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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §115 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Dr. W in W, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat V) vom 8. Mai 1991, Zl. 6/3-3178/90-09, betreffend Einkommensteuer 1988 und Einkommensteuervorauszahlungen 1990, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein freiberuflicher Sozialwissenschaftler, der seine Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach § 4 Abs. 3 EStG 1972 ermittelt, führte in einer der Einkommensteuererklärung für 1988 beigelegten Einnahmen-Ausgabenrechnung unter anderem Einnahmen in Höhe von S 352.900,-- an, welche er als steuerfrei gemäß § 3 Z. 5 EStG 1972 bezeichnete. Das Finanzamt ersuchte den Beschwerdeführer unter Hinweis darauf, daß auf Grund der Höhe der Ausgaben (rund S 64.000,--) davon ausgegangen werden müsse, mit den zugeflossenen Honoraren wäre nicht nur der mit der wissenschaftlichen Tätigkeit verbundene Aufwand abgedeckt worden, sondern auch eine Quote für Arbeit und Mühe, um Vorlage der Verträge, die den Zufluß der steuerfreien Beträge bewirkt hätten. In seiner Vorhaltsbeantwortung verwies der Beschwerdeführer lediglich auf "zwei Entscheidungen der zweiten Instanz in völlig gleichgelagerten Fällen", welche unter Angabe der Geschäftszahlen näher definiert wurden. Bei Veranlagung des Beschwerdeführers zur Einkommensteuer für 1988 wurde die begehrte Steuerfreiheit im wesentlichen mit der Begründung nicht anerkannt, daß für öffentliche Mittel, die auch Entlohnungscharakter hätten, die Steuerbefreiung gemäß § 3 Z. 5 EStG 1972 nicht angewendet werden könne. Mit einem weiteren Bescheid wurden entsprechende Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 1990 und die Folgejahre festgesetzt.
In einer gegen den Einkommensteuerbescheid gerichteten Berufung wurde vorgebracht, daß es sich bei den Zuschüssen nach Ansicht des Beschwerdeführers sehr wohl um Zuschüsse gemäß § 3 Z. 5 EStG 1972 handle. Aus einer der beiden bereits in der Vorhaltsbeantwortung zitierten Berufungsentscheidungen gehe klar hervor, daß nur zu prüfen sei, ob eine unmittelbare Förderung der Wissenschaft bewirkt worden sei. Hinsichtlich der Zwischenschaltung von Treuhändern werde ebenfalls auf die Berufungsentscheidung verwiesen, welche die Einschaltung eines Treuhänders als nicht schädlich betrachte. Die Berufung enthält überdies eine Darstellung, von welchen öffentlichen Stellen (Bundesministerien, Land Niederösterreich und Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung) für welche Projekte ("Fanprojekt in Wien", "zweiter Bildungsweg", "Fußballkultur und Fußballkonsum" und "Kulturentwicklungsplan St. Pölten") die als Zuschüsse bezeichneten Beträge geleistet wurden. Bezughabenden, der Berufung angeschlossenen Unterlagen ist zu entnehmen, daß für die einzelnen Forschungsprojekte bestimmte, die strittigen Beträge jedoch weit übersteigende Beträge geleistet wurden. In einer gegen den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 1990 gerichteten Berufung wurde begründend auf die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 1988 verwiesen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurden die Berufungen abgewiesen. Dabei ging die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer an den in der Berufung bezeichneten Forschungsprojekten beteiligt ist, die zugeflossenen Mittel jedoch (auch) einen Entlohnungscharakter aufweisen, weil aus den Vertragstexten hervorgehe, daß regelmäßig Entgeltteile auch für Mühe und Arbeit im Gesamtentgelt enthalten sind und dies auch in der Überschußrechnung des Beschwerdeführers Ausdruck und Bestätigung finde, weil den Einnahmen aus der Mitarbeit an den wissenschaftlichen Projekten in Höhe von S 352.900,-- Gesamtaufwendungen im Ausmaß von S 63.765,33 gegenüberstünden. Die belangte Behörde vertrat daher unter Hinweis auf bezughabende Literatur die Ansicht, daß eine unmittelbare Förderung der Wissenschaft und Forschung nicht vorliege, weshalb die beantragte Steuerfreiheit nicht gewährt werden könne. Den in der Berufung zitierten Entscheidungen eines Berufungssenates, welche die gegenständliche Rechtsfrage anders beurteilt hätten, komme eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung nicht zu.
Durch diesen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer in dem durch § 3 Z. 5 lit. b EStG 1972 gewährleisteten Recht auf Einkommensteuerbefreiung sowie in dem durch § 93 Abs. 3 lit. a BAO gewährleisteten Recht auf Bescheidbegründung verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Der Beschwerdeführer hat auf die Gegenschrift repliziert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die im angefochtenen Bescheid vertretene und auf Hofstätter-Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar Tz 6.8 erster Absatz zu § 3 EStG 1972 gestützte Ansicht, daß eine unmittelbare Förderung nur dann vorliegt, wenn die Mittel zugewendet werden, um die sachlichen Voraussetzungen für eine wissenschaftliche Tätigkeit bzw. Forschungstätigkeit zu schaffen, worunter etwa die Beschaffung der erforderlichen Geräte, Materialien und Bücher, Bezahlung von Hilfskräften und der Miete für die erforderlichen Räume und ähnlichem fallen. Dies mit der Begründung, daß die belangte Behörde sich mit dem zweiten Absatz der zitierten Literaturstelle nicht auseinandergesetzt habe, wonach - entsprechend dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Oktober 1962, 284/61, Slg. 2715/F - zur unmittelbaren Förderung der Kunst noch die Bereitstellung vieler anderer Dinge unentbehrlich sei. Ebenso verhalte es sich im Bereich der Wissenschaft. Die Bezüge bzw. Beihilfen hätten nur "die Voraussetzungen, die zum genialen Wirken notwendig sind", zu schaffen. Obwohl diese Voraussetzungen nach dem zitierten Erkenntnis nur anhand des jeweiligen konkreten Falles zu bestimmen seien, hätte die belangte Behörde keinerlei Ermittlungen in diese Richtung geführt.
Dabei übersieht der Beschwerdeführer einerseits, daß der Verwaltungsgerichtshof in dem zitierten Erkenntnis, in welchem überdies über eine einem Künstler zugewendete Ehrengabe von S 2.000,-- monatlich abgesprochen worden war, auch ausgeführt hat, es sei aus den dort angeführten näheren, in der Beschwerde nur teilweise zitierten Gründen nicht richtig, zu unterstellen, daß der Gedanke der Entlohnung für die Tätigkeit im Vordergrund stehe, da es hiefür an der unmittelbaren Beziehung von Leistung und Gegenleistung mangelt. Im gegenständlichen Fall ist die belangte Behörde nach den vorgelegten Unterlagen zu Recht davon ausgegangen, daß eine unmittelbare Beziehung von Leistung und Gegenleistung im Sinne einer im Vordergrund stehenden Entlohnung besteht, weil in den Aufträgen ausdrücklich Honorare für entstehende Mühe und Arbeit inklusive der hiebei entstehenden Kosten vereinbart wurde, wobei die Kosten nach der vom Beschwerdeführer vorgelegten Einnahmen-Ausgabenrechnung als von untergeordneter Bedeutung anzusehen sind.
Darüberhinaus übersieht der Beschwerdeführer aber auch, daß nach herrschender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in einem ausschließlich auf Erwirkung abgabenrechtlicher Begünstigungen gerichteten Verfahren der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung insofern in den Hintergrund tritt, als der eine Begünstigung in Anspruch nehmende Abgabepflichtige selbst einwandfrei und unter Ausschluß jeden Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun hat, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. April 1971, 1814/69, Slg. 4215/F, oder vom 22. Jänner 1992, 91/13/0066).
Dieser Verpflichtung ist der Beschwerdeführer jedoch in keiner Weise nachgekommen. Der Beschwerdeführer hat sich vielmehr im gesamten Verwaltungsverfahren darauf beschränkt, zur Begründung seiner Ansicht, daß es sich bei den strittigen Beträgen um steuerfreie Bezüge oder Beihilfen im Sinne des § 3 Z. 5 lit. b EStG 1972 handelt, neben der Vorlage bestimmter Unterlagen auch hinsichtlich des gegenständlich vorliegenden Sachverhaltes auf zwei Berufungsentscheidungen der belangten Behörde zu verweisen. Auch die Beschwerde selbst enthält keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß durch die dem Beschwerdeführer unbestritten zugeflossenen, hinsichtlich ihrer Qualifikation strittigen Beträge Wissenschaft oder Forschung unmittelbar gefördert würden. Das Vorbringen in der Beschwerde, die Förderung werde zwar aus Anlaß "des konkreten Projektes gewährt", ziele aber über die Projektdauer hinaus auf die Erhaltung der Arbeits- und Forschungsfähigkeit der Wissenschaftler, bleibt eine bloße Behauptung. Daran ändern auch die Erwägungen des Beschwerdeführers nichts, aus welchen rechtspolitischen Gründen die betreffende Befreiungsbestimmung vom Gesetzgeber normiert wurde.
Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie lediglich auf Grund der vorgelegten Unterlagen einen Sachverhalt als erwiesen angenommen hat, bei dessen Beurteilung sie zum Ergebnis gelangt ist, daß die beantragte Steuerbefreiung nicht zusteht, wobei sie diese Ansicht auch in nachvollziehbarer Weise begründet hat.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991130153.X00Im RIS seit
17.06.1992