TE Vfgh Erkenntnis 2006/12/6 B894/06

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Veröffentlicht am 06.12.2006
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Index

10 Verfassungsrecht
10/06 Direkte Demokratie

Norm

B-VG Art41 Abs2
B-VG Art133 Z1
B-VG Art144 Abs3
VolksbegehrenG 1973 §3

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Abweisung eines Antrags auf Einleitung eines Volksbegehrens mit der Kurzbezeichnung "Volksabstimmung Türkei-Beitritt" mangels einer auf die Erlassung eines Bundes(verfassungs)gesetzes gerichteten Anregung im Einleitungsantrag

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer beantragte beim Bundesministerium für Inneres am 9. März 2006 die Einleitung eines Volksbegehrens mit der Kurzbezeichnung "Volksabstimmung Türkei-Beitritt". Nach den im Einleitungsantrag gemachten Angaben waren dem Einleitungsantrag 10.048 Unterstützungserklärungen angeschlossen. Der Antrag lautete wie folgt:

"Der Nationalrat möge die Durchführung einer Volksabstimmung über die Zustimmung Österreichs zur Ausdehnung der Europäischen Union in Teile des asiatischen Raumes, insbesondere durch den Beitritt der Türkei zur EU, beschließen."

Begründend wurde ausgeführt:

"[...] Die Begründung des vorliegenden Volksbegehrens mit der Kurzbezeichnung 'Volksabstimmung Türkei-Beitritt' liegt in der erkennbaren Absicht der entscheidenden Parlamentsparteien, entgegen der unbestreitbaren Mehrheit der österreichischen WählerInnen, eine weitere überhastete Erweiterungsrunde der Europäischen Union in Form des Beitrittes der Türkei voranzutreiben. Bis Dezember 2004 sollte der Beitritt der Türkei zur EU ohne jede Einschränkung durchgezogen werden und konnte erst durch den spürbaren Druck durch die vollkommen übergangenen Österreicherinnen und Österreicher ein wenig gebremst werden. Im genannten Monat wurde von Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel eine Volksabstimmung zur Frage der Aufnahme der Türkei in die Europäische Union 'versprochen'.

Nach den Erfahrungen mit den bisher regierenden Parteien, als auch insbesondere mit dem Bundeskanzler Dr. Schüssel (Oppositionslüge 1999, Schilling-Lüge, Neutralitäts-Lüge) ist ein Versprechen bezüglich einer Volksabstimmung der ÖsterreicherInnen nicht glaubwürdig, sondern ein weiteres Zeichen der Verachtung des Wahlvolkes im Lande. Wenn tatsächlich eine Volksabstimmung in Planung wäre, so sollte diese unbedingt zum jetzigen Zeitpunkt festgeschrieben werden - per Bundesgesetz oder Verfassungsbestimmung. Grund dafür ist die Tatsache, dass die zum jetzigen Zeitpunkt 'versprechenden' im Abstimmungsjahr mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr an der Regierung sein werden. Durch die Verabschiedung des geforderten Gesetzes wird für die besorgten BürgerInnen sichergestellt, dass die zugesagte Volksabstimmung auch stattfinden wird, da sich eine Partei in 10 oder mehr Jahren kaum dazu durchringen würde, das Gesetz mit der Zusage der Abstimmung wieder aufzulösen ohne immensen Schaden im Ansehen der ÖsterreicherInnen zu nehmen. Auch ist es der Türkei gegenüber nahezu nicht zumutbar, dass knapp vor Abschluss der Verhandlungen noch schnell eine Volksabstimmung auf den Tisch gelegt würde. Aus den bisherigen Erfahrungen mit den türkischen Politikern wäre ansonsten umgehend mit unhaltbaren Vorwürfen zu rechnen, während eine gesetzliche Festlegung 'jetzt' neben einer vorausschauenden Berücksichtigung einer Abstimmung in Österreich auch der Druck auf die Verhandlungsdelegation Österreichs bei den Verhandlungen sehr zum Wohl der ÖsterreicherInnen erhöht würde.

Der Wortlaut des gegenständlichen Volksbegehrens nimmt auch Rücksicht darauf, dass nicht gegen ein willkürlich gewähltes Volk oder eine Nation in diskriminierender Weise per Volksabstimmung entschieden werden soll. Die Türkei liegt nach allgemeinem Wissensstand nicht in Europa und es ist im Jahr 1994 im Zuge der obligatorischen Volksabstimmung zum Beitritt Österreichs zur EU kein Wort von einem Beitritt zur Europäisch-Asiatischen-Union gefallen. Das Volk Österreichs hat ein Recht auf eine Abstimmung über den Beitritt der Türkei zur EU. Ein Recht, das Frankreich zugestanden werden wird, sollte von anständigen Politikern auch uns in Österreich nicht verwehrt bleiben. Ganz Europa in seiner Vielfalt und außergewöhnlichen Qualität sollte sich auf eben diese konzentrieren und nicht auf einem auf Quantität gerichteten Irrweg weiterlaufen, der uns kulturell und gesellschaftspolitisch überfordern und die Zukunft insbesondere für uns junge Österreicher gefährden würde. Es handelt sich bei der Entscheidung eines Vollbeitrittes der Türkei zur EU um eine Frage, die den Entscheidungsträgern von heute noch nicht auf den Kopf fallen würde, die jedoch den kommenden Generationen von Österreicherinnen und Österreichern ein vollkommen verändertes Erbe - mit Sicherheit kein schöneres und angenehmeres - hinterlassen würde. Darum müsste die Ausdehnung der EU nach Asien vom Volk mitgetragen werden."

Mit Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 30. März 2006, Z BMI-WA1120/0049-III/6/2006, wurde der Antrag auf Einleitung des Volksbegehrens "Volksabstimmung Türkei-Beitritt" abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass Gegenstand eines Volksbegehrens nur eine durch Bundesgesetz zu regelnde Angelegenheit sein könne (Art41 Abs2 B-VG). Ein Volksbegehren müsse daher darauf gerichtet sein, den Gesetzgeber zu veranlassen, die im Volksbegehren zum Ausdruck gebrachten Wünsche durch die Erlassung eines Bundesgesetzes umzusetzen. Die im vorliegenden Antrag enthaltene Aufforderung sei jedoch offenkundig nicht darauf gerichtet, einen Akt der Gesetzgebung anzuregen. Mit dem gegenständlichen Einleitungsantrag werde lediglich angeregt, der Nationalrat möge eine "Volksabstimmung" beschließen, die sich auf ein zukünftiges Handeln der Vollziehung - nämlich die Verhandlung über die Zustimmung Österreichs zur Ausdehnung der Europäischen Union - beziehe. Eine "Volksabstimmung" dieser Art sei in der österreichischen Rechtsordnung nicht vorgesehen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Einleitung eines Volksbegehrens behauptet und die (kostenpflichtige) Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wird.

Der Beschwerdeführer bringt auf das Wesentliche zusammengefasst vor, die belangte Behörde habe die gesetzlichen Bestimmungen betreffend die Einleitung eines Volksbegehrens in denkunmöglicher Weise angewendet und damit die Rechtslage völlig verkannt. Die Interpretation der belangten Behörde laufe letztlich darauf hinaus, dass die Abhaltung einer Volksabstimmung nie Gegenstand eines Volksbegehrens sein könne. Bei verfassungskonformer Interpretation könne man zu einem solchen Ergebnis möglicherweise dann kommen, wenn durch ein Volksbegehren - völlig abstrakt - die Abhaltung einer Volksabstimmung gefordert werden würde, ohne darauf hinzuweisen, zu welchem Thema die Volksabstimmung abgehalten werden soll.

Wenn jedoch durch Volksbegehren die Volksabstimmung zu einem bestimmten Thema begehrt werde, so sei im Einleitungsverfahren zu prüfen, ob es sich bei diesem Thema um eine durch den Bundes(verfassungs)gesetzgeber zu regelnde Angelegenheit handle oder nicht. Die Abhaltung einer Volksabstimmung stelle sich lediglich als "Annexantrag" zur materiell zu regelnden Angelegenheit dar. Wenn daher ein Gesetzesbeschluss zu der begehrten Angelegenheit möglich sei, könne in diesem Gesetz im Einklang mit Art43 B-VG auch der Beschluss des Nationalrats über die Abhaltung einer Volksabstimmung erfolgen. Nach Auffassung des Beschwerdeführers hätte die belangte Behörde daher prüfen müssen, ob die Frage des Beitritts der Türkei zur EU durch Bundesverfassungsgesetz geregelt werden kann. "In völliger Verkennung der Rechtslage" habe sich die belangte Behörde mit dieser Frage allerdings nicht befasst, sondern die Einleitungskriterien lediglich danach untersucht, ob die Abhaltung einer Volksabstimmung mittels Volksbegehren initiiert werden könne.

Zudem habe die belangte Behörde außer Acht gelassen, dass ein Volksbegehren auch als bloße Anregung formuliert sein könne. Es sei daher ausreichend, wenn der Antrag erkennen lasse, dass es sich um eine Angelegenheit der Gesetzgebung handle. Im gegenständlichen Fall bestehe kein Zweifel, dass das Volksbegehren einer bundesverfassungsgesetzlichen Regelung zugeführt werden könne, womit sich die belangte Behörde jedoch nicht auseinandergesetzt habe.

Der Beschwerdeführer führt schließlich eine Reihe von Beispielen an, in denen die Einleitung eines Volksbegehrens genehmigt wurde, und weist darauf hin, dass der Begründung des bekämpften Bescheides keine sachliche Rechtfertigung für die Differenzierung zwischen den in der Vergangenheit genehmigten und dem gegenständlichen Volksbegehren zu entnehmen sei. Auch aus diesem Grunde sei der belangten Behörde willkürliches Verhalten vorzuwerfen.

Darüber hinaus rügt der Beschwerdeführer die Verletzung in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Einleitung eines Volksbegehrens. Art41 B-VG eröffne den Bürgern die Möglichkeit der direkten Einflussnahme auf die Gesetzgebung. Beim Volksbegehren sei bereits verfassungsrechtlich vorgesehen, dass dieses auch von Bürgern in Anspruch genommen werden könne, die nicht mit Details des Gesetzgebungsverfahrens vertraut seien. Schon aus diesem Grunde könne daher das Volksbegehren auch als Anregung eingebracht werden. Bei der Prüfung der Zulässigkeit eines Volksbegehrens sei auf diese verfassungsrechtliche Vorgabe Rücksicht zu nehmen.

3. Die Bundesministerin für Inneres erstattete eine Gegenschrift, in der das Beschwerdevorbringen bestritten und beantragt wird, das Begehren des Beschwerdeführers abzuweisen. Gleichzeitig wurden die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.

Auf das Wesentliche zusammengefasst weist die belangte Behörde darauf hin, dass entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers bereits im Einleitungsantrag - und nicht erst in einer gemäß §3 Abs5 Volksbegehrengesetz 1973 dem Antrag anzuschließenden Begründung - die im Sinne des Art41 Abs2 B-VG "durch Bundesgesetz zu regelnde Angelegenheit" ausformuliert sein müsse. Die vom Beschwerdeführer eingebrachte Anregung "Der Nationalrat möge die Durchführung einer Volksabstimmung ... beschließen" lasse jedoch in Anwendung der strikten Wortlautinterpretation - die bei der Auslegung des §3 Abs3 Volksbegehrengesetz 1973 geboten sei - für sich allein nicht erkennen, dass ein konkreter Akt der Gesetzgebung begehrt werde. Die erst in der Beschwerde ausformulierten Möglichkeiten für ein legislatives Handeln des Nationalrates in Bezug auf die begehrte Volksabstimmung würden nichts daran ändern, dass der Antrag des am 9. März 2006 eingebrachten Volksbegehrens "Volksabstimmung Türkei-Beitritt" die stringenten materiellen Voraussetzungen einer Anregung im Sinne des B-VG und des Volksbegehrengesetzes 1973 nicht erfülle. Das Vorbringen, wonach die belangte Behörde die gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der Einleitung eines Volksbegehrens in denkunmöglicher Weise angewendet und damit die Rechtslage völlig verkannt habe, treffe daher nicht zu.

Darüber hinaus liege auch im Hinblick auf frühere Volksbegehren keine unsachliche Benachteiligung des Beschwerdeführers vor, da sämtliche in der Beschwerde angeführten Volksbegehren die materiellen Voraussetzungen des Art41 Abs2 B-VG bzw. des §3 Volksbegehrengesetz 1973 erfüllt haben.

Abschließend trat die belangte Behörde dem Vorwurf entgegen, dass der bekämpfte Bescheid den Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Einleitung eines Volksbegehrens verletze.

II. Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

Im Zweiten Hauptstück Abschnitt D. des B-VG ("Der Weg der Bundesgesetzgebung") wird im Art41 Abs2 festgelegt, dass das Volksbegehren eine durch Bundesgesetz zu regelnde Angelegenheit betreffen muss und in Form eines Gesetzesantrages gestellt werden kann. Die nähere Ausgestaltung des Verfahrens der Einleitung eines Volksbegehrens findet sich im Volksbegehrengesetz 1973, wobei die hier maßgebliche Bestimmung des §3 Volksbegehrengesetz 1973 idF BGBl. I Nr. 90/2003 wie folgt lautet:

"II. Einleitungsverfahren

§3

(1) Die Einleitung des Verfahrens für ein Volksbegehren ist beim Bundesminister für Inneres zu beantragen. Das Volksbegehren muß eine durch Bundesgesetz zu regelnde Angelegenheit betreffen und kann in Form eines Gesetzesantrages oder einer Anregung gestellt werden.

(2) ...

(3) Der Einleitungsantrag (Muster Anlage 1) hat zu enthalten:

1. den Text des Volksbegehrens in Form eines Gesetzesantrages oder einer Anregung;

2. allenfalls eine Kurzbezeichnung, die höchstens drei Worte umfassen darf;

3. die Bezeichnung eines Bevollmächtigten sowie von vier Stellvertretern (Familien- und Vorname, Beruf, Adresse), die, ist der Bevollmächtigte an der Ausübung seiner Funktion verhindert, in der bezeichneten Reihenfolge ermächtigt sind, die Unterzeichner des Antrags zu vertreten;

4. die Bezeichnung eines Bankkontos, zu dem der Bevollmächtigte und seine Stellvertreter nur gemeinsam zeichnungsberechtigt sind;

5. die Unterschriften des Bevollmächtigten sowie der Stellvertreter.

(4) ...

(5) Einem Einleitungsantrag sind anzuschließen:

1. die ausgefüllten und eigenhändig unterfertigten Unterstützungserklärungen (Muster Anlage 2);

2. die Begründung des Volksbegehrens samt etwaigen Unterlagen;

3. allenfalls die Bestätigungen gemäß §3 Abs4 zweiter Satz;

4. den Nachweis darüber, daß der Bevollmächtigte und seine Stellvertreter zum im Antrag bekanntgegebenen Konto nur gemeinsam zeichnungsberechtigt sind.

(6) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 160/1998)"

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Der Beschwerdeführer behauptet, durch den bekämpften Bescheid in seinem durch Art41 Abs2 B-VG gewährleisteten Recht auf Einleitung eines Volksbegehrens verletzt zu sein. Diese Beschwerdebehauptung ist nicht stichhaltig.

1.1. Aus der im Zweiten Hauptstück Abschnitt D. des B-VG ("Der Weg der Bundesgesetzgebung") enthaltenen Bestimmung des Art41 Abs2 B-VG ergibt sich, dass ein Volksbegehren eine Form der Gesetzesinitiative darstellt und daher ausschließlich auf die Fassung eines Gesetzesbeschlusses durch den Nationalrat gerichtet sein kann. Andere Akte des Nationalrates - wie beispielsweise ein Beschluss zur Abhaltung einer Volksabstimmung oder einer Volksbefragung - können nicht direkt mit einem Volksbegehren verlangt werden (vgl. Merli, Art41/2 B-VG, in: Korinek/Holoubek [Hrsg], Bundesverfassungsrecht [1999], Rz 15; Mayer, Verfahrensfragen der direkten Demokratie, FS Schambeck [1994], 514).

Mit dem Beschwerdeführer ist davon auszugehen, dass ein Volksbegehren nicht nur in Form eines Gesetzesantrages sondern auch in Form einer Anregung, ein Gesetz zu erlassen, eingeleitet werden kann. Allerdings muss auch eine derartige "Anregung" erkennbar auf die Erlassung eines Bundes(verfassungs)gesetzes gerichtet sein und dessen Inhalt zumindest grob umschreiben (vgl. Merli, Art41/2 B-VG, in: Korinek/Holoubek [Hrsg], Bundesverfassungsrecht [1999], Rz 22). Bereits der Antrag bzw. die Anregung selbst muss demnach das Beantragte so präzise erkennen lassen, dass sich beurteilen lässt, ob es sich um eine Angelegenheit der Bundesgesetzgebung handelt (vgl. Bußjäger, Art41 B-VG, in: Rill/Schäffer [Hrsg], BVR Komm [2004], Rz 52). Mit Blick auf die Bestimmung des §3 Abs5 Volksbegehrengesetz 1973, wonach dem Einleitungsantrag unter anderem die Begründung des Volksbegehrens samt etwaigen Unterlagen anzuschließen ist, geht der Gerichtshof davon aus, dass die Begründung nicht Teil des Einleitungsantrages ist und dass bei Beurteilung der Frage, ob der Antrag erkennbar auf die Erlassung eines Gesetzes gerichtet ist, ausschließlich auf den Wortlaut des Einleitungsantrages (§3 Abs3 Volksbegehrengesetz 1973), nicht aber auf die davon zu unterscheidende Begründung (§3 Abs5 Z2 leg.cit.) des Volksbegehrens abzustellen ist. Im Hinblick darauf, dass die Unterstützungserklärungen (§3 Abs5 Z1 leg.cit.) zum Einleitungsantrag des Volksbegehrens abzugeben und gleich der Begründung diesem anzuschließen sind, reicht es nicht aus, wenn die auf die Erlassung eines Bundes(verfassungs)gesetzes gerichtete Anregung nur aus der Begründung erschließbar ist.

1.2. Der gegenständliche Einleitungsantrag zielt darauf ab, den Nationalrat zu veranlassen, zu einer bestimmten Frage eine Volksabstimmung durchzuführen. Aus dem Wortlaut des Einleitungsantrages geht jedoch nicht hervor, dass in diesem Zusammenhang die Erlassung eines Bundesgesetzes bzw. Bundesverfassungsgesetzes angeregt wird. Der in Rede stehende Antrag ist daher nicht auf die Erlassung eines Bundes(verfassungs)gesetzes gerichtet und war somit abzuweisen. Durch diese Entscheidung wurde der Beschwerdeführer folglich nicht in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Einleitung eines Volksbegehrens verletzt.

2. Der Beschwerdeführer behauptet, die belangte Behörde habe bei Erlassung des bekämpften Bescheides die maßgeblichen Bestimmungen denkunmöglich angewendet und ihn darüber hinaus aus unsachlichen Gründen benachteiligt. Durch dieses willkürliche Verhalten der belangten Behörde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt.

2.1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

2.2. Gegen die von der belangten Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides herangezogenen Vorschriften des Volksbegehrengesetzes 1973 sind weder aus Sicht des Beschwerdefalles verfassungsrechtliche Bedenken entstanden, noch wurde seitens des Beschwerdeführers die Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmungen behauptet. Im Hinblick darauf, dass die belangte Behörde rechtsrichtig entschieden hat, kann ihr auch nicht vorgeworfen werden, dem Gesetz fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt zu haben. Abgesehen davon vermag das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend andere - seiner Auffassung nach - gleich gelagerte (zulässige) Volksbegehren, keine (subjektive) Willkür der Behörde aufzuzeigen. Im Gegensatz zum gegenständlichen Antrag hatten die vom Beschwerdeführer erwähnten Volksbegehren durchwegs bestimmte Gesetzesinitiativen zum Inhalt.

2.3. Der Beschwerdeführer wurde daher durch den bekämpften Bescheid auch nicht in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt.

3. Im Hinblick darauf, dass die Behörde rechtsrichtig entschieden hat und dass gegen die bei Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendeten Rechtsvorschriften keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen, ist es auch ausgeschlossen, dass der Beschwerdeführer durch den bekämpften Bescheid in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde (vgl. etwa VfGH 20.6.2006, B578/05 mwN).

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

4. Dem Antrag des Beschwerdeführers auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof war keine Folge zu geben, weil es sich bei den vom Volksbegehrengesetz 1973 eingeräumten Rechten lediglich um eine Konkretisierung des Art41 Abs2 B-VG handelt und somit jede Rechtsverletzung unmittelbar auch Art41 Abs2 B-VG verletzt, sodass für eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes gemäß Art133 Z1 B-VG kein Raum mehr bleibt (vgl. VfSlg. 16.241/2001; Merli, Art41/2 B-VG, in: Korinek/Holoubek [Hrsg], Bundesverfassungsrecht [1999], Rz 52).

5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Volksbegehren, Volksabstimmung, VfGH / Abtretung, Verwaltungsgerichtshof Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2006:B894.2006

Dokumentnummer

JFT_09938794_06B00894_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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