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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde der E in K, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 20. Jänner 1992, Zl. MA 64-9/200/91/Str, betreffend Bestrafung wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 20. Jänner 1992 wurde die Beschwerdeführerin für schuldig befunden, sie habe zu einer bestimmten Tatzeit an einem näher beschriebenen Ort in Wien mit einem dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeug die durch Verbotszeichen gemäß § 52 Z. 10a StVO kundgemachte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h überschritten, weil die Fahrtgeschwindigkeit 115 km/h betragen habe, wobei die Überschreitung mit einem Meßgerät festgestellt worden sei. Die Beschwerdeführerin habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 3 lit. a in Verbindung mit § 52 Z. 10a StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin bringt unter anderem vor, auf dem betreffenden "Radarfoto", auf Grund dessen die belangte Behörde die von der Beschwerdeführerin eingehaltene Geschwindigkeit als erwiesen angenommen habe, sei auch ein anderes Fahrzeug ersichtlich. Es erscheine nicht ausgeschlossen, daß dieses Fahrzeug die Radarmessung ausgelöst habe. Zur endgültigen Klärung dieser Frage wäre es erforderlich gewesen, ein entsprechendes Gutachten eines Sachverständigen einzuholen.
Damit ist die Beschwerdeführerin im Recht:
Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides geht insoweit hervor, daß bei der am Tatort zur Tatzeit durchgeführten Radarmessung mit einem geeichten Radarmeßgerät die Geschwindigkeit des von der Beschwerdeführerin gelenkten Fahrzeuges mit 115 km/h feststellt worden sei. Auch wenn auf dem gegenständlichen Radarfoto außer diesem Fahrzeug auch ein anderes zu sehen sei, befinde sich dieses andere Fahrzeug "doch weit entfernt vom Meßbereich des Radargerätes", da es nur am äußersten Rand und nicht einmal zur Gänze zu erkennen sei (auch das polizeiliche Kennzeichen dieses Fahrzeuges könne nicht abgelesen werden). Es sei daher davon auszugehen, daß lediglich das von der Beschwerdeführerin gelenkte Fahrzeug, dessen polizeiliches Kennzeichen deutlich auf dem Radarfoto erkennbar sei, "das Radargerät ausgelöst" haben könne; auch Tatort, Tatzeit und Fahrgeschwindigkeit gingen aus dem Radarfoto deutlich hervor.
Der Verwaltungsgerichtshof ist allerdings der Ansicht, daß die Beantwortung der Frage, welches der beiden auf dem Radarfoto ersichtlichen Fahrzeuge die gemessene Geschwindigkeit eingehalten hat, vom Fachwissen eines Sachverständigen getragen werden muß (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 18. September 1991, Zl. 91/03/0106). Die Vorgangsweise der belangten Behörde, diese Frage selbst zu beantworten, war im vorliegenden Fall nicht zulässig. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 14. Mai 1990, Zl. 90/19/0159) darf die Behörde Fachfragen ohne Sachverständigenbeweis nur dann selbst beurteilen, wenn ihr die Kenntnisse und Erfahrungen zu eigen sind, die für eine selbständige fachliche Beurteilung von Fragen eines außerhalb des engeren Berufskreises liegenden Wissensgebietes vorausgesetzt werden müssen. Weder der Begründung des angefochtenen Bescheides noch dem sonstigen Akteninhalt kann aber entnommen werden, daß die belangte Behörde (bzw. der für sie tätig gewordene Organwalter) über jene Fachkenntnisse verfügt hätte, die es erlauben, eigenständig die erwähnte Frage zu beantworten.
Der angefochtene Bescheid ist daher mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG zu seiner Aufhebung führt, ohne daß in das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden mußte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Beweismittel Sachverständigenbeweis Technischer Sachverständiger Feststellen der Geschwindigkeit Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Techniker KraftfahrzeugtechnikerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992020127.X00Im RIS seit
12.06.2001