TE Vwgh Erkenntnis 1992/6/16 92/11/0060

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Veröffentlicht am 16.06.1992
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Index

90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §64 Abs5;
KFG 1967 §64 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des J in P, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 30. Dezember 1991, Zl. I/7-St-O-9020, betreffend Erteilung einer inländischen Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 30. Dezember 1991 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 27. Februar 1990 auf Erteilung einer Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe B auf Grund seiner am 2. Juni 1989 erworbenen nigerianischen Lenkerberechtigung gemäß § 64 Abs. 6 KFG 1967 abgewiesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die belangte Behörde hat ihre abweisende Entscheidung damit begründet, daß in der vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgelegten, mit "Feber 1990" datierten Bestätigung einer näher genannten Person nur davon die Rede sei, daß dem Beschwerdeführer seit mindestens sechs Monaten ein näher bezeichneter Pkw zur Nutzung überlassen worden sei. Weitere Praxisnachweise über ein allfälliges Lenken eines Kraftfahrzeuges der Gruppe B seien nicht beigebracht worden. Es sei somit nicht glaubhaft gemacht worden, daß der Beschwerdeführer auf Grund der im Ausland erteilten Lenkerberechtigung seit mindestens einem Jahr, zurückgerechnet vom Zeitpunkt der Antragstellung, ein Kraftfahrzeug der Gruppe B gelenkt habe.

Der Beschwerdeführer rügt als Verfahrensmangel, daß die belangte Behörde, die einen anderen Abweisungsgrund als die erstinstanzliche Behörde herangezogen habe, ihm nicht vorgehalten habe, daß der von ihm vorgelegte Nachweis nicht ausreiche. Er sei durch die Änderung des Abweisungsgrundes überrascht worden. Hätte ihm die belangte Behörde dazu Parteiengehör gewährt, hätte er vorgebracht, daß ihm die genannte Person seit Einlangen seines Führerscheines aus Nigeria Ende Juni 1989 regelmäßig ihr Fahrzeug zur Verfügung gestellt habe, sodaß die "einjährige Probezeit mehr als erfüllt" sei.

Richtig ist zwar, daß die belangte Behörde, die gegenüber dem erstinstanzlichen Bescheid den Versagungsgrund geändert hat, dies dem Beschwerdeführer hätte vorhalten müssen, doch vermag der Beschwerdeführer mit seinen Ausführungen aus folgenden Erwägungen nicht die Relevanz dieses Verfahrensmangels aufzuzeigen:

Gemäß § 64 Abs. 6 KFG 1967 ist Besitzern einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung auf Antrag insoweit ohne Ermittlungsverfahren eine Lenkerberechtigung mit dem gleichen Berechtigungsumfang zu erteilen, als auf Grund der Vorschriften des Staates, in dem die ausländische Lenkerberechtigung erteilt wurde, bei der Erteilung einer Lenkerberechtigung auf Grund einer österreichischen Lenkerberechtigung von der Feststellung der im Abs. 2 angeführten Voraussetzungen abzusehen ist. Diesem Antrag darf unter anderem nur dann stattgegeben werden, wenn der Antragsteller seit länger als sechs Monaten seinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich hat und glaubhaft macht, daß er auf Grund der im Ausland erteilten Lenkerberechtigung seit mindestens einem Jahr Kraftfahrzeuge der Gruppe gelenkt hat, für die die Lenkerberechtigung erteilt wurde.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muß das glaubhaft zu machende Lenken von Kraftfahrzeugen im Zeitraum eines Jahres zurückgerechnet vom Zeitpunkt der Antragstellung liegen und berechtigterweise erfolgt sein. Ein bloß gelegentliches Lenken ist nicht als ausreichend anzusehen (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 9. Oktober 1990, Zl. 90/11/0098, und vom 26. November 1991, Zl. 91/11/0088).

Gemäß § 64 Abs. 5 KFG 1967 ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges auf Grund einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung durch Personen mit dem ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet zulässig, wenn seit der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Bundesgebiet nicht mehr als ein Jahr verstrichen ist. § 79 Abs. 3 bleibt unberührt.

§ 64 Abs. 5 KFG 1967 knüpft den Beginn der Jahresfrist einzig und allein an die Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Bundesgebiet. Daher ist auch beim Erwerb einer ausländischen Lenkerberechtigung nach der Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes in Österreich gemäß § 64 Abs. 5 KFG 1967 ein Lenken von Kraftfahrzeugen in Österreich auf Grund der ausländischen Lenkerberechtigung nur im Zeitraum eines Jahres, gerechnet ab der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes, zulässig (siehe das oben zitierte Erkenntnis vom 26. November 1991).

Nach der Aktenlage (Bericht des Gendarmeriepostens Perchtoldsdorf an die erstinstanzliche Behörde vom 10. März 1990) hat der Beschwerdeführer seinen ordentlichen Wohnsitz seit Februar 1989 in Perchtoldsdorf. Zuvor war er in Wien XII wohnhaft. Aus dem Akt ist nicht ersichtlich, seit wann er dort seinen ordentlichen Wohnsitz hatte. Das bedeutet, daß der Beschwerdeführer gemäß § 64 Abs. 5 KFG 1967 jedenfalls nach dem Februar 1990 auf Grund der in Nigeria erteilten Lenkerberechtigung Kraftfahrzeuge im Bundesgebiet nicht mehr lenken durfte. Ein dennoch erfolgtes Lenken wäre mangels Erlaubtheit somit auch dann nicht zu berücksichtigen, wenn man den Standpunkt verträte, daß ein nach der Antragstellung, aber vor der Entscheidung über den Antrag erfolgtes Lenken bei der Beurteilung, ob eine ausreichende Lenkpraxis im Sinne des § 64 Abs. 6 KFG 1967 vorliegt, zu berücksichtigen wäre.

Nach den Beschwerdebehauptungen hätte der Beschwerdeführer im Falle der Gewährung des Parteiengehörs vorgebracht, daß er von Ende Juni 1989 an Kraftfahrzeuge der Gruppe B gelenkt habe. Er hätte somit ein erlaubtes Lenken nur im Ausmaß von rund acht Monaten glaubhaft machen können, sodaß seinem Antrag auch bei Gewährung des Parteiengehörs kein Erfolg beschieden gewesen wäre.

Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992110060.X00

Im RIS seit

19.03.2001

Zuletzt aktualisiert am

16.10.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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