Index
50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1973 §13 Abs7;Betreff
DerVerwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde der L Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 17. Dezember 1991, Zl. MA 63-G 497/91, betreffend Gastgewerbekonzession, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 17. Dezember 1991 wurde dem Ansuchen der beschwerdeführenden Gesellschaft m.b.H. vom 6. Februar 1991 um die Erteilung einer - hinsichtlich des Berechtigungsumfanges, des Standortes und der Betriebsräume und Betriebsflächen im einzelnen näher umschriebenen - Konzession für das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Kaffeehauses gemäß § 25 Abs. 2 im Zusammenhalt mit § 25 Abs. 1 Z. 1 und § 13 Abs. 7 in Verbindung mit § 193 Abs. 2 GewO 1973 nicht Folge gegeben. Unter einem wurde gemäß § 39 Abs. 5 GewO 1973 das Ansuchen der beschwerdeführenden Gesellschaft m.b.H. um Genehmigung der Bestellung des namhaft gemachten Geschäftsführers abgewiesen. Ferner wurde ausgesprochen, daß die mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 13. Februar 1991 gemäß § 206a GewO 1973 erteilte Bewilligung zur vorläufigen Ausübung des Gastgewerbes in der Betriebsart eines Espressos mit der Beschränkung auf die Vorverlegung der Sperrstunde auf 22.00 Uhr (Bescheid des Magistrates vom 31. Oktober 1990) endige. Zur Begründung wurde ausgeführt, im vorliegenden Fall sei der beschwerdeführenden Gesellschaft m.b.H. mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 13. Februar 1991 gemäß § 206a GewO 1973 die Bewilligung zur vorläufigen Ausübung des Gastgewerbes im bezeichneten Standort mit der Beschränkung der Vorverlegung der Sperrstunde auf 22.00 Uhr erteilt worden. Dieser Bescheid sei am 22. Februar 1991 in Rechtskraft erwachsen. In der Folge habe sich jedoch auf Grund von Anrainerbeschwerden herausgestellt, daß die Sperrstunde von 22.00 Uhr nicht eingehalten werde. Unter anderem sei von Organen der Bundespolizeidirektion Wien am 12. Juli 1991 ein Betrieb um 22.45 Uhr festgestellt worden. Außerdem sei mit Bescheid vom 13. August 1991 verfügt worden, daß der Billardtisch sowie die Musikanlage nicht betrieben werden dürfen. Auch diese Auflage sei nicht eingehalten worden, weshalb am 15. September 1991 von einer Nachbarin wegen unerträglicher Lärmimmission um 23.20 Uhr um Polizeiintervention habe ersucht werden müssen. Der Magistrat der Stadt Wien habe daher gegen den handelsrechtlichen Geschäftsführer der beschwerdeführenden Gesellschaft m.b.H. ein Strafverfahren eingeleitet. Auf Grund dieses Verhaltens sei davon auszugehen, daß L als Person mit maßgebendem Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte der beschwerdeführenden Gesellschaft m.b.H. die für die einwandfreie Ausübung des Gastgewerbes in der Betriebsart eines Kaffeehauses erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitze. Im Hinblick auf die Verweigerung der Konzession endige auch die Bewilligung zur vorläufigen Ausübung des Gastgewerbes gemäß § 206a GewO 1973.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die vorliegende Beschwerde enthält folgende Erklärung über
den Beschwerdepunkt:
"Durch den angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf ein gesetzmäßiges Gewerbeverfahren und damit in ihrem Recht auf Fortbestand der Bewilligung zur vorläufigen Ausübung des Gastgewerbes in der Betriebsart eines Espressos gemäß § 206a GewO 1973 mit den Berechtigungen nach § 189 Abs. 1 Z. 2 bis 4 GewO 1973 verletzt.
Darüber hinaus wurde die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Erteilung der Konzession für das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Kaffeehauses mit den Berechtigungen nach § 189 Abs. 1 GewO 1973, Z. 2 bis 4, gemäß § 25 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 193 ff GewO 1973 sowie auf Genehmigung der Bestellung des gewerberechtlichen Geschäftsführers gemäß § 39 GewO verletzt."
Im Hinblick auf diese Prozeßerklärung geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, daß sich die Beschwerdeführerin in dem auf § 193 Abs. 2 in Verbindung mit § 25 Abs. 1 Z. 1 und § 13 Abs. 7 GewO 1973 gestützten Recht auf antragsgemäße Erteilung der Gastgewerbekonzession verletzt erachtet. Sie trägt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes vor, die belangte Behörde sei einerseits von den umfangreichen Feststellungen des erstbehördlichen Bescheides abgegangen und habe andererseits, anders als die Erstbehörde, festgestellt, am 12. Juli 1991 habe ein Betrieb um 22.45 Uhr stattgefunden. Die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen reichten nicht aus, um dem Konzessionsansuchen nicht Folge zu geben. Aus dem in § 193 Abs. 2 GewO 1973 vorgesehenen Tatbestand des bisherigen Verhaltens ergebe sich, daß die Behörde verpflichtet sei, das Gesamtverhalten eines Konzessionswerbers zu prüfen. Wie in der Berufung vom 11. November 1991 ausgeführt, habe die Beschwerdeführerin vor der Verpachtung des Gewerbebetriebes bereits das gegenständliche Gewerbe im gegenständlichen Standort ausgeübt. Amtsbekannt sei, daß es in diesen Jahren der Gewerbeausübung durch die Beschwerdeführerin niemals zu irgendwelchen Beanstandungen gekommen sei. Es sei auch darauf hingewiesen worden, daß im seinerzeitigen Betriebsanlagengenehmigungsbescheid lediglich der Betrieb im Gastgarten mit einer auf 22.00 Uhr vorverlegten Sperrstunde limitiert gewesen sei. Die Beschwerdeführerin habe damals einen Gastgarten betrieben. Es habe niemals irgendwelche Beanstandungen über Verletzungen der Sperrstunde bzw. Lärmbelästigungen gegeben. Bei der Prüfung der Zuverlässigkeit eines Konzessionswerbers sei das gesamte Verhalten zu beurteilen. Aus den von der belangten Behörde festgestellten zweimaligen Verstößen könne nicht der Schluß abgeleitet werden, daß die Zuverlässigkeit des Konzessionswerbers im Sinne der zitierten Bestimmung nicht mehr gegeben sei. Der Bescheid sei aus diesem Grunde rechtswidrig.
Im weiteren wurde in der vorliegenden Beschwerde eine Unvollständigkeit des Ermittlungsverfahrens im Hinblick auf die Unterlassung der beantragten Zeugeneinvernahmen und der Unterlassung der beantragten Beischaffung von Verwaltungsakten, eine Verletzung des Parteiengehörs, ein Verstoß gegen den Grundsatz der materiellen Wahrheit und eine Verletzung der Verpflichtung der Behörde zur Bescheidbegründung geltend gemacht.
Im Grunde des § 25 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 ist die Bewilligung für ein konzessioniertes Gewerbe zu erteilen, wenn bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung von Gewerben (§§ 8 bis 15) keine Tatsachen vorliegen, die es zweifelhaft machen, ob der Bewerber oder, falls sich eine juristische Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes um die Konzession bewirbt, eine der im § 13 Abs. 7 genannten Personen die für die Ausübung des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit besitzt.
§ 13 Abs. 7 GewO 1973 stellt hinsichtlich der juristischen Personen und der Personengesellschaften des Handelsrechtes auf natürliche Personen ab, denen ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zusteht.
Nach § 193 Abs. 2 GewO 1973 ist die für die Erteilung einer Konzession für ein Gastgewerbe erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne des § 25 Abs. 1 Z. 1 - im Einleitungssatz des § 193 Abs. 1 wird ausdrücklich auf das Erfordernis der Erfüllung der dort angeführten Voraussetzungen hingewiesen - insbesondere dann nicht gegeben, wenn das bisherige Verhalten des Konzessionswerbers oder der Personen, mit denen sich der Konzessionswerber in einer Erwerbs- und Lebensgemeinschaft befindet, die Annahme rechtfertigt, daß das Gewerbe in einer nicht dem Gesetz entsprechenden oder in einer das Ansehen der österreichischen Fremdenverkehrswirtschaft schädigenden Weise ausgeübt werden wird.
Die Annahme, daß der Gewerbeinhaber die erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt, ist dann gerechtfertigt, wenn seine Handlungen oder Unterlassungen so beschaffen sind, daß das daraus zu gewinnende Persönlichkeitsbild erwarten läßt, es werde die Ausübung der beabsichtigten gewerblichen Tätigkeit gegen die im Zusammenhang mit dem Gewerbe zu beachtenden öffentlichen Interessen verstoßen, wie dies auch für den Fall der demonstrativen (arg.: insbesondere) Tatbestandsanführung im § 193 Abs. 2 GewO 1973 zutrifft (siehe u.a. das hg. Erkenntnis vom 22. November 1979, Zl. 3395/78).
In der Begründung eines Bescheides sind gemäß § 60 AVG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.
Insoweit sich der angefochtene Bescheid auf einen Betrieb am 12. Juli 1991 um 22.45 Uhr beruft, ergibt sich aus der Aktenlage, daß die belangte Behörde den - in den Akten des Verwaltungsverfahrens in Ablichtung erliegenden - Bericht der Bundespolizeidirektion Wien vom 16. Juli 1991 als Ergebnis des Ermittlungsverfahrens heranzog. Insoweit sich der angefochtene Bescheid weiters auf eine "unerträgliche Lärmemission" am 15. September 1991, um 23.20 Uhr, die zu einer Polizeiintervention geführt habe, beruft, ist den Akten des Verwaltungsverfahrens zu entnehmen, daß die belangte Behörde eine Stelle aus dem - ebenfalls in den Akten des Verwaltungsverfahrens in Ablichtung erliegenden - Antragsschriftsatz einer Nachbarin vom 24. September 1991 als Ergebnis des Ermittlungsverfahrens heranzog. Als weiteres Ergebnis des Ermittlungsverfahrens wurde nach der Begründung des angefochtenen Bescheides in Verbindung mit der Aktenlage die an L ergangene, mit 27. September 1991 datierte Aufforderung zur Rechtfertigung wegen Begehung von Verwaltungsübertretungen nach § 367 Z. 26 GewO 1973 herangezogen. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides sind im gegebenen Zusammenhang jedoch weder die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen noch eine sachverhaltsbezogene Beurteilung der Rechtsfrage ersichtlich, vielmehr fehlen die auf die Tatbestände des § 193 Abs. 2 in Verbindung mit § 25 Abs. 1 Z. 1 und § 13 Abs. 7 GewO 1973 bezogenen und mit einer Begründung im Sinne des § 60 AVG untermauerten Sachverhaltsfeststellungen. Solcherart läßt sich dem angefochtenen Bescheid nicht entnehmen, welches nach § 193 Abs. 2 in Verbindung mit § 25 Abs. 1 Z. 1 und § 13 Abs. 7 GewO 1973 relevante Verhalten die belangte Behörde als erwiesen annahm.
Es wurde somit die Verfahrensvorschrift des § 60 AVG außer acht gelassen, wobei nicht ausgeschlossen werden kann, daß bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit.c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den unter dem Titel "Barauslagen" geltend gemachten Betrag (siehe hiezu den Tatbestand "Barauslagen" in § 48 Abs. 1 Z. 1 VwGG).
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992040041.X00Im RIS seit
19.05.1992Zuletzt aktualisiert am
24.10.2010