Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §45 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 19. Dezember 1991, Zl. UVS-03/21/01307/91, betreffend Bestrafung wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 19. Dezember 1991 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 29. Jänner 1991 um 11.23 Uhr in Wien I, Neuer Markt 16, als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges mit vier Rädern auf dem Gehsteig gehalten und diesen somit vorschriftswidrig benützt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 8 Abs. 4 StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe von S 800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers konnte die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen, daß jene Grundfläche, auf welcher das Fahrzeug des Beschwerdeführers abgestellt war, als Gehsteig im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 10 StVO zu werten ist:
Gemäß der Begriffsbestimmung dieser Vorschrift ist unter Gehsteig ein für den Fußgängerverkehr bestimmter, von der Fahrbahn durch Randsteine, Bodenmarkierungen oder dgl. abgegrenzter Teil der Straße zu verstehen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es für die Beantwortung der Frage, ob eine Straße mit öffentlichem Verkehr (im Sinne des § 1 Abs. 1 StVO) vorliegt, nicht auf die Besitz- und Eigentumsverhältnisse am Straßengrund an (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 9. Mai 1990, Zl. 89/03/0197). Ob für die in Rede stehende Grundfläche einem Dritten eine (öffentlich-rechtliche) Gebrauchserlaubnis erteilt wurde, ist - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - in diesem Zusammenhang gleichfalls rechtlich unerheblich.
Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 15. Mai 1990, Zl. 89/02/0108) richtet sich die Bestimmung eines Teiles der Straße für den Fußgängerverkehr im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 10 StVO ausschließlich nach den äußeren Merkmalen, die für jedermann deutlich erkennbar sind. Aus den vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgelegten Lichtbildern geht klar hervor, daß jene Fläche, auf welcher der Beschwerdeführer das Fahrzeug abgestellt hatte, durch einen Randstein und durch unterschiedliche Höhe von der Fahrbahn abgegrenzt ist. Es kann daher kein Zweifel daran bestehen, daß diese Stelle als Gehsteig im Sinne der StVO anzusehen ist, zumal sich keine Anhaltspunkte für die Annahme ergeben haben, daß die solcherart überwiegend von der Fahrbahn abgegrenzte Fläche dem Verkehr überhaupt entzogen und sohin nicht als Straße im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 1 StVO zu qualifizieren war, sodaß es sich dabei infolge der deutlichen Abgrenzung gegenüber der Fahrbahn nur um einen für den Fußgängerverkehr bestimmten Teil der Straße gehandelt haben kann (vgl. zum Ganzen das zitierte hg. Erkenntnis vom 15. Mai 1990, Zl. 89/02/0108). Unerheblich ist - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - ob der betreffende Gehsteig von anderen Gehsteigen (direkt) erreicht werden kann oder nicht, zumal ein Gehsteig auch unterbrochen sein kann und das Gesetz im übrigen auch keine Beschränkung hinsichtlich der kürzestmöglichen Länge eines Gehsteiges kennt; bei Beurteilung der Frage, ob ein Gehsteig vorliegt, kommt es auch weder darauf, ob bzw. in welchem Ausmaß er von Fußgängern benötigt (vgl. zu diesen Ausführungen das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1986, Zl. 85/02/0192), noch darauf an, ob bzw. in welchem Ausmaß die Verkehrsfläche (tatsächlich) von Fußgängern benützt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1989, Zl. 89/02/0124). Weshalb es zur Tatzeit entsprechend der Tatanlastung zwar möglich gewesen sein soll, ein Kraftfahrzeug mit allen vier Rädern auf diesem Gehsteig abzustellen, ein Fußgänger diesen aber "nur auf der Fahrbahnkante balancierend" benützen konnte, ist nicht nachvollziehbar.
Aber auch die vom Beschwerdeführer behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften liegt nicht vor. Weshalb die belangte Behörde das Gutachten eines Sachverständigen für das Verkehrswesen einzuholen gehabt hätte, ist nicht erkennbar. Was aber die Unterlassung der Durchführung des vom Beschwerdeführer beantragten Lokalaugenscheines anlangt, so stellt dies gleichfalls keinen Verfahrensmangel dar, da die rechtliche Eigenschaft der in Rede stehenden Fläche auf Grund der vom Beschwerdeführer zur Verfügung gestellten Lichtbilder eindeutig beurteilt werden konnte (vgl. neuerlich das zitierte hg. Erkenntnis vom 15. Mai 1990, Zl. 89/02/0108). Der Schuldspruch ist daher frei von Rechtsirrtum.
Gegen die Strafbemessung bestehen gleichfalls keine Bedenken. Angesichts einer gesetzlich vorgesehenen Höchststrafe von S 10.000,-- (§ 99 Abs. 3 lit. a StVO) liegt die verhängte Geldstrafe im untersten Bereich des Strafrahmens, wozu kommt, daß die belangte Behörde auf zwei einschlägige Verwaltungsvorstrafen des Beschwerdeführers hingewiesen hat. Die verhängte Geldstrafe ist daher geradezu als milde zu bezeichnen, zumal die belangte Behörde dem vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Bericht des Meldungslegers, wonach der "Eindruck" entstanden sei, daß es sich um einen "Parkplatz" handle, schon deshalb kein maßgebliches Gewicht beimessen mußte, weil der Meldungsleger in demselben Bericht auch darauf hingewiesen hat, daß für jedermann leicht erkennbar sei, daß es sich hier um eine Gehsteigfäche handle. Mit seinen - teilweise polemischen - Ausführungen vermag der Beschwerdeführer eine Überschreitung des der belangten Behörde bei der Strafbemessung eingeräumten Ermessenspielraumes keineswegs darzutun.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin zur Gänze als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Ablehnung eines Beweismittels Beweismittel Augenschein Beweismittel Zeugenbeweis Grundsatz der Unbeschränktheit freie BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992020113.X00Im RIS seit
12.06.2001