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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Leukauf, Dr. Sauberer und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftsführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der O Gesellschaft m.b.H. in E, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 17. Oktober 1990, Zl. 11-16 O 3-90/11, betreffend eine Ausnahmebewilligung nach der Straßenverkehrsordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin beantragte am 7. März 1989 die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung vom Wochenendfahrverbot (Dauergenehmigung) zum Befahren der Strecke Spielfeld/Straß nach Wels/O.Ö. mit zwei Silosattelzügen. Die Lkw würden in Jugoslawien (Birac-Zvornik) ZEOLITH für die Firma B in L (Verzollungsvorschrift: Montag früh in Mainz) laden und die rollende Landstraße ab Wels (Samstag und Sonntag) benützen.
Die belangte Behörde gab am 22. März 1989 bekannt, es könne eine Ausnahme nur für die Strecke Spielfeld-Graz (Ostbahnhof) zwecks Erreichen der sogenannten "rollenden Landstraße" erteilt werden, weshalb die Abfahrtszeiten der Züge bekanntzugeben seien. Dazu erklärte die Beschwerdeführerin am 28. März 1989, es sei nicht möglich, die rollende Landstraße ab Graz nach Regensburg zu benützen, es bestehe vom Auftraggeber die Verzollungsvorschrift Mainz. Deshalb sei die rollende Landstraße Wels-Mainz zu benützen. Im Schreiben vom 7. Juni 1989 verwies die belangte Behörde abermals darauf, daß für die Benützung der rollenden Landstraße ab Graz die Ausnahme erteilt würde, nicht aber für die Benützung der sogenannten "Gastarbeiterroute" nach Wels. Da die Beschwerdeführerin auf ihrem Antrag beharrte, wurde ihr eröffnet, daß nach dem restriktiven Standpunkt des zuständigen Bundesministeriums für den Vor- und Nachlauf im sogenannten "kombinierten Verkehr" zwischen Unternehmen und Verladebahnhof eine Strecke von 60 km nicht überschritten werden sollte. Die Strecke allein durch die Steiermark betrage 180 km. Am 16. Jänner 1990 übermittelte die Beschwerdeführerin ein Schreiben der Internationalen Transportgesellschaft XM vom 15. Jänner 1990, wonach die Einfuhrverzollung der Ladungen aus Jugoslawien in Mannheim erfolgen müsse und die Entladung der Silo-Lkw am Eingangstag nur gesichert sei, wenn sie montags früh im Mainz per Bahn einträfen, ansonst müßten sie bis Dienstag stehenbleiben. Die Beschwerdeführerin gab über Anfrage der belangten Behörde am 7. Februar 1990 bekannt, es könne eine Bestätigung des Zollamtes, daß die Abfertigung nur montags früh erfolge, nicht vorgelegt werden. Der Großteil des Zeolith-Pulvers werde mit Bahncontainern befördert. Die aus produktionstechnischen Gründen (Lieferung per Bahn dauere drei Wochen) notwendigen Zwischenlieferungen erfolgten über das Wochenende (Ladung Zvornik Samstag - Entladung Montag Morgen). Die Möglichkeit, über Graz-Regensburg die rollende Landstraße zu benützen, sei aus technischen Gründen nicht gegeben.
Die O.Ö. Landesregierung gab über Anfrage am 2. März 1990 bekannt, sie stimme der Erteilung der beantragten Ausnahmegenehmigung zum Verladebahnhof Wels (rollende Landstraße) nicht zu, da die Anfahrtsstrecke zu lang sei. Am 9. März 1990 teilte die Beschwerdeführerin mit, es sei ihr ein großer Verlust entstanden, da nunmehr eine deutsche Firma (mit Zweigniederlassung in Österreich) liefere, welche eine Bewilligung habe. Die Beschwerdeführerin selbst habe eine Ausnahmegenehmigung der Salzburger Landesregierung, die zum Fahren über Salzburg zur rollenden Landstraße nach Wels berechtige. Daraufhin wurde die Beschwerdeführerin zur Vorlage dieser Berechtigungen aufgefordert. Sie legte lediglich einen im Einvernehmen mit der O.Ö. Landesregierung ergangenen Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 15. Oktober 1986 vor, wonach der Beschwerdeführerin für die Zeit von 19. Oktober 1986 bis 18. Oktober 1987 sonntags von 15.00 Uhr bis 19.30 Uhr die Ausnahme von Wochenendfahrverbot für ein Sattelkraftfahrzeug auf der Strecke E (Firmensitz)
- A 1 - Ausfahrt Sattledt - Wels (Terminal-Bahnhof) erteilt wurde. Eine weitere Genehmigung wurde nicht vorgelegt. In einem Schreiben vom 12. März 1990 führte die Beschwerdeführerin aus, es sei ihre Existenz teilweise davon abhängig, den Kunden nicht zu verlieren.
Nach einem Aktenvermerk vom 23. März 1990 wurde der Beschwerdeführerin vorgeschlagen, eine Ausnahme für die Strecke Staatsgrenze Spielfeld bis Mandling/Landesgrenze mit Salzburg zu erteilen. Die Beschwerdeführerin solle zunächst bei der Salzburger Landesregierung die Ausnahme für das Land Salzburg bis Wels erreichen. Dies wurde seitens der Beschwerdeführerin zugesagt, aber nicht verwirklicht. Erst über Urgenz der belangten Behörde drängte die Beschwerdeführerin auf Erledigung ihres ursprünglichen Ansuchens bis 20. Oktober 1990.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 17. Oktober 1990 wurde der Antrag vom 7. März 1989 gemäß §§ 42 Abs. 1 und 2 und 45 Abs. 2 StVO abgewiesen. In der Begründung wurde nach Wiedergabe des Antrages ausgeführt, die O.Ö. Landesregierung habe sich dagegen ausgesprochen, da eine Zustimmung im sogenannten "kombinierten Verkehr" nur für Fahrstrecken zum Verladebahnhof bis ca. 60 km gegeben werden sollte. Die Strecke in Oberösterreich betrage allein über 80 km und komme noch der Weg durch das ganz Bundesland Steiermark dazu. Eine Ausnahme vom Wochenendfahrverbot in der Steiermark könne nur für die Benützung der rollenden Landstraße ab Graz (Ostbahnhof) gegeben werden. Die negativen Stellungnahmen seien der Beschwerdeführerin eröffnet und ihr die Möglichkeit eingeräumt worden, eine Zustimmung der Salzburger Landesregierung (für die Strecke in Salzburg bis Wels über die Autobahn) beizubringen, worauf eine Bewilligung für die Strecke Staatsgrenze Spielfeld bis Landesgrenze Salzburg/Mandling erteilt worden wäre. Diese Alternative habe jedoch die Beschwerdeführerin nicht genützt. Nach Wiedergabe des § 45 Abs. 2 StVO heißt es weiters, die beantragte Ausnahmebewilligung beziehe sich auf das sogenannte "Wochenendfahrverbot". Während der im § 42 Abs. 1 StVO genannten Zeiten sei das Benützen von Straßen durch Lastkraftfahrzeuge wesentlich eingeschränkt. Angesichts der besonderen Verkehrsdichte an Samstagen und Sonntagen trage der Verkehr von Lastkraftfahrzeugen an diesen Tagen wesentlich zur Kolonnenbildung bei. Im Interesse der Verkehrssicherheit sei daher eine Ausnahme nur nach strengen Gesichtspunkten möglich, die aber hier nicht gegeben seien. In Anbetracht der angeführten, der Beschwerdeführerin angebotenen Variante wäre es für sie leicht gewesen, die von ihr beabsichtigten Transporte durchzuführen. Daß eine Versagung der Ausnahmebewilligung die Existenz der Beschwerdeführerin erheblich gefährde, ergebe sich weder aus dem Akteninhalt, noch sei dies behauptet worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Für den Beschwerdefall sind insbesondere folgende
Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung von Bedeutung:
"§ 42
(1) An Samstagen von 15 Uhr bis 24 Uhr und an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen von 00 Uhr bis 22 Uhr ist das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen mit Anhängern verboten; ausgenommen sind die Beförderung von Milch sowie unaufschiebbare Fahrten von Lastwagen des Bundesheeres mit Anhänger.
(2) In der im Abs. 1 angeführten Zeit ist ferner das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen, Sattelkraftfahrzeugen und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t verboten.
...."
"§ 45
....
(2) In anderen als den in Abs. 1 genannten Fällen kann die Behörde Ausnahmen von Geboten oder Verboten, die für die Benützung der Straße gelten, auf Antrag bewilligen, wenn ein erhebliches persönliches (wie z.B. auch wegen einer schweren Körperbehinderung) oder wirtschaftliches Interesse des Antragstellers eine solche Ausnahme erfordert, oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen, und eine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht zu erwarten ist."
Es trifft zu, daß die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 2 StVO nicht im Ermessen der Behörde liegt, vielmehr der Antragsteller bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf deren Erteilung hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1968, Slg. Nr. 7383/A). Der Verwaltungsgerichtshof vermag jedoch die Meinung der Beschwerdeführerin nicht zu teilen, daß die belangte Behörde nicht von dieser Rechtslage ausgegangen sei.
Bei der Prüfung der erforderlichen Voraussetzungen für die Erteilung von Ausnahmebewilligungen ist ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1977, Zlen. 2215, 2216/76, u.a.).
Im vorliegenden Fall müßten nach dem Antrag die Transportfahrzeuge, um in Wels (Verladebahnhof) die sogenannte "rollende Landstraße" (kombinierter Verkehr mit Bahn und Lkw) zu erreichen, durch die ganze Steiermark, insbesondere über die überlastete "Gastarbeiterroute", und in Oberösterreich weiter über eine Strecke von rund 80 km fahren. Mit Recht hat die belangte Behörde darauf verwiesen, daß die Möglichkeit der Benützung der "rollenden Landstraße" bereits ab Graz bestehe, also von der Grenze (Spielfeld) nur ein Straßenstück von rund 50 km zurückgelegt werden müsse. Dem ist die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren im wesentlichen mit der bloßen Behauptung, daß dies technisch nicht möglich sei, entgegengetreten, ohne dies aber konkret, d.h. nachvollziehbar, zu begründen, womit sie der im Verwaltungsverfahren bestehenden Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist. Besteht eine rollende Landstraße, so ist es nicht unsachlich, im Falle einer Durchbrechung des Wochenendfahrverbotes die Ausnahme nur zum nächstgelegenen Terminal zu erteilen. Des weiteren wurde der Beschwerdeführerin eine weitere, wenn auch längere Variante bis zur Landesgrenze Salzburg und dann von dort über die Autobahn, angeboten, wobei der Vertreter der Beschwerdeführerin dies zunächst für tunlich erachtete, dann aber diese Alternative ohne nähere Begründung nicht weiter verfolgte. Auch insoweit liegt daher ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht durch die Beschwerdeführerin vor, zumal sich auch in der Beschwerde darüber keine Ausführungen finden. Die Beschwerdeführerin hat auch in keiner Weise überzeugend dargelegt, warum sie die Transporte nicht so einzurichten vermag, daß sie - auch unter Einhaltung des Wochenendfahrverbotes - rechtzeitig (allenfalls auch früher) an Ort und Stelle sein können. Wie die Ausführungen im Schreiben der Beschwerdeführerin vom 7. Februar 1990 zeigen, wird die Beförderung des Zeolith-Pulvers sonst hauptsächlich mit Bahncontainern (Lieferdauer ca. drei Wochen) bewerkstelligt und beinhaltet der Silotransport nur Zwischenlieferungen. Es fehlt daher an nachvollziehbaren Gründen, daß die Lieferung nicht auch so erfolgen kann, daß das Wochenendfahrverbot keine Rolle spielt.
Entgegen dem Vorbringen in der Beschwerde wurde in der Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 12. März 1990 lediglich behauptet, daß die Existenz der Firma teilweise davon abhänge, daß der Kunde nicht verloren werde (wobei vorher schon von einem Verlust des Kunden gesprochen wurde), nicht aber, daß der Bestand der Firma an sich ohne diesen Kundenauftrag nicht möglich wäre, sodaß der damit im Zusammenhang stehenden Verfahrensrüge der Beschwerdeführerin keine Berechtigung zukommt. Die Beschwerdeführerin übersieht vor allem, daß sie im Rahmen der sie treffenden Mitwirkungspflicht - nur sie kann über die entsprechenden Zusammenhänge Aufklärung geben - nicht in einer konkreten, einer Überprüfung zugänglichen Weise dargelegt hat, daß ein ERHEBLICHES wirtschaftliches Interesse ihrerseits - also ein solches, das über das Interesse, welches grundsätzlich mit jeder Transportleistung verbunden ist, hinausgeht - die Erteilung der Ausnahme erfordert (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 3. Oktober 1986, Zl. 86/18/0084, und vom 20. September 1989, Zl. 88/03/0018). Bloße Behauptungen allein reichen nicht aus.
Da die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf die verschiedenen an die Beschwerdeführerin ergangenen Stellungnahmen Bezug genommen hat, in denen die Argumente für die Ablehnung der Ausnahme näher darlegt wurden, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu finden, daß der belangten Behörde insoweit ein Begründungsmangel unterlaufen ist.
Die belangte Behörde handelte daher nicht rechtswidrig, wenn sie auf Grund der gegebenen Sach- und Rechtslage das Vorliegen der Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 StVO für die Erteilung der beantragten Ausnahme als nicht gegeben erachtete.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Sachverhalt SachverhaltsfeststellungErmessenBegründungspflicht Manuduktionspflicht MitwirkungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1990030275.X00Im RIS seit
12.06.2001Zuletzt aktualisiert am
21.10.2010