TE Vwgh Erkenntnis 1992/6/2 89/07/0103

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Veröffentlicht am 02.06.1992
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Index

L66502 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Kärnten;
80/06 Bodenreform;

Norm

FlVfGG §18;
FlVfGG §21;
FlVfGG §36;
FlVfLG Krnt 1979 §49 Abs3;
FlVfLG Krnt 1979 §49 Abs4 litb;
FlVfLG Krnt 1979 §51 Abs2;
FlVfLG Krnt 1979 §95;
FlVfLG Krnt 1979 §99;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und den Senatspräsidenten Dr. Salcher sowie die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Kremla und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Waldner, über die Beschwerde des H in A, vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Kärntner Landesregierung vom 20. Februar 1989, Zl. Agrar 11-454/3/89, betreffend Erlöse aus den Einnahmen einer Agrargemeinschaft (mitbeteiligte Partei: Agrargemeinschaft S, vertreten durch den Obmann K in A), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.720,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Schreiben vom 15. April 1986 richtete der Beschwerdeführer unter Hinweis auf den Erwerb von vier Waldanteilen an der nun am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mitbeteiligten Agrargemeinschaft im Jahr 1958 - und auf den gleichzeitigen Erwerb von vier agrargemeinschaftlichen Almanteilen sowie den nachfolgenden Verkauf derselben an die betroffene Agrargemeinschaft selbst im Jahr 1960 - das Ersuchen an die - von ihm mit einem Kurztitel benannte - Mitbeteiligte, ihm, da er bisher für die ihm verbliebenen Waldanteile keine Erlöse erhalten habe, sein Guthaben auszuzahlen. Mit Eingabe vom 13. Juni 1986 stellte der Beschwerdeführer mit dem Bemerken, daß die Mitbeteiligte auf sein Schreiben nicht geantwortet habe, an die Agrarbezirksbehörde Villach (ABB) die Bitte, die Angelegenheit für ihn zu regeln. Einer Niederschrift der ABB vom 21. Mai 1987 zufolge ersuchte der Beschwerdeführer an diesem Tag, aufgrund seines vorangegangenen Anbringens zu entscheiden. Sein Verlangen formulierte der Beschwerdeführer bei dieser Gelegenheit dahin, daß ihm für die 4/147 Anteile an der Liegenschaft EZ 128 KG S (Waldanteile) der entsprechende Erlös seit 14. November 1960 samt 4 % Zinsen zur Auszahlung gebracht werde; seiner Auffassung nach seien von ihm 1960 nur 4/143 Anteile an der Liegenschaft EZ 85 KG S (Almanteile) verkauft worden.

Mit Bescheid vom 2. September 1987 wies die ABB gemäß § 51 des Kärntner Flurverfassungs-Landesgesetzes 1979 - FLG 1979, LGBl. Nr. 64, diesen Antrag des Beschwerdeführers ab und nahm gleichzeitig eine - für die Behandlung der vorliegenden Beschwerde irrelevante - Berichtigung einer agrarbehördlichen Niederschrift vor.

Der Berufung des Beschwerdeführers gegen die Abweisung seines Antrages gab der Landesagrarsenat beim Amt der Kärntner Landesregierung mit Erkenntnis vom 20. Februar 1989 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 1 AgrVG 1950 nicht Folge und behob gleichzeitig ersatzlos die erwähnte Protokollberichtigung. Zum abweislichen Teil des Rechtsmittelerkenntnisses wurde nach Darlegung des vorangegangenen Verwaltungsgeschehens und Hinweis auf das Vorbringen des Beschwerdeführers und von Vertretern der Mitbeteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesagrarsenat am 20. Februar 1989 im wesentlichen folgendes ausgeführt:

Unterziehe man die Frage einer näheren Prüfung, ob die Agrarbehörde gemäß § 51 Abs. 2 FLG 1979 zur Entscheidung über den vorliegenden Streit zuständig gewesen sei, müsse vom Wortlaut dieser Bestimmung ausgegangen werden, dem zufolge die Agrarbehörde über Streitigkeiten entscheide, die zwischen den Mitgliedern einer Agrargemeinschaft untereinander oder mit dem gemeinsamen Verwalter oder zwischen einer körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft und ihren Organen oder Mitgliedern aus dem Gemeinschaftsverhältnis entstünden. Dabei zählten Streitigkeiten, die ihrer Art nach nicht auf Gemeinschaftsmitglieder beschränkt seien und bei deren Entscheidung Gemeinschaftsmitglieder auch keinen Vorrang vor Nichtmitgliedern hätten, nicht zu den Streitigkeiten aus dem Gemeinschaftsverhältnis. Die Agrarbehörde habe daher im Beschwerdefall zu Recht ihre Zuständigkeit zur Entscheidung in Anspruch genommen. Die ABB habe sich vom Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens in Form der Einvernahme von Zeugen leiten lassen, wonach - entgegen dem Standpunkt des Beschwerdeführers - auch die Anteile an der Liegenschaft EZ 128 KG S vom Konsens der Vertragsparteien beim Abschluß des Übereinkommens im Jahr 1960 mitumfaßt gewesen seien. Dem schließe sich der Landesagrarsenat an.

Auszugehen sei vom Text des vor der ABB geschlossenen Übereinkommens vom 14. November 1960, in welchem die 4/147 Anteile an der Liegenschaft EZ 128 KG S als Kaufgegenstand zwar keine gesonderte Erwähnung fänden, welches aber den Schluß zulasse, daß auch die genannten Anteile neben den 4/143 Anteilen an der Liegenschaft EZ 85 KG S den übereinkommensgegenständlichen Kaufgegenstand darstellten. Denn es sei dort festgelegt worden, daß der Anteilsrechtsnenner um acht - nicht um vier - herabgesetzt werde, was die Annahme als gerechtfertigt erscheinen lasse, daß sich der Beschwerdeführer "außerhalb jeglicher zukünftiger Ansprüche gegenüber der ... (Mitbeteiligten) ... begeben" habe. Glaubhaft und im wesentlichen vom Beschwerdeführer unwidersprochen geblieben sei die Darstellung von Mitgliedern der Mitbeteiligten, wonach sich der Beschwerdeführer in den Jahren 1960 bis 1969 jeglicher Aktivität enthalten habe, welche als Indiz dafür hätte gelten können, daß sich der Beschwerdeführer weiterhin als Agrargemeinschafts-Mitglied in bezug auf die Liegenschaft EZ 128 KG S gefühlt habe. Dieser Umstand habe insofern Gewicht, als neben der Ausschüttung zu erwartender Überschüsse die periodische Bestellung der Verwalter des Gemeinschaftsbesitzes einen wesentlichen Bestandteil fundamentaler Mitgliedschaftsrechte darstelle. Gleichermaßen sei auch einer Niederschrift, aufgenommen vor der ABB am 28. Oktober 1969, zu entnehmen, daß die Agrargemeinschaft bereits zu jenem Zeitpunkt dem Beschwerdeführer gegenüber mit Nachdruck den Standpunkt vertreten habe, daß auch die 4/147 Anteile an der Liegenschaft EZ 128 KG S Gegenstand des Übereinkommens vom 14. November 1960 gewesen seien. Es bestehe daher der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Anspruch nicht zu Recht.

Dieses Erkenntnis wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten, wobei sich der Beschwerdeführer nach seinem ganzen Vorbringen in dem Recht auf Stattgebung seines Antrages verletzt erachtet.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte. Auch die Mitbeteiligte erwiderte in einer Gegenschrift auf das Beschwerdevorbringen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer vertritt die Anschauung, daß nicht im Rahmen einer Streitentscheidung nach dem FLG 1979 - für welche die Voraussetzungen gar nicht vorgelegen seien - die allein den ordentlichen Gerichten vorbehaltene Erforschung des Parteiwillens vorgenommen und überhaupt nicht über Eigentumsansprüche hätte abgesprochen werden dürfen, während die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift ihre Vorgangsweise mit dem Argument verteidigt, ein Streitfall sei gegeben gewesen und im übrigen lediglich eine Vorfragenbeurteilung erfolgt.

Das vom Beschwerdeführer gestellte Verlangen nach einer von der Mitbeteiligten verweigerten Auszahlung von Erlösen aus Anteilsrechten betrifft jedoch jedenfalls eine Streitfrage aus dem (vom Beschwerdeführer damit einschlußweise behaupteten) Gemeinschaftsverhältnis (§ 51 Abs. 2 FLG 1979); da dieses letztere indessen selbst strittig war, mußte gemäß § 99 FLG 1979 eine incidenter-Entscheidung über den Bestand oder Nichtbestand der fraglichen agrargemeinschaftlichen Anteilsrechte getroffen werden. Insofern ist folgendes festzuhalten:

Die ABB hat mit Datum vom 28. November 1960 das am 14. November 1960 abgeschlossene Übereinkommen über einen Verkauf agrargemeinschaftlicher Anteile durch den Beschwerdeführer mit der ausdrücklichen Nennung der 4/143 Anteile an der agrargemeinschaftlichen Liegenschaft EZ 85 KG S und dem Vermerk, "daß die Anteile untergehen und der Anteilsrechtsnenner um 8 herabgesetzt wird", aufgrund des § 85 des Kärntner Flurverfassungs-Landesgesetzes, F.L.G., LGBl. Nr. 7/1936, - welchem nun der § 95 FLG 1979 entspricht - beurkundet und als V. Anhang zum Regelungsplan betreffend die Agrargemeinschaft "S-Alpe" in diesen aufgenommen; ihm - nämlich dem "Generalakt über die Regulierungsoperation S-ALPE", nach deren § 1 die Operation den Gemeinschaftsbesitz "S-Alpe", Grundbuchseinlage Zl. 85 Kat.Gemeinde S, umfaßt - ist der Anhang auch beigefügt worden. Die in dieser Form vorgenommene Änderung des Regelungsplanes (§ 85 F.L.G.) vermochte aber auch im Falle einer nach dem Parteiwillen erfolgten (vom Beschwerdeführer bestrittenen) Mitveräußerung seiner Anteile an der Liegenschaft EZ 128 KG S die nach § 38 Abs. 3 F.L.G. (nun: § 49 Abs. 3 FLG 1979) erforderliche agrarbehördliche Bewilligung für diese Absonderung - denn um eine solche handelte es sich, und zwar auch bei einem Erwerb durch die Agrargemeinschaft selbst (§ 38 Abs. 4 lit. b F.L.G. (heute: § 49 Abs. 4 lit. b FLG 1979) - nicht zu ersetzen; denn eine Bewilligung könnte jedenfalls nicht allein durch einen beiläufigen Vermerk in einem für die regulierte Agrargemeinschaft "S-Alpe" (EZ 85) bestimmten Anhang, es werde "der Anteilsrechtsnenner um 8 herabgesetzt", als für die Absonderung der unerwähnt gebliebenen Anteilsrechte an der agrargemeinschaftlichen Liegenschaft EZ 128 KG S erteilt angesehen werden (abgesehen davon, daß eine Prüfung der Bewilligungsvoraussetzungen nicht einmal angedeutet wurde). Auch unter der Voraussetzung, daß die strittige, vom Beschwerdeführer in Abrede gestellte Veräußerung der weiteren agrargemeinschaftlichen Anteile stattgefunden hat, ist diese somit jedenfalls mangels der gesetzlich vorgeschriebenen - auch später nie erteilten - Bewilligung eines solchen Vorganges unwirksam geblieben. Daraus folgt aber, daß der Beschwerdeführer diese Anteile nach wie vor besitzt - denn der Erwerb derselben durch ihn im Jahr 1958 gemeinsam mit der zugehörigen Stammsitzliegenschaft ist von keiner Seite in Zweifel gezogen worden. Zur Vermeidung von Mißverständnissen sei noch bemerkt, daß eine fehlende Absonderungsbewilligung in bezug auf die Anteile an der Liegenschaft EZ 85 KG S im Hinblick auf die rechtswirksame agrarbehördliche Änderung des Regelungsplanes ohne rechtliche Bedeutung ist.

Nach allem Vorgesagten war das angefochtene Erkenntnis daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991; die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den den gesetzlich pauschalierten Schriftsatzaufwand übersteigenden Betrag sowie Stempelgebühren für zur Rechtsverfolgung nicht erforderliche Beilagen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1989070103.X00

Im RIS seit

02.06.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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