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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §45 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des E in I, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 24. September 1991, Zl. 16/6-2/1991, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetzes (BZG), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer einer Übertretung des § 4 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z. 4 lit b BZG schuldig erkannt, weil er am Sonntag, den 31. März 1991 um 7.10 Uhr eine für das Bäckereigewerbe typische Liefertätigkeit durchgeführt habe. Gemäß § 4 Abs. 1 leg. cit. wurde über ihn eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe ein Tag) verhängt. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Auffassung des Beschwerdeführers, daß eine Liefertätigkeit am Sonntag nur dann unzulässig sei, wenn sie in dem betreffenden Ort für das Bäckereigewerbe eigentümlich sei, finde im Gesetz keine Deckung. Es komme nicht darauf an, ob die Lieferung an den Endabnehmer bei den meisten Bäckereibetrieben üblich sei, sondern darauf, ob die Lieferung von frischen Backwaren im direkten Weg an den Endabnehmer dem Bäckereigewerbe an sich eigentümlich sei. Dies sei zu bejahen, wenn frisch gebackenes Brot mit einem Kraftfahrzeug ausgeliefert werde, welches auf Grund seiner Aufschriften als Betriebsfahrzeug eines Bäckereibetriebes auch für unbeteiligte Dritte ohne weiteres erkennbar sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 25. Februar 1992, B 1302/91, ihre Behandlung ab und trat sie mit Beschluß vom 21. April 1992 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab, der darüber erwogen hat:
1.1. § 4 Abs. 1 BZG lautet:
"Wer als Gewerbetreibender (§ 38 Abs. 2 GewO 1973) oder als dem § 3 GewO 1973 unterliegende Person an Sonntagen oder Feiertagen
1. eine gewerbliche Tätigkeit ausübt, die nicht unter § 2 Abs. 1 Z. 1, 2 oder 4 fällt;
2. entgegen § 2 Abs. 2 Betriebsstätten für den Kundenverkehr offenhält;
3. einer auf Grund des § 3 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt,
begeht, sofern die Tat nicht nach arbeitsrechtlichen oder anderen Vorschriften mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung, die von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu S 10.0000,-- zu ahnden ist.
1.2. Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 4 BZG ist an Sonntagen und Feiertagen die Ausübung persönlicher, nicht bereits unter die Z. 1 oder 3 fallender Tätigkeiten des Gewerbetreibenden zulässig, die von diesem a) in der Betriebsstätte durchgeführt werden oder b) außerhalb der Betriebsstätte durchgeführt werden und nicht das für unbeteiligte Dritte erkennbare Erscheinungsbild der dem betreffenden Gewerbe eigentümlichen Arbeiten aufweisen.
1.3. Nach der zuletzt genannten Gesetzesstelle darf der Gewerbetreibende an Sonntagen und Feiertagen außerhalb der Betriebsstätte nur solche persönlichen Tätigkeiten ausüben, die für unbeteiligte Dritte nicht als typische Tätigkeiten im Rahmen der Ausübung eines bestimmten Gewerbes erkennbar sind (siehe Erl. zur RV, 198 der Beilagen zu den sten. Prot., XVI. GP).
2. Der Beschwerdeführer vertritt in dem Schriftsatz vom 15. April 1992, mit dem er die Beschwerde ergänzend ausgeführt hat, - wie bereits im Verwaltungsverfahren - die Auffassung, daß für einen unbeteiligten Dritten die Zustellung von Backwaren in einem Wintersportort nicht dem eigentümlichen Erscheinungsbild des Bäckereigewerbes entspreche.
Dieser Auffassung kann sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anschließen. Es mag zutreffen, daß viele Bäckereibetriebe überwiegend oder sogar ausschließlich Zwischenhändler, wie Lebensmittelketten, beliefern, doch folgt daraus nicht, daß andere Liefertätigkeiten - wie zum Beispiel die vom Beschwerdeführer ausdrücklich zugegebene, mit einem Betriebsfahrzeug erfolgte Belieferung eines Hotels mit frischen Backwaren - atypisch für das Bäckereigewerbe in Österreich wären. Es entspricht vielmehr der Lebenserfahrung, daß solche Liefertätigkeiten von zahlreichen Bäckereibetrieben häufig ausgeübt werden. Unter Zugrundelegung dieser Tatsachen kann aber die Rechtsansicht der belangten Behörde, daß derartige Liefertätigkeiten das für unbeteiligte Dritte erkennbare Erscheinungsbild der dem Bäckergewerbe eigentümlichen Arbeiten aufweisen, nicht als rechtswidrig erkannt werden.
3. Auch der Vorwurf des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe verkannt, daß die Strafbestimmung des § 4 BZG Verschulden voraussetze, ist nicht berechtigt. Abgesehen davon, daß die belangte Behörde dem Beschwerdeführer im angefochtenen Bescheid die unzureichende Kenntnis der Vorschriften des BZG ausdrücklich als Fahrlässigkeit angelastet hat, ist seinen Ausführungen zu erwidern, daß zum Tatbestand der ihm angelasteten Übertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und es daher gemäß § 5 Abs. 1 VStG Aufgabe des Beschwerdeführers gewesen wäre, glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Der Beschwerdeführer hätte initiativ alles darzulegen gehabt, was für seine Entlastung gesprochen hätte. Da er dies nicht getan hat, war im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG Fahrlässigkeit ohne weiters anzunehmen.
4. Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
freie BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992180155.X00Im RIS seit
25.05.1992