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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ApG 1907 §10 Abs2 Z1 lita idF 1984/502;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Puck, Dr. Müller und Dr. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde 1. des Mag.pharm. G in O, 2. der G KG, ebendort, beide vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 8. Februar 1988, Zl. 562.008/7-VI/15-1987, betreffend Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in O (mitbeteiligte Partei: Mag.pharm. J in L, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in N),
Spruch
I. den Beschluß gefaßt:
Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers wird zurückgewiesen.
Der Erstbeschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
II. zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz) hat der zweitbeschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1.1. Mit Bescheid vom 9. Februar 1987 erteilte der Landeshauptmann von Burgenland dem Mitbeteiligten gemäß den §§ 9, 10 und 51 des Apothekengesetzes, RGBl. Nr. 5/1907 in der Fassung BGBl. Nr. 502/1984 (im folgenden: ApG), die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in O, mit einem im einzelnen näher umschriebenen Standort.
Die beschwerdeführenden Parteien erhoben Berufung.
1.2. Mit Bescheid vom 8. Februar 1988 wies der Bundesminister für Gesundheit und öffentlicher Dienst diese Berufung als unbegründet ab und bestätigte den Bescheid des Landeshauptmannes mit der Maßgabe eines im einzelnen angeführten eingeschränkten Standortes. In der Begründung dieses Bescheides wird die Frage nach dem Bedarf nach der neuen öffentlichen Apotheke des Mitbeteiligten wie folgt bejaht:
"Was die gemäß § 10 Abs. 2 Z. 2 ApG geforderte und vom Berufungswerber bestrittene Mindestentfernung von 500 m zwischen den Betriebsstätten der bestehenden und der beantragten Apotheke anlangt, so betrug die kürzeste gemessene Entfernung der ursprünglichen Standortgrenze laut angefochtenem Bescheid zur Betriebsstätte der 'G-Apotheke' laut zitiertem Erhebungsbericht 571 Straßenmeter. Durch die vorgenommene Standorteingrenzung erhöht sich diese Entfernung noch weiter, sodaß dieser Berufungseinwand unbeachtlich ist.
Wie aus dem zusammenfassenden Bericht und den zusätzlichen amtlichen Berichten etc. ersichtlich ist, sind alleine an Einwohnern in O einschließlich des Ortsteiles S 6285 Einwohner zu verzeichnen. Die statistischen Unterlagen vom Österreichischen Statistischen Zentralamt belegen, daß in O zusätzlich 3135 Einpendler zu verzeichnen sind, denen lediglich 675 Auspendler entgegenstehen, die aber nicht in Abzug zu bringen sind, da diese Auspendler Einwohner von O sind und Einwohner grundsätzlich als solche stets als zu versorgende Personen Berücksichtigung finden. Ungeachtet der
100 Zweitwohnbesitzer beträgt also schon die zahlenmäßig exakt ermittelbare Zahl gesamt in O an zu versorgenden Personen 9440. Hiezu sind aber im Sinne des § 10 Abs. 2 zweiter Satz ApG laut der dort angeführten Umstände, wie die Lebensverhältnisse der Bevölkerung, des Verkehrs im Standort und in der Umgebung, der vorhandenen Krankenanstalten, Heime, Schulen und Erziehungsanstalten etc. auf Grund der sonstigen vorliegenden Ermittlungsergebnisse gerade im gegenständlichen Fall im Hinblick auf die Struktur der Stadt O, ihrer Lage als regionales Zentrum und die damit verbundene Konzentration von Schulen, Behörden, Betrieben und vor allem von Ärzten und sonstigen Schwerpunkten der medizinischen Versorgung einer Vielzahl von Menschen auch aus der näheren und weiteren Entfernung, EINE MINDEST DOPPELT SO HOHE ANZAHL AN ZU VERSORGENDEN PERSONEN IN RECHNUNG ZU BRINGEN. Dies zeigt z.B. die außerordentlich hohe Anzahl von 60.000 bzw. 75.000 auswärtigen Patienten, die die medizinische Betreuung der Ärzte in O in Anspruch nehmen. 2600 Schüler in den Schulen von O, 500.000 jährliche Krankenhausbesucher, eine Vielzahl von Personen, die im Verwaltungszentrum O Behördenwege erledigen oder an Markttagen Einkäufe in O tätigen, lassen ebenso auf ein erhebliches Kundenpotential für eine medikamentöse Versorgung in O schließen. Weiters ist auf Grund der vorgelegten Straßenverkehrszählung 1980 ein ungewöhnlich hohes Verkehrsaufkommen zu verzeichnen. Wenn auch die letzteren globalen Zahlen nur einen größenordnungsmäßigen Überblick geben, so ergibt sich jedoch in der Beweiswürdigung unter Abwägung und Zusammenspiel aller dieser Umstände unzweifelhaft, daß die gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. b ApG geforderte Mindestanzahl an zu versorgenden Personen für die in Rede stehende, neu zu errichtende Apotheke in diesem medizinischen, wirtschaftlichen und kulturellen Zentrum der gesamten Region jedenfalls weit über 5500 liegt. So ist z.B. auch den Berechnungen der Österreichischen Apothekerkammer, Landesgeschäftsstelle Niederösterreich und Burgenland, in der 1. Instanz und den daraus folgenden Ausführungen des Landeshauptmannes zu folgen, daß schon die Umsatzzahlen der derzeit bestehenden Apotheke einen Kundenstrom von über 20.000 Personen widerspiegeln. Auf Grund der oben dargelegten Umstände kann realistischerweise mit einer Teilung des gesamten Kundenpotentials rund zur Hälfte gerechnet werden, sodaß die vom Gesetzgeber geforderte Mindestzahl an zu versorgenden Personen bei weitem überschritten wird.
Zum Vorbringen des Berufungswerbers in seiner abschließenden Stellungnahme, wonach 'Einfluter' nicht zu berücksichtigen seien und im Standort lediglich 2943 Einwohner vorhanden wären, weiters, daß gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. b ApG keine Berücksichtigung eines außerhalb des Ortes gelegenen Einzugsgebietes zu erfolgen hätte, daß es aber jedenfalls im Sinne dieser Gesetzesstelle auf die Lage der Betriebsstätte und die Verkehrsverbindungen ankäme und nicht auf die Tatsache, wieviele 'Einfluter' voraussichtlich O frequentieren, daß sich im gegenständlichen Fall die Arztordination, Endhaltestellen der öffentlichen Verkehrsmittel und die sonstigen 'Einflutererreger' nächst der Betriebsstätte der bestehenden Apotheke befänden und daher gesamt gesehen kein Bedarf an einer neuen Apotheke in diesem Stadtteil gegeben wäre, für den eine wesentliche Erleichterung der Arzneimittelversorgung eintrete, ist im wesentlichen festzustellen:
O stellt unbestrittenermaßen und unwiderleglich ein Ballungszentrum an diversen Einrichtungen, wie dem Krankenhaus, den Ambulatorien, Ärzten, Behörden, Schulen, Märkten etc. dar und bildet daher einen territorialen Anknüpfungspunkt für Menschen, die im Einzugsgebiet außerhalb von O wohnen und daher zuzüglich zur Einwohnerzahl von O als 'zu versorgende Personen' anzusehen sind. Der vom Berufungswerber vertretenen Rechtsansicht, daß gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. b ApG kein Einzugsgebiet für zu versorgende Personen anzusetzen ist, kann nicht gefolgt werden. Es kommt nicht alleine darauf an, wieviele Personen im 'Standort' wohnhaft seien (im nun eingeschränkten Standort sind dies z.B. weniger Personen als im ursprünglich beantragten Standort), sondern ist nach dem Gesetzeswortlaut des § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. b ApG darauf abzustellen, wie groß die ZAHL DER VON DER NEUEN APOTHEKE ZU VERSORGENDEN PERSONEN ist, wobei dies selbstverständlich den Standort und das Einzugsgebiet (nebst anderer Faktoren) umfaßt. Die künftige Betriebsstätte der beantragten Apotheke liegt wohl über 1000 m vom eigentlichen Hauptplatz von O entfernt, wird jedoch in einem dicht verbauten Gebiet angesiedelt und liegt für diesen Stadtbereich für O so zentral, daß sehr wohl für diese dort wohnhafte Bevölkerung eine Wegersparnis eintritt. Wie üblicherweise Endhaltestellen von Verkehrslinien im Zentrum bzw. an der Peripherie von Städten errichtet werden, so ist dies auch in O der Fall. Jedoch befinden sich, wie bereits im erstinstanzlichen Verfahren in einem Schriftsatz des Konzessionswerbers vom 23.5.1986 detailliert aufgezeigt wurde, auch in der unmittelbaren Nähe und etwas weiter Haltestellen von öffentlichen oder privaten Linien sowohl für den Fernverkehr als auch für den Ortsverkehr (z.B. auch direkt vor der in Aussicht genommenen künftigen Betriebsstätte), sodaß die Erreichbarkeit der beantragten Apotheke gewährleistet ist. Auch von den Hauptverkehrsdurchzugsstraßen, wie z.B. der A-Straße und der B-Straße her gesehen, ist die in Aussicht genommene Betriebsstätte sehr günstig zu frequentieren (siehe Stadtplan).
Zusammenfassend und abschließend ist daher festzustellen, daß für die beantragte Apotheke die Bedarfskriterien erfüllt sind."
1.3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Nach der Begründung der Beschwerde sei es richtig, daß in O einschließlich des Ortsteiles S 6285 Einwohner zu verzeichnen seien. Nicht verständlich sei, daß noch die Einpendler von 3135 Personen hinzugerechnet würden. Nach § 10 Abs. 2 ApG sei nur die Zahl der von der künftigen Betriebsstätte aus zu versorgenden Personen maßgebend. Diesbezüglich enthalte der angefochtene Bescheid überhaupt keine Feststellungen. Innerhalb des in Aussicht genommenen Standortes, der sich nicht einmal mit dem tatsächlichen Versorgungsbereich decke, seien lediglich 1500 Personen zu versorgen. Pendler im ländlichen Raum seien jedoch meist nur Tagespendler.
Die auswärtigen Besucher der Stadt O würden, wenn sie überhaupt Medikamente besorgten, die von ihrer Ankunftsstelle in O aus am nächsten gelegene Apotheke aufsuchen. Diesbezüglich treffe der angefochtene Bescheid keinerlei Feststellungen. Der Hauptverkehrsknotenpunkt für alle Autobuslinien mit Abfahrts- und Ankunftsstellen sowie für den Durchzugsverkehr befinde sich am Hauptplatz von O. Unmittelbar gegenüber befinde sich die Apotheke der Beschwerdeführer; die vom Mitbeteiligten in Aussicht genommene Betriebsstätte liege viel weiter entfernt, nämlich ungefähr 1 km vom Hauptplatz von O. Gleiches gelte auch für alle Personen, welche am Bahnhof ankämen. Der Bahnhof liege von der Apotheke der Beschwerdeführer ungefähr einen halben Straßenkilometer und von der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der Apotheke des Mitbeteiligten ungefähr einen Straßenkilometer, also doppelt so weit, entfernt. Der Sitz aller Behörden und Ärzte befinde sich ausschließlich im Stadtzentrum von O und daher viel näher zur Apotheke der beschwerdeführenden Parteien. Für die von auswärts kommenden Personen bestehe somit an der in Aussicht genommenen Betriebsstätte kein Bedarf.
1.4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie der Mitbeteiligte eine Gegenschrift.
2.0. Hinsichtlich des Punktes 2.1. stützt sich die Zuständigkeit des erkennenden Fünfersenates auf § 12 Abs. 3 VwGG. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Als "Inhaber" im Sinne des § 48 Abs. 2 ApG ist im Falle des Betriebes einer öffentlichen Apotheke durch eine OHG oder KG diese Gesellschaft (vertreten durch den Konzessionär als vertretungsbefugten Gesellschafter) zu verstehen und nicht ein Gesellschafter, der Konzessionär oder der Leiter der Apotheke im eigenen Namen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 1991, Zl. 90/10/0020-0024, 0030 = ZfVB 1991/4/1335). Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers war somit mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG durch Beschluß zurückzuweisen.
2.2. § 10 Abs. 2 ApG (in der Fassung vor der Apothekengesetznovelle 1990) lautet auszugsweise:
"Bei der Prüfung des Bedarfes sind insbesondere die Anzahl der zu versorgenden Personen unter Berücksichtigung der ständigen Einwohner und die Entfernung zur nächstgelegenen Apotheke zu berücksichtigen. Ferner sind die Lebensverhältnisse der Bevölkerung sowie der Verkehr im Standort und in der Umgebung, die vorhandenen Krankenanstalten, Heime, Schulen und Erziehungsanstalten, größere gewerbliche und industrielle Betriebe, der Umfang des Geschäftsbetriebes der im Standort und in der Umgebung bestehenden öffentlichen Apotheken sowie deren Turnusdienst in Betracht zu ziehen. Ein Bedarf ist jedenfalls nicht anzunehmen, wenn
1. a) ... oder
b) in Orten, in denen eine oder mehrere öffentliche Apotheken bestehen, die Zahl der von der neuen Apotheke zu versorgenden Personen weniger als 5.500 beträgt und
2. die Entfernung zwischen der künftigen Betriebsstätte der Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen Apotheke weniger als 500 m beträgt. ..."
2.3. Was zunächst die Mindestentfernung der in Aussicht genommenen Betriebsstätte des Mitbeteiligten von der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke der zweitbeschwerdeführenden Partei, die von der belangten Behörde mit über 500 m festgestellt wurde, anlangt, kann - durchaus in Übereinstimmung mit dem Stadtplan von O - von der Behauptung der zweitbeschwerdeführenden Partei ausgegangen werden, die Entfernung von der künftigen Betriebsstätte des Mitbeteiligten in der B-Straße bis zum Hauptplatz von O betrage ungefähr 1 km. Die in der anderen Richtung vom Hauptplatz liegende Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke der zweitmitbeteiligten Partei ist daher von der künftigen Betriebsstätte der neuen Apotheke noch weiter entfernt, jedenfalls bedeutend weiter als die in § 10 Abs. 2 Z. 2 ApG geforderten 500 m. Damit stimmen die entsprechenden Entfernungsmessungen des Baubezirksamtes O (Seite 7 des angefochtenen Bescheides) zwischen den Betriebsstätten, gemessen über den Hauptplatz mit 1295 m und über die F-Gasse mit 1216 m, überein. Auf die Entfernung der Standortgrenze der neuen öffentlichen Apotheke zur Betriebsstätte der bestehenden Apotheke der zweitbeschwerdeführenden Partei kommt es nach der Gesetzeslage überhaupt nicht an, sodaß die diesbezügliche Verfahrensrüge jedenfalls ins Leere geht.
2.4.1. Bei der Prüfung des Bedarfes im Sinne des § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. b ApG kommt es nicht auf die innerhalb der beantragten Standortgrenzen wohnhafte Bevölkerung an, sondern darauf, ob die Zahl der von der neuen öffentlichen Apotheke künftig zu versorgenden Personen mindestens 5.500 beträgt. Das voraussichtliche Versorgungspotential ist durch die gewählten Standortgrenzen nicht beschränkt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. April 1992, Zl. 87/08/0002).
Zu den zu versorgenden Personen zählen zunächst die ständigen Einwohner des Ortes (hier: der Stadt O), die sich voraussichtlich der neuen öffentlichen Apotheke als zukünftige Kunden zuwenden und sich nicht weiterhin durch die bestehende öffentliche Apotheke versorgen werden. Diese nach dem prognostizierbaren Kundenverhalten zu bestimmende geographische Linie, die die künftigen tatsächlichen Einzugsgebiete der öffentlichen Apotheken trennen wird, muß sich mit den Standortgrenzen nicht decken.
Dazu muß aber auch noch auf andere potentielle, außerhalb des Ortes im Sinne des § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. b ApG ständig wohnende Apothekenkunden Bedacht genommen werden; wegen der territorialen Beschränkung nach § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. b ApG sind dies aber nicht alle, sondern nur solche, die durch bestimmte, im § 10 Abs. 2 zweiter Satz ApG beispielsweise genannte Umstände und Einrichtungen veranlaßt werden, in den Ort im Sinne des § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. b leg. cit. einzufluten, und die anläßlich dieses Einflutens voraussichtlich ihren Heilmittelbedarf in der neuen Apotheke decken werden (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 28. April 1992 unter Bezugnahme auf das zu § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. a ApG ergangene hg. Erkenntnis vom 25. Mai 1990, Zl. 88/08/0257 = ZfVB 1990/5/2058).
Es ist daher - auch im Anwendungsbereich des § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. b ApG (somit nicht anders als nach § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. a ApG) - einer konkreten Betriebsstätte ein konkretes Kundenpotential zuzuordnen, das mindestens 5500 Personen zu umfassen hat, um einen Bedarf nach der beantragten weiteren Heilmittelabgabestelle bejahen zu können.
2.4.2. Mit diesen Grundsätzen steht die Ermittlungsmethode der belangten Behörde in Widerspruch. Die belangte Behörde bildet nämlich eine Gesamtzahl der ständigen Einwohner von O, eine Gesamtsumme der Ein- und Auspendler und eine ziffernmäßig nicht bestimmte weitere "mindest doppelt so hohe Anzahl an zu versorgenden Personen" aus der "näheren und weiteren Entfernung". Sodann vermeint sie, es könne "realistischerweise mit einer Teilung des gesamten Kundenpotentials rund zur Hälfte gerechnet werden, sodaß die vom Gesetzgeber geforderte Mindestzahl an zu versorgenden Personen bei weitem überschritten" werde.
Das Apothekengesetz ermächtigt die belangte Behörde nicht zu einer solchen "Divisionsmethode". Es stellt vielmehr auf die konkret zu versorgenden Personen ab, deren voraussichtliche Zahl festzustellen ist. Wegen dieser inhaltlich verfehlten Auffassung über den Gesetzesinhalt, ist die zweitbeschwerdeführende Partei mit ihrer Verfahrensrüge - es handelt sich dabei um einen sogenannten sekundären Verfahrensmangel - im Recht, wenn sie darauf hinweist, daß keineswegs realistischerweise davon ausgegangen hätte werden dürfen, daß sich die ständigen Einwohner, die Einpendler und das übrige nach O einflutende Publikum gleichmäßig auf die beiden öffentlichen Apotheken verteilen werden, da die von ihr betriebene bestehende öffentliche Apotheke die günstigere Lage besitze und die in Aussicht genommene Apotheke das Mindestpotential von 5500 zu versorgenden Personen nicht erreichen werde.
2.5. Aus diesen Erwägungen folgt, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet hat.
Der angefochtene Bescheid war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
2.6. Im fortgesetzten Verfahren wird sich die belangte Behörde auch mit dem Einwand der zweitbeschwerdeführenden Partei auseinanderzusetzen haben, daß es sich im Falle der Einpendler aus dem ländlichen Raum aus der Umgebung von O im wesentlichen um Tagespendler handle. Der Verwaltungsgerichtshof verweist auf sein Erkenntnis vom 24. März 1992, Zl. 87/08/0089.
Darüber hinaus wird unter Angabe der Ermittlungsgrundlagen zu prognostizieren sein, wieviele Personen aus der Umgebung aus den im § 10 Abs. 2 zweiter Satz ApG genannten Gründen in den Ort einfluten und dort unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse von der neuen öffentlichen Apotheke zu versorgen sein werden. Eine allgemein gehaltene Abschätzung, es werde für O als solches und nicht im besonderen in bezug auf die neue öffentliche Apotheke eine "mindestens doppelt so hohe Anzahl" (die belangte Behörde bezieht sich dabei auf die ständigen Einwohner und die Einpendler) "an zu versorgenden Personen in Rechnung zu bringen" sein, reicht im Hinblick auf die vom Gesetz im § 10 Abs. 1 Z. 1 lit. b geforderte ziffernmäßige Prognose der von der neuen Apotheke zu versorgenden Personen nicht aus.
2.7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 sowie 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1, 4 und 5 sowie Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991. Auf den hg. Beschluß eines verstärkten Senates vom 18. September 1967, Slg. NF Nr. 7175/A, wird Bezug genommen. Das Mehrbegehren der zweitbeschwerdeführenden Partei betreffend Stempelgebührenersatz für nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderliche Beilagen war abzuweisen.
2.8. Es wird darauf hingewiesen, daß die Beendigung des Beschwerdeverfahrens, für dessen Dauer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wird, einen Abspruch über diesen Antrag entbehrlich macht (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom 6. September 1978, Zlen. 1902, 1903/78 = ZfVB 1979/2/513).
2.9. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Schlagworte
Begriff der aufschiebenden Wirkung Entscheidung über den AnspruchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1988080105.X00Im RIS seit
25.04.2001