TE Vwgh Erkenntnis 1992/6/16 91/05/0234

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Veröffentlicht am 16.06.1992
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO OÖ 1976 §60;
BauO OÖ 1976 §61;
BauO OÖ 1976 §62;
BauRallg impl;
BauRallg;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der VwGH hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofrat DDr. Hauer und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde des HH in Linz, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Bescheid der OÖ Lreg vom 5.3.1991, Zl. BauR-010573/1-1991 Ki/Pe, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einem baupolizeilichen Abtragungsverfahren (mP MK in Linz, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in E,

2. Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Mieter eines Geschäftslokales im Hause X-Straße nn in Linz, welches MK gehörte. Mit Bescheiden des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 27. Juli 1989 und 12. Dezember 1989 wurden der früheren Eigentümerin im einzelnen beschriebene Sicherungs- und Instandsetzungsmaßnahmen aufgetragen. Mit Bescheid derselben Behörde vom 17. September 1990 wurde der früheren Eigentümerin die Abtragung der baulichen Anlage bis 30. Oktober 1990 aufgetragen. Die gegen den Abbruchsbescheid erhobene Berufung des Beschwerdeführers wies der Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz mit Bescheid vom 22. November 1990 mangels Parteistellung des Berufungswerbers zurück; der dagegen erhobenen Vorstellung gab die Oberösterreichische Landesregierung mit Bescheid vom 5. März 1991 mit der Feststellung keine Folge, daß der Beschwerdeführer durch den im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt worden sei. Zur Begründung führte die Gemeindeaufsichtsbehörde übereinstimmend mit der Baubehörde zweiter Instanz im wesentlichen aus, daß nach der O.Ö. Bauordnung den Bestandnehmern im baubehördlichen Verfahren keine Parteistellung zukomme.

Dagegen richtet sich die ursprünglich an den Verfassungsgerichtshof gerichtete, gemäß Artikel 144 Abs. 3 B-VG abgetretene und ergänzte Beschwerde, über welche der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 zweiter Fall VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die Frage der Parteistellung des Bestandnehmers im baubehördlichen Verfahren hat der Verwaltungsgerichtshof in dem in der Beschwerde selbst zitierten Erkenntnis vom 16. Oktober 1990, Zl. 90/05/0060 und 90/05/0093, gerade für den Bereich der O.Ö. Bauordnung umfassend erörtert, sodaß auf die dort zitierten Belegstellen aus Lehre und Rechtsprechung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden kann. Hervorgehoben sei beispielsweise das Erkenntnis vom 27. Mai 1986, Zl. 86/05/0061, BauSlg. Nr. 693, in welchem neuerlich ausgesprochen wurde, daß im Verfahren über Aufträge an den Hauseigentümer dem Mieter keine Parteistellung zukomme.

Der Beschwerdeführer zeigt richtig auf, daß die Frage, wem Parteistellung zukommt, nicht durch § 8 AVG allein, sondern nur im Zusammenhang mit den jeweiligen Materiengesetzen gelöst werden kann. Das oben genannte Erkenntnis ist auf die entsprechenden Bestimmungen der O.Ö. Bauordnung eingegangen und hat sich auch mit der demonstrativen Aufzählung im § 47 auseinandergesetzt. Die Beschwerdeausführungen, eine Ablehnung der Parteistellung sei der O.Ö. Bauordnung nicht zu entnehmen, laufen darauf hinaus, daß JEDERMANN als Partei zu betrachten sei, solange er nicht positiv-rechtlich ausgeschlossen ist.

Auseinandergesetzt hat sich der Verwaltungsgerichtshof im eingangs genannten Erkenntnis auch mit dem Erkenntnis vom 26. Februar 1952, Zl. 1370/2352/50; neuerlich sei darauf verwiesen, daß § 19 Abs. 2 Z. 4a des Mietengesetzes längst nicht mehr dem Rechtsbestand angehört und auch die dort gegebene Rechtslage mit den hier maßgeblichen Bestimmungen der O.Ö Bauordnung nicht zu vergleichen ist.

Der Beschwerdeführer betont mehrfach ein "Eigentumsrecht" des Bestandnehmers; hier geht es aber um das Eigentum an der Sache. Gegenstand des Verwaltungsverfahrens ist nicht das Mietrecht, sondern das Haus, an welchem der Beschwerdeführer keine absoluten, also gegen jedermann durchsetzbaren Ansprüche geltend machen kann. Durch den Abbruchbescheid wird bloß die subjektive Rechtssphäre des Hauseigentümers UNMITTELBAR verändert, nicht aber die Rechtssphäre von Personen, die mit dem Hauseigentümer in einem Dauerschuldverhältnis stehen (Bestandnehmer, aber auch öffentliche Versorgungsunternehmungen, Rauchfangkehrer, Hausbesorger etc.).

Durchaus richtig verweist der Beschwerdeführer darauf, daß baupolizeiliche Vorschriften dem Schutz der Benützer dienen. Allein daraus kann der Benützer - das ist nicht nur der Bestandnehmer, sondern auch der Dienstnehmer und der Kunde des Geschäftsraummieters - noch keine Parteistellung ableiten.

Aus der Ausführung im zitierten Erkenntnis vom 16. Oktober 1990, aus der AbbruchsBEWILLIGUNG erwachse dem Bauwerber nur ein Recht, wovon er Gebrauch machen könne oder nicht, versucht der Beschwerdeführer den Umkehrschluß zu ziehen, daß bei einem AbbruchsAUFTRAG unmittelbar in die Rechtssphäre des Mieters eingegriffen werde. Dem ist die dort zitierte Rechtsprechung entgegenzuhalten, wonach auch bei baubehördlichen Räumungs- und Abtragungsaufträgen die Parteistellung des Bestandnehmers verneint wird. Darüber hinaus gewährt auch die O.Ö. Bauordnung nicht einmal den NACHBARN Parteistellung in baupolizeilichen Auftragsverfahren (Hauer, Der Nachbar im Baurecht2, 147 ff).

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Angesichts der Entscheidung in der Sache selbst war eine gesonderte Entscheidung über den mit der ursprünglichen Beschwerde auch an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entbehrlich.

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht VwRallg6/1Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar Diverses BauRallg5/2Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONBaurecht Baubefehl Polizeibefehl baupolizeilicher AuftragBaupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Allgemein BauRallg9/1Baurecht Mieter Bestandnehmer GewerbebetriebMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete BaurechtBaupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Baugebrechen Instandhaltungspflicht Instandsetzungspflicht BauRallg9/3Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991050234.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

19.10.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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