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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1175;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat I) vom 29. April 1987, Zl. 6/1-1171/86, betreffend Feststellung von Einkünften sowie Umsatzsteuer und Gewerbesteuer für die Jahre 1981 und 1982, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin betrieb im Zeitraum 1976 bis 1982 gemeinsam mit ihrer Schwester einen Einzelhandel mit Textilien in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Mit 10. Oktober 1982 schied die Beschwerdeführerin als Gesellschafterin aus; ihre Schwester führte den Betrieb als Einzelunternehmer weiter.
Für die Jahre 1981 und 1982 fand in dem Unternehmen eine Betriebsprüfung statt. Dabei wurde unter anderem festgestellt, daß der mit 8,8 vH erklärte Rohaufschlag weit unter den branchenüblichen Sätzen lag. Durch Gegenüberstellung des im Unternehmen kalkulierten Rohaufschlages von 100 vH mit den reduzierten Verkaufspreisen gelangte der Prüfer zu einem (durchschnittlichen) Rohaufschlag von 34,7 vH und zu einer Kalkulationsdifferenz von S 684.000,-- im Jahr 1981. Weiters stellte der Betriebsprüfer für die Beschwerdeführerin einen 1982 erzielten Veräußerungsgewinn in Höhe ihres negativen Kapitalkontos von S 998.266,14 fest, weil ihre Schwester mit gerichtlichem Vergleich ausdrücklich auf die Auffüllung dieses negativen Kapitalkontos anläßlich des Ausscheidens der Beschwerdeführerin verzichtet hatte.
Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ entsprechende Gewinnfeststellungs- und Abgabenbescheide.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Der vom Betriebsprüfer errechnete zusätzliche Umsatz von S 684.000,-- im Jahr 1981 sei "nicht nur undenkbar, sondern unmöglich". Dies ergebe sich schon aus der Umsatzentwicklung in den Jahren 1980 bis 1984. Unterstelle man die Richtigkeit der Hinzurechnung, so ergebe sich für 1981 ein um 20 vH höherer Umsatz als für 1983; vor allem aber ein um 69 vH höherer Umsatz als für 1980. Auch der Standort des Lokales spreche gegen die Höhe des vom Prüfer kalkulatorisch ermittelten Umsatzes 1981. Ursache für den hohen Wareneinkauf sei gewesen, daß die Schwester der Beschwerdeführerin, die im wesentlichen den Einkauf und die Kalkulation vorgenommen habe, "schlichtweg den Überblick über die georderten Waren verloren hatte". Bedauerlicherweise seien keinerlei Aufzeichnungen darüber vorhanden gewesen, "wieviel Teile zu welchem Wert tatsächlich bestellt wurden". Die Beschwerdeführerin und ihre Schwester seien vom Umfang der dann tatsächlich gelieferten Ware überrascht gewesen und zunehmend in Panik geraten, da die offenen Lieferantenverbindlichkeiten in keinem Einklang zu den erzielbaren Umsätzen gestanden seien. Durch Preisreduktionen von zunächst 20 vH, später 60 bis 70 vH, habe man versucht, den Umsatz zu steigern. Leider sei es nicht möglich, zum Nachweis dieses Sachverhaltes "Paragons in welcher Form immer" heranzuziehen. Das Jahr 1981 sei das Ergebnis unternehmerischen Fehlverhaltens gewesen, welches zum Glück keine Wiederholung gefunden habe.
Zum Veräußerungsgewinn sei zu sagen, daß ein solcher anläßlich des Ausscheidens der Beschwerdeführerin aus der Gesellschaft nicht entstanden sei. Es sei zwar richtig, daß ihr Kapitalkonto negativ gewesen sei und daß ihre Schwester auf eine Auffüllung verzichtet habe. Die Beschwerdeführerin sei aber den Gläubigern gegenüber weiterhin ohne Regreßmöglichkeit haftbar geblieben. Wenn nun die Gesellschaftsgläubiger tatsächlich nur ihre Schwester in Anspruch genommen hätten und diese die Schulden bezahlt habe, so könne dies in rechtlicher Sicht nicht dahin führen, "daß hieraus die Freistellung von Schulden fingiert wird". Außerdem sei zu beachten, daß sie vertraglich nur verpflichtet gewesen sei, die Hälfte des durch Verluste entstandenen negativen Kapitalkontos aufzufüllen. Dies hätte zumindest eine um die Hälfte reduzierte Bemessungsgrundlage für den Veräußerungsgewinn ergeben. Weiters sei zu beachten, daß die Beschwerdeführerin vermögenslos gewesen sei. Dies schließe es nach Doralt-Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechtes, aus, im Verzicht auf die Einforderung des Negativkapitals einen Vermögensvorteil zu erblicken. Schließlich sei der Stand des negativen Kapitals unrichtig ermittelt worden, indem die Gewinnzuschätzung im Verhältnis 1:1 erfolgt und das Finanzamt von zusätzlichen Entnahmen ausgegangen sei.
Der Prüfer nahm zu der Berufung wie folgt Stellung: Die behaupteten Preisreduktionen, die in einer "Gegenkalkulation" rechnerisch dargestellt worden seien, könnten weder durch Einkaufs- und Verkaufsbelege noch durch andere brauchbare Beweismittel untermauert werden. Die Beschwerdeführerin habe in Anwesenheit ihres Vertreters am 21. Oktober 1985 niederschriftlich erklärt, daß die Waren grundsätzlich mit 100 vH Rohaufschlag verkauft worden seien. In den Ausverkaufszeiten seien Preisabschläge bis zu 50 vH vorgenommen worden. Eine auf dieser Aussage beruhende Kalkulation habe zu weit höheren Abweichungen vom erklärten Betriebsergebnis geführt, als die vom Prüfer vorgenommene Zuschätzung. Die Beschwerdeführerin habe zu Protokoll gegeben, den niedrigen Rohaufschlag nicht erklären zu können.
Der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin und ihrer Schwester, Friedrich W., erstattete zu der Stellungnahme des Betriebsprüfers eine Gegenäußerung, in der er die Schätzungsberechtigung in Zweifel zog. Das Mißtrauen der Betriebsprüfung gegen einen 8,8 vHigen Rohaufschlag im Textileinzelhandel sei zwar verständlich, doch müsse jedem Menschen, der um seine Existenz kämpfe, zugestanden werden, sich nicht auch noch "mit der Dokumentation seines Unglücks" zu beschäftigen. Das komme ihm so vor, "als werfe man einem abgestürzten Bergsteiger, der diesen Absturz gerade noch überlebt hat, vor, daß er seinen Sturz nicht fotografiert hat". Die Standortqualität könne als geschäftshemmend qualifiziert werden. Die Unternehmerinnen hätten nur über kurzfristige wirtschaftliche Erfahrung und über keine ausreichende wirtschaftliche Ausbildung verfügt. Es gebe keinen Vergleichsbetrieb. Es handle sich ausschließlich um ausländische und extrem modische Ware mit enormen Abverkaufsverlusten. Eine Schätzung dürfe nicht dazu führen, "daß schlichtweg denkunmögliche Umsätze unterstellt werden".
In einem weiteren Schriftsatz brachte die Beschwerdeführerin vor, sie habe mit Steuerberater Uwe P., der die Gesellschaft bürgerlichen Rechts von 1976 bis einschließlich 1981 vertreten habe, Rücksprache gepflogen. P habe ihr mitgeteilt, "daß der angewendete Rohgewinn 100 vH betragen hat". Es sei jedoch zu berücksichtigen, daß dieser Aufschlag die Umsatzsteuer beinhaltet habe, "da immer vom Nettoimportpreis auf Bruttoverkaufspreise gerechnet wurde". Dies habe zur Folge, daß der durchschnittliche tatsächliche Rohaufschlag nur 14,1 vH betragen habe.
Zum Ansatz des Veräußerungsgewinnes sei zu sagen, daß ihr gegenüber eine Bankforderung von S 341.000,32 samt 14,75 vH Zinsen seit 7. Februar 1983 gerichtlich geltend gemacht worden sei. Die Annahme der Abgabenbehörde, daß sie nicht zur Haftung herangezogen worden sei, erweise sich daher als unzutreffend.
Was die Entnahmen betreffe, so habe ihre Schwester die Bilanz 1981 sowie die Bilanz zum 10. Oktober 1982 unterfertigt und damit auch die Höhe der Entnahmen anerkannt. Dieses Anerkenntnis stehe der späteren Behauptung ihrer Schwester vor Gericht entgegen, wonach die Beschwerdeführerin höhere Entnahmen getätigt haben solle.
Das negative Kapitalkonto sei im wesentlichen durch Entnahmen entstanden, die trotz der Verluste der Gesellschaft getätigt worden seien. Sie könnten daher zu keinem Veräußerungsgewinn führen.
Die belangte Behörde gab der Berufung teilweise Folge, indem sie den kalkulatorisch hinzugeschätzten Betrag von S 684.000,-- auf S 626.500,-- herabsetzte (Berücksichtigung einer Lieferantengutschrift für Rückwaren, Herabsetzung des Eigenverbrauches) und den steuerpflichtigen Veräußungsgewinn mit S 918.911,-- ermittelte; im übrigen wurde die Berufung abgewiesen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin bekämpft zunächst die kalkulatorische Hinzurechnung zu Umsatz und Gewinn des Jahres 1981. Der von ihr mit 100 vH bezifferte Rohaufschlag habe die Umsatzsteuer beinhaltet, da vom Nettoimportpreis auf Bruttoverkaufspreise gerechnet worden sei. Dies ergebe sich auch aus der von der Betriebsprüfung vorgenommenen Kalkulation, die von Bruttobeträgen ausgehe.
Dazu ist zu sagen, daß die Beschwerdeführerin am 21. Oktober 1985 unter anderem folgende Aussage gemacht hat:
"... Ich bin jedenfalls ausreichend dazu in der Lage, über
das Zustandekommen der Verkaufspreise Auskunft zu geben. Auf
den Einkaufspreis (ohne Nebenkosten) wurden grundsätzlich
100 vH aufgeschlagen, und zwar vom Nettoeinkauf zum
Nettoverkauf (ohne Umsatzsteuer). ... Die stärksten
Ausverkaufsmonate waren der Februar und der August. In diesen Ausverkaufsmonaten wurden zwischen 10 und 50 vH Preisabschläge vorgenommen. Ladenhüter wurden auch unter dem Einkaufspreis (bis zu 70 vH Preisabschlag) verkauft, wobei jedoch mit dem Absatz dieser Ware stets bis zu den Ausverkaufszeiten gewartet wurde. In den anderen Monaten wurden die Waren fast zur Gänze mit 100 vH Aufschlag verkauft. Fallweise erhielten Stammkunden Rabatte zwischen 5 und 10 vH. ... Die vorgehaltenen niedrigen Rohaufschläge in den Jahren 1981 und 1982 bzw. die daraus resultierenden Kalkulationsdifferenzen kann ich nach bestem Wissen und Gewissen zur Zeit nicht aufklären. ...".
Erst im Berufungsverfahren wurde auf ein Schreiben des (früheren) Steuerberaters Uwe P. Bezug genommen, wonach "immer vom Nettoimportpreis auf Bruttoverkaufspreise gerechnet wurde". Die belangte Behörde weist darauf hin, daß die auf dieser Behauptung aufbauende Ermittlung des Rohaufschlages von 14,1 vH "jeder Logik" entbehrt. Auch dem Gerichtshof erscheint die ursprüngliche klare und ins Detail gehende Aussage der Beschwerdeführerin zum Thema "Preisgestaltung" wesentlich glaubwürdiger als die in eindeutigem Widerspruch dazu stehende und überdies in sich widersprüchliche Darstellung ihres ehemaligen Steuerberaters Uwe P. im Berufungsverfahren. Während die Beschwerdeführerin ausdrücklich die Vornahme eines 100 vHigen Rohaufschlages von Nettoeinkaufs- zu Nettoverkaufspreis bestätigt hat, gelangt Uwe P. zu einem bloß 14,1 vHigen Rohaufschlag, indem er zunächst behauptet, die Kalkulation sei vom Nettoimportpreis auf Bruttoverkaufspreise erfolgt, um unmittelbar darauf vom Bruttowareneinsatz auszugehen und diesem den reduzierten Netto-Verkaufspreis gegenüber zu stellen. Abgesehen davon daß dies für den so ermittelten Rohaufschlag von nur 14,1 vH keine Erklärung gibt, hat auch die Beschwerdeführerin ausgesagt, die niedrigen Rohaufschläge "nach bestem Wissen und Gewissen" nicht aufklären zu können.
Die Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe Uwe P. nicht gehört, ist unbegründet, weil der belangten Behörde ohnehin dessen Schreiben vom 4. Dezember 1986 vorlag, welches sich inhaltlich mit dem (später geänderten) Vorbringen der Beschwerdeführerin deckte.
Weiters geht der Hinweis auf die vom Betriebsprüfer vorgenommene Bruttokalkulation ins Leere, weil diese, wie die belangte Behörde zutreffend feststellt, rechnerisch denselben Rohaufschlagsprozentsatz ergibt, wie eine Nettokalkulation. Lediglich eine Berechnung, wie sie von Uwe P. vorgenommen wurde, bei der Nettobeträge Bruttobeträgen gegenübergestellt werden (oder umgekehrt), führt rechnerisch zu unterschiedlichen Ergebnissen.
Auch trifft es nicht zu, daß "zuzüglich zu der Schätzung noch die 18 vHige Umsatzsteuer hinzugerechnet" wurde. Aus Tz 8 des Betriebsprüfungsberichtes ergibt sich vielmehr eindeutig, daß nur die Differenz zwischen erklärtem Umsatz (dieser enthält begrifflich keine Umsatzsteuer) und kalkulatorisch ermitteltem Umsatz als Hinzurechnungsbetrag ermittelt wurde. Die Beschwerde ist daher in diesem Punkt unbegründet.
In einem weiteren Beschwerdepunkt wird die im Rahmen der Gewinnverteilung erfolgte Zurechnung der Hälfte des kalkulatorisch ermittelten Betrages an die Beschwerdeführerin bekämpft. Im Berufungsverfahren hat die Beschwerdeführerin lediglich behauptet, nicht mehr als erklärt entnommen zu haben. Die Beschwerdeführerin übersieht, daß die Ermittlung und Zurechnung des Gewinnes bzw. des Gewinnanteiles bei einem Mitunternehmer - ein solcher ist in Fällen wie dem vorliegenden auch der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts - nach denselben Grundsätzen zu erfolgen hat, wie bei einem Einzelunternehmer. Dies ergibt sich aus dem Umstand, daß das Einkommensteuergesetz als Steuersubjekte nur natürliche Personen kennt (§ 1 EStG 1972), als Steuerbemessungsgrundlage das Einkommen normiert, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat (§ 2 Abs. 1 leg. cit.) und schließlich als Teil dieses Einkommens den gemäß den §§ 4 bis 14 ermittelten Gewinn bezeichnet (§ 2 Abs. 2 und 4 leg. cit.). Aus der notwendigen Verknüpfung der Steuerpflicht mit der Steuerbemessungsgrundlage folgt, daß ein Einkommen nur einer natürlichen Person zugerechnet werden kann. Gleiches muß für die einzelnen Komponenten gelten, die zusammengefaßt das Einkommen ergeben. Zu diesen Komponenten zählt wie erwähnt gemäß § 2 Abs. 4 EStG 1972 bei Einkünften aus Gewerbebetrieb der Gewinn, der gemäß den §§ 4 bis 14 zu ermitteln ist. Auch ein geschätzter Gewinn bzw. ein durch Hinzuschätzungen erhöhter Gewinn gilt als Gewinn im Sinne der genannten Paragraphen. Wird bei einer Mitunternehmerschaft der Gewinn geschätzt oder durch geschätzte Hinzurechnungen erhöht, so wirkt sich die Schätzung (Erhöhung) unmittelbar auf die Steuerbemessungsgrundlage der einzelnen Mitunternehmer aus. Das heißt, ihr Gewinnanteil ist Gegenstand des Schätzungsvorganges. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die Mitunternehmer unterschiedlich hohe Entnahmen getätigt haben, weil nicht die Entnahmen, sondern die Gewinnanteile einkommenswirksam sind. Sollten in einer Mitunternehmerschaft einzelne Mitunternehmer Schwarzgeschäfte tätigen, von denen die anderen Mitunternehmer keine Kenntnis haben oder von deren wirtschaftlichem Erfolg sie zunächst zu Unrecht ausgeschlossen werden, so würde auch dieser Umstand die steuerlich maßgebende Gewinnzurechnung nicht berühren. Vielmehr wäre davon auszugehen, daß nach Aufdeckung solcher Schwarzgeschäfte auch diese in die gesellschaftsvertraglich vereinbarte Gewinnverteilung einzubeziehen sind, wobei nicht der faktische Geldfluß, sondern nur die wechselseitig bestehenden Ansprüche der Mitunternehmer für die steuerliche Gewinnzurechnung entscheidend wären. Lediglich in Fällen, in denen steuerwirksame Änderungen der vertraglichen Gewinnverteilung vereinbart würden oder Gewinnansprüche - z.B. gegen einen fraudolosen, in das Ausland geflohenen Gesellschafter - nicht mehr durchsetzbar erscheinen, hätte auch das Einkommensteuerrecht der geänderten Gewinnverteilung zu folgen. Da die Beschwerdeführerin eine derartige Änderung der Gewinnverteilung nie behauptet hat, erweist sich die Beschwerde auch in diesem Punkt als unbegründet.
Die Beschwerdeführerin bestreitet schließlich, daß anläßlich ihres Ausscheidens aus der Gesellschaft bürgerlichen Rechts bei ihr ein Veräußerungsgewinn entstanden ist. Sie begründet dies damit, daß sie ungeachtet des Verzichtes ihrer Schwester auf Auffüllung ihres negativen Kapitalkontos den Gläubigern gegenüber für die Gesellschaftsschulden haftbar geblieben sei.
Die Beschwerdeführerin verkennt bei ihrer Argumentation, daß zwischen ihrer gesellschaftsinternen Verpflichtung ihrer Schwester gegenüber und ihren Verpflichtungen gegenüber gesellschaftsfremden Personen zu unterscheiden ist. Die Verpflichtung zur Auffüllung ihres negativen Kapitalkontos bestand nur ihrer Schwester gegenüber. Diese konnte sie davon rechtswirksam entbinden, was auch durch den gerichtlichen Vergleich vom 20. Februar 1984 geschehen ist. Danach verzichtete die Schwester der Beschwerdeführerin ausdrücklich "auf die Einforderung von dem in der Bilanz des Steuerberaters Mag. Friedrich W. zum 10. Oktober 1982 ausgewiesenen negativen Kapitalkontos von der Klägerin" (= Beschwerdeführerin). Der durch diesen Verzicht eingetretene Wegfall einer geldwerten Verpflichtung (Schulderlaß) führt zu einer Vermögensvermehrung, die im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Ausscheiden der Beschwerdeführerin aus der Gesellschaft bürgerlichen Rechts steht und daher als Veräußerungsgewinn zu erfassen ist. Daran ändert es - abgesehen davon, daß auch Entnahmen das negative Kapitalkonto verursachen konnten - nichts, daß gesellschaftsfremde Gläubiger durch den Verzicht nicht gehindert waren, ihre Forderungen nach wie vor gegenüber der Beschwerdeführerin geltend zu machen, selbst wenn diese kein Regreßrecht gegenüber ihrer Schwester hatte. Wie die belangte Behörde zutreffend feststellt, könnten derartige Umstände allenfalls als nachträgliche Betriebsausgaben im Jahr der Inanspruchnahme Berücksichtigung finden. In den Streitjahren war dies unbestritten nicht der Fall, sodaß auch der Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe es unterlassen, Erhebungen betreffend eine Inanspruchnahme der Beschwerdeführerin zur Haftung für Gesellschaftsschulden im Jahr 1983 über das der angefochtene Bescheid nicht mehr abspricht, vorzunehmen, keine Berechtigung zukommt.
Ohne Bedeutung ist auch, ob die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt ihres Ausscheidens aus der Gesellschaft praktisch vermögenslos war oder nicht. Ein Schulderlaß betreffend betriebliche Verbindlichkeiten führt nämlich grundsätzlich auch dann zu einer steuerlich relevaten Vermögensvermehrung, wenn die erlassene Schuld uneinbringlich war. Dies zeigt auch die steuerliche Begünstigung des sogenannten "Sanierungsgewinnes" (§ 36 EStG 1972), die allerdings im Beschwerdefall unbestritten nicht zum Tragen kommt.
Was die Höhe des Veräußerungsgewinnes betrifft, so enthält die Beschwerde lediglich die Behauptung, ihr negatives Kapitalkonto sei falsch ermittelt worden, ohne die betreffenden Fehler aufzuzeigen. Aus dem Hinweis auf ihr Berufungsvorbringen läßt sich ebenfalls nichts für die Beschwerdeführerin gewinnen, weil dort zunächst nur die Zurechnung der kalkulatorischen Gewinnerhöhung bekämpft wurde (diesbezüglich ist auf obige Ausführungen zu verweisen). Die weitere Behauptung, keine höheren als die erklärten Entnahmen getätigt zu haben, verhilft der Beschwerde für sich allein ebenfalls nicht zum Erfolg. Lediglich dann, wenn die Beschwerdeführerin (bereits im Verwaltungsverfahren) behauptet hätte, ihrer Schwester gegenüber einen noch offenen Anspruch auf Herausgabe der durch die Schwarzgeschäfte erwirtschafteten und ihr bisher zu Unrecht vorenthaltenen Gewinnanteile zu haben, wäre dies
- vorausgesetzt ein solcher Sachverhalt hätte als erwiesen angenommen werden können - bei der Feststellung der Höhe des Veräußerungsgewinnes zu berücksichtigen gewesen, und zwar bei Klärung der Frage, in welcher Höhe die Beschwerdeführerin tatsächlich durch den Verzicht ihrer Schwester betreffend die Auffüllung des negativen Kapitalkontos bereichert wurde bzw. inwieweit dieser Auffüllungsverpflichtung eine kompensable Forderung auf Herausgabe von Gewinnanteilen gegenüber gestanden war. Eine derartige Behauptung hat die Beschwerdeführerin nicht aufgestellt.
Da somit die Beschwerde auch in diesem Punkt unbegründet ist, war sie zur Gänze gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1987130118.X00Im RIS seit
03.06.1992