 Abs. 3 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 5 und 7 sowie Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

2.5. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1990100101.X00

Im RIS seit

25.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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