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90 Straßenverkehrsrecht, KraftfahrrechtNorm
B-VG Art10 Abs1 Z9Leitsatz
Klage eines Beamten des Landes Kärnten auf Vergütung für die als technischer Sachverständiger nach den Vorschriften des KFG 1955 und des KFG 1967 erstatteten Gutachten; während der Geltungsdauer des KFG 1955 dienstrechtlicher Anspruch; kein bloßes Liquidierungsbegehren; Zurückweisung des Klagebegehrens in diesem Umfang wegen fehlender Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes; zulässiges, dem Grunde nach zu Recht bestehendes Klagebegehren für die Jahre 1968 bis 1971; keine "Verschweigung", keine Verjährung des Anspruchs; Festsetzung der ziffernmäßigen Höhe nach §273 Abs2 ZPO; Zuspruch von Zinsen ab Verzug; Aufhebung der Kosten gegeneinanderSpruch
Das Land Kärnten ist schuldig, dem Kläger den Betrag von S 143.376,-- samt 4 % Zinsen ab 1. April 1988 zu Handen seines Vertreters binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu bezahlen.
Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger jeweils 4 % Zinsen aus S 23.892,-- seit 1. 1. 1969, aus S 21.356,-- seit 1. 1. 1970, aus S 48.060,-- seit 1. 1. 1971 und aus S 50.068,-- seit 1. 1. 1972, jeweils bis 31. März 1988, zu bezahlen, wird abgewiesen.
Im übrigen wird die Klage als unzulässig zurückgewiesen.
Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Kläger ist Beamter des Landes Kärnten. Er befindet sich seit 1. Oktober 1987 im dauernden Ruhestand. Zuvor war er als vom Landeshauptmann von Kärnten bestellter technischer Sachverständiger nach den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes 1955, BGBl. 223 (im folgenden: KFG 1955), und des Kraftfahrgesetzes 1967, BGBl. 267 (im folgenden: KFG 1967), tätig und erstattete für die zuständige Behörde Gutachten.
Mit der auf Art137 B-VG gestützten Klage begehrt der Kläger, das Land Kärnten zu verhalten, ihm an Vergütung für die Erstattung von Gutachten in den Jahren von 1958 bis einschließlich 1971 den Betrag von S 215.376,-- samt 4 % Zinsen aus je S 7.200,-- ab 1.1.1959, 1.1.1960, 1.1.1961, 1.1.1962, 1.1.1963, 1.1.1964, 1.1.1965, 1.1.1966, 1.1.1967 und 1.1.1968, aus S 23.892,-- seit 1.1.1969, aus S 21.356,-- seit 1.1.1970, aus S 48.060,-- seit 1.1.1971 und aus S 50.068,-- seit 1.1.1972 zu bezahlen und die Kosten dieses Verfahrens zu ersetzen.
Dieser Anspruch wird der Sache nach im wesentlichen damit begründet, die beklagte Partei habe dem Kläger für seine Gutachtertätigkeit für die Jahre von 1958 bis 1970 überhaupt keine und für das Jahr 1971 nur eine teilweise Vergütung - nämlich bloß in der Höhe von S 12.000,-- - bezahlt.
2. Die beklagte Partei hat in einer Gegenschrift die Unzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes mit der Begründung eingewendet, daß die begehrte Vergütung durch Bescheid der Dienstbehörde festzusetzen sei. Inhaltlich hat sie den Anspruch dem Grunde und der Höhe nach bestritten. Zum Grund des Klagsanspruches hat sie zum einen vorgebracht, daß dieser durch Verschweigung erloschen sei, weil der Kläger die ihm seiner Ansicht nach zustehenden Beträge nie eingefordert und sie erst nach so langer Zeit mit Klage geltend gemacht habe; zum anderen hat sie die Einrede der Verjährung erhoben.
Beide Parteien haben - teilweise über Aufforderung des Verfassungsgerichtshofes - weitere Äußerungen erstattet.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Nach Art137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche an den Bund, die Länder, die Bezirke, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind. Art137 B-VG enthält demnach für vermögensrechtliche Ansprüche gegen Gebietskörperschaften eine suppletorische Zuständigkeitsordnung, hat aber nicht den Sinn, neben bereits bestehenden Zuständigkeiten eine konkurrierende Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes einzuführen oder jene abzuändern (s. etwa VfSlg. 11.395/1987; vgl. bereits VfSlg. 3287/1957).
2.a) Mit der Klage wird ein vermögensrechtlicher Anspruch gegen das Land Kärnten geltend gemacht. Soweit eine Vergütung für die Erstattung von Gutachten in den Jahren von 1958 bis einschließlich 1967 begehrt wird, ist das KFG 1955 die maßgebliche Rechtsgrundlage. Nach §107 erster Satz KFG 1955 gebühren den gemäß §102 KFG 1955 bestellten Sachverständigen, soweit sie nicht dem Personalstand einer Gebietskörperschaft angehören, für ihre Gutachtertätigkeit die in der Anlage zum KFG 1955 angeführten Vergütungen. In bezug auf die dem Personalstand einer Gebietskörperschaft angehörenden Sachverständigen enthält §107 dritter Satz KFG 1955 folgende Regelung:
"Ob und inwieweit den vorerwähnten Sachverständigen, die dem Personalstand einer Gebietskörperschaft angehören, für ihre Gutachtertätigkeit eine Vergütung gebührt, richtet sich nach den dienstrechtlichen Vorschriften über die Zuerkennung von Nebengebühren."
Das KFG 1955 unterläßt es mithin, eine Regelung über die Vergütung für die dem Personalstand einer Gebietskörperschaft angehörenden Sachverständigen zu treffen; es geht vielmehr davon aus, daß für das Bestehen eines Vergütungsanspruches und gegebenenfalls für dessen Höhe ausschließlich die dienstrechtlichen Vorschriften maßgebend sind.
Die Vorschrift des §107 dritter Satz KFG 1955 hat die Bedeutung eines bloßen Hinweises ohne normativen Charakter (vgl. in diesem Zusammenhang etwa die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 5158/1965 und 5693/1968). Dies ergibt sich nicht allein aus dem Wortlaut dieser Vorschrift, sondern wird auch aus der Bestimmung des §107 fünfter Satz KFG 1955 deutlich, der auf den Fall abstellt, daß ein dem Personalstand einer Gebietskörperschaft angehörender Bediensteter (nach den für ihn maßgebenden dienstrechtlichen Vorschriften) keine oder eine niedrigere Nebengebühr erhält als den Vergütungsansätzen der Anlage zum KFG 1955 entspricht. Bestätigt wird dies schließlich durch die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage betreffend das Kraftfahrgesetz 1967 (186 BlgNR 11. GP, S 128, Zu §129 Abs2), in denen ausdrücklich hervorgehoben wird, daß die Bestimmung des §107 dritter Satz KFG 1955 "materiell nur einen Hinweis auf andere, ohnehin anwendbare Bestimmungen" darstelle (Hervorhebung nicht im Original).
Während der Geltungsdauer des KFG 1955, somit vom 1. Jänner 1956 (§112 KFG 1955) bis zum 31. Dezember 1967 (§135 KFG 1967), richtete sich mithin ein allfälliger Anspruch der gemäß §102 KFG 1955 bestellten Sachverständigen, die dem Personalstand einer Gebietskörperschaft angehörten, ausschließlich nach den für sie jeweils geltenden dienstrechtlichen Vorschriften.
In Kärnten galt in diesem Zeitraum das Landesdienstrechts-Überleitungsgesetz (LD-ÜG), LGBl. 54/1949 idF der Gesetze LGBl. 32/1954, 28/1957 und 43/1959 sowie der Kundmachung LGBl. 31/1954. Es wurde mit Kundmachung der Landesregierung LGBl. 54/1959 auf Grund des Landes-Wiederverlautbarungsgesetzes, LGBl. 24/1948, als "Landesdienstrechts-Überleitungsgesetz 1959" neu verlautbart. Nach §2 LD-ÜG (in der Stammfassung) sind - unter anderem - die "für das Dienstrecht einschließlich des Besoldungs-(Pensions-) und Disziplinarrechtes sowie für die Personalvertretung bei Dienststellen des Bundes maßgebenden Bundesgesetze" in der jeweils geltenden Fassung - soweit im LD-ÜG nichts anderes bestimmt wird - auch für Landesbeamte mit bestimmten (verfassungsrechtlich bedingten) Modifikationen anzuwenden. Das im ersten Satz des §2 LD-ÜG enthalten gewesene Wort "jeweils" wurde mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 6290/1970 gemäß Art140 B-VG als verfassungswidrig aufgehoben. Die Aufhebung wurde durch den Landeshauptmann im Landesgesetzblatt Nr. 141/1970 kundgemacht. Das betreffende Stück des Landesgesetzblattes wurde am 16. Dezember 1970 ausgegeben und versendet. Die Aufhebung ist daher an diesem Tag in Kraft getreten. Sie bewirkte, wie der Verfassungsgerichtshof in der Begründung des zitierten Erkenntnisses dargelegt hat, daß auf Grund des §2 LD-ÜG weiterhin die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Aufhebung maßgebenden Bundesgesetze als Landesgesetze galten, spätere Änderungen der Bundesgesetze aber von der Gesetzesstelle nicht mehr erfaßt wurden. In diesem Zeitpunkt waren die Nebengebühren in §15 (Stammfassung) des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. 54 (im folgenden: GG 1956), die Entschädigung für Nebentätigkeit in §25 dieses Gesetzes (gleichfalls in der Stammfassung) geregelt.
b) Wie sich aus dem unter II. 2.a) Dargelegten ergibt, macht die Klage, soweit mit ihr eine Vergütung für die Jahre von 1958 bis einschließlich 1967 begehrt wird, einen Anspruch geltend, der sich auf dienstrechtliche Vorschriften gründet, also dienstrechtlicher Natur ist. Da es sich somit um einen öffentlich-rechtlichen Anspruch und nicht um eine bürgerliche Rechtssache handelt, ist eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte zur Entscheidung hierüber nicht gegeben (vgl. etwa VfSlg. 10.266/1984). Der Verfassungsgerichtshof wäre zur Entscheidung gemäß Art137 B-VG aber nur dann berufen, wenn über diesen Anspruch nicht durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erkennen ist. Es bedarf daher nunmehr diese Frage einer Prüfung.
c) Besoldungsrechtliche Ansprüche eines Beamten werden in der Regel in drei Phasen - Schaffung eines Rechtstitels, Bemessung und Liquidierung - verwirklicht. Die letzte Phase (Liquidierung, Auszahlung) ist ein technischer Vorgang, der nur der Verwirklichung der vorangegangenen Bescheide dient, also selbst nicht durch Bescheid zu erledigen ist, sodaß für die Entscheidung über ein solches Liquidierungsbegehren die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gemäß Art137 B-VG gegeben ist (so die ständige, mit dem Erkenntnis VfSlg. 3259/1957 eingeleitete Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes; vgl. etwa VfSlg. 5425/1966, 7846/1976, 8371/1978, 11.395/1987). Geht es nicht bloß um die Liquidierung eines besoldungsrechtlichen Anspruches, nämlich den technischen Vorgang der Auszahlung, sondern um die Rechtsfrage der Gebührlichkeit, so ist darüber im Streitfall mit Bescheid der zuständigen (Dienst-)Behörde zu entscheiden (vgl. die mit den Erkenntnissen VfSlg. 7172/1973 und 7173/1973 beginnende Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, neuerdings etwa VfSlg. 10.756/1986 und 11.395/1987).
d) Gleichgültig, ob die hier in Rede stehende Vergütung als Nebengebühr (Mehrleistungsvergütung) iS des §15 Z3 und des §18 GG 1956 (jeweils in der Stammfassung) oder als Entschädigung für Nebentätigkeit iS des §25 GG 1956 angesehen wird, bedarf es zur Begründung eines derartigen Anspruches der Zuerkennung durch Bescheid (so ausdrücklich §25 Abs2 GG 1956 in bezug auf die Entschädigung für Nebentätigkeit, sofern nicht ein privatrechtlicher Vertrag zugrundeliegt). Für eine im Einzelfall zuzuerkennende Mehrleistungsvergütung ergibt sich dies schon daraus, daß diese nicht unmittelbar durch das Gesetz gewährt ist (vgl. §18 Abs4 erster Satz GG 1956 (Stammfassung); (s. dazu VfSlg. 4814/1964; vgl. etwa auch VfSlg. 11.085/1986). Der Auffassung, daß die Zuerkennung einer Mehrleistungsvergütung im Einzelfall durch Bescheid (und zwar angesichts der dienstrechtlichen Natur dieser Nebengebühr der zuständigen Dienstbehörde) zu erfolgen hat, steht das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 5987/1969 nicht entgegen, da es in dem ihm zugrundeliegenden Fall (lediglich) um den Anspruch auf Liquidierung einer mit Bescheid zuerkannten Mehrleistungsvergütung (für angeordnete Überstunden iS des §18 Abs2 GG 1956) ging.
e) Über den geltend gemachten Anspruch auf Gewährung einer Vergütung für die Jahre von 1958 bis einschließlich 1967 ist demnach mit Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erkennen. Weder vom Kläger noch von der beklagten Partei wurde behauptet, daß über diesen Anspruch bereits mit Bescheid entschieden wurde. Die Prozeßvoraussetzungen des Art137 B-VG sind demnach hinsichtlich dieses Teiles des Klagebegehrens nicht gegeben, weshalb dem Verfassungsgerichtshof die Zuständigkeit zu einer Entscheidung hierüber fehlt.
Die Klage war daher insoweit wegen Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zurückzuweisen.
3.a) Nach dem KFG 1967 ist, was die Vergütungen für die hier in Rede stehende Gutachtertätigkeit betrifft, die Rechtslage wesentlich verschieden von jener, die nach dem KFG 1955 bestand. Während nämlich das KFG 1955 davon absah, diesbezüglich eine Regelung zu treffen, enthält das KFG 1967 entsprechende Vorschriften. Die in §129 KFG 1967 getroffene Regelung über die den Sachverständigen iS des §129 Abs1 erster Satz lita und litb dieses Gesetzes zu leistende Vergütung ist, wie der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 6937/1972 im einzelnen dargelegt hat, nicht dienstrechtlicher Natur, sondern eine in die Zuständigkeit des Materiengesetzgebers - im gegebenen Fall somit gemäß Art10 Abs1 Z9 B-VG ("Kraftfahrwesen") des Bundesgesetzgebers - fallende Regelung.
Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger, durch das Erkenntnis VfSlg. 6222/1970 eingeleiteter Rechtsprechung (vgl. etwa die Erkenntnisse VfSlg. 6475/1971, 6939/1972, 6940/1972, 7422/1974, 7617/1975, 7672/1975, 8043/1977, 8243/1978) die Auffassung vertreten, daß über vermögensrechtliche Ansprüche aus einer Gutachtertätigkeit nach dem KFG 1967 weder durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde noch (wegen ihrer öffentlich-rechtlichen Grundlage) im ordentlichen Rechtsweg zu erkennen ist und der Verfassungsgerichtshof daher gemäß Art137 B-VG zur Entscheidung über derartige Begehren zuständig ist.
Soweit also mit der Klage der Sache nach die Liquidierung von Beträgen begehrt wird, die dem Kläger seiner Ansicht nach auf Grund des §129 KFG 1967 iVm §66 Abs1 und 2 Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung 1967 - KDV 1967, BGBl. 399, für seine Gutachtertätigkeit in den Jahren von 1968 bis einschließlich 1971 zustehen, ist sie zulässig.
b) Insoweit wird der geltend gemachte Anspruch dem Grunde nach auf §129 Abs1 erster Satz lita KFG 1967 gestützt und somit ein vermögensrechtlicher Anspruch geltend gemacht, der seine Grundlage im öffentlichen Recht hat.
Der Einwand der beklagten Partei, daß der Anspruch des Klägers durch Verschweigung untergegangen sei, ist nicht begründet. Es gibt keine Norm, nach der ein öffentlich-rechtlicher Anspruch der hier in Rede stehenden Art durch "Verschweigung" erlischt (vgl. dazu etwa hinsichtlich der Besoldungsansprüche öffentlich-rechtlicher Bediensteter das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 6048/1969, S 671).
Ebensowenig ist die von der beklagten Partei erhobene Einrede der Verjährung berechtigt. Der Verfassungsgerichtshof vertritt nämlich (dem Verwaltungsgerichtshof folgend, s. dazu etwa VwSlg. 2342 A/1951, 3729 A/1955, 4061 A/1956, 6173 A/1963, 7134 A/1967,
10.907 A/1982) in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß die Verjährung keine allgemeine, der österreichischen Rechtsordnung zugehörige Institution ist (s. etwa die Erkenntnisse VfSlg. 6337/1970, 7617/1975, 7735/1976, 8043/1977, 10.889/1986). Im öffentlichen Recht besteht die Institution der Verjährung nur dort, wo das Gesetz dies ausdrücklich vorsieht (so auch die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, vgl. etwa VwSlg. 6173 A/1963, 10.907 A/1982; VwGH 19.11.1964, 2111/63; 22.6.1978, 397/78). Bei den Verjährungsvorschriften des ABGB handelt es sich um Rechtsgrundsätze des Privatrechtes, die sich nicht ohne weiteres auf das öffentliche Recht übertragen lassen (s. etwa auch VwGH 12.3.1968, 449/67). Nur dann, wenn Vorschriften des öffentlichen Rechtes ausdrücklich Verjährungsbestimmungen enthalten, darf bei Bedachtnahme auf §7 ABGB ergänzungsweise auf die Verjährungsvorschriften des ABGB zurückgegriffen werden (vgl. auch VwSlg. 4860 A/1959). Sieht aber die anzuwendende Vorschrift des öffentlichen Rechtes dem Grunde nach eine Verjährung nicht vor, so ist eine analoge Anwendung der Verjährungsvorschriften des ABGB unzulässig (s. etwa auch VwGH 25.11.1969, 550/560/69; 10.3.1972, 1747/70).
Die Ausführungen der beklagten Partei sind nicht geeignet, die Unrichtigkeit dieser Rechtsauffassung darzutun.
c) Soweit die Klage zulässig ist, stützt der Kläger - ohne dies freilich im einzelnen anzugeben - den geltend gemachten Anspruch der Höhe nach auf §129 Abs1 KFG 1967 und auf §66 Abs2 erster Satz KDV 1967 (in der Stammfassung). Er begehrt für seine Gutachtertätigkeit im Jahr 1968 S 23.892,--, im Jahr 1969
S 21.356,--, im Jahr 1970 S 48.060,-- und im Jahr 1971 S 50.068,-- (d.s. S 62.068,-- abzüglich eines nach dem Vorbringen des Klägers von der beklagten Partei gezahlten Betrages von S 12.000,--), zusammen mithin einen Betrag von S 143.376,--.
d) Gemäß §129 Abs4 KFG 1967 sind durch Verordnung unter Berücksichtigung der Art der Typen, Fahrzeuge, Teile oder Ausrüstungsgegenstände, der Art der für die Begutachtung erforderlichen Prüfungen und Untersuchungen und der Angemessenheit im Hinblick auf die Leistungen und die jeweils bestehenden wirtschaftlichen Verhältnisse die näheren Bestimmungen über das Ausmaß der in den Abs1 und 3 angeführten Vergütungen festzusetzen. Die Höhe der einzelnen Vergütungsbeträge ergibt sich aus §66 Abs1 KDV 1967. §66 Abs2 zweiter Satz KDV 1967 (in der Stammfassung) hatte ua. bestimmt, daß der Gesamtbetrag für alle gemäß Abs1 abgegebenen Gutachten in einem Kalenderjahr "für dem Personalstand einer Gebietskörperschaft angehörende, sich nicht bereits im Ruhestand befindende Sachverständige oder Ärzte 12.000 S" nicht überschreiten durfte. Der Verfassungsgerichtshof hat mit dem Erkenntnis VfSlg. 6221/1970 diese in §66 Abs2 KDV 1967 enthalten gewesenen Worte als gesetzwidrig aufgehoben. Die durch den zuständigen Bundesminister erfolgte Kundmachung der Aufhebung ist im 61. Stück des Bundesgesetzblattes aus 1970 (ausgegeben am 13. August 1970) unter Nr. 257 verlautbart worden. Die Aufhebung ist an diesem Tag in Kraft getreten (s. etwa VfSlg. 6475/1971, 6939/1972, 6940/1972).
Die Aufhebung hatte nach der damaligen Verfassungsrechtslage zur Folge, daß die Gerichte - darunter auch der Verfassungsgerichtshof - die Verordnung auch auf die schon vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände nicht mehr anzuwenden hatten. Seit der Neufassung des Art139 B-VG durch das (mit 1. Juli 1976 in Kraft getretene) BVG BGBl. 302/1975 tritt eine solche Rechtsfolge nach Art139 Abs6 zweiter Satz B-VG zwar nur mehr dann ein, wenn der Verfassungsgerichtshof dies in seinem aufhebenden Erkenntnis ausspricht, doch wirkt diese Änderung der Verfassungsrechtslage nicht auf die vor ihrem Inkrafttreten erfolgten Aufhebungen zurück (so der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 8243/1978). Auch im vorliegenden Fall hat der Verfassungsgerichtshof daher den aufgehobenen Teil des §66 Abs2 KDV 1967 für Ansprüche aus den Jahren 1968, 1969, 1970 und 1971 nicht mehr zu beachten.
e) Die Kraftfahrgesetz-Novelle 1971, BGBl. 285, durch die dem §129 Abs1 KFG 1967 eine Bestimmung angefügt wurde, wonach der Gesamtbetrag der Vergütungen für alle abgegebenen Gutachten in einem Kalenderjahr für dem Personalstand einer Gebietskörperschaft angehörende, sich nicht im Ruhestand befindende Sachverständige oder Ärzte S 12.000,-- nicht überschreiten darf, ist gemäß ihrem ArtIII Abs1 mit 1. Jänner 1972 in Kraft getreten und somit auf den hier zu entscheidenden Fall noch nicht anzuwenden. Es ist mithin davon auszugehen, daß die für die Gutachtertätigkeit in den Jahren 1968 bis einschließlich 1971 begehrte Vergütung keiner Begrenzung nach oben hin unterliegt.
4.a) Die Höhe der für den gegenständlichen Zeitraum begehrten Vergütung ergibt sich aus der Vervielfachung der Anzahl der vom Kläger erstellten Gutachten mit den in §66 Abs1 KDV 1967 jeweils festgelegten Sätzen. Zum Beweis für die Anzahl (auch) dieser Gutachten beruft sich der Kläger auf die beim Amt der Kärntner Landesregierung aufliegenden, von der beklagten Partei vorgelegten Protokollbücher für die Jahre 1968 bis 1971, aus denen ua. der Name des Sachverständigen sowie Art und Type des begutachteten Fahrzeuges ersichtlich sind.
Die beklagte Partei hält dem entgegen, daß der von ihr durchgeführte Vergleich der vom Kläger angegebenen Anzahl der von ihm durchgeführten Begutachtungen mit den Angaben in den Protokollbüchern zwar "größenordnungsmäßig in etwa ähnliche Ergebnisse erbracht" habe, daß jedoch in einigen Fällen nicht verifizierbar sei, ob der Kläger oder ein anderer Sachverständiger die betreffenden Gutachten erstellt habe. Die beklagte Partei bestreitet, dem Kläger für die Zeit bis einschließlich 1970 keine Vergütungen bezahlt zu haben; daß die Zahlung erfolgt sei, läßt sich nach ihrem Vorbringen daraus ableiten, daß der Kläger vor seinem Übertritt in den dauernden Ruhestand nie Gegenteiliges behauptet und niemals ausständige Zahlungen urgiert habe. Das Vorbringen des Klägers, er habe mit der Geltendmachung seiner Ansprüche bis zum Übertritt in den dauernden Ruhestand zugewartet, weil er von einer früheren Geltendmachung "negative Auswirkungen auf sein Dienstverhältnis" befürchtet habe, erachtet die beklagte Partei als nicht stichhältig. Nach ihrem Vorbringen sind über die von ihr behaupteten Auszahlungen an den Kläger keine Nachweise mehr vorhanden, weil die Unterlagen entsprechend den Skartierungsrichtlinien bereits vernichtet worden seien.
Im Hinblick auf das Vorbringen der beklagten Partei, daß sie anhand der ihr zur Verfügung stehenden Unterlagen (d.s. die Protokollbücher) "größenordnungsmäßig in etwa ähnliche Ergebnisse" ermittelt habe, ist es als unbestritten anzusehen, daß der Kläger im wesentlichen jene Anzahl von Gutachten erstellt hat, die er seiner Berechnung der für die Jahre von 1968 bis einschließlich 1971 erhobenen Klagsforderung zugrundegelegt hat. Daß die beklagte Partei dem Kläger die für die Jahre 1968 bis 1971 zustehenden Vergütungen - außer Streit steht nur die Bezahlung eines Betrages von S 12.000,-- für das Jahr 1971 - tatsächlich bezahlt hat, ist als eine den klägerischen Anspruch vernichtende Tatsache von der beklagten Partei zu beweisen, zumal der Kläger ansonsten den - weitaus schwierigeren - Beweis des Nichtbestehens einer Tatsache, nämlich der Auszahlung der Vergütung im hier in Rede stehenden Umfang, führen müßte, und die beklagte Partei leichteren Zugang zu den hier in Betracht kommenden Beweismitteln hat (s. dazu etwa Fasching, Lehrbuch des österreichischen Zivilprozeßrechts, 1984, Rz 882 f.). Daß die beklagte Partei entsprechende Nachweise - wenngleich, wie sie behauptet, im Einklang mit den bestehenden Skartierungsrichtlinien - nach ihrem Vorbringen bereits vernichtet hat, vermag nicht zum Nachteil des Klägers auszuschlagen. Dies umso weniger, als, wie unter II. 3.b) näher dargelegt, nach der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes - die der beklagten Partei bekannt sein mußte - die in Rede stehenden Ansprüche nicht der Verjährung unterliegen (s. insbesondere das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 7617/1975, das einen gleichgelagerten Fall zum Gegenstand hatte und gegenüber dem Land Kärnten als beklagter Partei ergangen ist).
Somit ist davon auszugehen, daß der geltend gemachte Anspruch für die Jahre 1968 bis 1971 dem Grunde nach zu Recht besteht.
b) Die Höhe der Klagsforderung ist nach dem Vorbringen der beklagten Partei in ihrem Schriftsatz vom 31. Juli 1989 nur insofern bestritten, als in einigen Fällen anhand der Eintragungen in den Protokollbüchern nicht festgestellt werden könne, ob der Kläger oder ein anderer Sachverständiger die Begutachtung durchgeführt habe und daß fallweise der Name des Prüfungsorganes in den Protokollbüchern nicht mehr lesbar sei.
Da somit die Höhe der strittig gebliebenen Ansprüche einerseits im Verhältnis zum Gesamtbetrag offenkundig gering ist - die beklagte Partei gelangte ihrem Vorbringen zufolge bei der Ermittlung der Anzahl der vom Kläger durchgeführten Begutachtungen zu einem "größenordnungsmäßig in etwa ähnlichen" Ergebnis wie der Kläger und die von ihr konstatierte Unmöglichkeit der Feststellung, ob ein Gutachten vom Kläger oder von einem anderen Sachverständigen stammt, betrifft nur eine relativ kleine Anzahl von Fällen (arg. "in einigen Fällen" und "fallweise") - und andererseits die genaue Ermittlung des Ausmaßes der noch strittigen Ansprüche nach dem Vorbringen der beklagten Partei unmöglich ist, liegt eine Prozeßlage vor, die nach §273 Abs2 ZPO (iVm §35 VerfGG) zu beurteilen ist. Der Verfassungsgerichtshof sieht sich daher veranlaßt, iS dieser Bestimmung die ziffernmäßige Höhe des Anspruches nach seiner freien Überzeugung festzusetzen. Dabei erscheint es gerechtfertigt, der dem Klagebegehren zugrundeliegenden Annahme über die Anzahl der vom Kläger durchgeführten Begutachtungen zu folgen, zumal die Führung der Protokollbücher in den Verantwortungsbereich des Landeshauptmannes als der die Gutachten einholenden Behörde (§31 Abs2 KFG 1967) fällt und es unbillig wäre, ließe man allfällige Mängel bei der Führung dieser Bücher zu Lasten des Klägers ausschlagen.
Da somit der vom Kläger für die Jahre von 1968 bis einschließlich 1971 geltend gemachte Anspruch zu Recht besteht, war dem Klagebegehren, soweit es diesen Zeitraum betrifft, - hinsichtlich der Hauptforderung zur Gänze - mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Betrag stattzugeben.
5. Wenn das Gesetz - wie hier - nichts Gegenteiliges bestimmt, sind auch bei öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen Verzugszinsen zu entrichten, und zwar ab dem Zeitpunkt des Verzuges (s. VfSlg. 5079/1965, 10.498/1985, 10.889/1986, 11.064/1986). Der Kläger hat nach dem Vorbringen beider Parteien von der beklagten Partei (auch) die Auszahlung der ihm für die Jahre von 1968 bis einschließlich 1971 zustehenden Vergütungen - vor Erhebung der Klage - nicht begehrt; die beklagte Partei war mangels einer außergerichtlichen Mahnung jedenfalls bis zur Klagserhebung nicht in Verzug (vgl. VfGH 14.3.1988 A25/87). Die Klage wurde der beklagten Partei am 22. Februar 1988 zugestellt. Da ihr eine angemessene Frist für die Erfüllung einzuräumen ist, waren Zinsen nicht iS des Begehrens des Klägers, sondern erst ab 1. April 1988 zuzusprechen (vgl. etwa VfSlg. 11.064/1986, S 399).
Das Zinsenmehrbegehren, das den mit der Klage, soweit sie zulässig ist, geltend gemachten Teil der Hauptforderung als Grundlage hat, war somit abzuweisen.
6. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §43 ZPO (§35 VerfGG).
7. Da von einer mündlichen Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war, wurde von einer mündlichen Verhandlung abgesehen (§19 Abs4 erster Satz VerfGG).
Schlagworte
Dienstrecht, Kompetenz Bund - Länder Kraftfahrwesen, Verschweigung, Verjährung, Kraftfahrrecht, Vergütungen (Sachverständige), Sachverständige, Beweis, VfGH / Liquidierungsklage, Zinsen, VfGH / Prüfungsmaßstab, Verweisung Landes- auf BundesrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1989:A3.1988Dokumentnummer
JFT_10108873_88A00003_00