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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 27. Februar 1992, Zl. SD 104/92, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 27. Februar 1992 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes (im folgenden kurz: FPG) ein bis zum 30. Juni 2002 befristetes Aufenthaltsverbot für das gesamte Bundesgebiet erlassen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluß vom 12. März 1992, B 287/92, die Behandlung derselben ablehnte und sie mit dem weiteren Beschluß vom 6. April 1992 gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat. Dieser hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des § 3 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1 sowie des Abs. 3 FPG lauten:
§ 3 (1) Gegen einen Fremden kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, BGBl. Nr. 210/1958, genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
(2) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder
1. von einem inländischen Gericht zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist; einer solchen Verurteilung ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht dann gleichzuhalten, wenn sie den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht.
(3) Würde durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist seine Erlassung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 genannten Ziele dringend geboten ist. In jedem Fall ist ein Aufenthaltsverbot nur zulässig, wenn nach dem Gewicht der maßgebenden öffentlichen Interessen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen, als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:
1. die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen;
2.
die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen;
3.
die mögliche Beeinträchtigung des beruflichen oder persönlichen Fortkommens des Fremden oder seiner Familienangehörigen.
In Hinsicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 Abs.2 Z. 1 FPG verwies die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides darauf, die Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle seien in zweifacher Hinsicht erfüllt, weil der Beschwerdeführer bereits mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden und darüber hinaus das bei bedingter Strafnachsicht erforderliche Strafausmaß erheblich überschritten worden sei, zumal der Beschwerdeführer in zwei Fällen wegen Einbruchsdiebstahles verurteilt worden sei (aus der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde geht hervor, daß der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 15. Jänner 1992 wegen teils versuchten, teils vollendeten (schweren) Diebstahls und wegen unbefugten Fahrzeuggebrauchs zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt worden sei, wobei ihm die in der Untersuchungshaft verbrachte Zeit als Vorhaft angerechnet und der offene Strafrest unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen worden sei).
Zur im Grunde des § 3 Abs. 3 FPG vorgenommenen Interessenabwägung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, es bestehe kein Zweifel, daß ein Aufenthaltsverbot im Hinblick darauf, daß der etwa 23-jährige Beschwerdeführer und dessen Eltern seit etwas mehr als elf Jahren in Österreich, hingegen in der Türkei nur Onkeln und Tanten lebten, einen beträchtlichen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers darstelle. Dessen ungeachtet sei aber die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes dringend geboten, zumal der Beschwerdeführer bereits nach einer ebenfalls wegen Einbruchsdiebstahles erfolgten Verurteilung ausdrücklich und niederschriftlich ermahnt und ihm schon damals angedroht worden sei, daß gegen ihn bei einer neuerlichen Verurteilung ein Aufenthaltsverbot erlassen werden würde und der Beschwerdeführer nunmehr neuerlich wegen Einbruchsdiebstahles verurteilt worden sei. Es möge sein, daß dem Beschwerdeführer, der immerhin zum Zeitpunkt seiner letzten Inhaftierung keiner geregelten Arbeit nachgegangen sei, wieder eine Beschäftigung verschafft werden könne, und daß er nunmehr bereit wäre, eine österreichische Staatsbürgerin, die ihm ein Kind geboren habe, heiraten zu wollen, doch vermöge dies nichts daran zu ändern, daß die Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nach dem Gewicht der maßgebenden öffentlichen Interessen unverhältnismäßig schwerer wiegen würden, als die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß bei ihm die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Z. 1 FPG vorliegen. Damit aber ist nach der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 25. November 1991, Zl. 90/19/0528) davon auszugehen, daß die Annahme gerechtfertigt ist, der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet gefährde die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit oder laufe anderen im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwider.
Der Verwaltungsgerichtshof kann auch nicht finden, daß die belangte Behörde bei der Vornahme der nach § 3 Abs. 3 FPG gebotenen Interessenabwägung rechtswidrig gehandelt hätte. Es trifft nicht zu, daß sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht damit auseinandergesetzt hat, daß der Beschwerdeführer (künftighin) einer Beschäftigung nachgehen könnte. Was aber den Hinweis des Beschwerdeführers auf die am 12. Mai 1992 mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossenen Ehe anlangt, so handelt es sich dabei um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung.
Soweit der Beschwerdeführer schließlich vorbringt, die Verhängung eines zehnjährigen Aufenthaltsverbotes sei "völlig unangemessen", so ist dem entgegenzuhalten, daß dem festgestellten Sachverhalt nichts zu entnehmen ist, das erkennen ließe, die Gründe für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes könnten zu einem früheren Zeitpunkt wegfallen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. April 1992, Zl. 92/18/0093).
Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992180138.X00Im RIS seit
25.05.1992