TE Vwgh Erkenntnis 1992/5/20 92/01/0093

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Veröffentlicht am 20.05.1992
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
StbG 1985 §11;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des 1. I,

2. der E, 3. der G und 4. des I, alle in B, 3. und 4. Beschwerdeführer vertreten durch 1. und 2. Beschwerdeführer alle vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 16. Dezember 1991, Zl. Ia 370-122/88, betreffend Verleihung der Staatbürgerschaft an den Erstbeschwerdeführer und Erstreckung dieser Verleihung auf die Zweit- bis Viertbeschwerdeführer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- zu gleichen Teilen binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Erstbeschwerdeführers auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft und die Anträge der Zweitbis Viertbeschwerdeführer auf Erstreckung dieser Verleihung ab.

Sie ging dabei im wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus:

Der Erstbeschwerdeführer sei 1949 in Z/Türkei geboren und durch Geburt türkischer Staatsangehöriger. Eine andere Staatsangehörigkeit habe er nie besessen; als Flüchtling sei er nicht anerkannt. Er sei seit 1965 mit der Zweitbeschwerdeführerin, ebenfalls türkische Staatsangehörige, verheiratet. Aus dieser Ehe stammten drei Kinder, darunter die 1974 geborene Drittbeschwerdeführerin und der 1978 geborene Viertbeschwerdeführer.

Der Erstbeschwerdeführer sei 1973 als Gastarbeiter nach Österreich gekommen und habe hier seinen ordentlichen Wohnsitz. Bis 1985 sei er als Bauarbeiter berufstätig gewesen. Mit Notariatsakt vom 22. Februar 1985 habe der Erstbeschwerdeführer mit drei weiteren Personen eine GmbH mit Sitz in H, gegründet. Gegenstand des Unternehmens sei die Ausübung des Gastgewerbes im Gasthaus "C" in H, wo der Erstbeschwerdeführer auch seit einigen Jahren tätig sei.

Der Erstbeschwerdeführer sei von der Bezirkshauptmannschaft Bregenz wie folgt bestraft worden:

"-

Zl. X-4874-1987 vom 13.04.1987: Übertretung nach §§ 24 Abs. 1 lit. a und 99 Abs. 3 lit. a StVO S 200,--

-

Zl. X-7285-1987 vom 03.06.1987: Übertretung nach §§ 52 lit. a Z. 10a und 99 Abs. 3 lit. a StVO S 800,--

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Zl. X-10905-1987 vom 11.06.1987:

Übertretung nach §§ 52 lit. a Z. 10a und 99 Abs. 3 lit. a StVO S 300,--

Übertretung nach § 36 lit. e KFG S 500,-- Übertretung nach §§ 102 Abs. 1 und 14 Abs. 4 KFG S 100,--

Übertretung nach §§ 60 Abs. 1 und 99 Abs. 3 lit. i StVO S 300,--

Übertretung nach §§ 7 Abs. 1 und 99 Abs. 3 lit. a StVO

S 200,--

-

Zl. X-25609-1987 vom 22.12.1987:

Übertretung nach § 102 Abs. 5 lit. a KFG S 150,-- Übertretung nach § 102 Abs. 10 KFG S 100,-- Übertretung nach § 102 Abs. 10 KFG S 200,-- Übertretung nach §§ 22 Abs. 3 und 40 Abs. 2 Paßgesetz

S 200,--

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Zl. X-2492-1988 vom 01.02.1988: Übertretung nach §§ 24 Abs. 1 lit. a und 99 Abs. 3 lit. a StVO S 200,--

-

Zl. X-29234-1989 vom 18.12.1989: Übertretung nach §§ 20 Abs. 2 und 99 Abs. 3 lit. a StVO S 1.500,--"

Das Gasthaus "C" in H, an welchem der Erstbeschwerdeführer als Mitgesellschafter beteiligt sei, sei laut Bericht der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 22. März 1991 als "Schaltstelle für Schlepper" bekannt; es würden dort verbotene Glücksspiele durchgeführt und bestehe auch der Verdacht der Ausübung der Geheimprostitution. Derartige Mißstände bestünden dort seit längerer Zeit, was sich auch aus dem Berichte des Gendarmeriepostens H vom 21. Februar 1987 ergebe. Diesen Vorwürfen hätte der Erstbeschwerdeführer nicht widersprochen.

Dies wertete die belangte Behörde rechtlich dahin, daß eine Verleihung der Staatsbürgerschaft an den Erstbeschwerdeführer nur nach § 10 Abs. 1 StbG in Betracht komme. Nach dieser Bestimmung könne die Staatsbürgerschaft bei Vorliegen bestimmter allgemeiner Voraussetzungen verliehen werden, wenn der Bewerber seit mindestens zehn Jahren seinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich habe. Die Entscheidung darüber liege im Ermessen der Behörde. Bei Ausübung dieses Ermessens habe sich die Behörde gemäß § 11 leg.cit. von Rücksichten auf das allgemeine Wohl, die öffentlichen Interessen und das Gesamtverhalten der Partei leiten zu lassen.

Mit Rücksicht auf die Mißstände bei der Führung des Gasthauses "C", für die der Erstbeschwerdeführer als Mitgesellschafter und Mitarbeiter mitverantwortlich wäre, sei unter dem Gesichtspunkt des § 11 StbG die Verleihung der Staatsbürgerschaft aber nicht möglich. Da die Voraussetzungen für eine Verleihung nach den §§ 11a, 12, 13 und 14 leg.cit. nicht vorlägen, sei der Antrag des Erstbeschwerdeführers abzuweisen gewesen. Die Erstreckungsanträge wies die belangte Behörde mit der Begründung ab, daß eine Erstreckung gemäß § 18 leg.cit. nur gleichzeitig mit der Verleihung zulässig wäre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihren Rechten dadurch verletzt, daß die belangte Behörde trotz Vorliegens der Verleihungsvoraussetzungen gemäß § 10 StbG das Ansuchen abgewiesen habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer machen ausdrücklich unrichtige Ermessensübung durch die belangte Behörde geltend und gehen (ebenso wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift) davon aus, daß die vom angefochtenen Bescheid aufgelisteten Verwaltungsübertretungen nicht den Ausschlußtatbestand nach § 10 Abs. 1 Z. 6 StBG erfüllen. Die Vorkommnisse im Gasthof "C" seien nach Ansicht der Beschwerdeführer "völlig unkonkret und offenbar unbewiesen". Da der angefochtene Bescheid nicht behaupte, der Erstbeschwerdeführer habe von allfälligen Vorkommnissen Kenntnis gehabt bzw. diese Vorkommnisse verhindern können, stelle seine Begründung nur eine Scheinbegründung dar, die den Erfordernissen des § 58 Abs. 2 AVG nicht genüge.

Dem ist folgendes zu entgegnen:

Nach ständiger hg. Judikatur ist es der Behörde auch dann, wenn sie die Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft nach § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG als gegeben erachtet, nicht verwehrt, Umstände, die dabei bereits zu beurteilen waren, im Rahmen der Ausübung des freien Ermessens gemäß § 11 leg.cit. zu berücksichtigen (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 25. Februar 1987, Zl. 87/01/0013, Slg. N.F. Nr. 12.409/A und vom 7. Februar 1990, Zl. 89/01/0073). Im Rahmen der bei Bejahung der Einbürgerungsbedingungen des § 10 leg.cit. vorzunehmenden Ermessensübung ist gemäß § 11 Satz 1 leg.cit. auf das allgemeine Wohl, die öffentlichen Interessen und das Gesamtverhalten des Einbürgerungswerbers Rücksicht zu nehmen (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 4. April 1990, Zl. 89/01/0319).

Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang neben den - für sich allein nicht gravierenden - Verwaltungsübertretungen des Erstbeschwerdeführers sein Naheverhältnis zu den von ihr durchaus konkret bezeichneten Mißständen im Gasthaus "C" in ihre Erwägungen einbezogen und ausdrücklich betont, der Erstbeschwerdeführer habe den gegen ihn erhobenen Vorwürfen nicht widersprochen. Mit Rücksicht darauf, daß auf Grund des Inhaltes der Verwaltungsakten ein gewisses Naheverhältnis des Erstbeschwerdeführers zu den erwähnten Mißständen durchaus objektiviert ist, daß weiters der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers Gelegenheit hatte, zum Ergebnis der gepflogenen Ermittlungen nach Akteneinsicht Stellung zu nehmen und in seiner Eingabe vom 16. September 1991 nur auf die für den Erstbeschwerdeführer geltende Unschuldsvermutung verwies, ohne das aus dem Akteninhalt sich ergebende Naheverhältnis des Beschwerdeführers zu den erwähnten Mißständen und die Mißstände selbst im einzelnen zu bestreiten, kann der belangten Behörde keine rechtswidrige Ermessensübung angelastet werden, wenn sie die Vorkommnisse im Gasthof "C" im Zusammenhang mit den vom Erstbeschwerdeführer begangenen Verwaltungsübertretungen als Grund für eine für die Beschwerdeführer negative Ermessensübung herangezogen hat. Da sie ihre Ermessensentscheidung - anders als es die Beschwerdeführer sehen wollen _ auch hinreichend konkret begründet hat, haften dem angefochtenen Bescheid die behaupteten Rechtswidrigkeiten nicht an und war daher die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992010093.X00

Im RIS seit

20.05.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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