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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
B-VG Art132;Beachte
Besprechung in:AnwBl 10/1992, S 750 - 751;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer und Dr. Puck als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Wochner, in der Beschwerdesache des Dr. Wolf-Dieter Arnold, Rechtsanwalt in Wien I, Wipplingerstraße 10, gegen den Kostenbeamten beim Landesgericht für Strafsachen Wien, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheit der Bestimmung einer Zeugengebühr, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Das Verfahren wird eingestellt.
Der Bund (Bundesminister für Justiz) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 5.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
§ 27 VwGG lautet auszugsweise:
"Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG kann erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Weg eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat . ..."
Abgesehen von der Säumnis ist auch die erstgenannte Voraussetzung des § 27 VwGG die Zulässigkeit der Säumnisbeschwerde erfüllt, da das Gebührenanspruchsgesetz - bei dessen Vollziehung das AVG nicht zur Anwendung kommt - einen Zuständigkeitsübergang im Falle der Säumnis der belangten Behörde nicht vorsieht und das Fehlen einer solchen Vorschrift nicht als eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes, die möglicherweise eine Lückenfüllung durch Heranziehung eines sogenannten allgemeinen Verfahrensgrundsatzes dieses Inhaltes erlauben würde, aufgefaßt werden kann (vgl. zu den allgemeinen Verfahrensgrundsätzen unter anderem Puck, Zur Anwendbarkeit des AVG [im besonderen auf die Fristenberechnung] und zum Instanzenzug im Verfahren vor den Notariatskammern, NZ 1978, 187, 197; zur Zulässigkeit der Säumnisbeschwerde selbst bei erstinstanzlicher Säumnis, wenn kein Devolutionsantrag vorgesehen ist, vgl. VfSlg. 12167/1989 und das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1990, Zl. 84/13/0218).
Die belangte Behörde hat innerhalb der gesetzten Frist den Bescheid vom 12. Mai 1992, Zl. 2 d Vr 1768/91, Hv 3795/91, erlassen und eine Abschrift dieses Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt.
Das Verfahren über die Säumnisbeschwerde war daher gemäß § 36 Abs. 2 VwGG einzustellen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 55 Abs. 1 zweiter Satz VwGG im Zusammenhalt mit Art. I Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.
Wien, am 27. Mai 1992
Schlagworte
Anrufung der obersten BehördeAuslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3Verletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche AngelegenheitenVerletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - EinstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992170124.X00Im RIS seit
07.03.2002Zuletzt aktualisiert am
08.08.2014