TE Vwgh Erkenntnis 1992/5/20 91/03/0087

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Veröffentlicht am 20.05.1992
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;
95/02 Maßrecht Eichrecht;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §46;
EichstempelV §1 Abs4;
KFG 1967 §101 lita;
MEG 1950 §36;
MEG 1950;
VStG §25 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des J in E, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in H, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 28. Februar 1991, Zl. 11-75 0 40-90, betreffend Übertretungen des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 28. Februar 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als Zulassungsbesitzer eines den Kennzeichen nach bestimmten Lkw-Zuges unterlassen, dafür zu sorgen, daß die Bestimmungen bezüglich der Beladung eingehalten werden, weil dieser Lkw-Zug von einer namentlich genannten Person am 11. Jänner 1990 um

10.45 Uhr auf der B 50 in Dörfl auf Höhe Str.Km 106,1 in Richtung Piringsdorf gelenkt worden sei, wobei das höchstzulässige Gesamtgewicht 1) des Lkws von 22 t durch die Beladung um 2.800 kg und 2) des Anhängers von 16 t durch die Beladung um 3.700 kg überschritten worden sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch zwei Verwaltungsübertretungen nach § 103 Abs. 1 KFG in Verbindung mit § 101 Abs. 1 lit. a leg. cit. begangen, weshalb über ihn zwei Geldstrafen (zwei Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt wurden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde gehe nach der Begründung ihres Bescheides davon aus, daß der Wiegevorgang mit einer funktionstüchtigen und vorschriftsmäßig geeichten bzw. plombierten Radlastwaage vorgenommen worden sei. Obwohl der Beschwerdeführer auf die Fehlerhaftigkeit der Radlastwaage hingewiesen und aus diesem Grunde beantragt habe, die bezughabenden Eichzertifikate der Radlastwaage beizuschaffen sowie ein SV-Gutachten aus dem Eich- und Vermessungswesen einzuholen, sei die belangte Behörde diesen Anträgen mit der Begründung nicht gefolgt, daß in Hinsicht auf die Zeugenaussagen der mit der Wägung betrauten Beamten die Aufnahme der angebotenen Beweismittel entfallen könne. Durch die unterbliebene Aufnahme der beantragten Beweise sei das Verfahren mangelhaft und ergänzungsbedürftig geblieben.

Diesem Vorbringen kommt unter dem Gesichtspunkte der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im Ergebnis Berechtigung zu.

Die belangte Behörde hielt den Einwänden des Beschwerdeführers gegen die bei der Abwaage festgestellten Gewichtsüberschreitungen die Zeugenaussagen der mit der Wägung betrauten Beamten entgegen, wonach der Wiegevorgang mit funktionstüchtigen und vorschriftsmäßig geeichten bzw. plombierten Radlastwaagen vorgenommen worden sei. Diese Waagen seien entsprechend den Verwendungsrichtlinien zunächst unter die sechs Räder des Zugfahrzeuges (drei Achsen) gelegt worden und danach seien die vier Räder (zwei Achsen) des Anhängers abgewogen worden. Die Summe der dabei festgestellten Gewichte seien addiert worden und hätte die angezeigte Überladung ergeben. Dadurch sei die festgestellte Überladung erwiesen. Damit bestünden keine Bedenken, die ein Sachverständigengutachten erfordern würden.

Die drei Gendarmeriebeamten, die die Abwaage durchführten, gaben als Zeugen übereinstimmend an, daß der Wiegevorgang mit geeichten und plombierten Radlastwaagen, die vom Bundesministerium für Inneres zur Verfügung gestellt worden seien, vorschriftsmäßig vorgenommen worden sei. Zur ordnungsgemäßen Eichung der Radlastwaagen erklärte einer der Zeugen, "daß diese durch die ordnungsgemäße Plombierung bei der Zuweisung den Vorschriften des Maß- und Eichgesetzes entsprechen". Der zweite Zeuge gab hiezu an, "daß die Radlastwaagen auf Grund der Zuteilung seitens des Bundesministeriums für Inneres geeicht bzw. mit einer Plombe versehen sind". Der dritte Zeuge sagte dazu aus, daß die Radlastwaagen "den Vorschriften des Maß- und Eichgesetzes entsprechen und auch dementsprechend überprüft werden". Von den Zeugen wurden auch Marke und Type sowie die Fertigungsnummern der sechs verwendeten Radlastwaagen angegeben.

Im Beschwerdefall geht es unter anderem um die Frage, ob die verwendeten Radlastwaagen zum Zeitpunkte der Abwaage eine den Eichvorschriften für Achs- und Radlastmessern entsprechende Eichung aufgewiesen haben, was vom Beschwerdeführer bestritten wurde. Diese Frage kann entgegen der Ansicht der belangten Behörde allein auf Grund der Zeugenaussagen nicht mit einer für das Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit bejaht werden. Denn aus diesen Aussagen geht zwar hervor, daß die Radlastwaagen geeicht und mit einer Plombe versehen waren, ihnen ist aber nicht zu entnehmen, wann die letzte Eichung stattgefunden hat. Die Aussage eines der Zeugen, daß die Waagen "auch dementsprechend überprüft werden", ist global und läßt offen, wann eine derartige Überprüfung zuletzt vorgenommen wurde. Aus den von den Gendarmeriebeamten bekanntgegebenen Fertigungsnummern der Waagen ist für die Beantwortung der hier in Rede stehenden Frage nichts zu gewinnen. Wohl aber hätte auf Grund der - nicht bekanntgegebenen - Plombierungsnummern die letzte Eichung festgestellt werden können, da sich aus der Eichplombe der Zeitpunkt der letzten Eichung ergibt. Das bei der Eichung (Stempelung) verwendete Eichzeichen enthält nämlich als Jahreszeichen die letzten drei Zeichen der Jahreszahl (vgl. § 1 Abs. 4 Eichstempelverordnung, BGBl. Nr. 239/1950, und § 36 Maß- und Eichgesetz; siehe auch das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1991, Zl. 90/03/0190). Aber auch die Einholung einer Stellungnahme des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen, allenfalls der Eichscheine selbst, wie dies vom Beschwerdeführer beantragt wurde, hätte objektiv zur Klarstellung des Sachverhaltes in diesem Punkte beitragen können. Da gemäß § 25 Abs. 2 VStG die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen sind wie die belastenden, hätte sich die belangte Behörde über den Beweisantrag des Beschwerdeführers nicht hinwegsetzen dürfen (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1992, Zl. 91/03/0237).

Da die belangte Behörde derartige Ermittlungen unterließ, blieb nicht nur der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkte ergänzungsbedürftig, sondern wurden auch Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, wobei sich eine Auseinandersetzung mit dem weiteren Beschwerdevorbringen erübrigte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das über den Betrag von S 11.120,-- hinausgehende Begehren für den Schriftsatzaufwand war im Hinblick auf die Pauschlierung des Schriftsatzaufwandes abzuweisen.

Schlagworte

Beweismittel UrkundenBeweismittel Zeugenbeweis Zeugenaussagen von AmtspersonenAblehnung eines Beweismittels

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991030087.X00

Im RIS seit

19.03.2001

Zuletzt aktualisiert am

02.07.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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