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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Mag. Meinl und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde des Norbert S in G, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 21. Jänner 1992, Zl. 56/72-DK/45/91, betreffend Einleitung und Unterbrechung eines Disziplinarverfahrens, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Gegen den Beschwerdeführer wurde wegen mehrerer angeblich am 14. Juni 1991 begangener Delikte mit Bescheid der belangten Behörde vom 24. Juli 1991 gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1979 ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Gleichzeitig sprach die belangte Behörde aus, daß das Disziplinarverfahren gemäß § 114 Abs. 2 BDG 1979 erst nach rechtskräftigem Abschluß der anhängigen Verwaltungsstrafverfahren weiterzuführen sei.
Auf Grund einer weiteren Disziplinaranzeige gegen den Beschwerdeführer leitete die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 21. Jänner 1992 das Disziplinarverfahren auch wegen weiterer, vom Beschwerdeführer angeblich in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 1990 sowie in der Nacht vom 18. auf den 19. August 1990 begangener Delikte ein; hinsichtlich eines weiteren Faktums wurde kein Disziplinarverfahren eingeleitet. Der (nur insoweit) angefochtene Bescheid enthielt ferner den Ausspruch, daß das Verfahren gemäß § 114 Abs. 2 BDG 1979 erst weitergeführt werde, wenn das im Zusammenhang mit dem Sachverhalt des Einleitungsbeschlusses vom 24. Juli 1991 gegen den Beschwerdeführer anhängige Verwaltungsstrafverfahren rechtskräftig abgeschlossen sei. Begründend führte die belangte Behörde insoweit aus, da der Verdacht bestehe, der Beamte habe gegen die im angefochtenen Bescheid angeführten Dienstpflichten verstoßen, sei gegen ihn in Ergänzung zu dem bereits am 24. Juli 1991 eingeleiteten Verfahren ein Disziplinarverfahren einzuleiten und erst weiterzuführen, wenn in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht rechtskräftige Entscheidungen vorlägen (§ 114 Abs. 2 BDG 1979). Gemäß der Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Bescheid ist gegen diesen gemäß § 123 Abs. 2 BDG 1979 kein Rechtsmittel zulässig.
Der Beschwerdeführer bekämpft mit seiner wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit erhobenen Beschwerde ausdrücklich nur jenen Entscheidungsteil, "womit das eingeleitete Disziplinarverfahren unterbrochen wurde", und erachtet sich dadurch in seinem Recht "auf Durchführung des gegenständlichen Disziplinarverfahrens in einem Zuge und ohne Unterbrechung" verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Die Beschwerde erweist sich aus den nachstehenden Gründen als unzulässig.
Richtig ist, daß gemäß § 123 Abs. 2 BDG 1979 gegen die Einleitung des Disziplinarverfahrens kein Rechtsmittel zulässig ist, sodaß in diesem Punkt die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes unmittelbar mit Beschwerde anrufbar sind. Dies trifft aber für die Unterbrechung des Disziplinarverfahrens nicht zu.
Gemäß § 114 Abs. 1 BDG 1979 ist das Disziplinarverfahren dann zu unterbrechen, wenn die Disziplinarbehörde während des Verfahrens zur Ansicht kommt, daß eine von Amts wegen zu verfolgende gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbare Handlung vorliegt. In diesem Fall ist sogleich - wie dies auch § 84 StPO anordnet - die Anzeige an die zuständige Staatsanwaltschaft oder Verwaltungsbehörde zu erstatten.
Die Verfügung über die Unterbrechung eines Disziplinarverfahrens ist in der Form eines ANFECHTBAREN verfahrensrechtlichen Bescheides zu treffen (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Feber 1992, Zl. 91/09/0180, und vom 28. November 1991, Zl. 91/09/0029, sowie die dort angeführte Vorjudikatur).
Das im Art. 131 Abs. 1 B-VG aufgestellte Erfordernis der Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges als Voraussetzung für die Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof hat zur Folge, daß immer nur der Bescheid, der von der nach der gesetzlichen Ordnung des Instanzenzuges im Einzelfall in Betracht kommenden Behörde der höchsten Organisationsstufe erlassen worden ist, nicht aber ein in der Angelegenheit ergangener Bescheid einer Verwaltungsbehörde niederer Instanz, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochten werden darf. Zu der insoweit unvollständigen Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Bescheid ist auf § 71 Abs. 1 Z. 2 AVG hinzuweisen.
Es war daher die ausdrücklich nur gegen die Unterbrechung des Disziplinarverfahrens gerichtete Beschwerde mangels Erschöpfung des Instanzenzuges gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 sowie 51 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Bescheidcharakter Bescheidbegriff Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Nichterschöpfung des Instanzenzuges Besondere Rechtsgebiete DienstrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992090047.X00Im RIS seit
11.07.2001