TE Vwgh Erkenntnis 1992/6/10 92/04/0062

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Veröffentlicht am 10.06.1992
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §366 Abs1 Z4 idF 1988/399;
GewO 1973 §366 Abs1 Z4;
GewO 1973 §81 idF 1988/399;
VStG §44a lita;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Weiss und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde der N in H, vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 18. Dezember 1991, Zl. Ge-52571/1-1991/Ha/Pü, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft vom 4. September 1991 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe es als verantwortliche Konzessionsinhaberin für das Gastgewerbe in der Betriebsart "Gasthaus" zu vertreten, daß in H, X-Straße 27, wie am 22. Oktober 1989 von Organen des Gendarmeriepostens H festgestellt worden sei, die dortige, zuletzt mit Bescheid vom 22. Februar 1985 genehmigte Gastgewerbebetriebsanlage durch die Aufstellung eines weiteren (dritten) genehmigungspflichtigen Diesel-Stromaggregates der Type MECC ALTE Nr. 502826, angetrieben mittels Perkins Dieselmotor Type T 4236, im südostseitig des Wohn- und Betriebsgebäudes gelegenen Aggregateraum - wodurch die Möglichkeit einer Belästigung der Nachbarn durch Lärm und Geruch bestanden habe - ohne die hiefür erforderliche Genehmigung der Behörde geändert worden sei. Sie habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 366 Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 81 Abs. 1 und § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1973 verletzt. Gemäß § 366 Abs. 1 leg. cit. wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) verhängt.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 18. Dezember 1991 wurde die Berufung hinsichtlich des Schuldspruches abgewiesen, hinsichtlich des Strafausmaßes wurde der Berufung mit der Maßgabe Folge gegeben, daß gemäß § 51 Abs. 4 VStG die Geldstrafe auf S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag) herabgesetzt wurde.

Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, nach den Erfahrungen des täglichen Lebens stehe fest, daß ein mit einem Dieselmotor anzutreibendes Notstromaggregat geeignet sei, Nachbarn durch Geruch, Lärm etc. zu belästigen. Die Genehmigungspflicht sei daher schon unter Berufung auf § 74 Abs. 2 Z. 2 i.V.m. § 81 GewO 1973 zu bejahen. Es könne nicht erfolgreich eingewendet werden, daß eine "Änderung" nicht vorliege, da die Aufstellung der Maschine noch nicht abgeschlossen sei. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei die Genehmigung einer gewerbebehördlich genehmigungspflichtigen Anlage bereits vor Beginn der Installationsarbeiten zu erwirken. Da also feststehe, "daß eine genehmigungspflichtige Änderung der Betriebsanlage" vorliege, "die ohne die erforderliche Genehmigung zumindest errichtet" worden sei, liege der erste Straftatbestand des § 366 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973 vor.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht schuldig erkannt und nicht dafür bestraft zu werden. Sie trägt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes u.a. vor, im gegenständlichen Fall wäre der Tatvorwurf nur dann berechtigt, wenn die begründete Annahme vorläge, daß das gegenständliche Notstromaggregat geeignet sei, Nachbarn zu belästigen. Derartige Behauptungen seien von der Erstbehörde und von der belangten Behörde zwar aufgestellt worden. Irgendwelche Anhaltspunkte bzw. Feststellungen in dieser Richtung könnten aber nicht vorgefunden werden. Seitens der Erstbehörde sei lediglich die Behauptung ohne entsprechende Begründung aufgestellt worden. Die belangte Behörde vertrete überhaupt nur die Auffassung, daß bereits die Aufstellung des Notstromaggregates einen Verstoß nach § 366 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973 darstelle.

Weiters wird in der vorliegenden Beschwerde u.a. vorgetragen, daß als Tatzeitpunkte die jeweiligen Überprüfungen der Anlage angeführt worden seien. Das gegenständliche Gerät sei jedoch bereits Ende Mai 1989 aufgestellt worden. Im Zeitpunkt der Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens sei daher bereits Verfolgungsverjährung eingetreten.

Die vorliegende Beschwerde ist im Ergebnis stichhältig.

Nach § 366 Abs. 1 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer (Z. 4) eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).

Wird eine genehmigte Anlage so geändert, daß sich neue oder größere Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 ergeben können, so bedurfte gemäß § 81 GewO 1973 in der in der vorliegenden Beschwerde zitierten Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1988 auch die Änderung der Anlage einer Genehmigung "im Sinne der vorstehenden Bestimmungen" (nämlich des § 77 in Verbindung insbesondere mit § 74 GewO 1973).

"Wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist", bedarf nach § 81 GewO 1973, in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988, auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen.

In Ansehung des Tatbestandselementes der "genehmigten Betriebsanlage" im Sinne des § 366 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973 wurde im vorliegenden Fall im Schuldspruch "die zuletzt mit Bescheid vom 22. Februar 1985 genehmigte Gastgewerbebetriebsanlage" angeführt.

Was den Genehmigungsbescheid vom 22. Februar 1985 anlangt, ist den vorgelegten Akten des Verwaltungsstrafverfahrens folgendes zu entnehmen:

Der in diesen Akten in Ablichtung erliegende Bescheid vom 22. Februar 1985 enthält folgende Gegenstandsbezeichnung:

"N, H;

Aufstellung eines Erdgasdrehstromaggregates im Gastgewerbebetrieb

in H, X-Straße 27;

gewerbebehördliche Genehmigung".

Der Bescheid wird mit folgendem Satz eingeleitet:

"Frau N, H, hat um die Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für das im Gegenstand näher bezeichnete Vorhaben ersucht."

Der Spruch des Bescheides vom 22. Februar 1985 geht dahin, daß dem Ansuchen Folge gegeben und gemäß §§ 74 ff GewO 1973 und § 27 des Arbeitnehmerschutzgesetzes die beantragte Genehmigung erteilt wird.

Diesem Bescheid ist nicht zu entnehmen, daß mit ihm die Errichtung (und der Betrieb) einer Gastgewerbebetriebsanlage genehmigt worden wäre, der Ausspruch der Genehmigung hat vielmehr nur die Aufstellung eines Erdgasdrehstromaggregates (in einem bestimmten Gastgewerbebetrieb) zum Gegenstand.

Insoweit sich der mit dem angefochtenen Bescheid im Verwaltungsrechtszug bestätigte Schuldspruch auf "die zuletzt mit Bescheid vom 22. Februar 1985 genehmigte Gastgewerbebetriebsanlage" bezieht, wurde somit keine konkrete, durch das Tatverhalten einer Änderung unterworfene Betriebsanlage, hinsichtlich welcher - etwa mit dem angeführten Genehmigungsbescheid vom 22. Februar 1985 - die Genehmigung erteilt worden wäre, bezeichnet und somit kein dem Tatbestandselement "...eine genehmigte Betriebsanlage..." im Sinne des § 366 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973 unterstellbarer Sachverhalt festgestellt. Es verdient in diesem Zusammenhang zwar festgehalten zu werden, daß das mit Bescheid vom 22. Februar 1985 genehmigte "Erdgasdrehstromaggregat im Gastgewerbebetrieb" für sich allein keine gewerbliche Betiebsanlage, sondern eben nur einen Teil einer solchen bildet. Daraus ergibt sich jedoch nicht, daß die im vorliegenden Schuldspruch bezeichnete Gastgewerbebetriebsanlage eine - sei es mit dem Bescheid vom 22. Februar 1985, sei es mit einem anderen Bescheid - genehmigte Betriebsanlage (im Sinne der Strafnorm des § 366 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973) sei. Schon unter diesem Gesichtspunkt leidet der angefochtene Bescheid an Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Ferner fehlt es entgegen der Vorschrift des § 44a Z. 1 VStG an einer - insbesondere für die Prüfung der Frage der Verfolgungsverjährung im Sinne des § 31 Abs. 1 und 2 VStG relevanten - Feststellung der Tatzeit in dem mit dem angefochtenen Bescheid im Verwaltungsrechtzug bestätigten Schuldspruch. Die Angabe des Tages der von den Gendarmerieorganen getroffenen Feststellung vermag die Angabe der Tatzeit nicht zu ersetzen.

Auf das Vorbringen in der Gegenschrift, daß "aufgrund des Geständnisses in der Berufungsschrift vom 27.9.1991 (arg.: "bislang") feststeht, daß dieses Aggregat jedenfalls bis zum 27.9.1991 () noch nicht zur Gänze (Anschluß ans Stromnetz etc.) installiert war" und daß "bis zu diesem Zeitpunkt aufgrund der noch nicht abgeschlossenen "Änderung" der Betriebsanlage die Verjährungsfrist noch gar nicht zu laufen begonnen" habe, ist zu erwidern, daß der vorliegende Schuldspruch jegliche Tatzeitangabe vermissen läßt und daß in diesem Schuldspruch das Tatverhalten der Beschwerdeführerin überdies als abgeschlossenes Geschehen ("geändert wurde") dargestellt wurde.

Auch unter dem Blickwinkel dieser Erwägungen liegt inhaltliche Rechtswidrigkeit vor.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992040062.X00

Im RIS seit

10.06.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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