TE Vwgh Erkenntnis 1992/5/25 92/18/0101

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Veröffentlicht am 25.05.1992
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

ABGB §1151;
ABGB §1165;
GewO 1973 §1 Abs1;
GewO 1973 §1 Abs2;
GewO 1973 §1 Abs3;
GewO 1973 §366 Abs1;
PaßG 1969 §25 Abs3 litd;
PaßG 1969 §25 Abs3;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des N in S, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 13. Februar 1992, Zl. 11-F/92, betreffend Versagung eines Sichtvermerkes und Auftrag zum Verlassen des österreichischen Bundesgebietes,

Spruch

1. beschlossen: Die Beschwerde wird insoweit, als damit der Auftrag zum Verlassen des österreichischen Bundesgebietes bekämpft wird, zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt: Die Beschwerde wird insoweit, als sie sich gegen die Abweisung des Antrages auf Erteilung eines Sichtvermerkes richtet, als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg (der belangten Behörde) vom 13. Februar 1992 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 19. (richtig: 10.) September 1991 auf Erteilung eines Sichtvermerkes gemäß § 25 Abs. 3 lit. d und e des Paßgesetzes 1969 abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, daß das "Bundesgebiet der Republik Österreich daher nach Rechtskraft des Bescheides zu verlassen (ist)".

Der Beschwerdeführer habe seinen Sichtvermerks-Antrag damit begründet, daß er auf die Ausstellung einer "Greenkard" durch die amerikanische Einwanderungsbehörde warten müsse, da er die Absicht habe, nach Amerika auszuwandern. Eine Bestätigung über den eingebrachten Antrag bei den US-Behörden habe der Beschwerdeführer nicht vorlegen können. Im Ermittlungsverfahren sei festgestellt worden, daß ein Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die "Firma P" vom Landesarbeitsamt Niederösterreich im Instanzenzug mit Bescheid vom 18. Juli 1991 abgelehnt worden sei. Da für den Beschwerdeführer keine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden sei, habe er am 3. Jänner 1992 mit der genannten "Firma" einen Werkvertrag, gültig bis 31. Dezember 1992, abgeschlossen. Seither gehe der Beschwerdeführer in Österreich einer Beschäftigung nach, obwohl er nicht im Besitz einer Arbeitsbewilligung, eines Befreiungsscheines oder einer Gewerbeberechtigung sei. Überdies sei bei der Überprüfung des Sparbuches des Beschwerdeführers, "von dem" dieser seinen Lebensunterhalt bestreite, festgestellt worden, daß jede größere Einzahlung innerhalb der nächsten Tage wieder abgehoben worden sei. Aus diesem Grund müsse angenommen werden, daß es sich um Scheineinzahlungen gehandelt habe. Diese Tatsache werde für die Behörde durch die illegale Arbeitsaufnahme des Beschwerdeführers bestärkt, da dieser nunmehr seinen Lebensunterhalt durch seine Beschäftigung bestreiten könne.

Dieser Sachverhalt stelle eine Tatsache dar, die im Sinne des § 25 Abs. 3 lit. d und e des Paßgesetzes 1969 die Annahme rechtfertige, daß ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden bzw. zu einer finanziellen Belastung der Republik Österreich führen könnte.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde, mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

3. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Soweit sich die Beschwerde gegen den Ausspruch im bekämpften Bescheid, der Beschwerdeführer habe das Bundesgebiet nach Rechtskraft dieses Bescheides zu verlassen, wendet, erweist sich die Beschwerde mangels Erschöpfung des Instanzenzuges als unzulässig (vgl. dazu des näheren die hg. Entscheidung vom 2. Dezember 1991, Zl. 91/19/0298). Die Beschwerde war daher insoweit wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

2. Im Umfang der Bekämpfung des Ausspruches betreffend die Versagung des vom Beschwerdeführer beantragten Sichtvermerkes erweist sich die Beschwerde als zulässig. Sie ist allerdings - wie die folgenden Ausführungen zeigen - unbegründet.

2.1. Gemäß § 25 Abs. 1 Paßgesetz 1969 kann einem Fremden ein Sichtvermerk erteilt werden, sofern kein Versagungsgrund gemäß Abs. 3 vorliegt.

Nach § 25 Abs. 3 lit. d leg. cit. ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, daß ein Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde. Ein weiterer Versagungsgrund ist gemäß § 25 Abs. 3 lit. e leg. cit. gegeben, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, daß ein Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers im Bundesgebiet zu einer finanziellen Belastung der Republik Österreich führen könnte.

Die belangte Behörde hat das Vorliegen des Tatbestandes der lit. d wie auch der lit. e des § 25 Abs. 3 Paßgesetz 1969 angenommen. Da für die (zwingende) Versagung eines Sichtvermerkes nach § 25 Abs. 3 leg. cit. die Verwirklichung auch nur eines der Tatbestände der lit. a bis f ausreicht, ist die angefochtene Entscheidung schon dann nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit behaftet, wenn die belangte Behörde zumindest einen der von ihr herangezogenen Tatbestände zu Recht als erwiesen angenommen hat.

2.2. Die belangte Behörde ist in der Begründung des bekämpften Bescheides zu dem Ergebnis gelangt, daß die vom Beschwerdeführer aufgrund des von ihm mit der P Handelsgesellschaft m.b.H. am 3. Jänner 1992 abgeschlossenen Werkvertrages ausgeübte Tätigkeit u.a. deshalb illegal sei, weil er nicht im Besitz der hiefür erforderlichen Gewerbeberechtigung sei. Der im Verwaltungsakt erliegenden Kopie der Werkvertrags-Urkunde zufolge verpflichtete sich der Beschwerdeführer zur Erbringung einer Werkleistung in Form von "Qualitätskontrolle und Kundenbetreuung", wobei er die Leistungserbringung "als selbständiger Unternehmer" übernahm, der "weder persönlich noch wirtschaftlich in die Unternehmensorganisation des Auftraggebers integriert (ist)". Als Honorar wurde ein Pauschale von S 132.000,-- für den Zeitraum "1.1.-31.12.92" vereinbart; der Beschwerdeführer verpflichtete sich, für die ordnungsgemäße Versteuerung seiner Einkünfte zu sorgen.

Die Ansicht der belangten Behörde, die Ausübung dieser Tätigkeit durch den Beschwerdeführer, ohne daß dieser über eine Gewerbeberechtigung verfüge - diese Feststellung im angefochtenen Bescheid blieb in der Beschwerde unbestritten -, sei "illegal", vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht als rechtswidrig zu erkennen. Die Tätigkeit, zu deren Erbringung sich der Beschwerdeführer verpflichtete, weist alle Merkmale einer dem Geltungsbereich der GewO 1973 zu unterstellenden Tätigkeit auf (§ 1 Abs. 1 bis 3 leg. cit.) und fällt auch nicht unter die in den §§ 2 bis 4 leg. cit. angeführten Ausnahmen vom Geltungsbereich. Die Ausübung der betreffenden Tätigkeit ist unbefugte Gewerbeausübung und gemäß § 366 Abs. 1 GewO 1973 eine Verwaltungsübertretung.

Die von der belangten Behörde vorgenommene Wertung, diese unbefugte Gewerbeausübung seitens des Beschwerdeführers rechtfertige die Annahme, daß sein (weiterer) Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung gefährden und solcherart den Tatbestand des § 25 Abs. 3 lit. d Paßgesetz 1969 verwirklichen würde, ist rechtlich unbedenklich, zumal der Gesetzgeber durch die Festsetzung des hohen Strafsatzes (bis S 50.000,--) deutlich zu erkennen gegeben hat, daß er die Ausübung eines Gewerbes ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung keineswegs als Übertretung von geringem Gewicht eingestuft wissen wollte.

3. Da nach dem Gesagten jedenfalls der Tatbestand des § 25 Abs. 3 lit. d Paßgesetz 1969 zu Recht als erfüllt angesehen wurde, steht die Versagung des vom Beschwerdeführer begehrten Sichtvermerkes mit dem Gesetz in Einklang (s. oben II.2.1.). Die Beschwerde war deshalb in dem im Spruch dieses Erkenntnisses (Punkt 2.) bezeichneten Umfang gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992180101.X00

Im RIS seit

06.08.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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