TE Vwgh Erkenntnis 1992/6/10 92/04/0055

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Veröffentlicht am 10.06.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §323a Abs1;
VStG §44a lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des L in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 7. Jänner 1992, Zl. VwSen-250052/14/Gf/Kf, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Über die Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 21. August 1991 erkannte der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Bescheid vom 7. Jänner 1992 wie folgt:

"I. Die Berufung wird abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist daher schuldig, der Firma X-Baueisen- und Stahlbearbeitungsgesellschaft m.b.H. in H, I-Straße 25, in der Zeit vom 22. Jänner 1991 bis 25. Jänner 1991 fünf seiner Arbeitskräfte, nämlich Herrn Y, Herrn E, Herrn I, Herrn V und Herrn N, überlassen zu haben, ohne im Besitz der hiefür gemäß § 323a der Gewerbeordnung, BGBl. Nr. 50/1974, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 686/1991 (im folgenden: GewO), erforderlichen Konzession zu sein; er hat hiedurch die Verwaltungsübertretung des § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO begangen und wird hiefür mit einer Geldstrafe von 20.000 S bestraft. Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe wird eine Ersatzfreiheitsstrafe von 134 Stunden verhängt. II. Für das Strafverfahren in I. Instanz ist gemäß § 64 Abs. 2 VStG ein Kostenbeitrag von 2.000 S zu leisten."

Zur Begründung wurde ausgeführt, mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 21. Jänner 1991 sei über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 10 Tage) verhängt worden, weil er trotz rechtskräftiger Bestrafung seit dem 10. Oktober 1990 weiterhin Arbeitskräfte - insgesamt elf - überlassen habe, ohne hiefür die erforderliche Konzession besessen zu haben. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 21. August 1991 seien über den Beschwerdeführer mehrere Geldstrafen verhängt worden, und zwar: eine Geldstrafe in Höhe von S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstraße: 20 Tage), weil er trotz zweimaliger rechtskräftiger Bestrafungen seit dem 8. Dezember 1990 weiterhin fünf Arbeitskräfte überlassen habe, ohne hiefür die erforderliche Konzession besessen zu haben, und hiedurch die Vorschrift des § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 übertreten habe; eine Geldstrafe in Höhe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage), weil er über die Vereinbarung zwischen sich als Überlasser und dem Beschäftiger der Arbeitskräfte keinen Dienstzettel ausgestellt und hiedurch die Vorschrift des § 22 Abs. 1 Z. 2 lit. b i.V.m. § 11 Abs. 4 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, BGBl. Nr. 196/1988 (AÜG), übertreten habe; eine Geldstrafe in Höhe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage), weil er der Arbeitskraft nicht vor jeder Beschäftigung in einem anderen Betrieb die für die Überlassung wesentlichen Umstände mitgeteilt und schriftlich bestätigt und hiedurch die Vorschrift des § 22 Abs. 1 Z. 2 lit. c i.V.m. § 12 Abs. 1 AÜG übertreten habe; und schließlich eine Geldstrafe in Höhe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage), weil er nicht ab der Übernahme der Überlassungstätigkeit laufend Aufzeichnungen über die Überlassung von Arbeitskräften geführt und hiedurch die Vorschrift des § 22 Abs. 1 Z. 2 lit. d i.V.m. § 13 Abs. 1 AÜG übertreten habe. In der weiteren Begründung wird unter Darstellung der Beweisergebnisse ausgeführt, wie der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme selbst einbekannt habe, sei er in keiner unmittelbaren vertraglichen Beziehung zum Werkbesteller (nämlich zur ARGE P), sondern nur in einer solchen zum Werkunternehmer (nämlich zur Firma X) gestanden. Wie sich aus den insoweit übereinstimmenden Zeugenaussagen ergebe, seien die Arbeitskräfte des Beschwerdeführers aus der Sicht des Werkbestellers vollständig der Dienst- und Fachaufsicht des Werkunternehmers unterstanden, was sich insbesondere daran zeige, daß diese Arbeitskräfte ihre Tätigkeit strikt nach den Plänen des Werkunternehmers durchzuführen gehabt hätten und auch - nur - diesem für den Erfolg ihrer Leistung hafteten. Der Tatbestand der Arbeitskräfteüberlassung im Sinne des § 4 AÜG - der ebenso wie die im § 3 AÜG getroffenen Begriffsbestimmungen auch zur Auslegung des § 323a Abs. 1 GewO 1973 heranzuziehen sei - sei daher als erwiesen anzusehen. Wenn der Beschwerdeführer vorbringe, daß selbst dann, wenn der vorliegende Sachverhalt als Arbeitskräfteüberlassung zu qualifizieren wäre, ihn auf Grund der Ausnahmebestimmung des § 323a Abs. 2 Z. 1 GewO 1973 keine Konzessionspflicht treffe, weil er die gleiche Erwerbstätigkeit wie der Werkunternehmer ausübe, die Überlassung lediglich vorübergehender Natur gewesen wäre - nämlich nur vier Tage gedauert habe - und im übrigen der prinzipielle Charakter seines Betriebes dadurch nicht beeinträchtigt worden sei, so sei auf Grund der durchgeführten Beweisverfahren hiezu auszuführen, daß sich die vom Unternehmen des Beschwerdeführers ausgeübte Tätigkeit in der Regel darauf beschränke, im Auftrag eines Werkunternehmers für diesen Eisenbiege- bzw. Eisenverlegearbeiten nach dessen Anweisungen und Plänen durchzuführen, wobei auch das Material vom Werkunternehmer zur Verfügung gestellt werde. Die Unternehmensleistung bestehe also schon grundsätzlich nur darin, einem Werkunternehmer bei der Ausführung des bestellten Werkes derart behiflich zu sein, daß diesem die Arbeitskraft der eigenen Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt werde. Sei es demnach aber offensichtlich schon das prinzipielle Unternehmensziel des Beschwerdeführers und damit der Charakter seines Betriebes, seine Arbeitskräfte einem Werkunternehmer zu überlassen, so könne hier folglich auch die Ausnahmebestimmung des § 323a Abs. 2 GewO 1973, die denknotwendig einen anderen Charakter des Betriebes als jenen der Arbeitskräfteüberlassung zur Voraussetzung habe, nicht zum Tragen kommen. Es sei daher von der Tatbestandsmäßigkeit der Handlung des Beschwerdeführers auszugehen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, nicht wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung bestraft zu werden. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften u.a. vor, das Beweisverfahren habe entgegen der Annahme der belangten Behörde ergeben, daß zufolge eines von der Firma X erhaltenen Auftrages von seinen Arbeitnehmern ein abgegrenzter und eigener Bauabschnitt über den ganzen Zeitraum hindurch bearbeitet worden sei. Das Beweisverfahren habe weiters ergeben, daß seine Arbeitnehmer keineswegs vollständig der Dienst- und Fachaufsicht der Firma X unterstanden hätten. Sie seien vielmehr auf die Baustelle gekommen, es sei ihnen dort ein eigener Bauabschnitt zugeteilt worden und dieser sei von seinen Arbeitnehmern selbständig - und zwar ohne Dienst- oder Fachaufsicht der Firma X - fertiggestellt worden. Es sei demnach davon auszugehen, daß er mangels der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 2 AÜG keineswegs Arbeitskräfte überlassen habe, und demnach eine Bestrafung nach § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 zu Unrecht erfolgt sei. Die belangte Behörde sei aber auch in Ansehung seines Einwandes, daß jedenfalls auf ihn die Ausnahmebestimmung des § 323a Abs. 2 Z. 1 GewO 1973 zur Anwendung komme, sei durch das Beweisverfahren nicht gedeckten, mit seinem Vorbringen im Verwaltungsstrafverfahren in Widerspruch stehenden Feststellungen gelangt.

Der Beschwerde kommt Berechtigung zu:

Gemäß § 323a Abs. 1 GewO 1973 unterliegt der Konzessionspflicht die Zurverfügungsstellung von Arbeitskräften zur Arbeitsleistung an Dritte (Überlassung von Arbeitskräften).

Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer ein konzessioniertes Gewerbe (§ 5 Z. 2) ohne die erforderliche Konzession ausübt.

Gemäß § 44a lit. a VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses - wenn er nicht auf Einstellung lautet - die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Danach erscheint es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und 2) die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, d.h. in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat), muß a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren (Wiederaufnahmeverfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und b) der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. hiezu u.a. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. N.F. Nr. 11.466/A).

Bei der danach vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmenden nachprüfenden Kontrolle ist im Beschwerdefall ausschließlich von dem vorstehend wiedergegebenen, durch die belangte Behörde selbst formulierten Spruchinhalt des angefochtenen Bescheides auszugehen.

Danach wurde aber dem Beschwerdeführer angelastet, der Firma X-Baueisen- und Stahlbearbeitungsgesellschaft m.b.H. Arbeitskräfte im angeführten Zeitraum "überlassen" zu haben, ohne in einer nach den vorstehenden Darlegungen erforderlichen konkretisierten Form die Tatumstände anzuführen, die die Zuordnung dieses Tatverhaltens zu dem im § 323a Abs. 1 GewO 1973 normierten entsprechenden Tatbestandsmerkmal ermöglichen würden.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid schon in Hinsicht darauf mit einer Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß sich das Erfordernis einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringes ergab.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992040055.X00

Im RIS seit

10.06.1992

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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