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24/01 Strafgesetzbuch;Norm
FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;Betreff
be Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden VizepräsidentDr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des N in S, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 6. Februar 1992, Zl. St-9/92, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 6. Februar 1992 wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf § 3 Abs. 1, Abs. 3 und § 4 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. Nr. 75/1954 idF BGBl. Nr. 575/1987, (FrPolG) gestütztes, mit 19. Dezember 1996 befristetes Aufenthaltsverbot für das "Gebiet der Republik Österreich" erlassen.
Begründend führte die belangte Behörde, soweit für die Erledigung der Beschwerde von Relevanz, folgendes aus: Der Beschwerdeführer, ein jugoslawischer Staatsangehöriger, sei am 19. Oktober 1991 von Ungarn kommend mit einem Reisebus nach Österreich gelangt und habe am 20. Oktober 1991 in die Bundesrepublik Deutschland einreisen wollen. Bei der Einreisekontrolle sei von den deutschen Behörden festgestellt worden, daß sich der Beschwerdeführer eines verfälschten Reisepasses bedient habe, nämlich des Reisepasses seines Bruders, in dem dessen Lichtbild durch das des Beschwerdeführers ersetzt worden sei. Mit Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 12. November 1991 sei der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach den §§ 223 Abs. 2, 224 StGB rechtskräftig verurteilt worden, und zwar zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten, wobei diese unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden sei.
Die belangte Behörde halte im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer nach der Entlassung aus der Schubhaft Unterkunft und sonstige Unterstützung gefunden haben möge, den Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 7 FrPolG mittlerweile nicht mehr für gegeben. Übrig bleibe aber, daß sich der Beschwerdeführer bei der Einreise in das Bundesgebiet und bei der Ausreise aus diesem eines gefälschten Reisedokumentes bedient habe. Dies lasse eine Mißachtung der für die Einreise nach Österreich und die Ausreise bestehenden Vorschriften erkennen, was den Schluß zulasse, daß der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet den im § 3 Abs. 1 FrPolG genannten öffentlichen Interessen zuwiderlaufe (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1991, Zl. 90/19/0575). Jenen Bestimmungen, welche die Ein- und Ausreise von Fremden regeln, komme im Interesse der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu. Es liege im öffentlichen Interesse hintanzuhalten, daß sich Fremde darüber hinwegsetzten, noch dazu, wenn auf legale Weise dem tatsächlichen oder vermeintlichen Schutzbedürfnis eines Fremden Rechnung getragen werden könne.
Im Rahmen der Interessenabwägung (§ 3 Abs. 3 FrPolG) wies die belangte Behörde darauf hin, daß sich der Beschwerdeführer erst seit 19. Oktober 1991 in Österreich aufhalte und er "zum Bundesgebiet" keinerlei familiäre oder sonstigen Bindungen aufweise. Die Eltern und Geschwister des Beschwerdeführers lebten in Jugoslawien. Das berufliche und das persönliche Fortkommen des Beschwerdeführers seien nicht gefährdet. Unter Abwägung dieser Gesichtspunkte würden die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers, noch dazu, wenn das Aufenthaltsverbot nicht unbefristet, sondern mit fünf Jahren befristet verhängt werde.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.
3. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet erstattet.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Soweit in der Beschwerde der belangten Behörde sowohl unter dem Titel inhaltlicher Rechtswidrigkeit als auch unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgeworfen wird, sie habe unberücksichtigt gelassen bzw. sie wäre bei entsprechenden Ermittlungen, die sie nicht angestellt habe, zu dem Ergebnis gelangt, daß der Lebensunterhalt und die Wohnsitzverhältnisse des Beschwerdeführers (nach Aufnahme in die "Bundesbetreuung" aufgrund eines Asylantrages) "geklärt und gesichert" seien, genügt der Hinweis, daß die belangte Behörde den Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 7 FrPolG, in Ansehung dessen dieses Vorbringen allenfalls rechtlich bedeutsam wäre, abweichend von der Erstbehörde "nicht mehr für gegeben" gehalten hat. Ein Eingehen auf diese Beschwerdeausführungen erübrigt sich demnach.
2.1. Der Beschwerdeführer meint, allein der Umstand seiner gerichtlichen Verurteilung zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zwei Monaten vermöge die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht zu rechtfertigen. Dies ergebe sich aus § 3 Abs. 2 Z. 1 FrPolG.
2.2. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt zum Verhältnis des § 3 Abs. 1 zu § 3 Abs. 2 FrPolG in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß es sich bei Abs. 1 um die Generalklausel und bei Abs. 2 um die demonstrative Aufzählung von Fällen handle, welche die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes jedenfalls rechtfertigen. Ein Aufenthaltsverbot kann gemäß § 3 Abs. 1 leg. cit. auch dann erlassen werden, wenn triftige Gründe vorliegen, die zwar nicht die Voraussetzungen der im Abs. 2 angeführten Fälle aufweisen, wohl aber in ihrer Gesamtheit die im § 3 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme rechtfertigen (s. etwa das Erkenntnis vom 16. Februar 1991, Zl. 90/19/0575, m. w.N.).
Die belangte Behörde hat unter Zugrundelegung des Gesamtverhaltens - und nicht, wie in der Beschwerde fälschlich angenommen, der besagten gerichtlichen Verurteilung - geprüft, ob die im § 3 Abs. 1 FrPolG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei. Sie ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, daß der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet den in dieser Gesetzesstelle genannten öffentlichen Interessen zuwiderlaufe. Begründet hat die belangte Behörde ihre Rechtsansicht, daß die Einreise in das Bundesgebiet und die Ausreise aus demselben unter Verwendung eines gefälschten Reisepasses eine Mißachtung der dafür maßgeblichen Vorschriften erkennen lasse. Diese Argumentation entspricht der vom Verwaltungsgerichtshof in seinem (von der belangten Behörde zitierten) Erkenntnis Zl. 90/19/0575 bei vergleichbarem Sachverhalt zum Ausdruck gebrachten Rechtsanschauung, wonach der Schluß auf die Gefährdung öffentlicher Interessen im Sinne des § 3 Abs. 1 FrPolG allein schon deshalb gerechtfertigt sei, weil ein derartiges Verhalten eines Fremden eine Neigung zur Mißachtung der für die Einreise nach und die Ausreise aus Österreich bestehenden Vorschriften erkennen lasse. Daß diesen Vorschriften im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zukomme, hat die belangte Behörde im bekämpften Bescheid zutreffend hervorgehoben.
Die vom Beschwerdeführer insoweit behauptete Rechtswidrigkeit liegt somit nicht vor.
3. Gleiches gilt in bezug auf die gerügte Verletzung der Begründungspflicht. Daß die belangte Behörde ihre Entscheidung, soweit es um die im § 3 Abs. 1 FrPolG umschriebene Annahme geht, ausreichend begründet hat, ergibt sich, ohne daß es dazu noch weiterer Darlegungen bedürfte, aus dem unter II.2.2. Gesagten.
4. Die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid vorgenommene Interessenabwägung (§ 3 Abs. 3 FrPolG) ist in der Beschwerde unbekämpft geblieben. Für den Verwaltungsgerichtshof ist auch in dieser Hinsicht keine Rechtswidrigkeit zu erkennen.
5. Die sohin unbegründete Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
6. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 102/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992180099.X00Im RIS seit
12.06.1992