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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §4 Abs1 litc;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Bernard und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des J in B, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 22. Jänner 1992, Zl. I/7-St-St-905/1, betreffend Übertretungen der StVO 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem als Ersatzbescheid für den durch das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 1991, Zl. 90/18/0207, teilweise aufgehobenen Bescheid vom 28. Juni 1990 im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde das diesem zugrundeliegende erstbehördliche Straferkenntnis in Stattgebung der Berufung des Beschwerdeführers in seinem Punkt 2 behoben und das Strafverfahren in diesem Umfang (Übertretung nach § 99 Abs. 2 lit. a in Verbindung mit § 4 Abs. 1 lit. b StVO 1960) gemäß § 45 Abs. 1 lit. a VStG eingestellt. Hingegen wurde der Berufung gegen den Punkt 3 des erstbehördlichen Straferkenntnisses keine Folge gegeben und das erstbehördliche Straferkenntnis in diesem Umfang mit der Maßgabe bestätigt, daß die Tatbeschreibung wie folgt zu lauten habe:
"Sie haben am 10. Juni 1989 um 1.25 Uhr 3. nach dem Verkehrsunfall, mit dem Ihr Verhalten am Unfallsort in einem ursächlichen Zusammenhang stand, an der Feststellung des Sachverhaltes dadurch nicht mitgewirkt, daß sie die Unfallstelle verlassen haben, sodaß die Besatzung der Funkstreife nicht ehestmöglich die erforderlichen Feststellungen, insbesondere über ihren körperlichen und geistigen Zustand sowie den allfälligen Alkoholisierungsgrad treffen konnte". Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 2 lit. a in Verbindung mit § 4 Abs. 1 lit. c StVO 1960 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 27. Jänner 1992 zugestellt. Da das im ersten Rechtsgang ergangene, bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Jänner 1991 der belangten Behörde am 4. Februar 1991 zugestellt wurde, erweist sich zunächst das Beschwerdevorbringen, der angefochtene Bescheid sei nicht innerhalb der Jahresfrist des § 51 Abs. 5 VStG ergangen, als unzutreffend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat den im ersten Rechtsgang ergangenen Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 28. Juni 1990 in seinem Punkt 2, mit welchem dem Beschwerdeführer zur Last gelegt wurde, er habe es im Anschluß an den Verkehrsunfall unterlassen, für die Entfernung des als Folge des Unfalles über der Fahrbahn liegenden Telefonmastes zu sorgen, mit der Begründung aufgehoben, es seien keine Feststellungen darüber getroffen worden, ob dem Beschwerdeführer in Anbetracht des Gewichtes dieses Mastes und in Anbetracht seiner Körperkräfte unter Bedachtnahme auf den vorhergegangenen Verkehrsunfall in der Lage gewesen wäre, den abgebrochenen Teil des Telefonmastes von der Fahrbahn wegzuräumen und damit seiner Verpflichtung nach § 4 Abs. 1 lit. b StVO 1960 zu entsprechen. Den Punkt 3 des im ersten Rechtsgang ergangenen Berufungsbescheides hob der Verwaltungsgerichtshof auf, weil die belangte Behörde in rechtswidriger Weise dem Beschwerdeführer zur Last legte, er habe keine Angaben über den Unfallshergang gemacht, obwohl § 4 Abs. 1 lit. c StVO 1960 keine Verpflichtung zur Aussage oder gar zu einem Geständnis umfasse.
Im nunmehr angefochtenen Bescheid gelangte die belangte Behörde zur Einstellung des Strafverfahrens im Punkt 2 des erstbehördlichen Straferkenntnisses deshalb, weil es die ihr verbleibende Zeit nicht mehr möglich gemacht habe, ein medizinisches Gutachten über die körperliche Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers zur Tatzeit einzuholen, weshalb nach dem Grundsatz in dubio pro reo zu entscheiden gewesen sei.
Der Beschwerdeführer, der sich im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens mit einer als Folge des Verkehrsunfalles eingetretenen, die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Bewußtseinstrübung verantwortet hatte, verkennt die Tragweite der zum einstellenden Teil des angefochtenen Bescheides gegebenen Begründung, wenn er meint, die belangte Behörde sei in diesem Punkt seiner Verantwortung (Unzurechnungsfähigkeit) gefolgt, sodaß es unlogisch sei, ihm für die gleichzeitig gesetzte Tathandlung nach Punkt 3 des erstbehördlichen Straferkenntnisses eine solche Unzurechnungsfähigkeit nicht zuzubilligen. Die Begründung des angefochtenen Bescheides läßt vielmehr mit jeden Zweifel ausschließender Eindeutigkeit erkennen, daß die Einstellung des Strafverfahrens im Punkt 2 des erstbehördlichen Straferkenntnisses nicht deshalb erfolgte, weil dem Beschwerdeführer im Zweifel Unzurechnungsfähigkeit zugebilligt wurde, sondern weil im Zweifel davon ausgegangen wurde, er sei nicht im Besitz solcher körperlicher Kräfte gewesen, die erforderlich gewesen wären, den auf der Fahrbahn liegenden Teil des Telefonmastes zu entfernen. Die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei in diesem Zeitpunkt aber nicht in einer seine Zurechnungsfähigkeit ausschießenden körperlichen oder geistigen Verfassung gewesen, steht damit in keinem Widerspruch. Diese von der belangten Behörde bereits in ihrem im ersten Rechtsgang ergangenen Berufungsbescheid zum Ausdruck gebrachte Annahme wurde vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 18. Jänner 1991 als frei von Rechtsirrtum erkannt. Der Beschwerdeführer erstattete im Zuge des ergänzenden Verwaltungsstrafverfahrens kein neues Sachverhaltsvorbringen, sodaß es keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides bildet, wenn die belangte Behörde auch dem angefochtenen Bescheid diese Annahme zugrunde legte.
Da sich die Beschwerde somit zur Gänze als nicht berechtigt erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindgung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992020120.X00Im RIS seit
12.06.2001