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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §71 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über den Antrag des LW in S, vertreten durch Dr. A und Dr. P, Rechtsanwälte in Z, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einbringung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 24. Februar 1992, Zl. 2/30-1/1991, betreffend eine Übertretung der Tiroler Bauordnung, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag STATTGEGEBEN.
Begründung
In Ihrem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand führen die Beschwerdevertreter aus, der Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 24. Februar 1992 sei ihnen, die den Beschwerdeführer auch schon während des Verwaltungsstrafverfahrens vertreten hätten, am 3. März 1992 zugestellt worden. Der Beschwerdeführer habe seinen rechtsfreundlichen Vertretern den Auftrag erteilt, gegen diesen Bescheid Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerdefrist des § 26 Abs. 1 VwGG endete somit am 14. April 1992. Rechtsanwalt Dr. A habe sich am 10. April 1992 auf Osterurlaub nach Italien begeben, zuvor habe er seinen Kanzleikollegen Rechtsanwalt Dr. P ersucht, fristgerecht die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Indessen sei Dr. P am 11. April 1992 an einer von hohem Fieber begleiteten Infektion erkrankt und bis zum 20. April 1992 bettlägrig gewesen, sodaß in diesem Zeitraum unvorhersehbarerweise keiner der beiden Anwälte in der gemeinsamen Kanzlei gewesen sei und die Erhebung der Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde sohin durch ein unvorhergesehens und unabwendbares Ereignis unterblieben sei. Der Wiedereinsetzungsantrag und die gleichzeitig damit eingebrachte Beschwerde wurde am 27. April 1992 zur Post gegeben.
Nach § 46 Abs. 1 VwGG ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand einer Partei auf Antrag zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch ein Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Nach Abs. 3 dieser Gesetzesstelle ist der Antrag beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses zu stellen.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung der Beschwerdevertreter, daß die plötzlich eingetretene Erkrankung eines Rechtsvertreters - bei gleichzeitig urlaubsbedingter Abwesenheit des zweiten Rechtsvertreters - ein unvorhergesehenes Ereignis im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG darstellt. Da die Beschwerdevertreter glaubhaft gemacht haben, daß eine Dispositionsunfähigkeit des erkrankten Rechtsvertreters bis 20. April 1992 gegeben war, und auch der andere Rechtsvertreter erst am 21. April 1992 aus seinem Urlaub zurückkam, ist auch die Wiedereinsetzungfrist des § 46 Abs. 3 VwGG gewahrt.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992060086.X00Im RIS seit
21.05.1992