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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
GewO 1973 §367 Z26;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des M in H, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 16. Jänner 1992, Zl. IIa-19.101/52-91, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 16. Jänner 1992 wurde der Beschwerdeführer - in diesbezüglicher Abänderung des erstbehördlichen Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 8. Oktober 1987 - wie folgt schuldig erkannt:
"Der Beschuldigte, M, geboren 9.11.1946, ist als gewerberechtlicher Geschäftsführer der X-Ges.m.b.H. dafür verantwortlich, daß folgende Auflagen des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 2.11.1984, Zl. 3-8023/4-A, in der Fassung des Bescheides des Landeshauptmannes von Tirol vom 25.7.1985, Zl. IIa-13.446/7 (Berufungsbescheid), am 6.7.1987 folgendermaßen nicht eingehalten wurden:
1.) Auflage I/1:
"Das Kühlaggregat ist allseitig geschlossen einzuhausen, mit Ausnahme der notwendigen Lüftungsöffnungen. Die Umfassungsbauteile sind mit mindestens 70-mm-Trittschutzplatten auszustatten. Die Umhausung ist einschließlich einer eventuellen Tür- oder Besichtigungsöffnung stets geschlossen zu halten."
Die Tür war nicht geschlossen.
2.) Auflage I/2:
"An den Lüftungsöffnungen sind Vorsatzblenden anzubringen, die seitlich und oben geschlossen sind und einen direkten Schallaustritt aus dem Aggregatraum verhindern."
Die Vorsatzblenden waren nicht angebracht.
Der Beschuldigte hat dadurch gemäß § 77 Gewerbeordnung 1973 die im vorzitierten Genehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck (in der Fassung des Berufungsbescheides des Landeshauptmannes von Tirol vom 25.10.1985) vorgeschriebenen Auflagen nicht eingehalten und dadurch zu 1.) und 2.) Verwaltungsübertretungen nach § 367 Z. 26 Gewerbeordnung 1973 in Verbindung mit § 370 Abs. 2 Gewerbeordnung 1973 in Verbindung mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 2.11.1984, Zl. 3-8023/4-A, Auflage I/1 (1.) und Auflage I/2 (2.) in der Fassung des Bescheides des Landeshauptmannes von Tirol vom 25.10.1985, Zl. IIa-16.446/7, begangen."
Hiefür wurden über den Beschwerdeführer gemäß § 367 Einleitungssatz GewO 1973 Geldstrafen von zu 1.) S 500,-- (Ersatzarreststrafe 12 Stunden) und zu 2.) S 500,-- (Ersatzarreststrafe 12 Stunden) verhängt.
Zur Begründung wurde ergänzend zu den bereits im hg. aufhebenden Erkenntnis vom 10. September 1991, Zl. 91/04/0104, aufgenommenen Darlegungen ausgeführt, unter Zugrundelegung der bereits in der vorliegenden Verwaltungsstrafsache ergangenen Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisse habe der Landeshauptmann von Tirol nunmehr wie folgt erwogen: Im Standort R, habe die X-Ges.m.b.H. folgende weitere Betriebsstätten angemeldet:
1.) Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 GewO 1973, eingeschränkt auf den Großhandel mit Blumen und Topfplanzen, Stammgewerbe in W, - verlegt nach H); die Anmeldung sei am 5. Oktober 1983 bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck erfolgt. 2.) Blumenbindergewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 5 GewO 1973 (Stammgewerbe in W; die Anmeldung sei am 3. Jänner 1986 bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck erfolgt. 3.) Kleinhandel mit Naturblumen gemäß § 105 GewO 1973 (Stammgewerbe in Y); die Anmeldung dieser weiteren Betriebsstätte sei am 12. November 1986 bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck erfolgt. Keines dieser drei Gewerbe sei zum Tatzeitpunkt ruhend gemeldet oder nicht mehr aufrecht gewesen. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 2. November 1984 sei der genannten Gesellschaft die gewerbebehördliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der gegenständlichen Betriebsanlage erteilt worden. Auf Grund einer dagegen erhobenen Berufung sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 25. Juli 1985 der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck teilweise abgeändert worden. Im Rahmen einer am 6. Juli 1987 von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck durchgeführten Überprüfung sei festgestellt worden, daß die im Spruch genannten Auflagen I/1 und I/2 nicht eingehalten worden seien. Mit Datum 18. Juli 1976 sei der Beschwerdeführer zum gewerberechtlichen Geschäftsführer der genannten Gesellschaft für das Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 GewO 1973 und für den Kleinhandel mit Naturblumen gemäß § 105 GewO 1973 bestellt worden. Als gewerberechtlicher Geschäftsführer für das in diesem Standort ebenfalls als weitere Betriebsstätte angemeldete Blumenbindergewerbe sei A bestellt worden. Aus dem Betriebsanlagengenehmigungsbescheid sei nicht zu entnehmen, daß das in den vom Beschwerdeführer nicht eingehaltenen Auflagen angesprochene Kühlaggregat lediglich einem dieser drei Gewerbe ausdrücklich zuzuordnen sei. Mit dem erstbehördlichen Straferkenntnis sei dem Beschwerdeführer vorgeworfen worden, als gewerberechtlicher Geschäftsführer der genannten Gesellschaft dafür verantwortlich zu sein, daß die bereits mehrfach zitierten Auflagen des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides in der Fassung des Berufungsbescheides des Landeshauptmannes von Tirol zumindest bis 6. Juli 1987 nicht eingehalten worden seien. Aus den weiteren Verfahrensakten gehe hervor, daß auch am 10. März 1987 eine Überprüfung stattgefunden habe und bereits zu diesem Zeitpunkt die angesprochenen Auflagen "eingehalten" (offenbar richtig: nicht eingehalten) worden seien. Es könne jedoch allein auf Grund dieser beiden Tatsachen nicht darauf geschlossen werden, daß es sich hiebei um ein Fortsetzungsdelikt handle, sodaß dem Beschwerdeführer nicht vorgeworfen werden könne, während des gesamten Zeitraumes vom 10. März 1987 bis 6. Juli 1987 die in Rede stehende Verwaltungsübertretung begangen zu haben. Die Formulierung "bis 6.7.1987" sei im gegenständlichen Fall so auszulegen, daß es sich hiebei nur um die Übertretung am 6. Juli 1987 handle. Gemäß § 66 Abs. 4 AVG sei die Berufungsbehörde berechtigt, in der Sache selbst zu entscheiden. Sache des Berufungsverfahrens bilde dabei jeweils der Umfang des Spruches des erstbehördlichen Bescheides. Dies bedeute, daß eine Ausdehnung des Tatzeitraumes für die Zeit vor dem 6. Juli 1987 auf Grund der eingeschränkten Sachentscheidungsbefugnis - abgesehen von Fragen der Verjährung im Sinne des § 31 VStG - nicht möglich sei. Es sei daher aus diesem Grund der Spruch insofern zu konkretisieren gewesen, als der "Tatzeitraum" auf den 6. Juli 1987 einzuschränken gewesen sei. Zur Frage der Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers als gewerberechtlicher Geschäftsführer werde ausgeführt, daß der Verwaltungsstraftatbestand des § 367 Z. 26 GewO 1973 auf die Nichteinhaltung von in Ansehung von gewerblichen Betriebsanlagen vorgeschriebenen Auflagen abstelle, nicht jedoch auf die Art der dort tatsächlich ausgeübten gewerblichen Tätigkeit. Im Hinblick darauf komme dem Berufungsvorbringen, wonach der Beschuldigte nicht gewerberechtlicher Geschäftsführer für das in R, tatsächlich ausgeübte Gewerbe sei, keine Bedeutung zu (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. September 1991, Zl. 91/04/0104), zumal der Beschwerdeführer gewerberechtlicher Geschäftsführer für die in diesem Standort ebenfalls aufrecht gemeldeten übrigen Gewerbe sei. Es ergebe sich somit, daß der Beschwerdeführer die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung zumindest am 6. Juli 1987 in objektiver Hinsicht verwirklicht habe. Die weiteren Begründungsdarlegungen enthalten Ausführungen zur Strafbemessung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, auf Grund der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung bestraft zu werden. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften unter Darstellung der bisherigen Verfahrenslage und Hinweis auf die in der vorliegenden Verwaltungsstrafsache ergangenen aufhebenden Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. November 1988, Zl. 88/04/0121, vom 6. Februar 1990, Zl. 89/04/0113, und zuletzt vom 10. September 1991, Zl 91/04/0104, u.a. vor, gemäß § 44a lit. a VStG habe der Spruch eines Bescheides, wenn er nicht auf Einstellung laute, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sie dabei die als erwiesen angenommene Tat durch Feststellung des Zeitpunktes und des Ortes der Begehung zu präzisieren. Der angefochtene Bescheid treffe jedoch lediglich die Feststellung, der Beschwerdeführer sei als gewerberechtlicher Geschäftsführer der X-Ges.m.b.H. dafür verantwortlich, daß folgende Auflagen "... am 6.7.1987 folgendermaßen nicht eingehalten wurden: ...". Dem angefochtenen Bescheid sei jedoch nicht zu entnehmen, an welchem Ort der Beschwerdeführer eine rechtswidrige Handlung gesetzt oder rechtswidrig eine Handlung nicht gesetzt habe. Dadurch werde aber die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat bzw. Unterlassung nicht hinreichend konkretisiert. Weiters habe er sich zum Nachweis dafür, daß die Türe der Lüftungseinhausung mit Scharnieren befestigt gewesen sei, und die überdies erfolgte Anbringung einer - mit einer Schraube befestigten - Platte an dieser Tür nur erfolgt sei, da dies von dem mit der Wartung der Kühlanlage befaßten Unternehmen verlangt worden sei, um bei etwaigen Reparaturen an den Kühlmotor gelangen zu können, das Kühlaggregat aber dennoch allseitig geschlossen eingehaust gewesen sei, in seinem Schriftsatz vom 9. März 1989 auf die Vorführung der Türe bei einem Augenschein der Behörde berufen. Die Aufnahme dieses Beweises habe die Behörde jedoch unterlassen. Der angefochtene Bescheid verweise in diesem Zusammenhang lediglich darauf, daß im Rahmen einer am 6. Juli 1987 von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck durchgeführten Überprüfung festgestellt worden sei, daß die im Spruch genannten Auflagen I/1 und I/2 nicht eingehalten worden seien. Auf seinen Antrag auf Abhaltung eines Ortsaugenscheines gehe der angefochtene Bescheid mit keinem Wort ein. Die belangte Behörde habe somit die Durchführung des von ihm angebotenen Augenscheines unterlassen, durch den unter Beweis gestellt werden sollte, daß die Türe der Lüftungseinhausung zwar auch eine - mit einer Schraube befestigte - Platte getragen habe, im übrigen aber mit Scharnieren befestigt und das Kühlaggregat somit also allseitig geschlossen gewesen sei. Im Hinblick darauf sei die belangte Behörde nicht berechtigt gewesen, von der Durchführung des beantragten Augenscheines abzusehen und lediglich auf Grund einer - nicht näher konkretisierten - Überprüfung durch die Behörde erster Instanz davon auszugehen, daß die Türe der Lüftungsöffnung nicht über ein Scharnier verfüge und nicht allseitig geschlossen gehalten worden wäre. Mit dem bloßen Hinweis auf eine am 6. Juli 1987 von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck durchgeführte Überprüfung sei die belangte Behörde nicht ihrer Verpflichtung nachgekommen, die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen klar und übersichtlich zusammenzufassen.
Der Beschwerde kommt Berechtigung zu:
Wie der Verwaltungsgerichtshof zur Frage des "Tatortes" bereits in seinem in der vorliegenden Verwaltungsstrafsache ergangenen aufhebenden Erkenntnis vom 22. November 1988, Zl. 88/04/0121, dargelegt hat, kann in Ansehung des Straftatbestandes des § 367 Z. 26 GewO 1973, der auf beim Betrieb der Anlage einzuhaltende Auflagen abgestellt ist, nicht angenommen werden, daß die in Rede stehende Verwaltungsübertretung (bei Zutreffen der sonstigen Voraussetzungen) nicht am Standort der Betriebsanlage, sondern am hievon abweichenden Sitz der Unternehmensleitung begangen worden wäre.
Ausgehend davon und von der sich aus § 44a lit. a VStG ergebenden Verpflichtung zur spruchgemäßen Bezeichnung des Tatortes (vgl. hiezu die Darlegungen im vorangeführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. November 1988) fehlt aber im - neu gefaßten - Spruch des angefochtenen Bescheides die Bezeichnung des Standortes der in Rede stehenden Betriebsanlage ebenso wie auch die Bezugnahme auf diese selbst.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid jedenfalls in Hinsicht darauf mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß es einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringes bedurfte. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf § 39 Abs. 2 Z. 4 und 6 VwGG Abstand genommen werden.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991; die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den für "Barauslagen" angesprochenen Betrag, da solche im Sinn der hiefür maßgeblichen Bestimmung des § 48 Abs. 1 Z. 1 VwGG nicht entstanden sind.
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatort falsche AngabeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992040058.X00Im RIS seit
10.06.1992