Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und den Senatspräsidenten Dr. Salcher sowie die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Kremla und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Waldner, über die Beschwerde des H in F, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 29. November 1988, Zl. 8W-Allg-201/2/88, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: T in F, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in F), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.750,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft (BH) vom 16. Juli 1986 wurde der nun am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mitbeteiligten Partei über deren Antrag gemäß §§ 9, 55, 98, 111 und 112 WRG 1959 unter einer Reihe von Vorschreibungen die wasserrechtliche Bewilligung zur Entnahme von Nutzwasser aus dem Sch-Bach auf der Parzelle 1657/1 KG B zur Wiesenbewässerung der Parzellen 1657/1, 1658, 1660/1 und 1661/1 KG B sowie zur Viehtränke erteilt. Mit Schreiben vom 27. Juli 1988 teilte der Beschwerdeführer der BH mit, er habe an diesem Tag erstmals Kenntnis von dieser Bewilligung erhalten; er sei Wasserberechtigter am Sch-Bach, habe daher Parteistellung und ersuche um Zustellung des genannten Bescheides. In einem weiteren Schreiben vom 1. August 1988 wiederholte der Beschwerdeführer den Antrag, erhob gleichzeitig Berufung und gab als bestehendes Recht sowohl ein ihm erteiltes Wasserrecht als auch sein Grundeigentum an. Am 19. September 1988 wurde dem Beschwerdeführer eine Kopie des bezeichneten Bescheides ausgefolgt.
Der Landeshauptmann von Kärnten gab der Berufung des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 29. November 1988 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 nicht Folge. Begründend wurde unter Hinweis auf § 107 Abs. 2 und § 26 Abs. 3 WRG 1959 im wesentlichen ausgeführt: Es sei unbestritten, daß der Bescheid der BH vom 16. Juli 1986 den durch die Mitbeteiligte namhaft gemachten Beteiligten und Parteien nachweislich zugestellt worden sei. Da die Rechtskraft eines Bescheides mit dessen mängelfreier Zustellung an die letzte der dem Wasserrechtsverfahren beigezogenen Parteien nach ungenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist eintrete, sei somit der Bescheid der BH in Rechtskraft erwachsen. Diese letztere wirke auch gegenüber dem allenfalls als Partei übergangenen Beschwerdeführer, wobei für aus dem Übergehen einer Partei entstehende Nachteile die Mitbeteiligte als Antragstellerin gemäß § 26 Abs. 3 WRG 1959 hafte. Im übrigen habe diese - nachdem offensichtlich die bewilligte Nutzwasseranlage nicht innerhalb der mit 31. Dezember 1987 festgesetzten Frist fertiggestellt worden sei - bei der BH um Fristverlängerung angesucht, worüber jedoch noch nicht entschieden worden sei.
Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft, wobei sich der Beschwerdeführer erkennbar in seinem Recht auf meritorische Entscheidung über seine Berufung verletzt erachtet.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung, die Mitbeteiligte eine solche mit dem Antrag auf Zurück- oder Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer weist zu Recht darauf hin, daß nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts die Sonderregelung des § 107 Abs. 2 WRG 1959 mit der aus ihr abzuleitenden Rechtskraftwirkung eines wasserrechtlichen Bescheides gegenüber einer übergangenen Partei (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 19. März 1991, Zl. 91/07/0022, mit weiteren Judikaturangaben) nicht anzuwenden ist, wenn die von der übergangenen Partei mangels Verständigung versäumte mündliche Verhandlung nicht öffentlich bekanntgemacht wurde (siehe die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Juni 1991, Zl. 88/07/0001, und vom 31. Mai 1988, Zl. 87/07/0197, sowie das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 18. Oktober 1979, Slg. 8661). Im vorliegenden Beschwerdefall ist eine öffentliche Bekanntmachung nicht belegt. Ein Auftrag hiezu wurde nicht erteilt; im zuständigen Gemeindeamt sind diesbezügliche Aktenunterlagen nicht auffindbar (Bericht vom 22. März 1989). Damit ist dem Beschwerdeführer - wenn er übergangene "Partei" war - die Möglichkeit zu nachträglichen Einwendungen offengeblieben (siehe die Hinweise im zitierten Erkenntnis vom 31. Mai 1988). Ob dem Beschwerdeführer im Verfahren über die der Mitbeteiligten erteilte wasserrechtliche Bewilligung Parteistellung zukam, ist im angefochtenen Bescheid ununtersucht geblieben; sie läßt sich jedenfalls nicht von vornherein ausschließen; die Durchführung dahin gehender Ermittlungen, zu denen auch die Mitbeteiligte mit ihren Gegendarstellungen Anhaltspunkte geliefert hat, ist dem Verwaltungsgerichtshof im Bescheidbeschwerdeverfahren verwehrt.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.
Schlagworte
Übergangene ParteiEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1989070016.X00Im RIS seit
12.11.2001Zuletzt aktualisiert am
07.03.2011