TE Vwgh Erkenntnis 1992/5/21 90/06/0114

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Veröffentlicht am 21.05.1992
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §66 Abs4;
BauO Stmk 1968 §70a Abs1;
BauRallg;
VVG;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde des 1) JF in H und 2) des HD in L, beide vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 21. Juni 1990, Zl. A 17-K-28.472/1984-9, betreffend baupolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Auftrages, die im Bereich des Dachgeschoßes sowie des 4. Obergeschoßes an der Nordwestseite errichtete Terrasse im Ausmaß von

ca. 3,00 x 3,00 m zu entfernen, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Die Landeshauptstadt Graz hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 11.370,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Akt erliegt ein Amtsbericht vom 14. Februar 1990 zur Baustelle, S-Gasse 10, mit nachstehendem Inhalt:

"Bei der heutigen Erhebung wurde festgestellt, daß an der nordwestlichen Feuermauer (zum Haus Nr. 8) 2 Fenster und eine Türe eingebaut wurden. Weiters wurden im Bereich des Dachgeschoßes und im 4. Obergesch. an der Nordwestseite je eine Terrasse im Ausmaß von ca. 3 m x 3 m ohne behördliche Bewilligung errichtet."

Daraufhin erging an die beiden Beschwerdeführer als Eigentümer des Hauses der namens des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz erlassene Bescheid vom 16. Februar 1990, wonach den beiden Beschwerdeführern aufgetragen wurde, binnen drei Wochen ab Rechtskraft des Bescheides nachstehende, ohne baubehördliche Bewilligung hergestellte Bauten wieder zu entfernen und den konsensmäßigen Zustand wiederherzustellen:

1.) Die im Bereich des Dachgeschoßes sowie des 4. Obergeschoßes an der Nordwestseite errichtete Terrasse im Ausmaß von ca. 3,00 x 3,00 m ist zu entfernen und jener Zustand wiederherzustellen, welcher den genehmigten Plänen bzw. dem Konsens entspricht.

2.) Die in der nordöstlichen Feuermauer zum Haus S-Gasse Nr. 8 eingebauten 2 Fenster im Dachgeschoß bzw. Spitzboden, sowie die eingebaute Türe sind zu entfernen und die Öffnungen sodann brandbeständig zuzumauern.

In der Begründung wurde auf das Ergebnis der oben wiedergegebenen Erhebung sowie auf die rechtlichen Bestimmungen und das Fehlen des Konsenses verwiesen.

In der dagegen erhobenen Berufung wurde vorgebracht, daß die im Bereich des Dachgeschoßes sowie des 4. Obergeschoßes an der Nordwestseite errichteten Konstruktionen Bauprovisorien seien, welche nach Durchführung von erforderlichen Sanierungsmaßnahmen wieder entfernt würden; hinsichtlich der Fenster sei den Forderungen der Behörde entsprochen worden, die eingebaute Türe werde durch eine Brandschutztüre ersetzt und um die behördliche Genehmigung im Zuge eines Planwechsels angesucht.

Daraufhin gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid ohne Durchführung weiterer Erhebungen der Berufung keine Folge und bestätigten den Bescheid erster Instanz. Nach Wiedergabe des erstinstanzlichen Bescheides und des Berufungsvorbringens sowie gesetzlicher Bestimmungen beschränkte sich die belangte Behörde auf die Ausführung, daß die Errichtung einer Terrasse im Ausmaß von 3,00 x 3,00 m im Bereich des Dachgeschoßes sowie des 4. Obergeschoßes eine Bauveränderung sei, die zweifellos auf die Festigkeit und Sicherheit von Einfluß sein könne, da bei nicht fachgerechter Errichtung ein Absturz der Terrasse erfolgen könne. Die in der Feuermauer eingebauten 2 Fenster im Dachgeschoß bzw. Spitzboden sowie die eingebaute Türe könnten wieder von Einfluß auf den Brandschutz sein. Die Frage der Bewilligungspflicht sei daher zu bejahen, auch wenn eine Prüfung im Baubewilligungsverfahren ergebe, daß tatsächlich kein Einfluß auf Festigkeit, Sicherheit und Brandschutz vorliege. Soweit nach dem Berufungsvorbringen den Forderungen der Behörde bezüglich der Fenster bereits voll entsprochen worden sei, sei darauf hinzuweisen, daß die Herstellung des Zustandes der einem erlassenen im Instanzenzug angefochtenen baupolizeilichen Auftrag entspreche, keine von der Berufungsbehörde zu beachtende Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes darstelle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführer erachteten sich vor allem in ihrem Recht auf ein entsprechendes Ermittlungsverfahren vor Erlassung des Bauauftrages verletzt.

In der Gegenschrift macht die belangte Behörde geltend, daß sich aus dem im Akt erliegenden Foto der Terrasse des 4. Obergeschoßes und Dachgeschoßes eindeutig ergebe, daß es sich um Terrassen handle, die in weiterer Folge zu Balkonen ausgebaut werden sollten; inzwischen hätten die Beschwerdeführer auch um baubehördliche Bewilligung der westseitig errichteten Balkone angesucht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:

I.

Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Im vorliegenden Fall hat sich die belangte Behörde im wesentlichen auf die Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften beschränkt und hat zu der in der Berufung erhobenen Tatsachenbehauptung (vor Erlassung des erstinstanzlichen Bauauftrages war ja den Beschwerdeführern bzw. deren Vertreter rechtliches Gehör nicht gewährt worden), es handle sich bei den "Terrassen" lediglich um ein Bauprovisorium, keinerlei Ermittlungen vorgenommen bzw. Feststellungen getroffen. Aus dem gesamten Akt ergibt sich nicht einmal, ob es sich dabei um Holzkonstruktionen oder Betonplatten handelt, was doch für die Frage, ob es sich um eine Art Baugerüst handelt, von wesentlicher Bedeutung ist. Selbst aus dem im Akt erliegenden Foto, auf das - ohnehin verspätet - die belangte Behörde in der Gegenschrift verweist, kann derartiges nicht mit Sicherheit entnommen werden. Schon gar nicht kann auf das Vorbringen in der Gegenschrift, inzwischen hätten die Beschwerdeführer bezüglich der Terrassen als künftige Balkone ein Bauansuchen eingebracht, Bedacht genommen werden.

Es war daher jener Teil des angefochtenen Bescheides, mit dem der Abbruch der "Terrassen" aufgetragen wird, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

II.

Hinsichtlich der Fenster machen die Beschwerdeführer geltend, daß sie den Bauauftrag ohnehin erfüllt hätten, hinsichtlich der Türe, daß ohnehin ein Antrag auf nachträgliche Bewilligung gestellt worden sei. In diesem Punkt mißverstehen die Beschwerdeführer § 70a der Stmk. Bauordnung. Der Erlassung eines Beseitigungsauftrages steht zwar die rechtskräftige Bewilligung, nicht aber das bloße Ansuchen um eine solche entgegen. Lediglich die Vollstreckung ist während eines anhängigen Verfahrens zur Erlangung einer Baubewilligung ausgeschlossen. Im übrigen ist zwar richtig, daß grundsätzlich die entscheidende Behörde, also auch die Berufungsbehörde, den Sachverhalt im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides zugrundezulegen hat. Dies gilt zweifellos auch für Sachverhaltsänderungen gegenüber der Erlassung eines baubehördlichen Auftrages; ausgenommen ist lediglich die Erfüllung eines derartigen Auftrages, zumal für diesen Fall die Beschwerdeführer nicht dargetan haben, in welchem Recht sie durch die Aufrechterhaltung eines Bescheides, den sie befolgt haben, verletzt wurden.

Hinsichtlich dieses Teiles des angefochtenen Bescheides war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991, wobei der Ersatz von Bundesstempel nur im erforderlichen Ausmaß zugesprochen werden konnte.

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und Beweise

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1990060114.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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