TE Vwgh Erkenntnis 1992/5/21 90/06/0072

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Veröffentlicht am 21.05.1992
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82007 Bauordnung Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

BauO Tir 1989 §25 litf;
BauO Tir 1989 §53 Abs1 lita;
VStG §44a lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde des HS in A, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 21. März 1990, Zl. Ve-551-475/2, betreffend Verwaltungsübertretung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 12. Jänner 1990 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, "ohne rechtskräftige behördliche Baubewilligung am 2. Mai 1989 auf der Grundparzelle n/1 KG J neben dem Parkplatz "XY" einen fahrbaren Verkaufswagen abgestellt und in der Folge zur Ausübung des freien Gastgewerbes in der Betriebsart eines Würstelstandes bis 31. Oktober 1989 benützt" zu haben. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 53 Abs. 1 lit. a i. V.m. § 25 lit. f der Tiroler Bauordnung begangen; hiefür wurde über ihn eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzarreststrafe von 10 Tagen) gemäß § 53 Abs. 2 TBO verhängt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab. Sie stellte jedoch fest, daß am 8. Juni 1988 der Beschwerdeführer eine Bauanzeige betreffend das Aufstellen eines Würstelstandes auf dem genannten Grundstück erstattet habe. Mit Schreiben vom 26. Juli 1988 habe die Gemeinde St. Johann i.W. vom Beschwerdeführer ergänzende Unterlagen angefordert, um die Frage der Genehmigungspflicht beurteilen zu können. "In der Folge" habe der Beschwerdeführer, da er keinen Untersagungsbescheid erhalten habe, "den Verkaufswagen aufgestellt und bis ca. Ende Oktober 1988 benützt". Im Winter 1988/89 sei der Verkaufswagen auf derselben Grundparzelle gestanden, ohne in Verwendung zu stehen. Anfang Mai 1989 sei der Verkaufswagen "wieder in Betrieb genommen" worden, dies jedenfalls bis Ende Oktober 1989.

Diese Feststellungen stützte die belangte Behörde auf die Angaben des Beschwerdeführers in seiner Vorstellung gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der genannten Gemeinde, in dem die Entfernung des Verkaufswagens angeordnet worden sei, auf das Ansuchen des Beschwerdeführers vom 19. März 1989, aus dem seine Absicht hervorgehe, "vom 1. Mai 1989 bis 31. Oktober 1989 den Verkaufswagen aufzustellen", sowie auf die Anzeige des Gendarmeriepostens vom 19. August 1989.

Rechtlich führte die belangte Behörde aus, daß § 53 Abs. 1 lit. a TBO bestimme, daß eine Verwaltungsübertretung begehe, wer ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne Bewilligung ausführe oder mit der Ausführung vor Eintritt der Rechtskraft der Baubewilligung beginne. Der Begriff "bewilligungspflichtiges Bauvorhaben" umfasse dabei alle nach § 25 TBO bewilligungspflichtigen "Vorhaben". § 25 lit. f TBO sehe eine Bewilligungspflicht u.a. für das Abstellen und Benützen von Verkaufswagen vor. Seit der 3. Bauordnungsnovelle LGBl. Nr. 10/1989 sei somit das Merkmal der "überwiegend ortsfesten Benützung" nicht mehr Voraussetzung für das Vorliegen einer Bewilligungspflicht. Sinn der Bestimmung sei, Mißbräuche in der ortsgebundenen Verwendung von Verkaufswagen, die in aller Regel nicht als bauliche Anlagen anzusehen seien, hintanzuhalten. Anknüpfungspunkt der Bewilligungspflicht sei daher nicht die Ortsgebundenheit im TECHNISCHEN Sinn, die allenfalls zu einer Beurteilung des Verkaufswagens als bauliche Anlage führen könnte, sondern die ortsgebundene VERWENDUNG. Daß das "Aufstellen eines Verkaufswagens über einen Zeitraum von mehr als eineinhalb Jahren mit dreimonatiger Benützung im Jahr 1988 und während des Tatzeitraumes im Jahr 1989" unbestritten zur Annahme einer ortsgebundene Verwendung führe, könne wohl unschwer bezweifelt werden.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Nach den Ausführungen erachtet sich der Beschwerdeführer insbesondere in seinem Recht verletzt, nicht verletzt zu werden.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:

Gemäß § 44a VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, u.a. die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes hatte daher der Verwaltungsgerichtshof ohne Rücksicht auf die Ausführungen der Beschwerde, die im wesentlichen an der Rechtslage vorbeigehen, zu beachten, daß der Spruch des Straferkenntnisses erster Instanz, den die belangte Behörde durch die uneingeschränkte Abweisung der Berufung übernommen hat, mit ihren Feststellungen insofern in Widerspruch steht, als danach das AUFSTELLEN über einen Zeitraum von mehr als 1 1/2 JAHREN mit DREIMONATIGER Benutzung im Jahre 1988() und während des Tatzeitraumes IM JAHRE 1989 erfolgt sei. Der im Spruch eindeutig formulierte Tatvorwurf AM 2. MAI 1989 den Verkaufswagen ABGESTELLT zu haben, kann nämlich keineswegs bloß im Sinne einer WIEDERAUFNAHME DER VERKAUFSTÄTIGKEIT verstanden oder dahin umgedeutet werden. Daran kann auch nichts ändern, daß § 25 lit. f der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989, auch das BENÜTZEN von Verkaufswagen bewilligungspflichtig macht und daher (auch) eine Benützung ohne darauf lautende Baubewilligung gemäß § 53 Abs. 1 lit. a TBO eine Verwaltungsübertretung darstellt. Die belangte Behörde hat jedenfalls eine den Spruch ("Abstellen am 2. Mai 1989") tragende Sachverhaltsfeststellung nicht getroffen. Nur der Vollständigkeit halber sei auch noch darauf hingewiesen, daß die Feststellung der eineinhalbjährigen Aufstellung des Verkaufswagens mit der Begründung, daß aus dem Ansuchen des Beschwerdeführers vom 19. März 1989 die Absicht hervorgehe, vom 1. Mai 1989 bis 31. Oktober 1989 den Verkaufswagen abzustellen, auch nicht nachvollzogen werden kann.

Der aufgezeigte Widerspruch zwischen Spruch und Begründung des Straferkenntnisses zweiter Instanz in einem wesentlichen Punkt belastet den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, sodaß er gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Das Kostenmehrbegehren war abzuweisen, da die Umsatzsteuer bereits im pauschalierten Aufwandersatz enthalten ist.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1990060072.X00

Im RIS seit

21.05.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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