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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Weiss als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.Paliege, in der Beschwerdesache des H in K, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in K, gegen den Gemeinderat der Stadt Knittelfeld, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheit der Vorverlegung einer Sperrstunde, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Nach dem einleitenden Vorbringen im Beschwerdeschriftsatz erhebt der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf Art. 132 B-VG i. V.m. § 27 VwGG Beschwerde gegen den Gemeinderat der Stadt Knittelfeld wegen Verletzung der Entscheidungspflicht, "da die eingebrachte Berufung vom 21.01.1991 gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Knittelfeld vom 03.12.1990 noch keiner Entscheidung zugeführt wurde". Hiezu wird ausgeführt, mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Knittelfeld vom 4. März 1983 sei dem Beschwerdeführer die Baubewilligung für den Umbau des ehemaligen X-Verkaufslokales mit dem Standort P-Straße xx auf dem Grundstück nnn/nn, KG Knittelfeld, in eine Cafe-Konditorei erteilt worden. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Knittelfeld vom 31. Mai 1983 sei dem Beschwerdeführer die Konzession für das Gastgewerbe in der Betriebsart "Cafehaus" am angeführten Standort erteilt worden. Auf Grund von Anrainerbeschwerden wegen Lärmbelästigung während der Nachtstunden durch Pkw, Motorräder und Mopeds, die zum angeführten Gastgewerbebetrieb zu- und abführen, habe der Bürgermeister der Stadt Knittelfeld am 3. Dezember 1990 einen Bescheid erlassen, mit welchem die Sperrstunde von 03.00 Uhr früh auf 22.00 Uhr vorverlegt worden sei. Diesem Bescheid sei ein Ermittlungsverfahren vorausgegangen, das 1.) ein Lärmmeßgutachten umfaßt habe, welches am 18. Juni 1990 durch das Amt der Stmk. Landesregierung, Fachabteilung 1a, Immissionsschutzreferat, eingeholt worden sei, sowie 2.) ein Gutachten des Distriktsarztes Dr. N, das dieser auf Grund der Ergebnisse des Lärmmeßgutachtens abgegeben habe. Das Lärmmeßgutachten basiere auf Erhebungen, die am 27. April 1990 in der Zeit von 21.00 Uhr bis 01.00 Uhr früh durchgeführt worden seien. In der Begründung des Bescheides sei ausgesprochen worden, daß das Objekt P-Straße xx sowie die gesamte umliegende Nachbarschaft laut rechtskräftigem Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Knittelfeld als "reines Wohnland" ausgewiesen sei. Außerdem habe der Bürgermeister der Stadt Knittelfeld festgestellt, auf Grund des Lärmgutachtens sei schlüssig dargestellt worden, daß durch den gegenständlichen Betrieb die Nachbarschaft ungebührlich belästigt werde. Gegen diesen Bescheid habe der Beschwerdeführer am 21. Jänner 1991 eine Berufung eingebracht, in der wesentliche Verfahrensmängel sowie materielle Rechtswidrigkeit geltend gemacht worden seien. Die Rechtzeitigkeit der Berufung an den Gemeinderat der Stadt Knittelfeld ergebe sich daraus, daß dem Beschwerdeführer mit Schreiben des Stadtamtes Knittelfeld vom 30. August 1990 mitgeteilt worden sei, daß er in das Lärmgutachten der Fachabteilung 1a sowie auch in die Stellungnahme des Distriktsarztes Einsicht und innerhalb von vier Wochen dazu Stellung nehmen könne. Auf dieses Schreiben vom 30. August 1990 werde besonders im Bescheid des Gemeinderates der Stadt Knittelfeld vom 28. November 1990, ergangen im Bauverfahren, in welchem dem Beschwerdeführer der Betrieb eines Abendcafes bzw. einer Diskothek mit sofortiger Wirkung untersagt worden sei, hingewiesen. In der Begründung dieses Bescheides werde ausdrücklich auf die Ergebnisse des Lärmgutachtens vom 18. Juni 1990 der Fachabteilung 1a, Immissionsschutzreferat, hingewiesen. Damit sei aber erwiesen, daß das Ermittlungsverfahren im Bauverfahren, ebenso wie das Ermittlungsverfahren in der gegenständlichen Sperrstundenangelegenheit in einem einzigen Akt erfolgt sei. Offensichtlich sei nach dem 30. August 1990 (Aufforderung an den Beschwerdeführer zur Einsichtnahme) der Akt, der bis dahin im Bauverfahren geführt worden sei, irgendwann geteilt worden und nach Sperrstundenverfahren und Bauverfahren getrennt geführt worden. In diesem Akt sei aber auf Grund der vorgelegten Vollmacht ersichtlich gewesen, daß der Beschwerdeführer vom nunmehrigen Beschwerdevertreter vertreten gewesen sei. In der Folge sei es dann unterlassen worden, dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers den im Sperrstundenverfahren ergangenen Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Knittelfeld vom 3. Dezember 1990 zuzustellen. Werde nicht dem Bevollmächtigten, sondern dem Vollmachtgeber zugestellt, so werde dieser Zustellmangel erst dadurch geheilt, daß das Schreiben dem Bevollmächtigten tatsächlich zukomme. Es gelte erst mit dem Zeitpunkt des tatsächlichen Zukommens als zugestellt. Dies sei am 9. Jänner 1991 erfolgt; an diesem Tag sei der Bescheid dem bevollmächtigten Anwalt durch den Beschwerdeführer übergeben worden, weshalb die am 21. Jänner 1991 gegen den vorgenannten Bescheid vom 3. Oktober 1990 eingebrachte Berufung als rechtzeitig anzusehen sei. Bisher sei noch keine Entscheidung des Gemeinderates der Stadt Knittelfeld ergangen. Abschließend wird in der Säumnisbeschwerde - nach Erstattung eines meritorischen Vorbringens - unter dem Titel "c) Verletzung der Entscheidungspflicht:" ausgeführt, da der Bürgermeisters der Stadt Knittelfeld mit Bescheid vom 3. Dezember 1990 die Sperrstunde wegen ungebührlicher Lärmbelästigung von 03.00 Uhr auf 22.00 Uhr vorverlegt habe, sei es für den Betrieb des Beschwerdeführers von großer Wichtigkeit, daß rasch eine Entscheidung ausgesprochen werde. Am 21. Jänner 1991 sei Berufung gegen diesen Bescheid an den Gemeinderat der Stadt Knittelfeld als im Instanzenzug übergeordnete sachlich in Betracht kommende Oberbehörde erhoben worden. Die belangte Behörde sei auch nach Verstreichen der Frist von sechs Monaten ihrer Entscheidungspflicht nicht nachgekommen. Selbst wenn nach Meinung der Berufungsbehörde die Berufung verspätet eingebracht worden sei, hätte sie diese mit verfahrensrechtlichem Bescheid zurückweisen müssen.
Die Beschwerde erweist sich aus folgenden Überlegungen als unzulässig:
Wie sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens ergibt, richtete der Beschwerdeführer am 15. Jänner 1991 an den Bürgermeister der Stadt Knittelfeld einen - beim Stadtamt Knittelfeld am 16. Jänner 1991 eingelangten - Schriftsatz mit der Rubrumsbezeichnung:
"ANTRAG
auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie
BERUFUNG
gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Knittelfeld vom 3. Dezember 1990, Zl. 151-2/Sch/1/1990",
laut dessen inhaltlichem Vorbringen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der First zur Einbringung der Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Knittelfeld vom 3. Dezember 1990 mit dem Vorbringen begehrt wurde, daß dieser Bescheid am 4. Dezember 1990 im Cafehausbetrieb des Beschwerdeführers von seiner Mitarbeiterin D übernommen worden sei. Diese habe die Post des Tages und u.a. auch den gegenständlichen Bescheid übernommen und die Post auf eine hiefür vorgesehene Ablagefläche gelegt. Offensichtlich durch ein Mißgeschick der Genannten sei der bezeichnete Bescheid gemeinsam mit zwei oder drei Weihnachtskarten in eine Lade dieses Schrankelementes gerutscht. Der Beschwerdeführer habe erst am 9. Jänner 1990 Kenntnis von der Abgabe dieses Bescheides erhalten, als er in Gegenwart seines Mitarbeiters B mit Inventurarbeiten beschäftigt gewesen sei und die unter der Postablagefläche liegende Lade geöffnet habe, wobei ihm der bezeichnete Bescheid in die Hände gefallen sei. Dieses Mißgeschick der sonst immer verläßlichen Mitarbeiterin D könne ihm nicht als Verschulden angerechnet werden. Weiters wird vorgebracht, daß unter einem die versäumte Prozeßhandlung nachgeholt und die gegen den vorbezeichneten Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Knittelfeld vom 3. Dezember 1990 im nachstehenden ausgeführte Berufung erhoben werde. In weiterer Folge findet sich im Verwaltungsakt eine mit 21. Jänner 1991 datierte "Berufung" des Beschwerdeführers an den Bürgermeister der Stadt Knittelfeld - eingelangt beim Stadtamt Knittelfeld am 21. Jänner 1991 -, die sich sowohl nach der Bezeichnung im Rubrum dieses Schriftsatzes als auch nach dem inhaltlichen Vorbringen gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Knittelfeld vom 3. Dezember 1990, Zl. 151-2/Sch/1/1990, richtet.
Des weiteren ergibt sich aus dem Verwaltungsakt, daß mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Knittelfeld vom 14. März 1991 wie folgt abgesprochen wurde:
"Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Knittelfeld vom 3.12.1990 wurde die Sperrstunde für den Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart "Kaffeehaus" des H mit dem Standort P-Straße xx gemäß § 198 Abs. 5 der Gewerbeordnung 1973 i.d.g.F. von 03.00 Uhr auf 22.00 Uhr vorverlegt. Der Bescheid ist mit 18.12.1990 in Rechtskraft erwachsen. Mit Schreiben vom 15.1.1991 bringt nun Herr Rechtsanwalt Dr. K als Rechtsvertreter des H den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Berufung gegen den oben genannten Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Knittelfeld vom 3.12.1990 ein.
SPRUCH
Gemäß § 71 Abs. 1a und 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 i.d.d.g.F. wird der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen, da der geltend gemachte Wiedereinsetzungsgrund nicht vorliegt."
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19. November 1985, Slg. N.F. Nr. 11.943/A, dargelegt hat, sind, wenn eine Partei innerhalb offener Berufungsfrist zwei Berufungsschriftsätze einbringt, diese als EINE Berufung anzusehen. Die Berufungsbehörde hat über diese, wenn nicht die Voraussetzungen für eine Trennung in mehrere Punkte vorliegen, in einem zu entscheiden.
Nach der Lage der vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens ist bisher eine Entscheidung über die gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag vom 15. Jänner 1991 eingebrachte Berufung des Beschwerdeführers ungeachtet der Darlegung in dem im Verwaltungsakt befindlichen Schreiben des Vertreters des Beschwerdeführers an den Bürgermeister der Stadt Knittelfeld vom 9. August 1991, wonach in der gegenständlichen Rechtssache mit Bescheid vom 14. März 1991 der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie die damit verbundene Berufung vom 15. Jänner 1991 abgewiesen worden seien, nicht ergangen.
Ausgehend von dieser Aktenlage, der auch das Vorbringen in der vorliegenden Säumnisbeschwerde nicht entgegensteht, hätte sich aber eine Legitimation des Beschwerdeführers zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht durch die belangte Behörde nur in Ansehung beider als EINE Berufung anzusehenden Berufungsschriftsätze vom 15. und 21. Jänner 1991 ergeben.
Die nach dem dargestellten Beschwerdevorbringen erfolgte Geltendmachung der Entscheidungspflicht durch die belangte Behörde ausschließlich in Ansehung der mit Schriftsatz vom 21. Jänner 1991 eingebrachten Berufung erweist sich daher als im Gesetz nicht gedeckt. Dementsprechend war die vorliegende Säumnisbeschwerde wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung in dem vom Beschwerdeführer in Anspruch genommenen Umfang gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.
Schlagworte
Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein Trennbarkeit gesonderter AbspruchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991040335.X00Im RIS seit
10.06.1992