TE Vwgh Erkenntnis 1992/6/11 92/06/0012

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Veröffentlicht am 11.06.1992
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Index

L10017 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §7 Abs1 Z4;
GdO Tir 1966 §33 Abs2 litd;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde des N in T, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 24. Juni 1991, Zl. Ve-550-169/4, betreffend Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde T, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1985, Zl. 82/06/0057, und vom 22. Februar 1990, Zl. 88/06/0187, verwiesen. Gegenstand der damaligen wie des gegenwärtigen Verfahrens war das Ansuchen des Beschwerdeführers aus dem Jahre 1969 um Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung einer massiven Einfriedung (Betonsockel zirka 50 cm über Oberfläche mit einem zirka 1,00 m hohen Zaun) im Süden und Westen längs der GP Nr nn/1 und nn/2, beide KG T. Das Grundstück Nr. nn/1 grenzt im Westen an eine Landesstraße, im Süden an eine in die Landesstraße einmündende und diese querende Gemeindestraße (Gemeindeweg 1096). Die an den Grundgrenzen zunächst geplante Einfriedung umfaßte die Südgrenze des Grundstückes (entlang der Gemeindestraße 1096) und setzt sich am Schnittpunkt mit der Landesstraße an deren Ostgrenze nach Norden fort bis auf das Grundstück Nr. nn/2. Mit dem zuletzt genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Februar 1990 wurde die Beschwerde des nunmehrigen Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 16. August 1988 abgewiesen. In diesem Bescheid war unter I die Vorstellung hinsichtlich der Versagung der Baubewilligung für den Teil der massiven Einfriedung, welcher sich an der Südgrenze der Grundparzelle Nr. nn/1, KG T, bis zur ostseitigen Begrenzungslinie der im Flächenwidmungsplan für die mitbeteiligte Gemeinde ersichtlich gemachten Landesstraße erstreckt, als unbegründet abgewiesen und unter II, soweit die Versagung der Bewilligung den übrigen Teil der massiven Einfriedung auf den Grundparzellen Nr. nn/1 und nn/2 betraf, die an der ostseitigen Begrenzungslinie der im Flächenwidmungsplan für die mitbeteiligte Gemeinde ersichtlich gemachten Landesstraße liegt und auf der Grundparzelle Nr. nn/1 im Kreuzungsbereich zur Gemeindestraße in den Landesstraßenbereich hineinragt, der Vorstellung Folge gegeben worden und der angefochtene Bescheid infolge Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde verwiesen. Zur Begründung seines Erkenntnisses vom 22. Februar 1990 hat der Verwaltungsgerichtshof im wesentlichen ausgeführt, es seien die tragenden Gründe eines unbekämpft gebliebenen Bescheides vom 2. März 1987 für das fortgesetzte Verfahren vor der Gemeindebehörde, der Aufsichtsbehörde und auch vor dem Verwaltungsgerichtshof bindend. Die tragenden Gründe dieses Bescheides seien die Feststellungen gewesen, daß die Tiroler Landesbauordnung anstelle der Tiroler Bauordnung auf den Beschwerdefall anzuwenden sei und im Sinne der Tiroler Landesbauordnung eine Einfriedung der vorliegenden Art einen konsensbedürftigen Neubau darstelle sowie die Feststellung, daß ein vermeintlich vorliegender Widerspruch zu § 6 Abs. 3 TLBO nicht mit der im damals angefochtenen Bescheid herangezogenen Behinderung der Sicht und Verschlechterung der Verkehrsverhältnisse begründet werden könne. Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, daß bei einer Einfriedung, die um eine Ecke geführt wird und zwei verschiedene Straßen befrifft, objektiv eine Trennbarkeit des Projektes zumindest an diesem Eckpunkt bestehe. Im übrigen würde es auch an einer Beschwer fehlen, da die belangte Behörde den Bescheid der Gemeindebehörde wegen einer Verletzung der Rechte des Beschwerdeführers in Ansehung der massiven Einfriedung entlang der Landesstraße aufgehoben und in der Begründung ausgesprochen habe, daß dieser Teil zu bewilligen sei.

In weiterer Folge beschloß der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde für den Bereich nach Süden abgegrenzt - alte Bundestraße, nach Westen - Oberlienzer Landesstraße, nach Norden - einschließlich der GP nn/3, nn/2, nn/4, nn/5, nn/6 und nn/7, alle KG T, und nach Osten bis zur bestehenden Baulandwidmung einen Teilbebauungsplan, der nach Kundmachung in der Zeit vom 17. August bis 3. September 1990 von der Tiroler Landesregierung am 23. Oktober 1990 genehmigt wurde. Dieser Teilbebauungsplan sieht u.a. im Abstand von 5,00 m zur ostseitigen Grenze der Landesstraße eine Baufluchtlinie gemäß § 22 Abs. 1 des Tiroler Raumordnungsgesetzes vor.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 3. Jänner 1991 wurde der Berufung des Beschwerdeführers stattgegeben und der Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 11. November 1974, mit welchem die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung einiger Auflagen erteilt wurde, soweit er sich auf das Bauansuchen zur Errichtung der westseitigen Einfriedung auf den GP Nr nn/1 und nn/2 beide KG T, entlang der ostseitigen Begrenzungslinie der im Flächenwidmungsplan für die mitbeteiligte Gemeinde ersichtlich gemachten Oberlienzer Landesstraße bezieht, aufgehoben und das Bauansuchen hinsichtlich der in diesem Bereich gelegenen Teile nach § 49 der Tiroler Landesbauordnung abgewiesen. Zur Begründung wurde nach geraffter Darstellung des Verwaltungsgeschehens im wesentlichen ausgeführt, die mitbeteiligte Gemeinde habe für den verfahrensgegenständlichen Bereich einen Teilbebauungsplan unter GZl. 031-2/90 erlassen, der zum Entscheidungszeitpunkt rechtskräftig vorgelegen sei. Soferne dieser Teilbebauungsplan eine Änderung in der Beurteilung der Zulässigkeit des vorliegenden Bauvorhabens mit sich bringe, liege eine Bindungswirkung an die Rechtsauffassung der Aufsichtsbehörde nicht mehr vor. Dieser Teilbebauungsplan sehe eine Baufluchtlinie entlang der Oberlienzer Landesstraße in einem Abstand von 5,00 m, gemessen vom östlichen Straßenrand vor. Gemäß § 10 der Tiroler Landesbauordnung sei bei Bauführungen jeder Art an öffentlichen Straßen und Wegen innerhalb geschlossener Ortschaften die festgesetzte Baulinie einzuhalten. Im Sinne der Definition des § 10 der Tiroler Landesbauordnung, zweiter Absatz, befänden sich die gegenständlichen zu bebauenden Grundflächen im zusammenhängenden Siedlungsgebiet, sodaß die Einhaltung der Baulinie zu beachten sei. Die Baulinie entspreche nach ihrer Definition und Bestimmung vollinhaltlich der Baufluchtlinie gemäß § 22 des Tiroler Raumordnungsgesetzes (TROG) und dürfe demgemäß in Anwendung des Tiroler Raumordnungsgesetzes durch den Bau nicht überschritten werden. Ausnahmen vom Gebot der Einhaltung der Baulinie, wie dies die Tiroler Bauordnung beispielsweise für Einfriedungen normiere, sähen die Bestimmungen der TLBO nicht vor. Die beantragte Einfriedungsmauer befände sich laut Planung und Baubeschreibung unmittelbar an der Grenze der Grundparzellen nn/1 und nn/2 Oberlienzer Landesstraße, also im Bereich zwischen einer öffentlichen Straße und der verordneten Baufluchtlinie und stehe sohin im Widerspruch zum Bebauungsplan der Gemeinde T, weshalb das angesuchte Bauvorhaben im hier gegenständlichen Teilbereich gemäß § 49 TLBO unzulässig und das Bauansuchen sohin abzuweisen gewesen sei.

Der Vorstellung gegen diesen Bescheid gab die belangte Behörde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 24. Juli 1991 keine Folge. Sie schloß sich im wesentlichen der Begründung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde an.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 25. November 1991, Zl. B 870/91-3, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Zur Begründung hat der Verfassungsgerichtshof u.a. ausgeführt, soweit die Beschwerde die Verletzung von Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen behaupte, lasse ihr Vorbringen vor dem Hintergrund des dem Verordnungsgeber im Bereich der Raumordnung gesetzlich eingeräumten Planungsermessen sowie im Hinblick darauf, daß einerseits bei der Erlassung des Flächenwidmungsplanes schon nach den Beschwerdeausführungen die in § 26 TROG vorgeschriebene vierwöchige Auflagefrist eingehalten worden sei, andererseits nach § 19 Abs. 5 letzter Satz TROG die Erlassung des Bebauungsplanes auch in getrennten Plänen erfolgen könne, die behaupteten Rechtsverletzungen als sowenig wahrscheinlich erkennen, daß die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

In der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Obwohl der Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluß vom 25. November 1991 ausgesprochen hat, die behaupteten Rechtsverletzungen wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen ließen die behaupteten Rechtsverletzungen als sowenig wahrscheinlich erkennen, daß die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe, und der Beschwerdeführer keine neuen Gesichtspunkte betreffend die Rechtswidrigkeit des Flächenwidmungsplanes und des Teilbebauungsplanes aufgezeigt hat, sah sich der Verwaltungsgerichtshof aufgrund der in der Beschwerde geäußerten Bedenken dennoch veranlaßt, den Verordnungsakt betreffend den Teilbebauungsplan GZ 031-2/90 einzuholen. Nach Einsicht in den Verordnungsakt vermag der Verwaltungsgerichtshof die inhaltlichen Bedenken des Beschwerdeführers gegen die Festsetzungen im Teilbebauungsplan nicht zu teilen: die Baufluchtlinie, die der Bewilligung der verfahrensgegenständlichen Einfriedungsmauer aufgrund der Bestimmungen der Tiroler Landesbauordnung entgegensteht, wurde nicht nur bezüglich der verfahrensgegenständlichen Liegenschaften des Beschwerdeführers, sondern im gesamten Planungsbereich entlang der Landesstraße, und an allen im Planungsbereich liegenden Wegen (Nrn. 1096, 327/1, 1034, 1086/4) festgesetzt, sodaß das Planungsziel, im gesamten Planungsbereich eine einheitliche, geordnete Bebauung zu erwirken, klar erkennbar ist und nicht davon ausgegangen werden kann, daß die Festsetzung lediglich erfolgte, um ein Bauvorhaben des Beschwerdeführers zu verhindern. Das Beschwerdevorbringen, der gegenständliche Teilbebauungsplan schaffe ausreichende Zufahrts- und Wendemöglichkeiten für einen anrainenden Fabriksbetrieb und die Straße solle zu Lasten des Grundstückes des Beschwerdeführers GP Nr. nn/1 verbreitert werden, findet im vorgelegten Teilbebauungsplan Zl. 031-2/90, keine Deckung. Weder die Straßenfluchtlinien noch die Baufluchtlinien weisen irgendwelche Ausbuchtungen zu Lasten der Grundparzellen des Beschwerdeführers auf. Auf einen zukünftigen Teilbebauungsplan war hier nicht einzugehen, weil dieser dem angefochtenen Bescheid nicht zugrundeliegt. Ein allenfalls weiterer, am 2. Juli 1990 vom Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde beschlossener Teilbebauungsplan, der sodann nicht kundgemacht worden sein soll - und somit nicht rechtswirksam ist - hat auf das Beschwerdeverfahren keine Auswirkungen.

Das Beschwerdevorbringen, wonach bei der Sitzung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 6. Juli 1990, dessen Beschlüsse zu einer "Änderung des Teilbebauungsplanes" geführt haben, das Gemeindevorstandsmitglied A. E. den Vorsitz geführt habe, vermag die Rechtswidrigkeit des Teilbebauungsplanes schon deshalb nicht darzutun, weil die Beschlußfassungen über den gegenständlichen Teilbebauungsplan am 21. März 1990, 28. Mai 1990, 2. Juli 1990 und 13. August 1990 erfolgten (nicht jedoch am 6. Juli 1990) und in der Sitzung vom 2. Juli 1990 nicht das Gemeindevorstandsmitglied A. E., sondern der Bürgermeister den Vorsitz geführt hat.

Auch das Beschwerdevorbringen, das Gemeindevorstandsmitgliedglied A. E., das den Beschwerdeführer mit seinem Haß verfolge und deshalb an der Gemeinderatssitzung, in welcher der bekämpfte Teilverbauungsplan beschlossen worden sei, wegen Befangenheit nicht teilnehmen hätte dürfen, konnte eine Rechtswidrigkeit des Zustandekommens des Teilbebauungsplanes nicht darlegen: gemäß § 33 Abs. 2 lit. d der Tiroler Gemeindeordnung 1966 hat sich zwar ein Mitglied des Gemeinderates der Stimmabgabe zu enthalten und den Beratungsraum zu verlassen, wenn wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, die volle Unbefangenheit in Zweifel zu setzen. Ob solche Gründe vorliegen, entscheidet der Gemeinderat. Die Beschlüsse betreffend den Teilverbauungsplan wurden jeweils einstimmig gefaßt, an einer dieser Sitzungen, nämlich am Montag dem 28. Mai 1990 hat Gemeinderatsmitglied A. E. nicht einmal teilgenommen; da die Beschlußfassung jeweils einstimmig erfolgte, hätte auch die Abwesenheit des Gemeinderatsmitgliedes A. E. während der übrigen drei Gemeinderatssitzungen, in denen die Beschlußfassung über den Teilbebauungsplan erfolgte, keine Änderung des Ergebnisses gebracht.

Zum Beschwerdevorbringen, den angefochtenen Bescheid habe Hofrat Dr. N für die belangte Behörde unterzeichnet, er sei derjenige, der der mitbeteiligten Gemeinde immer wieder Empfehlungen gebe, wie diese gegen den Beschwerdeführer vorzugehen habe, insbesondere bei seinem Ansuchen um die Erstellung der angestrebten massiven Einfriedungsmauer - es sei der bekämpfte Teil des Bebauungsplanes gerade so erstellt, daß die vom Beschwerdeführer geplante Einfriedung in Flächen hineingerate, die als Straßengrund vorgesehen seien - ist auf die obigen Ausführungen betreffend die generelle Anordnung von Baufluchtlinien im gesamten Planungsgebiet zu verweisen.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992060012.X00

Im RIS seit

11.06.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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