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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1972 §27 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kirchmayr, über die Beschwerde der A-GmbH in I, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 7. Februar 1990, Zl. 40.015-4/89, betreffend Haftung und Zahlung für Kapitalertragsteuer für den Zeitraum vom 1. Jänner 1982 bis zum 31. Dezember 1986, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine gemeinnützige Wohnbau- und Siedlungsgesellschaft mbH, schüttete in den Jahren 1982 bis 1986 an ihre mit 94 vH beteiligte Hauptgesellschafterin offen Gewinne aus und gewährte ihr im Jahr 1985 ein Darlehen in Höhe von S 10,000.000,-- zu einem 1 vH über dem Eckzinssatz liegenden Zinssatz.
Bei einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde - soweit dies für das verwaltungsgerichtliche Verfahren von Bedeutung ist - die Ansicht vertreten, daß die günstige Darlehensverzinsung in den Jahren 1985 und 1986 als verdeckte Gewinnausschüttungen zu beurteilen sind und diese ebenso wie die offenen Gewinnausschüttungen der Kapitalertragsteuer zu unterwerfen seien. Das Finanzamt folgte dieser Ansicht und erließ für den Zeitraum 1.1.1982 bis 31.12.1986 einen entsprechenden Haftungs- und Zahlungsbescheid betreffend Kapitalertragsteuer.
In einer gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung wurde einerseits ein Verstoß gegen verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte und andererseits eine unrichtige Beurteilung des Zinsenvorteiles als verdeckte Gewinnausschüttung gerügt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung abgewiesen. Dies einerseits unter Hinweis darauf, daß es nicht Aufgabe der Abgabenbehörde sei, unbestritten geltendes Recht auf seine Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen, andererseits bezüglich der verdeckten Gewinnausschüttung im wesentlichen deshalb, weil eine Verzinsung mit 5 vH bzw. 4,75 vH nicht als angemessene Verzinsung eines in zehn gleichen Jahresraten rückzahlbaren Darlehens in Höhe von S 10,000.000,-- angesehen werden könne, da die Beschwerdeführerin derartige Geldbeträge gesellschaftsfremden Personen nicht zum gleichen günstigen Zinssatz zur Verfügung gestellt hätte. Es sei vielmehr der Anleihezinssatz heranzuziehen, der in der maßgeblichen Zeit 7,75 bzw. 7,5 vH betragen hätte. Dem Einwand, die Beschwerdeführerin sei als gemeinnützige Wohnbaugesellschaft rechtlich nicht in der Lage gewesen, einen marktkonformen Zins abzuverlangen, weil ihre Hauptgesellschafterin, ebenfalls eine gemeinnützige Wohnbaugesellschaft, sonst das Ausschüttungsgebot des § 10 Abs. 1 WGG verletzt hätte und sie auch bei satzungsmäßigem Einsatz ihrer Eigenmittel im Wohnbau nach der Bestimmung des § 14 Abs. 1 Z. 3 WGG als angemessene Verzinsung nicht mehr als 1 von 100 über dem Eckzinssatz von ihren Mietern oder Eigentumswohnungswerbern verlangen hätte können, wurde nicht gefolgt, weil § 14 keine Aussagen darüber treffe, zu welchem Zinssatz gemeinnützige Wohnbaugesellschaften ihre Barmittel anlegen dürfen. Die für die Beurteilung maßgebende Bestimmung des WGG sei vielmehr § 10 Abs. 1 Satz 2 WGG, wonach die Gesellschafter einer gemeinnützigen Wohnbauvereinigung von dieser ein Entgelt verlangen dürfen, das ihrer geldwerten Gegenleistung angemessen sei, ohne daß dadurch die Gewinnausschüttungsgrenze des ersten Satzes dieses Absatzes verletzt werde.
Gegen diesen Bescheid wurde in der Folge Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, welcher die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 11. Juni 1991, Zl. B 538/90-7, ablehnte und die Beschwerde über nachträglichen Antrag der Beschwerdeführerin dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
In der ergänzten Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgerichtshof in ihrem Recht auf Gewährung der Schachtelbegünstigung und auf Nichtannahme einer verdeckten Gewinnausschüttung verletzt. Sie behauptet Rechtswidrigkeit des Inhaltes und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin relativiert in ihrer ergänzten Beschwerde die in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof geltendgemachten verfassungsrechtlichen Bedenken als Verletzung einfachgesetzlicher Bestimmungen mit dem Bemerken, daß im Zweifel eine verfassungskonforme, verfassungswidrige Ergebnisse vermeidende Interpretation Anwendung zu finden habe.
Bezüglich der behaupteten Verletzung des Rechtes auf Gewährung der Schachtelbegünstigung sind die angewandten, zur Verneinung der Schachtelbegünstigung führenden gesetzlichen Bestimmungen klaren und eindeutigen Inhaltes. Sie setzen die Verflechtung zweier UNBESCHRÄNKT STEUERPFLICHTIGER Kapitalgesellschaften, wie sie im Beschwerdefall NICHT besteht, voraus (s. § 94 Z. 2 EStG 1972 und § 10 Abs. 1 KStG 1966). Für eine vom Gesetzeswortlaut abweichende Interpretation besteht kein Raum. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Bestimmungen sind bei dem mit dem Beschwerdefall befaßt gewesenen Verfassungsgerichtshof nicht entstanden.
Soweit sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Nichtannahme einer verdeckten Gewinnausschüttung verletzt erachtet, sind die Beschwerdeausführungen unter dem Gesichtspunkt einer einfachgesetzlichen Rechtsverletzung nicht geeignet, eine solche aufzuzeigen. Wiewohl die Beschwerdeführerin das hiergerichtliche Erkenntnis vom 30. Mai 1989, 88/14/0111, zitiert, worin der Gerichtshof ausgesprochen hat, daß der Anleihezinsfuß zur Lösung der Frage nach der für langfristig überlassene Geldmittel an gesellschaftsfremde Personen angemessenen Verzinsung eine brauchbare Richtschnur bildet, werden in der Folge keine Einwendungen hinsichtlich der Höhe der nach Ansicht der belangten Behörde für das unbestritten langfristige Darlehen der Beschwerdeführerin an ihre Hauptgesellschafterin in Ansatz zu bringenden angemessenen Zinsen vorgebracht, weshalb sich ein Eingehen auf das Beschwerdevorbringen zum gesetzlichen Zinsfuß nach ABGB bzw. zum Zinsfuß des § 14 Abs. 3 Bewertungsgesetz sowie darauf, daß wegen des gesetzlichen bzw. bewertungsrechtlichen Zinsfußes nicht von einer subjektiven Vorteilsgewährungsabsicht gesprochen werden könne, erübrigt.
Soweit die Beschwerdeführerin die im angefochtenen Bescheid erfolgte Beurteilung des Sachverhaltes als verdeckte Gewinnausschüttung dem Grunde nach bekämpft, ist der belangten Behörde zuzustimmen, wenn sie die Ansicht vertritt, die gesetzlichen Bestimmungen des WGG stünden bezüglich des von der Beschwerdeführerin gewährten Darlehens einem Verlangen nach marktkonformen, dem Anleihezinsfuß entsprechenden Zinsen nicht entgegen. § 10 Abs. 1 erster Satz WGG normiert, daß vom jährlichen Gewinn nur ein Betrag ausgeschüttet werden darf, der, bezogen auf die Summe der eingezahlten Genossenschaftsanteile (Stammkapital, Grundkapital), den Eckzinssatz um nicht mehr als 1 vH übersteigt. Aus dieser Bestimmung ist aber dafür, daß die Beschwerdeführerin eben diesen Zinssatz für ein von ihr gewährtes Darlehen in Ansatz gebracht hat, nichts gewonnen, weil die Inrechnungstellung von Zinsen für die Hingabe eines Darlehens zweifellos keine Ausschüttung zu Lasten des jährlichen Gewinnes darstellt, sondern diesen Gewinn gegebenenfalls erhöht. Unter Berücksichtigung der unbestritten gebliebenen Sachverhaltsdarstellung im angefochtenen Bescheid, wonach die Beschwerdeführerin nicht nur die 94-vHige Tochtergesellschaft der Darlehensnehmerin ist, sondern auch mit 41,86 vH an dieser beteiligt ist, ist auch der Hinweis der belangten Behörde auf § 10 Abs. 1 zweiter Satz WGG berechtigt, wonach Mitglieder (Genossenschafter, Gesellschafter) vermögensrechtliche Vorteile nur in dem Umfang erhalten dürfen, als diese als angemessene Gegenleistung für eine besondere von ihnen erbrachte geldwerte Leistung anzusehen ist. Da marktkonforme Zinsen eine durchaus angemessene Gegenleistung für die geldwerte Leistung der Zurverfügungstellung eines langfristigen Darlehens darstellen, steht auch der oben genannte Umstand der Beteiligung der Beschwerdeführerin an der Darlehensnehmerin einem Verlangen nach das Ausmaß des § 10 Abs. 1 erster Satz WGG übersteigenden Zinsen nicht entgegen.
Auch das Kostendeckungsprinzip des WGG erfordert keine Reduktion des marktkonformen Zinssatzes: Aus der Sicht des Darlehennehmers stellen die als Darlehen zur Verfügung gestellten Geldbeträge Fremdmittel dar, woran auch der Umstand nichts ändert, daß gegenständlich der Darlehensgeber eine gemeinnützige Bauvereinigung ist. Soweit bei Kalkulation eines Preises (§ 13 und § 14 WGG) Fremdmittel zu berücksichtigen sind, sind die hiefür bezahlten (angemessenen) Zinsen zu berücksichtigen, wobei kein Zweifel bestehen kann, daß marktkonforme Zinsen angemessene Zinsen sind. Die Einschränkung des Ansatzes von Zinsen auf 1 vH über dem des Eckzinssatzes betrifft lediglich die Eigenmittel der gemeinnützigen Wohnbauvereinigung (§ 14 Abs. 1 Z. 3 WGG). Auch der Hinweis der Beschwerdeführerin auf § 21 Abs. 1 Z. 1 WGG kann an dieser Beurteilung schon deswegen nichts ändern, weil die Vereinbarung zwischen Darlehensgeber und Darlehensnehmer keine Vereinbarung einer Bauvereinigung mit einem Mieter, sonstigen Nutzungsberechtigten oder Erwerber einer Liegenschaft darstellt. Abgesehen davon geht das diesbezügliche Beschwerdevorbringen deswegen ins Leere, weil die Vereinbarung aus den oben angeführten Gründen keine Abweichung von § 14 ff WGG darstellt.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991140149.X00Im RIS seit
12.11.2001