TE Vwgh Erkenntnis 1992/5/27 92/02/0168

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.05.1992
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §16 Abs2 litb;
StVO 1960 §16 Abs3 lita;
StVO 1960 §4 Abs5;
StVO 1960 §99 Abs3 lita;
StVO 1960 §99 Abs5;
StVO 1960 §99 Abs6 lita;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des D in R, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 16. März 1992, Zl. VwSen - 100279/10/Fra/Hm, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 5. Februar 1991 um 12.45 Uhr einen Pkw auf der B 124 gelenkt und dabei an einer bestimmten Stelle versucht, einen Lkw-Zug zu überholen, obwohl 1. diese Rechtskurve unübersichtlich sei und

2. andere Straßenbenützer hätten gefährdet und behindert werden können, da Gegenverkehr geherrscht habe, indem er bereits mit der gesamten Fahrzeugbreite die Gegenfahrbahn befahren, sich bereits auf Höhe des Anhängers befunden und wegen des Gegenverkehrs seinen Pkw abgebremst und sich wieder hinter den Lkw-Zug eingeordnet habe. Er habe hiedurch Verwaltungsübertretungen zu 1. nach § 16 Abs. 2 lit. b, zu

2. nach § 16 Abs. 1 lit. a, jeweils in Verbindung mit § 99 Abs. 3 lit. a und Abs. 5 StVO begangen. Es wurden Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

Hiegegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer macht ausschließlich Straffreiheit gemäß § 99 Abs. 6 lit. a StVO geltend.

Nach dieser Bestimmung liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor, wenn durch die Tat lediglich Sachschaden entstanden ist, die Bestimmungen über das Verhalten bei einem Verkehrsunfall mit bloßem Sachschaden (§ 4 Abs. 5) eingehalten worden sind und nicht eine Übertretung nach Abs. 1 vorliegt. Diese Rechtswohltat kommt daher von vornherein nur demjenigen zugute, der die Bestimmungen über das Verhalten bei einem Verkehrsunfall mit bloßem Sachschaden (§ 4 Abs. 5 StVO) eingehalten hat.

Im Beschwerdefall wurde zwar das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen Übertretung nach § 4 Abs. 5 StVO im Zusammenhang mit dem selben Verkehrsunfall eingestellt, weil das objektive Tatbestandsmerkmal des Eintrittes eines Sachschadens von der belangten Behörde nicht als erwiesen angesehen wurde. Doch ist für den Beschwerdeführer damit nichts gewonnen; denn § 99 Abs. 6 lit. a StVO stellt nicht darauf ab, ob der Täter nach § 4 Abs. 5 StVO bestraft wurde oder ob er diese Verwaltungsübertretung begangen hat, sondern ob die Bestimmungen über das Verhalten bei einem Verkehrsunfall mit bloßem Sachschaden eingehalten worden sind. Letzteres kann aber auch verneint werden, wenn es

- gleichgültig aus welchen Gründen - nicht zu einer Bestrafung gekommen ist oder kommen konnte, etwa weil - wie hier - am gegnerischen Fahrzeug gar kein Sachschaden entstanden ist (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 1991, Zl. 91/02/0023).

Der Beschwerdeführer meint zwar, es läge ein Verkehrsunfall mit Sachschaden vor, obwohl ein solcher Schaden lediglich an seinem Pkw eingetreten sei.

Dem Begriff des "Sachschadens" kann im § 99 Abs. 6 lit. a StVO im Hinblick auf den normativen Zusammenhang keine andere Bedeutung zukommen als im § 4 Abs. 5 StVO. Der Fall eines "Sachschadens" im Sinne der letztgenannten Bestimmung liegt aber dann nicht vor, wenn eine Person durch ihr Verkehrsverhalten nur selbst in ihrem Vermögen zu Schaden gekommen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1979, Slg. Nr. 9999/A). Der angefochtene Bescheid geht von der Annahme aus, daß durch die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat (vorschriftswidriges Überholen) kein Sachschaden im Vermögen von dritten Personen entstanden ist. Ist aber durch die Tat des Beschwerdeführers kein Sachschaden im Sinne der Bestimmungen des § 4 Abs. 5 und des § 99 Abs. 6 lit. a StVO entstanden, so hat die belangte Behörde von der Anwendung dieser letzteren Bestimmung zu Recht abgesehen (vgl. neuerlich das eben zitierte Erkenntnis vom 18. Dezember 1979).

Der Vollständigkeit halber sei bemerkt, daß ein Größenschluß für Fälle, in denen kein (fremder) Sachschaden entstanden ist, schon mangels Gesetzeslücke nicht angestellt werden kann (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1990, Zl. 90/02/0051, 0053).

Der Inhalt der Beschwerde läßt erkennen, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992020168.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten