TE Vwgh Erkenntnis 1992/6/11 88/06/0170

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Veröffentlicht am 11.06.1992
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Index

L80008 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Vorarlberg;
L82000 Bauordnung;

Norm

BauRallg;
RPG Vlbg 1973 §19 Abs6 lita;
RPG Vlbg 1973 §2 Abs1;
RPG Vlbg 1973 §2 Abs2;
RPG Vlbg 1973 §2;
RPG Vlbg 1973 §21 Abs1 litb;
RPG Vlbg 1973 §21;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und den Senatspräsidenten Mag. Onder sowie die Hofräte Dr. Würth, Dr. Giendl und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde der Gemeinde Bartholomäberg, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 18. Juli 1988, Zl. VIIa-310.05, betreffend die aufsichtsbehördliche Genehmigung einer Umwidmung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 17. Juni 1986 stellte die beschwerdeführende Gemeinde den Antrag, die von der Gemeindevertretung am 7. Dezember 1983 beschlossene Änderung des Flächenwidmungsplanes Bartholomäberg - Umwidmung der Gpn. 3348/1 und 2, KG. B., im Ausmaß von 1.066 m2, von Freifläche-Landwirtschaftsgebiet in Baufläche-Wohngebiet gemäß § 21 Abs. 2 in Verbindung mit § 19 Abs. 6 des Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 15/1973 (RPG) aufsichtsbehördlich zu genehmigen.

Mit Bescheid vom 18. Juli 1988 versagte die Vorarlberger Landesregierung (belangte Behörde) nach Einholung einer "Gesamtbeurteilung" des Amtssachverständigen für Raumplanung und Baugestaltung vom 18. Jänner 1988, des Landeswasserbauamtes Bregenz vom 22. Mai 1987, des Gutachtens des Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz vom 17. September 1987 und einer Äußerung der Agrarbezirksbehörde Bregenz vom 2. Juni 1987 gemäß § 21 Abs. 2 in Verbindung mit § 19 Abs. 6 lit. a und b des Raumplanungsgesetzes, die Genehmigung für die angeführte Änderung des Flächenwidmungsplanes.

In der Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, es habe die Gemeindevertretung in ihrer Sitzung vom 7. Dezember 1983 eine Änderung des damaligen Flächenwidmungsplanentwurfes beschlossen, wobei die nach dem Teilungsplan vom 11. September 1983 neu zu schaffenden Gpn. 3348/1 und 2 statt als Freifläche-Landwirtschaftsgebiet als Baufläche-Wohngebiet ausgewiesen werden sollten. Der Flächenwidmungsplan der Gemeinde sei von der Vorarlberger Landesregierung mit Bescheid vom 30. November 1984 ohne diese Änderung genehmigt worden, da die Landesregierung erst mit Schreiben vom 17. Juni 1986 um die aufsichtsbehördliche Genehmigung der in Rede stehenden Änderung gemäß § 19 Abs. 6 in Verbindung mit § 21 Abs. 2 des Raumplanungsgesetzes ersucht worden sei. Das Landeswasserbauamt habe sich am 22. Mai 1987 dahingehend geäußert, "daß derzeit keine Anschlußmöglichkeit an die Ortskanalisation besteht und sich für die Ableitung von Oberflächenwässer Probleme ergeben dürften. Auch aus bodenmechanischen bzw. geologischen Gründen werden gegen eine größere Überbauung Bedenken geäußert, die erst nach Vorliegen eines Datailprojektes an Ort und Stelle überprüft werden könnten."

Die Agrarbezirksbehörde habe mit Schreiben vom 24. Juni 1987 gegen eine Umwidmung wegen der extremen Steilheit keine Bedenken geäußert. Der Amtssachverständige für Natur- und Landschaftsschutz habe sich in seinem Gutachten vom 17. September 1987, folgendermaßen geäußert:

"Der Platz liegt oberhalb der Silbertaler Straße völlig isoliert. Es wurde ein holzgestricktes Wohnhaus mit Breitgiebelseite zum Tal sowie eine Säge und eine Tischlereiwerkstätte erbaut. Zum Standort selber kann nur gesagt werden, daß dies wiederum ein Beitrag zur Zersiedelung der Landschaft darstellt."

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 25. Februar 1988 sei der Gemeinde diese Stellungnahme zum rechtlichen Gehör übermittelt worden. Gleichzeitig sei darin auch eine abschließende Beurteilung durch den Amtssachverständigen für Raumplanung und Baugestaltung mit folgendem Inhalt übermittelt worden:

"Der Bereich der Gp. 3348 liegt. ca. 100 m über Talsohle der Litz und direkt am Einschnitt des Lavernetschtobels (= Grenze gegen Silbertal). Neuerer Kataster-, Teilungs- oder Lageplan liegt nicht vor. Am Ort gegeben ist jüngerer Baubestand, laut Luftbild knapp vor 1980 erstellt: 1 Wohnhaus + 1 Säge- und Werkstattgebäude; Wohnhaus im Spätsommer 1987 offensichtlich unbewohnt, Holzstapel deuten auf zeitweiligen Sägebetrieb (oder auf Bauholz für weitere Bauvorhaben am Ort?). Die Gebäude und deren Vorplatz sind radikal in den Hang geschnitten, der im Mittelpunkt ca. 60 % = 31 Grad abfällt.

Isolierte Lage: zur Silbertaler Straße L. 95 ca. 1,4 km, nach Silbertal 3,7 km, nach Schruns 4,2 km, nach

Bartholomäberg 5,2 km. Rote Gefahrenzone unmittelbar östlich anliegend. Abwasserentsorgung und geologische Bedenken wären bezüglich Machbarkeit bzw. Kosten zu prüfen. Der Augenschein am Ort läßt keinen weiteren, ohne Geländevergewaltigung denkbaren Bauplatz erkennen - geschweige denn zwei wie beabsichtigt

Absolute Splittersiedlungslage mit allen zugehörigen Nachteilen und Einwänden sprechen gegen jede weitere Baunutzung und Bauflächenwidmung."

Die Gemeinde habe mit Schreiben vom 17. April 1988 dahingehend Stellung genommen, daß hier eine Ausnahmebewilligung für zwei Bauplätze am 7. September 1983 beschlossen worden sei. Die beiden Bauplätze seien vermessen, bewilligt und im Grundbuch an zwei Söhne übergeben worden. Wie bekannt, sei ein Haus gebaut und bezogen. Dies sei bereits früher ein Anwesen mit der alten Hausnummer 40 gewesen; das Haus soll 1926 abgebrannt sein. Der Grund sei dann von den unterliegenden Anrainern erworben und an R. verkauft worden. Eine Kanalleitung sei bereits bis ober die Silbertaler Straße gebaut und es könne daher, sobald der Verbandssammler bis dorthin gebaut sei, angeschlossen werden. Der etwas lange Zufahrtsweg müsse erhalten und im Winter geräumt werden, ob ein Haus stehe oder zwei. Die Kosten könnten allerdings auf zwei Haushalte verteilt werden und erleichtern sich damit im Einzelfall. Weiters sei zu bemerken, daß R. weiter unten ober der Silbertaler Straße einen, wenn auch etwas fraglichen Bauplatz gehabt habe, der einem Güterweg zum Opfer gefallen sei. Aus diesem Grund habe man dem Erwerb des nunmehr bebauten Anwesens durch R. auch zugestimmt, abgesehen davon, daß dieser ja ein Bauernsohn sei.

Die belangte Behörde führte in der Begründung ihres Bescheides weiters aus, die ursprüngliche Gp. 3348 sei mit Bescheid des Gemeindevorstandes vom 14. April 1984 in die Gpn. 3348/1 und 2 geteilt worden. Dabei seien, wie sich aus der Planurkunde vom 11. September 1983 ergebe, Teile der nunmehrigen Gpn. 3348/1 und 2 auch aus der Gp. 3349 herausgetrennt worden. Die Gpn. 2248/1 und 2 bildeten somit zwei voneinander getrennte kleine Grundstücke von 649 bzw. 417 m2 innerhalb der restlichen Gp. 3349. Auf der Gp. 3348/2 sei bereits ein Wohnhaus errichtet. Beide Grundstücke seien mit Beschluß der Gemeindevertretung vom 7. Dezember 1983 von Freifläche-Landwirtschaftsgebiet in Baufläche-Wohngebiet umgewidmet worden. Auf der Gp. 3348/1 sei die Errichtung eines weiteren Wohnhauses geplant.

Aus dem Flächenwidmungsplan der Gemeinde ergebe sich, daß die Gemeinde von starken Zersiedelungstendenzen geprägt sei, weise doch der Flächenwidmungsplan ca. 20 "Bauzonen" (oft kleinräumige Bauflächen, die von Freiflächen-Landwirtschaftsgebieten oder Freiflächen-Freihaltegebieten umschlossen seien) auf. Die Freiflächen selbst seien häufig von Streubebauung durchsetzt. Die Gpn. 3348/1 und 2 befänden sich innerhalb eines großflächigen, als Freifläche-Landwirtschaftsgebiet gewidmeten Bereiches in der Nähe zur Gemeindegrenze mit Silbertal (Lavernetschtobel). Es handle sich dabei um einen in die Talsohle der Litz abfallenden Berghang, der im Bereich der Gpn. 3348/1 und 2, wie sich aus dem Gutachten des Amtssachverständigen für Raumplanung und Baugestaltung sowie dem Schreiben der Agrarbezirksbehörde Bregenz ergebe, 31 Grad = 60 % Neigung aufweise. Das Gelände sei so steil, daß sich aus landwirtschaftlicher Sicht für die Agrarbezirksbehörde kein Einwand gegen eine Bebauung ergebe. Die umgewidmete Fläche befinde sich etwa 100 Höhenmeter über der Talsohle (ca. 250 m Luftlinie). Wie sich aus dem Luftbild ergebe, sei der umgebende Bereich - Wiesen, durchsetzt mit Waldstreifen - weitgehend, d. h. bis auf lockere Streubebauung - unbebaut.

Aus den unwidersprochen gebliebenen Gutachten der Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz sowie Raumplanung und Baugestaltung ergebe sich, daß es sich bei den Gpn. 3348/1 und 2 um eine äußerst isolierte Lage handle: die Entfernung zum Ortskern beträge 5,2 km, jene nach Silbertal ca. 3,7 km und nach Schruns 4,2 km; die Zufahrt zur Silbertaler Straße (L. 94) erstrecke sich über 1,4 km. Eine Bauführung auf der Gp. 3348/1 sei nur unter schwerwiegenden Geländeveränderungen möglich. Bereits das bestehende Gebäude auf der Gp. 3348/2 stelle eine schwere landschaftsbildliche Beeinträchtigung dar. Die Errichtung eines weiteren Wohnhauses würde die Zersiedelung weiter fortschreiten lassen. Ein Anschluß an die bei der L 95 verlegte Kanalisationsleitung sei möglich, sobald der Sammelkanal fertiggestellt sei, da der Grundeigentümer den Anschlußkanal für die Gpn. 3348/1 und 2 über das sehr steile Gelände über eine Strecke von ca. 250 m bereits erstellt habe.

Gemäß § 19 Abs. 1 lit. a und b in Verbindung mit § 21 Abs. 2 RPG sei die Änderung eines Flächenwidmungsplanes u.a. zu versagen, wenn der Flächenwidmungsplan

a)

den in § 2 genannten Zielen oder einem Landesraumplan widerspricht oder sonst rechtswidrig ist,

b)

überörtliche Interessen, insbesondere solche des Umweltschutzes und des Schutzes des Landschafts- und Ortsbildes, verletzt werden.

Nach den Feststellungen der belangten Behörde könne davon ausgegangen werden, daß die äußerst isolierte Lage der Gpn. 3348/1 und 2 eine Umwidmung als den Zielsetzungen der Raumplanung widersprechend erscheinen lasse, da Raumplanung die "planmäßige und vorausschauende Gesamtgestaltung eines bestimmten Gebietes in bezug auf seine Verbauung, insbesondere für Wohn- und Industriezwecke einerseits und für die Erhaltung von im wesentlichen unbebauten Flächen andererseits" sei (VfSlg. 2674).

Durch die mit der Umwidmung verbundene Bauführung auf der Gp. 3348/1 würde zunächst eine weitere Streubebauung inmitten eines weitgehend unverbauten Freifläche-Landwirtschaftsgebietes entstehen. Eine solche Vorgangsweise entspreche keiner PLANUNG im Sinne des oben zitierten Rechtssatzes, sondern sei lediglich der Versuch einer rechtlichen Legimitierung von privaten Bauwünschen. Durch die Genehmigung einer derartigen Umwidmung von darüberhinaus äußerst kleinflächigen Grundstücken würde die belangte Behörde ein Fortschreiten der Zersiedelung begünstigen, anstatt sie zu verhindern. Eine der Hauptaufgaben der Raumplanung in Vorarlberg überhaupt (vgl. "Grundlagen und Probleme der Raumplanung in Vorarlberg", Seite 25 ff.) sei aber gerade die Hintanhaltung weiterer Zersiedelung. Ein derartig ungeordnetes Ausufern der Bebauung würde im vorliegenden Fall durch die Genehmigung der von der Gemeindevertretung beschlossenen Umwidmung begünstigt. Der Umstand, daß auf der Gp. 3348/2 bereits ein Wohnhaus sowie im näheren Bereich ein Werkstattgebäude erstellt sei, könne dabei nicht als Argument gegen die Annahme einer drohenden Zersiedelung herangezogen werden.

Die vorgenommene Umwidmung widerspreche daher den Raumplanungszielen nach § 2 Abs. 1 RPG, die darin bestünden, den Raum so zu nutzen und zu gestalten, "daß (...) eine geordnete Entwicklung des Landes unter Bedachtnahme auf seine natürlichen und geschichtlich gewordenen Verhältnisse und auf die Schaffung möglichst gleichwertiger Lebensbedingungen gewährleistet (...) wird."

Im einzelnen würde durch die Genehmigung der Umwidmung auch den Zielsetzungen nach § 2 Abs. 2 lit. b, nämlich der möglichsten Schonung des Naturhaushaltes und der Landschaft vor nachteiligen Veränderungen durch Erhaltung und Pflege des Landschaftsbildes, widersprochen, da dadurch weitere schädigende Eingriffe in das Landschaftsbild durch eine Bauführung hervorgerufen würden. Weiters entspreche die Schaffung von Bauflächen in derart isolierten Lagen sowie angesichts der angeführten Beschaffenheit der Baugrundstücke (Steilheit des Geländes, massive Geländeveränderungen, geologische Prüfung erforderlich) nicht der Zielsetzung der Schaffung der räumlichen Voraussetzungen für gesunde Lebens-, insbesondere Wohnbedingungen gemäß § 2 Abs. 2 lit. c RPG. Auch müsse eine grundsätzliche Eignung der Grundfläche als Baufläche gemäß § 13 RPG im Hinblick auf die hohen Erschließungskosten (Abwasserbeseitigung, Verkehrsverbindung, möglicherweise besondere Vorschreibungen zwecks Vermeidung von Rutschungen) bezweifelt werden. Wenn auch der Anschlußkanal erstellt sei, schließe dieser Umstand Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der Erschließung nicht aus. Ebenso seien trotz des Vorhandenseins einer Zufahrt (1,4 km bis zur L 95) Zweifel an der Wirtschaftlichkeit einer solchen Verkehrsverbindung nach wie vor angebracht. Diese Bedenken würden im übrigen auch durch den Umstand, daß auf der Gp. 3348/2 bereits ein Wohnhaus erstellt sei, nicht ausgeräumt (vgl. VfSlg. 6667). Daß die Schaffung von Bauflächen in einem derart isolierten Bereich inmitten von land- bzw. forstwirtschaftlich genutzten Flächen auch überörtliche Interessen des Schutzes des Landschaftsbildes vor uferloser Zersiedelung verletze, könne nicht bezweifelt werden. Nach den Feststellungen der belangen Behörde wären darüber hinaus erhebliche Geländeeingriffe erforderlich, was sich auch an dem bereits erstellten Objekt zeige. Aus diesem Grund liege auch der Versagungsgrund nach § 19 Abs. 6 lit. b RPG vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für den Beschwerdefall sind insbesondere folgende

Bestimmungen des Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 15/1973, von

Bedeutung:

"§ 21

(1) Der Flächenwidmungsplan darf nur aus wichtigen Gründen geändert werden. Er ist zu ändern

a)

bei Änderung der maßgebenden Rechtslage oder

b)

bei wesentlicher Änderung der für die Raumplanung bedeutsamen Verhältnisse.

(2) Für das Verfahren bei Änderungen des Flächenwidmungsplanes gelten - ausgenommen im Falle des § 18 Abs. 2 - die Vorschriften des § 19 sinngemäß. ..."

"§ 19

...

(6) Der Flächenwidmungsplan bedarf zu seiner Wirksamkeit der Genehmigung der Landesregierung. Die Landesregierung hat nach Prüfung der gemäß Abs. 5 vorgelegten Äußerungen, Änderungsvorschläge und Stellungnahmen die Genehmigung durch Bescheid zu versagen, wenn der Flächenwidmungsplan

a)

den im § 2 genannten Zielen oder einem Landesraumplan widerspricht oder sonst rechtswidrig ist,

b)

überörtliche Interessen, insbesondere solche des Umweltschutzes und des Schutzes des Landschafts- und Ortsbildes verletzt oder

c)

..."

In der Beschwerde wird die Verletzung von Verfahrensvorschriften (lediglich) darin erblickt, daß die Behörde, obwohl sie in ihrem Bescheid davon ausgegangen sei, daß eine grundsätzliche Eignung der umzuwidmenden Grundflächen als Baufläche gemäß § 13 RPG im Hinblick auf die hohen Erschließungskosten (Abwasserbeseitigung, Verkehrsverbindungen, möglicherweise besondere Vorschreibungen zwecks Vermeidung von Rutschungen) nicht gegeben sei, über die allenfalls (dadurch) auflaufenden Kosten - die nach Ansicht der Beschwerdeführerin in einem nur unwesentlichen Verhältnis zu den erwartenden Gesamtbaukosten stünden - keine Beweise aufgenommen habe. Dieses Vorbringen geht aber schon deshalb ins Leere, weil die belangte Behörde die Versagung der Genehmigung der beantragten Umwidmung - wie aus dem Spruch ihres Bescheides ersichtlich - ausdrücklich auf § 21 Abs. 2 in Verbindung mit § 19 Abs. 6 lit. a und b RPG gestützt hat.

Aber auch die in der Beschwerde behauptete Rechtswidrigkeit des Inhaltes liegt nicht vor:

In der Beschwerde wird dazu im wesentlichen ausgeführt, daß angesichts der gegebenen Hanglage des Gemeindegebietes Bauflächen nur begrenzt zur Verfügung stünden, und der von der Behörde angeführte Streusiedlungscharakter im Gemeindegebiet nicht erst in letzter Zeit, sondern im Laufe der vergangenen Jahrhunderte - bedingt durch die örtlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten - entstanden sei. Wenn sich nun die Behörde unerwartet auf den Standpunkt stelle, daß der gegebene Streusiedlungscharakter nicht den Zielsetzungen der Raumplanung entspreche und die gegenständliche Umwidmung einen Versagungsgrund nach § 19 Abs. 6 lit. a RPG darstelle, so widerspreche diese Argumentation den über Jahrhunderte hinaus natürlich entstandenen Siedlungsformen im Gemeindegebiet und sei nicht geeignet, die Entscheidung inhaltlich zu begründen. Es könne auch nicht plötzlich der Versuch unternommen werden, die bestehenden Siedlungsformen durch die Bestimmungen des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes im Hinblick auf den Schutz des Landschafts- und Ortsbildes in Frage zu stellen. Es sei seit jeher nur an exponierten und aus der Sicht der Landwirtschaft nur auf landwirtschaftlich schlecht nutzbaren Liegenschaftsteilen gebaut worden. Auch hier sei die landwirtschaftliche Nutzung völlig unbedeutend.

Mit diesem Vorbringen kann jedoch eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides nicht dargetan werden.

Die belangte Behörde hat, gestützt auf die Gutachten und Stellungnahmen der Amtssachverständigen, insbesondere der Amtssachverständigen für Raumplanung und Baugestaltung, für Natur- und Landschaftsschutz, denen die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren inhaltlich nicht entgegengetreten ist, ausführlich, schlüssig und überzeugend dargelegt, daß die in Rede stehende Änderung des Flächenwidmungsplanes den Zielen des § 2 RPG widerspricht, und zwar insbesondere im Hinblick auf den Schutz der Landschaft und die damit verbundene Hintanhaltung einer weiteren Zersiedlung. Mit dem Hinweis darauf, daß in der Gemeinde Streusiedlungscharakter bestehe, ist für den Standpunkt der Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen, weil damit verkannt wird, daß es Aufgabe der Raumplanung ist (wenn auch unter Bedachtnahme auf die historische Entwicklung) zukunftsorientiert zu planen (vgl. § 2 RPG) und die Bedachtnahme auf vorhandene Bestände schon bei der Erstellung des Flächenwidmungsplanes nicht nach sich zieht, daß künftig hin regelmäßig neue Siedlungssplitter geschaffen werden können. Daß etwa keine unbebaute Baufläche mehr zur Verfügung stünde, hat selbst die Beschwerdeführerin nicht behauptet.

Im übrigen darf nach § 21 Abs. 2 RPG ein Flächenwidmungsplan nur aus wichtigen Gründen geändert werden. Die Bauwünsche einzelner Personen, ihre Grundstücke als Bauland gewidmet zu erhalten, mögen verständlich sein, stellen aber für sich noch keinen wichtigen, eine Widmungsänderung rechtfertigenden Grund im Sinne des Gesetzes dar, müßte doch andernfalls den Bauwünschen jedes Grundeigentümers entsprochen werden (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 26. April 1990, Zl. 86/06/0103).

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der Durchführung der von der Beschwerdeführerin beantragten mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Behörden eigener Wirkungsbereich der Gemeinde örtliche Baupolizei und örtliche Raumplanung B-VG Art15 Abs5 BauRallg2/2 Planung Widmung BauRallg3 Verhältnis zu anderen Rechtsgebieten Kompetenztatbestände Baupolizei und Raumordnung BauRallg1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1988060170.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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