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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO OÖ 1976 §61 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde 1.) des WG und 2.) der HG in Linz, beide vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 27. Jänner 1992, Zl. BauR-010650/4-1992 Ho/Vi, betreffend einen baubehördlichen Beseitigungsauftrag (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer zusammen haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 29. Mai 1991 wurde den Beschwerdeführern als Eigentümern aufgetragen, die "Errichtung eines Zubaues in Form einer Anhebung des Dachstuhles beim bestehenden Objekt um rund 60 cm" betreffend das Haus N-Straße 444, Grundstücksnummern 525/20 und .731 des Grundbuches über die Katastralgemeinde X, innerhalb von acht Wochen nach Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen. Entsprechend der Begründung ihres Bescheides ging die Baubehörde erster Instanz davon aus, daß die im § 61 Abs. 1 der O.ö. Bauordnung 1976 vorgesehene Möglichkeit, nachträglich um die Baubewilligung anzusuchen, im Hinblick darauf nicht einzuräumen gewesen sei, daß das Ansuchen der Sabine L. um Erteilung der Baubewilligung für die in Rede stehende konsenslose Bauführung wegen Widerspruches zur bestehenden Flächenwidmung "Grünland-Grünzug" bescheidmäßig abgewiesen worden sei. Es liege daher res judicata vor.
Der dagegen eingebrachten Berufung der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Stadtsenates der mitbeteiligten Landeshauptstadt vom 26. September 1991 gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben.
Die Berufungsbehörde teilte die Auffassung der Baubehörde erster Instanz, wonach die Möglichkeit, nachträglich um die Baubewilligung anzusuchen, den Beschwerdeführern nicht einzuräumen gewesen sei, da das erwähnte Bauansuchen der Sabine L. rechtskräftig abgewiesen worden sei und sich aus der im § 64 Abs. 1 der O.ö. Bauordnung 1976 normierten dinglichen Wirkung baurechtlicher Bescheide ergebe, daß jeder Bauwerber die Rechtskraft eines abweisenden Bescheides gegen sich gelten lassen müsse. Eine Zurückweisung gemäß § 68 Abs. 1 AVG sei daher auch dann geboten, wenn dasselbe Projekt, für welches ein versagender Bescheid in Rechtskraft erwachsen sei, von einem anderen Bauwerber neuerlich eingebracht werde.
Mit Bescheid der O.ö. Landesregierung vom 27. Jänner 1992 wurde der von den Beschwerdeführern gegen diesen Berufungsbescheid eingebrachten Vorstellung mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß die Beschwerdeführer durch diesen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt seien.
Die Aufsichtsbehörde schloß sich der Auffassung der Berufungsbehörde nicht an, daß dem rechtskräftigen Bescheid über die Abweisung des Bauansuchens der Sabine L. dingliche Wirkung im Sinne des § 64 Abs. 1 der O.ö. Bauordnung 1976 zukomme, da kein "Rechtsnachfolger" vorliege, ging aber davon aus, daß den Beschwerdeführern ungeachtet dessen mit Recht die Möglichkeit verwehrt worden sei, um die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung anzusuchen, weil sie nicht nur dem dem abweisenden Baubescheid zugrundeliegenden Bauvorhaben zugestimmt hätten, sondern dem diesbezüglichen baubehördlichen Verfahren erster und zweiter Instanz als Parteien gemäß § 47 Abs. 1 der O.ö. Bauordnung 1976 beigezogen worden seien, in welchem ihnen sowohl der erstinstanzliche Bescheid als auch der diesbezügliche Berufungsbescheid des Stadtsenates der mitbeteiligten Landeshauptstadt zugestellt worden sei. Die Rechtskraft des diesbezüglichen erstinstanzlichen Bescheides entfalte daher auch gegenüber den Beschwerdeführern ihre Wirkung, unabhängig davon, ob sie das Ergebnis dieses Bescheides begrüßt hätten oder nicht. Auch der Umstand, daß den Beschwerdeführern jener Bescheid der O.ö. Landesregierung, mit welchem die Vorstellung der Bauwerberin gegen den erwähnten Berufungsbescheid abgewiesen worden ist, nicht zugestellt worden sei, könne daran nichts ändern, da der Magistratsbescheid bereits nach Ablauf der Rechtsmittelfrist den Beschwerdeführern gegenüber formell rechtskräftig geworden sei. Auf den Beschwerdefall übertragen bedeute dies, daß die Baubehörden den Beschwerdeführern zu Recht die Möglichkeit der Erlangung einer nachträglichen Baubewilligung verwehrt hätten, wenn erstens der Umfang des Entfernungsauftrages im Bescheid der Baubehörde erster Instanz mit dem mit Bescheid des Magistrates der mitbeteiligten Landeshauptstadt vom 20. Februar 1990 abgewiesenen Bauansuchen identisch wäre, und zweitens keine Änderung der Sach- und Rechtslage im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG eingetreten wäre, da bei Zutreffen dieser Voraussetzungen die Rechtskraft des Magistratsbescheides vom 20. Februar 1990 der Möglichkeit entgegenstünde, nachträglich um die Baubewilligung für den konsenslosen Zustand anzusuchen. Daß das abgewiesene Bauansuchen vom 6. Oktober 1989 mit dem Umfang des Entfernungsauftrages im Bescheid der Baubehörde erster Instanz übereinstimme, lasse sich schon daraus erschließen, daß sowohl das besagte Ansuchen als auch der in diesem Verfahren ergangene Bescheid der Baubehörde erster Instanz vom 29. Mai 1991 die Hebung des Dachstuhles am Objekt N-Straße 444 um 60 cm zum Inhalt habe. Gleiches ergebe sich aus dem Vergleich der erwähnten Lichtbilder mit den dem Ansuchen vom 6. Oktober 1989 beigelegten Einreichunterlagen. Überdies sei den vorgelegten Bauakten nicht zu entnehmen, daß sich seit Eintritt der Rechtskraft des Magistratsbescheides vom 20. Februar 1990 die maßgebliche Sach- und Rechtslage bis zur Erlassung des erwähnten erstbehördlichen Bescheides vom 29. Mai 1991 geändert habe. Dies lasse sich daraus schließen, daß in diesem Zeitraum am verfahrensgegenständlichen Objekt keine weiteren baulichen Maßnahmen vorgenommen worden seien und auch der als Grund für die Abweisung im Magistratsbescheid vom 20. Februar 1990 herangezogene Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Landeshauptstadt Linz - Teil Mitte und Süd Nr. 1 in der Zwischenzeit nicht geändert worden sei. Eine Änderung der Rechtslage könne weiters auch nicht darin gesehen werden, daß zwischenzeitig die Zulässigkeit von baulichen Maßnahmen in einem Gebiet mit der Widmung "Grünland - Grünzug" anders beurteilt werde, da nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Änderung in der Beurteilung des normativen Inhaltes einer Rechtsvorschrift durch die Behörde die Rechtskraft eines Bescheides nicht berühre. Da es also die Rechtskraftwirkung des mehrfach erwähnten Magistratsbescheides vom 20. Februar 1990 den Beschwerdeführern verwehre, mit Erfolg um die nachträgliche Bewilligung des konsenslosen Zubaues hinsichtlich des in Rede stehenden Objektes anzusuchen, hätten die Baubehörden erster und zweiter Instanz den Beschwerdeführern im Ergebnis zu Recht keine Möglichkeit eingeräumt, hinsichtlich des genannten Zubaues am gegenständlichen Objekt nachträglich um die baubehördliche Genehmigung anzusuchen.
Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die mitbeteiligte Landeshaupstadt erwogen:
Stellt die Baubehörde fest, daß eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, so hat sie gemäß § 61 Abs. 1 der O.ö. Bauordnung 1976 - unbeschadet der Bestimmungen des § 56 - dem Eigentümer mit Bescheid aufzutragen, entweder nachträglich innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist um die Baubewilligung anzusuchen oder die bauliche Anlage innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist zu beseitigen. Die Möglichkeit, nachträglich um die Baubewilligung anzusuchen, ist dann nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Baubewilligung nicht erteilt werden kann.
Gemäß § 64 Abs. 1 leg. cit. kommt allen Bescheiden nach diesem Gesetz - ausgenommen denjenigen nach § 68 - insofern eine dingliche Wirkung zu, als daraus erwachsende Rechte auch vom Rechtsnachfolger des Bauberechtigten oder des Eigentümers des Baugrundes oder Bauwerkes geltend gemacht werden können und daraus erwachsende Pflichten auch von diesem Rechtsnachfolger zu erfüllen sind.
Der Gerichtshof hält die Auffassung der belangten Behörde für zutreffend, daß der das Bauansuchen der Sabine L. abweisende Magistratsbescheid vom 20. Februar 1990 und der diesen bestätigende Berufungsbescheid des Stadtsenates der mitbeteiligten Landeshauptstadt gegenüber den Beschwerdeführern keine dingliche Wirkung im Sinne der eben wiedergegebenen Vorschrift entfalten, weil sich aus diesen das Bauansuchen abweisenden Bescheiden für die damalige Bauwerberin weder Rechte ergeben, welche von den Beschwerdeführern geltend gemacht werden könnten, noch Pflichten erwachsen, welche von den Beschwerdeführern zu erfüllen sind. Ob die Beschwerdeführer überhaupt "Rechtsnachfolger" der Bauwerberin im Sinne dieser Bestimmung sind, kann unter diesen Umständen dahingestellt bleiben.
Ungeachtet dessen wurde den Beschwerdeführern mit Recht nicht die Möglichkeit eingeräumt, um die nachträgliche Baubewilligung für das den Gegenstand des vorliegenden Beseitigungsauftrages bildende Bauvorhaben anzusuchen, weil, wie die belangte Behörde richtig erkannt hat, einer meritorischen Entscheidung über ein derartiges Bauansuchen angesichts unveränderter Sach- und Rechtslage res iudicata im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG entgegenstünde, zumal der bloße Wechsel in der Person des Bauwerbers keine Änderung der für die Beurteilung des von den Beschwerdeführern einzubringenden Bauansuchens maßgeblichen tatsächlichen Umstände zur Folge hätte. An dieser Rechtslage würde auch der Umstand nichts ändern, daß die Beschwerdeführer dem - rechtskräftig abgewiesenen - Bauansuchen der Sabine L. als Grundeigentümer seinerzeit nicht zugestimmt haben, weshalb auf die in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge der Beschwerdeführer nicht eingegangen zu werden braucht.
In Erwiderung auf das als weitere Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend gemachte Vorbringen der Beschwerdeführer, sie hätten stets vorgebracht, daß "nunmehr eine Erhöhung des Dachstuhles um maximal 20 bis 30 cm, keinesfalls aber eine solche um 60 cm eingetreten sei", ist in Übereinstimmung mit den Ausführungen in der Gegenschrift der belangten Behörde daran zu erinnern, daß sich die Baubehörden bei ihren Annahmen auf diesbezügliche Gutachten und Stellungnahmen von Amtssachverständigen des Magistrates der Landeshauptstadt Linz stützen konnten, welche ihre Wahrnehmungen auf Grund einer Befundaufnahme an Ort und Stelle gemacht und überdies durch Lichtbilder dokumentiert haben. Im übrigen ist der Umstand, daß sich das mehrfach erwähnte Bauansuchen der Sabine L. mit diesen Angaben der bautechnischen Amtssachverständigen deckt, als Indiz dafür anzusehen, daß die Aufmauerung tatsächlich in einem Ausmaß von 60 cm vorgenommen und der Dachstuhl um diese Höhe angehoben worden ist. Der belangten Behörde kann daher unter diesem Gesichtspunkt keine Rechtswidrigkeit angelastet werden.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Von der Durchführung der von den Beschwerdeführern beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992050040.X00Im RIS seit
16.06.1992