TE Vwgh Erkenntnis 1992/5/21 91/09/0169

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Veröffentlicht am 21.05.1992
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §20 Abs7;
AVG §18 Abs2 idF 1990/357 ;
AVG §18 Abs4 idF 1990/357 ;
AVG §56;
AVG §58 Abs3;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVGNov 1990 Art4 Abs2;
AVGNov 1990;
B-VG Art130 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Beachte

Siehe jedoch: 1166/67 E VS 21. Mai 1968 VwSlg 7357 A/1968 RS 2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Mag. Meinl, Dr. Fürnsinn, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde der Z in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 26. Juli 1991, Zl. IIc/6702 B, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.610,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Antrag vom 21. März 1991 (beim zuständigen Arbeitsamt am 22. März eingelangt) ersuchte die Beschwerdeführerin, die in W. den Handel mit Obst und Gemüse - Inlandsprodukte betreibt, ihr für die Tätigkeit eines türkischen Staatsangehörigen als Markthelfer eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz zu erteilen.

Mit der mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellten als Bescheid bezeichneten Erledigung vom 27. März 1991 lehnte das Arbeitsamt Handel -

Transport - Verkehr - Landwirtschaft diesen Antrag im wesentlichen mit der Begründung ab, auf dem relevanten Teilarbeitsmarkt der Markthelfer/innen seien Arbeitssuchende vorgemerkt, die für eine Vermittlung in Betracht kämen. Die Beschwerdeführerin habe keine Arbeitskräftebedarfsmeldung erstattet; es spräche daher die Lage auf dem Arbeitsmarkt gegen die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung.

Die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 26. Juli 1991 im wesentlichen mit der Begründung ab, die Beschwerdeführerin habe die Vermittlung einer Ersatzkraft an Stelle des beantragten Ausländers abgelehnt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 20. Februar 1992 die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgefordert, sich innerhalb einer bestimmten Frist darüber zu äußern, ob im Beschwerdefall der Erledigung des Arbeitsamtes Handel - Transport - Verkehr - Landwirtschaft vom 27. März 1991 Bescheidcharakter zukomme. Dieser Beschluß wurde (nach kurzer Darstellung des Verwaltungsgeschehens) wie folgt begründet:

"1. Aktenlage:

Der in den vorgelegten Verwaltungsakten erliegende "Bescheid" des in erster Instanz eingeschrittenen Arbeitsamtes trägt weder Unterschrift noch Beglaubigung noch die leserliche Beifügung des Namens des Genehmigenden; es ist aus den Akten auch nicht ersichtlich, ob und auf welche Weise sichergestellt wäre, daß derjenige, der die Genehmigung erteilt hat, auf andere Weise festgestellt werden kann. Der Verwaltungsgerichtshof geht ferner davon aus, daß die der Beschwerdeführerin zugegangene Ausfertigung dieser Erledigung mit dem Original vollkommen übereinstimmt. Offenkundig wurde diese Erledigung mittels automationsgestützter Datenverarbeitung erstellt.

2. Rechtslage:

Gemäß § 18 Abs. 2 AVG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung gemäß BGBl. Nr. 357/1990 bzw. der Wiederverlautbarung BGBl. Nr. 51/1991 erfolgt die Genehmigung einer Erledigung durch die Unterschrift des Genehmigenden. Davon kann jedoch abgesehen werden, wenn sichergestellt ist, daß derjenige, der die Genehmigung erteilt hat, auf andere Weise festgestellt werden kann.

Nach § 18 Abs. 4 AVG in der genannten Fassung, der gemäß § 58 Abs. 3 AVG ausdrücklich auch für Bescheide Geltung hat, müssen alle schriftlichen Ausfertigungen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der unter leserlicher Beifügung des Namens abgegebenen Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat. An die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, daß die Ausfertigung mit der Erledigung des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das Geschäftsstück die eigenhändig beigesetzte Genehmigung aufweist. Das Nähere wird durch Verordnung geregelt (siehe dazu die Beglaubigungsverordnung, BGBl. Nr. 445/1925). Bei Mitteilungen gemäß Abs. 3 zweiter und dritter Satz (eine solche liegt im Beschwerdefall offenbar nicht vor) und BEI

AUSFERTIGUNGEN, DIE MITTELS AUTOMATIONSGESTÜTZTER

DATENVERARBEITUNG ERSTELLT WERDEN, GENÜGT DIE BEISETZUNG DES

NAMENS DES GENEHMIGENDEN; eine Beglaubigung durch die Kanzlei ist nicht erforderlich. Bei vervielfältigten Ausfertigungen oder in Fällen, in denen der Inhalt einer Erledigung in einer solchen technischen Weise mitgeteilt wird, die eine genaue Wiedergabe des Originals ermöglicht, ist die Unterschrift oder deren Beglaubigung auf der zu vervielfältigenden Ausfertigung oder auf dem Original anzubringen.

Gemäß § 20 Abs. 7 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975 (AuslBG), bedürfen die Ausfertigungen der nach diesem Bundesgesetz vorgesehenen Bescheide und Bescheinigungen, die im Wege elektronischer Datenverarbeitungsanlagen oder in einem ähnlichen Verfahren hergestellt werden, weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung.

3. Fragestellung:

Auf Grund des Verwaltungsaktes ist nicht feststellbar, ob im Beschwerdefall eine den Anforderungen des § 18 Abs. 2 AVG entsprechende erstinstanzliche Erledigung überhaupt vorliegt. Ein "anonymer" Einsatz einer Datenverarbeitungsanlage entspricht jedenfalls den gesetzlichen Voraussetzungen nicht.

Fraglich ist darüber hinaus, ob die erstinstanzliche Erledigung in einer den Formvorschriften des § 18 Abs. 4 AVG entsprechenden Weise ausgefertigt worden ist. Nach der geltenden Rechtslage stellt es ein Mindesterfordernis für Ausfertigungen, die mittels automationsgestützter Datenverarbeitung erstellt werden, dar, daß sie den Namen des Genehmigenden aufweisen, wenn diese auch gemäß § 20 Abs. 7 AuslBG weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung bedürfen.

Der Verwaltungsgerichtshof geht daher vorerst davon aus, daß auch im Falle des Einsatzes elektronischer Datenverarbeitungsanlagen eine erkennbare Verbindung des Verwaltungsaktes mit dem der betreffenden Behörde zugehörenden Organwalter, welcher die Erledigung genehmigt hat, als Mindesterfordernis eines Bescheides herstellbar sein muß.

Im Falle des fehlenden Bescheidcharakters der im Beschwerdefall vorliegenden erstinstanzlichen Erledigung hätte die Berufungsbehörde mangels Vorliegens eines erstinstanzlichen Bescheides mit Zurückweisung der Berufung vorzugehen gehabt. Die Sacherledigung der Berufung der Beschwerdeführerin im angefochtenen Bescheid wäre dann mit einer vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Rechtswidrigkeit behaftet."

Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Äußerung vom 19. März 1992 die Auffassung vertreten, daß der Erledigung der Behörde erster Instanz sowohl im Hinblick auf § 18 Abs. 2 als auch § 18 Abs. 4 AVG kein Bescheidcharakter zukomme.

Die belangte Behörde hat in ihrer Stellungnahme vom 31. März 1992 folgende Rechtsansicht vertreten:

"1. Rechtslage vor 1991:

Durch § 20 Abs. 7 AuslBG, der wortgleich mit dem seinerzeitigen § 18 Abs. 4 AVG dessen Regelungsinhalt außer Kraft gesetzt hat, war sichergestellt, daß mit dem Einsatz der EDV weder Unterschrift noch Beisetzung des Namens des Genehmigers am Bescheid erforderlich war.

2. Novellierung des AVG 1991:

Mit Inkrafttreten der AVG-Novelle 1990 am 1.1.1991 wurde nunmehr festgeschrieben, daß von der Unterschrift des Genehmigenden dann abgesehen werden kann, wenn sichergestellt ist, daß derjenige, der die Genehmigung erteilt hat, auf andere Weise festgestellt werden kann. Dadurch ist die Spezialnorm des § 20 Abs. 7 AuslBG obsolet geworden, sofern die zusätzlich in die Bestimmung des AVG aufgenommene Bedingung erfüllt wird.

§ 18 Abs. 4 AVG regelt den Fall, daß die Ausnahmebestimmung des § 18 Abs. 2 (sofern nicht der Genehmiger auf andere Weise festgestellt werden kann) nicht zum Tragen kommt. Die Regelung im § 18 Abs. 4, wonach alle schriftlichen Ausfertigungen unter anderem mit der unter leserlicher Beifügung des Namens abgegebenen Unterschrift des Genehmigers zu versehen sind (alternativ Kanzleibeglaubigung), kann nur dort angewendet werden, wo nicht bereits der Ausnahmetatbestand des § 18 Abs. 2 anwendbar ist, demgemäß eine Unterschrift des Genehmigenden gar nicht erforderlich ist.

3.

Der ABB-Datensatz ist so konzipiert, daß mit dem Bescheidausdruck

-

die Genehmigung nicht mehr rückgängig gemacht werden kann

-

der Datensatz insgesamt mit allen bescheidrelevanten Details 'eingefroren' und gespeichert wird,

-

aus verschiedenen Kontrollblöcken die Variablen des Bescheides stets rekonstruierbar sind, somit auch der Name des Genehmigers jederzeit abfragbar ist, wenngleich er auf dem Bescheid nicht namentlich aufscheint,

-

der Bescheid im Rechenzentrum so gespeichert wird, daß ein Bescheidnachdruck wortgetreu dem Erstdruck jederzeit möglich ist,

-

durch das Einfrieren des Datensatzes ein für allemal gesichert ist, daß der Genehmigende und alle weiteren Bescheidausdrucke nach dem Erstausdruck rekonstruierbar sind.

Aus der technischen Konzeption geht eindeutig hervor, daß dem § 18 Abs. 2 zweiter Satz entsprochen wird. Die Beisetzung des Namens des Genehmigers ist daher auf dem Bescheid grundsätzlich nicht erforderlich.

4.

Zur Fragestellung des Verwaltungsgerichtshofes bezüglich der Einhaltung der Formvorschriften des § 18 Abs. 4 AVG darf bemerkt werden, daß für die Rechtslage vor dem 1.1.1991 nach § 18 Abs. 4 die Unterschrift des Genehmigenden erforderlich war; dieser Bestimmung wurde durch § 20 Abs. 7 AuslBG derogiert.

Erst seit dem 1.1.1991 ist gemäß dem geänderten § 18 Abs. 4 AVG die Beisetzung des Namens des Genehmigenden erforderlich, jedoch gilt, wie bereits im Punkt 2 ausgeführt, seit diesem Zeitpunkt primär § 18 Abs. 2 AVG, sodaß der Vorwurf, 'Nichtbescheide' erlassen zu haben, ins Leere geht.

5.

Die unter Punkt 3 dargestellte Rechtsauffassung wurde informell vom Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst anläßlich der Einführung der Novelle zum AVG bestätigt, daher wurden kurzfristig keine technischen Maßnahmen gesetzt, um den Genehmiger auf dem Bescheidausdruck aufscheinen zu lassen. Ungeachtet dessen wird ab 1.4.1992 aus Gründen der Kundenfreundlichkeit der Name des Genehmigers dennoch am Bescheid aufscheinen."

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 18 Abs. 2 AVG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 357/1990 (bzw. der Wiederverlautbarung, BGBl. Nr. 51/1991) erfolgt die Genehmigung einer Erledigung durch die Unterschrift des Genehmigenden. Davon kann jedoch abgesehen werden, wenn sichergestellt ist, daß derjenige, der die Genehmigung erteilt hat, auf andere Weise festgestellt werden kann.

§ 18 Abs. 4 AVG (in der oben zitierten Fassung) lautet:

"(4) Alle schriftlichen Ausfertigungen müssen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der unter leserlicher Beifügung des Namens abgegebenen Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat. An die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, daß die Ausfertigung mit der Erledigung des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das Geschäftsstück die eigenhändig beigesetzte Genehmigung aufweist. Das Nähere wird durch Verordnung geregelt. Bei Mitteilungen gemäß Abs. 3 zweiter und dritter Satz und bei Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, genügt die Beisetzung des Namens des Genehmigenden; eine Beglaubigung durch die Kanzlei ist nicht erforderlich. Bei vervielfältigten Ausfertigungen oder in Fällen, in denen der Inhalt einer Erledigung in einer solchen technischen Weise mitgeteilt wird, die eine genaue Wiedergabe des Originals ermöglicht, ist die Unterschrift oder deren Beglaubigung auf der zur vervielfältigenden Ausfertigung oder auf dem Original anzubringen."

Gemäß Art. IV Abs. 2 der Novelle zum AVG, BGBl. Nr. 357/1990 bzw. der Anlage 2 zur Wiederverlautbarung, BGBl. Nr. 51/1991 ist die oben zitierte Fassung erst auf Verfahren anzuwenden, die ab dem 1. Jänner 1991 eingeleitet werden. Hingegen sind die zu diesem Zeitpunkt anhängigen Verfahren nach der bis zum Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 357/1990 geltenden Rechtslage zu Ende zu führen.

§ 20 Abs. 7 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975 lautet:

"(7) Die Ausfertigungen der nach diesem Bundesgesetz vorgesehenen Bescheide und Bescheinigungen, die im Wege elektronischer Datenverarbeitsanlagen oder in einem ähnlichen Verfahren hergestellt werden, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung."

Im Beschwerdefall ist das Verfahren auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz am 22. März 1991 (Zeitpunkt des Einlangens des Antrages der Beschwerdeführerin bei der Behörde erster Instanz) anhängig geworden. Es kommt daher (wenn überhaupt) nur die Anwendbarkeit des AVG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 357/1990 bzw. der Wiederverlautbarung BGBl. Nr. 51/1991 in Betracht.

Aus der Sicht des Beschwerdefalles kann dahingestellt bleiben, ob § 20 Abs. 7 AuslBG noch dem geltenden Recht angehört oder ihm durch die AVG-Novelle, BGBl. Nr. 199/1982 oder durch die AVG-Novelle, BGBl. Nr. 357/1990 derogiert wurde. Die zuletzt genannte AVG-Novelle hat jedenfalls im 4. Satz des § 18 Abs. 4 die Anführung des Namens des genehmigenden Organwalters auf der mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellten Ausfertigung behördlicher Schriftstücke zwingend und ausnahmslos vorgesehen. § 18 Abs. 4 AVG steht weder unter Subsidiaritätsvorbehalt noch enthält die Novelle eine zu dieser Neuregelung ergangene (spezielle) Übergangsbestimmung. § 18 Abs. 4 AVG tritt daher mit einem umfassenden Geltungsanspruch auf. Dies bedeutet, daß auch automationsunterstützt erstellte Bescheide nach dem AuslBG, soweit das Verfahren erst nach dem 1. Jänner 1991 anhängig wurde, dem Formerfordernis des § 18 Abs. 4 AVG in der Fassung der AVG-Novelle, BGBl. Nr. 357/1990 (bzw. der Wiederverlautbarung) - wie die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme zutreffend erkannt hat - genügen müssen.

Entgegen der Auffassung der belangten Behörde trifft es jedoch nicht zu, daß § 18 Abs. 4 AVG nur dann zur Anwendung kommt, wenn die Behörde von der Möglichkeit nach § 18 Abs. 2 zweiter Satz AVG nicht Gebrauch gemacht hat (wenn also die Genehmigung nicht auf andere Weise als durch Unterschrift festgestellt werden kann). Die belangte Behörde verkennt, daß sich die Bestimmung des § 18 Abs. 2 AVG auf die (behördeninterne) Genehmigung von Erledigungen (also auf die "Urschrift") bezieht, die bis zu dieser Novelle nicht ausdrücklich geregelt war (in diesem Sinn auch die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage, 1089 Blg, 17. GP, Seite 10 zu Art. I Z. 2); damit sollte eine zwischen dem Verfassungsgerichtshof und dem Verwaltungsgerichtshof bestehende Judikaturdivergenz für zukünftige Fälle beseitigt werden (vgl. einerseits das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1987, G 110, 111/87 u. a. und andererseits das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1988, Zl. 87/18/0124, mit der an der bisherigen im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Verfassungsgerichtshofes stehenden Rechtsprechung ausdrücklich festgehalten wurde).

Hingegen regelt § 18 Abs. 4 AVG die Form der Ausfertigung behördlicher Erledigungen.

Beide Bestimmungen beziehen sich auf Grund ihres klaren Wortlautes auf unterschiedliche Regelungsgegenstände, sodaß schon deshalb die Auffassung der Behörde über das Verhältnis dieser beiden Bestimmungen unrichtig ist.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß die dem Beschwerdeführer zugestellte Ausfertigung der Erledigung der Behörde erster Instanz mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt wurde und daß sie keine Beisetzung des Namens des Genehmigenden enthält.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes stellt § 18 Abs. 4 vierter Satz AVG im Falle des Einsatzes elektronischer Datenverarbeitungsanlagen sicher, daß eine erkennbare Verbindung des Verwaltungsaktes mit dem der betreffenden Behörde zugehörenden Organwalter, welcher die Erledigung genehmigt hat, als Mindesterfordernis eines Bescheides herstellbar sein muß (vgl. in diesem Zusammenhang auch die Judikatur zur Bedeutung der leserlichen Beifügung des Namens des Genehmigenden nach § 18 Abs. 4 erster Satz AVG für den Fall, daß eine Unterschrift im Sinne des Gesetzes fehlt und sich aus der Erledigung auch sonst kein Anhaltspunkt dafür ergibt, wer die Erledigung genehmigt hat z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Juni 1985, Zl. 84/11/0178, vom 12. März 1986, Zl. 85/03/0144, vom 10. Dezember 1986, Zl. 86/01/0072 und vom 27. März 1987, Zl. 85/12/0236).

Aus diesem Grund kommt der Ausfertigung der Erledigung der Behörde erster Instanz im Beschwerdefall wegen Fehlens eines Mindesterfordernisses nach § 18 Abs. 4 AVG kein Bescheidcharakter zu, sodaß auf die weitere Frage, ob die auch auf andere Weise als durch Unterschrift erfolgte (behördeninterne) Genehmigung den Anforderungen nach § 18 Abs. 2 letzter Satz AVG entspricht, nicht näher einzugehen war.

Wegen des fehlenden Bescheidcharakters der im Beschwerdefall vorliegenden erstinstanzlichen Erledigung hätte die belangte Behörde mangels Vorliegens eines erstinstanzlichen Bescheides mit Zurückweisung der Berufung vorzugehen gehabt. Die Sacherledigung der Berufung durch die belangte Behörde ist daher mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet und war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aus diesem Grund aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung, BGBl. Nr. 104/1991. Stempelgebühren für die nicht erforderliche Anzahl von Schriftsätzen sowie Beilagen waren nicht zu ersetzen.

Schlagworte

Bescheidcharakter Bescheidbegriff Formelle Erfordernisse Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche Entscheidungen Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Beschwerde Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage Rechtsquellen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991090169.X00

Im RIS seit

23.01.2002

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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