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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
B-VG Art130 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Bernard und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des H in P, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 13. November 1991, Zl. VerkR-14.590/1-1991-II/M, betreffend Bemessung der Verwaltungsstrafe für eine Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer einer Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 für schuldig erkannt. Über ihn wurde - in Herabsetzung der von der Erstbehörde verhängten Strafe (S 12.000,--, 12 Tage Ersatzarrest) - eine Geldstrafe von S 10.000,-- (10 Tage Ersatzarrest) verhängt.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde bekämpft der Beschwerdeführer lediglich die Strafbemessung. Er macht diesbezüglich Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Gerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer behauptet, es sei ein Anwendungsfall des § 20 VStG vorgelegen. Nach dieser Bestimmung kann die Mindeststrafe - die in Ansehung einer Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 S 8.000,-- beträgt - bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn u.a. die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen. Auf die Anwendung dieser Bestimmung besteht nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Rechtsanspruch (vgl. das Erkenntnis vom 31. Jänner 1990, Zl. 89/03/0027).
Die belangte Behörde hat die Nichtanwendung des § 20 VStG damit begründet, daß dem - vom Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren u.a. ins Treffen geführten - Geständnis "bei Vorliegen eines Alkomatergebnisses keine besondere Bedeutung zukommt". Diese Begründung ist angesichts der Fülle der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Milderungsgründe unzureichend. Er hat in diesem Zusammenhang im Verwaltungsstrafverfahren vorgebracht, daß er (überdies) seit neun Jahren Verkehrsteilnehmer und dabei völlig unbescholten sei, daß die Tat keinerlei nachteilige Folgen nach sich gezogen habe, daß die Tat zu seinem bisherigen Lebenswandel in auffallendem Widerspruch gestanden sei, daß er keine Erfahrungen mit Alkohol gehabt habe, daß er damals Probleme in seinem Beruf gehabt habe, daß es ihm leicht möglich gewesen wäre, sich der Verfolgung zu entziehen, und daß die Tat schon längere Zeit zurückgelegen sei. Mit diesen Argumenten hat sich die belangte Behörde nicht auseinandergesetzt. Sie hat zwar die völlige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers erwähnt, dies aber nur im Zusammenhang mit der Bemessung der Strafe innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens.
Wenn die belangte Behörde als Erschwerungsgrund das Ausmaß der Alkoholbeeinträchtigung (0,69 mg/l Alkoholgehalt der Atemluft) herangezogen hat, so ist dies entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers zwar grundsätzlich zutreffend, weil die Verwerflichkeit einer Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 umso größer ist, je mehr Alkohol der Täter vor dem Lenken zu sich genommen hat (vgl. das von der belangten Behörde in der Gegenschrift zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. September 1986, Zl. 85/18/0053). Es ist aber erkennbar der einzige Grund, der sich nicht von vornherein bei der Strafbemessung mildernd auszuwirken geeignet erscheint.
Der dem angefochtenen Bescheid anhaftende Begründungsmangel ist auch wesentlich. Ausgehend von der bisherigen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers kann ungeachtet der nicht unerheblichen Alkoholbeeinträchtigung nicht gesagt werden, daß die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Milderungsgründe, sollten sie wirklich vorliegen, was vom Verwaltungsgerichtshof derzeit nicht beurteilt werden kann, nicht die Anwendung des § 20 VStG nach sich zu ziehen hätten.
Die belangte Behörde hat Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Alkoholbeeinträchtigung unter 0,8 %o Ermessen Erschwerende und mildernde Umstände AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991020158.X00Im RIS seit
11.07.2001