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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art140 Abs1 / PräjudizialitätLeitsatz
Anträge auf Aufhebung eines Teiles einer Gesetzesbestimmung die insgesamt eine nicht trennbare Einheit bildet; Zurückweisung wegen UnzulässigkeitSpruch
Die Anträge werden zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
Beim Verwaltungsgerichtshof sind (zu den Zln. 88/17/0033 und 88/17/0138) Verfahren über Beschwerden anhängig, die sich gegen je einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung richten; Gegenstand des Bescheides ist jeweils die Bestrafung des Beschwerdeführers (der Beschwerdeführerin) wegen einer fahrlässigen Verkürzung der Anzeigenabgabe mit einer Geldstrafe (von 100.000 S bzw. 190.000 S) sowie einer Ersatzfreiheitsstrafe. Aus Anlaß dieser Beschwerdesachen stellt der Verwaltungsgerichtshof (unter A11/89 und A12/89) mit näherer Begründung (und zwar unter Bezugnahme auf den vom Verfassungsgerichtshof im Beschwerdefall B744/87 am 2. Dezember 1988 gefaßten Beschluß, §35 des Vergnügungssteuergesetzes für Wien 1963, LGBl. 11, idF der Novellen LGBl. 37/1976 und 16/1988 auf seine Verfassungsmäßigkeit zu prüfen) die Anträge, §9 Abs1 des Wiener Anzeigenabgabegesetzes 1983, LGBl. 22, idF der Novelle LGBl. 29/1984 als verfassungswidrig aufzuheben.
II. Mit dem (nach Einbringung dieser Anträge des Verwaltungsgerichtshofes gefällten) Erkenntnis G6/89 (und weitere Zahlen) vom 27. September 1989 stellte der Verfassungsgerichtshof fest, daß §35 des Vergnügungssteuergesetzes für Wien 1963 (in der erwähnten Fassung) verfassungswidrig war. Anlaß für die Durchführung dieses Gesetzesprüfungsverfahrens boten beim Verfassungsgerichtshof und beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Beschwerdesachen, in denen der jeweilige Beschwerdeführer wegen einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verkürzung der Vergnügungssteuer in Handhabung des §35 Abs1 des Vergnügungssteuergesetzes für Wien 1963 bestraft worden war. Dieser Paragraph des Vergnügungssteuergesetzes für Wien 1963 sowie §9 des Anzeigenabgabegesetzes 1983 haben - zum Vergleich gegenübergestellt - folgenden Wortlaut:
§35 des Vergnügungssteuergesetzes §9 des Wiener Anzeigen-
für Wien 1963 abgabegesetzes 1983
(1) Handlungen oder Unterlassungen, (1) Handlungen oder Unter-
durch die die Abgabe hinterzogen lassungen, durch die die
oder fahrlässig verkürzt wird, sind Abgabe hinterzogen oder
als Verwaltungsübertretungen mit fahrlässig verkürzt wird,
Geld bis zum Dreißigfachen des Ver- sind als Verwaltungsüber-
kürzungsbetrages zu bestrafen. Läßt tretungen mit Geldstrafe
sich das Ausmaß der Steuerverkür- bis zum Fünfzigfachen des
zung oder -gefährdung nicht fest- Verkürzungsbetrages zu be-
stellen, so hat der im Steuerbe- strafen. Der Versuch ist
scheid festgesetzte Steuerbetrag strafbar. Im Falle der Un-
die Grundlage für die Bemessung der einbringlichkeit tritt an
Strafe zu bilden. Im Falle der Stelle der Geldstrafe
Uneinbringlichkeit tritt an Stelle Arrest bis zu drei Monaten.
der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe
bis zu drei Monaten. (2) Die sonstigen Übertre-
tungen der Vorschriften
(2) Die sonstigen Übertretungen der dieses Gesetzes oder der
Vorschriften dieses Gesetzes oder der dazu erlassenen Verord-
dazu erlassenen Durchführungsvor- nungen werden mit Geld-
schriften werden mit Geldstrafen bis strafen bis zu 10 000 S,
zu 6 000 S, im Falle der Uneinbring- im Nichteinbringungsfalle
lichkeit mit einer Freiheitsstrafe mit Arrest bis zu 14 Tagen
bis zu 14 Tagen, geahndet. geahndet.
(3) Mit der Strafe kann gleichzeitig
der Verfall der Gegenstände, die mit
der Verwaltungsübertretung im
ursächlichen Zusammenhang stehen,
ausgesprochen werden.
Im Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §35 des Vergnügungssteuergesetzes für Wien 1963 hatte die Wiener Landesregierung den Einwand erhoben, daß im Hinblick auf den Gegenstand der Verwaltungsentscheidungen nur Absatz 1 dieses Paragraphen präjudiziell sei. Dem entgegnete der Verfassungsgerichtshof, daß die in Prüfung gezogene Vorschrift eine nicht trennbare Einheit bilde; sowohl Abs2 als auch Abs3 erhielten nämlich einen Teil ihres normativen Inhalts aus dem ersten Absatz. Der Verfassungsgerichtshof bleibt auf diesem Standpunkt und fügt seiner wiedergegebenen Überlegung noch hinzu, daß eine isolierte Aufhebung des Abs1 (bzw. eine Erklärung, daß dieser Absatz verfassungswidrig war) zu erheblichen Auslegungsschwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit des Absatzes 2 führte.
Die oben vorgenommene Gegenüberstellung des §35 des Vergnügungssteuergesetzes für Wien 1963 mit §9 des Wiener Anzeigenabgabegesetzes 1983 zeigt, daß diese Vorschriften - von ihrem jeweiligen in einer Beschwerdesache heranzuziehenden Absatz 1 her gesehen - hinsichtlich der Präjudizialität gleich zu beurteilen sind.
Die Anfechtungsanträge des Verwaltungsgerichtshofes sind, weil sie sich gegen einen einer isolierten Aufhebung nicht zugänglichen Teil einer Gesetzesvorschrift richten, unzulässig und waren sohin zurückzuweisen.
III. Von einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG abgesehen.
Schlagworte
Vergnügungssteuer, Anzeigenabgaben, VfGH / PräjudizialitätEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1989:G28.1989Dokumentnummer
JFT_10108795_89G00028_00