TE Vwgh Erkenntnis 1992/6/12 92/18/0049

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Veröffentlicht am 12.06.1992
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Index

21/03 GesmbH-Recht;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/02 Arbeitnehmerschutz;

Norm

ASchG 1972 §31 Abs2 litp;
ASchG 1972 §31 Abs2;
ASchG 1972 §31 Abs5;
BArbSchV §44 Abs2;
GmbHG §18;
VStG §44a lita;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des E in L, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 3. Februar 1992, Zl. Ge-49.718/3-1992/Pan/Neu, betreffend Bestrafung wegen Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 16. Jänner 1991 war der Beschwerdeführer einer Übertretung des § 44 Abs. 2 der Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl. Nr. 267/1954, schuldig und hiefür gemäß § 31 Abs. 2 lit. p des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl. Nr. 234/1972, (ASchG) mit einer Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 20 Tagen) bestraft worden, weil er

"als handelsrechtlicher Geschäftsführer und verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher und somit als das gemäß § 9 Abs.1 VStG. 1950 der Firma "E Gesellschaft m.b.H."

mit dem Sitz in L zur Vertretung nach außen berufenes Organ, am 23. Juli 1990 auf der Baustelle S 3 Arbeitnehmer mit dem Neueindecken des Daches mit Dachziegeln ohne Anbringung von Schutzblenden beschäftigt (hat). Die Dachneigung betrug ca. 35 Grad, die Traufenhöhe ca. 6 m."

2. Mit Bescheid vom 3. Februar 1992 wies der Landeshauptmann von Oberösterreich (die belangte Behörde) die dagegen erhobene Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 iVm § 24 und § 19 VStG 1950 sowie § 31 Abs. 2 lit. p ASchG als unbegründet ab und bestätigte das Straferkenntnis mit der Änderung, "daß zur gesetzlichen Grundlage der § 33 Abs. 1 lit. a Z. 12 und Abs. 7 Arbeitnehmerschutzgesetz zu ergänzen ist".

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, mit dem Begehren, aus diesen Gründen den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

4. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der im Beschwerdefall maßgebende § 44 Abs. 2 der Bauarbeiterschutzverordnung - jene Verwaltungsvorschrift, die durch die als erwiesen angenommene Tat des Beschwerdeführers von der belangten Behörde als verletzt erachtet worden ist (§ 44a lit. b VStG 1950) - lautet:

Bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20 Grad und auf einer Traufenhöhe von mehr als 5 m über dem Gelände müssen bei Neu- und Umdeckungen und bei umfangreichen Reparaturarbeiten geeignete Schutzblenden (Scheuchen) vorhanden sein, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern. Sind sicher befestigte, ausreichend dimensionierte Schneerechen vorhanden, gelten an diesen sicher befestigte, der Höhe der Schneerechen entsprechende Blenden als ausreichender Schutz. Bei einer Dachneigung von mehr als 40 Grad müssen die auf dem Dach Arbeitenden außerdem stets angeseilt sein."

2.1. Die Beschwerde bestreitet zum einen die Feststellungen der belangten Behörde, daß der Winkel des Daches 35 Grad bzw. mehr als 20 Grad und die Traufenhöhe mehr als 5 m betragen habe, zum anderen die Annahme der belangten Behörde, daß im vorliegenden Fall eine Neueindeckung des Daches erfolgt sei. Nach Meinung des Beschwerdeführers sind die diesen Sachverhaltsfeststellungen von der Behörde zugrunde gelegten Beweismittel - Zeugenaussage des Dipl.Ing. H und die von diesem vorgelegten Diabilder - nicht geeignet, jene zu stützen. Die belangte Behörde hätte insoweit dem bereits mit Schriftsatz vom 21. April 1991 gestellten Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens Rechnung tragen müssen.

2.2. Die hiemit vom Beschwerdeführer bekämpfte Beweiswürdigung durch die belangte Behörde begegnet indes im Rahmen der insofern eingeschränkten Überprüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) keinen Bedenken. Die von der belangten Behörde als Beweismittel herangezogenen vier Diabilder - vorgelegt von dem Organ des Arbeitsinspektorates, das die der gegenständlichen Bestrafung zugrunde liegende Anzeige erstattet hat - lassen unter Bedachtnahme auf die abgebildeten Objekte und deren größenmäßige Relation zueinander (vor allem jener des Gebäudes zu den auf dem Dach arbeitenden Personen) auch für den Nichtfachmann erkennen, daß die Traufenhöhe jedenfalls 5 m übersteigt. Gleiches gilt in bezug auf die angenommene Dachneigung. Wenngleich eine Festlegung auf (ca.) 35 Grad nicht ohne weiteres möglich sein mag, so läßt sich doch mit der belangten Behörde die Feststellung treffen, die Bilder zeigten, daß der Winkel mehr als 20 Grad betrage. Was schließlich die Sachverhaltsannahme betrifft, es handle sich bei den in Rede stehenden Dachdeckerarbeiten um eine Neueindeckung, so lassen die vier Diabilder auch in dieser Hinsicht - sie zeigen die Seiten des Daches, auf denen Arbeitende zu sehen sind, als zur Gänze mit von Witterungseinflüssen völlig unbeeinträchtigten und auch der Farbe nach neuen Ziegeln bedeckt - die Beweiswürdigung der Behörde nicht als unschlüssig erkennen. Von daher gesehen bedurfte es keiner weiteren Beweisaufnahmen, insbesondere auch nicht der Einholung des vom Beschwerdeführer beantragten Sachverständigengutachtens.

3.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Annahme der belangten Behörde, er habe es an der erforderlichen Kontrolle des Bevollmächtigten im Sinne des § 31 Abs. 2 ASchG (Ing. O) fehlen lassen. Entgegen der Begründung im angefochtenen Bescheid, derzufolge der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet habe, daß er den Bevollmächtigten persönlich kontrolliert hätte, ergebe sich aus seinem Vorbringen im Verwaltungsstrafverfahren (Berufung sowie Stellungnahme vom 31. Jänner 1992), daß die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften im Unternehmen des Beschwerdeführers "häufig und ohne Vorankündigungen" kontrolliert werde, und zwar sowohl durch den Beschwerdeführer als auch durch den Bevollmächtigten und durch Ing. Roland E. Der Beschwerdeführer habe ausdrücklich darauf hingewiesen, daß er nicht nur die Baustellen, für die er intern zuständig sei, kontrolliere, sondern auch jene Baustellen einer stichprobenartigen Kontrolle unterziehe, für die Ing. O zuständig sei.

3.2. Mit der belangten Behörde ist im Beschwerdefall davon auszugehen - dies wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten -, daß Ing. O die Stellung eines Bevollmächtigten im Sinne des § 31 Abs. 2 ASchG zukam. Daraus schloß die belangte Behörde, daß eine Bestrafung des Beschwerdeführers nur dann in Betracht zu ziehen sei, wenn die Voraussetzungen des § 31 Abs. 5 leg. cit. zuträfen, also u.a. dann, wenn es der Beschwerdeführer bei der Beaufsichtigung des Bevollmächtigten an der erforderlichen Sorgfalt habe fehlen lassen. Das Vorliegen dieser Voraussetzung nahm die belangte Behörde als erwiesen an, und zwar im Hinblick auf die Verantwortung des Beschwerdeführers im Verwaltungsstrafverfahren. Diese behördliche Beurteilung kann nicht als unzutreffend erkannt werden. Denn anders als er es nunmehr in der Beschwerde darzustellen versucht, hat der Beschwerdeführer im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens nie auch nur behauptet, daß er den Bevollmächtigten (Ing. O) bei dessen Überwachungstätigkeit entsprechend (mit der ihm zumutbaren Sorgfalt) kontrolliere. Daß der Beschwerdeführer selbst - unmittelbar - einzelne Baustellen, für die er sich zuständig erachtete, aber auch solche stichprobenartig kontrollierte, zu deren Überwachung Ing. O bevollmächtigt war, vermag die fehlende

Kontrolltätigkeit in bezug auf die Ausübung der Aufsichtstätigkeit des Bevollmächtigten nicht zu ersetzen.

3.3. Daß die belangte Behörde vorliegend die Strafbarkeit des Beschwerdeführers im Grunde des § 31 Abs. 5 ASchG - zu Recht - bejahte, bedeutet keineswegs, daß sie - wie der Beschwerdeführer irrigerweise meint - den (in Verfolgung gezogenen) Tatvorwurf änderte und den Spruch entsprechend "umzuformulieren" gehabt hätte. Dadurch daß die belangte Behörde eine der Voraussetzungen des § 31 Abs. 5 leg. cit. als gegeben ansah, nahm sie vielmehr das in eben dieser Voraussetzung umschriebene Verschulden des Beschwerdeführers für dessen Strafbarkeit als Arbeitgeber im Fall der Bestellung eines Bevollmächtigten als erwiesen an (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1988, Zl. 87/08/0240). Dies hat mit der als erwiesen angenommenen Tat im Sinne des § 44a lit. a VStG 1950 nichts zu tun, weshalb eine Bezeichnung dieses Verschuldens im Spruch des von der belangten Behörde im wesentlichen bestätigten Straferkenntnisses keineswegs geboten war.

4.1. Der Beschwerdeführer rügt schließlich eine Verletzung des Parteiengehörs durch die belangte Behörde. Diese habe ihm für eine Stellungnahme zur Zeugenaussage des Dipl.Ing. H und zu den von diesem vorgelegten Diabildern lediglich eine Frist von einer Woche eingeräumt. Diese Frist sei zu kurz gewesen, um durch ein Privatgutachten nachweisen zu können, daß die Dachneigung 20 Grad und die Traufenhöhe 5 m nicht übersteige. Weiters hätte er bei Einräumung einer längeren Frist durch Vorlage der Buchhaltungsunterlagen nachweisen können, daß eine Neueindeckung nicht erfolgt sei.

4.2. Auch wenn man im vorliegenden Fall die Einräumung einer einwöchigen Frist zur Stellungnahme zu den angeführten Ergebnissen des ergänzenden Ermittlungsverfahrens und die Nichtberücksichtigung der am letzten Tag dieser Frist zur Post gegebenen Äußerung des Beschwerdeführers als Verstoß gegen Verfahrensvorschriften werten würde, wäre für den Beschwerdeführer damit nichts gewonnen, da dieser Verfahrensmangel nicht wesentlich gewesen wäre. Es wird hiezu auf die Ausführungen oben II.2.2. verwiesen, aus denen sich ergibt, daß die belangte Behörde die im Hinblick auf § 44 Abs. 2 der Bauarbeiterschutzverordnung relevanten

Feststellungen - Neigung des Daches von mehr als 20 Grad, Traufenhöhe von mehr als 5 m, Vornahme einer Neueindeckung -, ohne daß noch ein Sachverständigengutachten eingeholt werden mußte, in schlüssiger Weise treffen konnte.

5. Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete Arbeitsrecht Arbeiterschutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992180049.X00

Im RIS seit

01.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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