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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ABGB §154 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des F in S, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 19. Dezember 1991, Zl. Pst(Stb) - 1361/5 - 1991 - Se, betreffend Namensänderung des Mitbeteiligten mj. FL, vertreten durch die Mutter EL, beide in G, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der am 27. Juli 1982 geborene Mitbeteiligte entstammt der im Jahr 1985 geschiedenen Ehe des Beschwerdeführers mit der inzwischen wieder verehelichten EL. Die Pflege und Erziehung des Minderjährigen obliegt zufolge des am 11. Oktober 1985 pflegschaftsbehördlich genehmigten Vergleiches vom 18. September 1985 der Mutter, der (nach dem Wortlaut des Vergleiches) auch die Rechte gemäß § 144 ABGB zukommen. Über Antrag der EL als Mutter und gesetzlicher Vertreterin des Mitbeteiligten bewilligte die Bezirkshauptmannschaft mit Bescheid vom 4. Juli 1991 die Änderung des Familiennamens des Mitbeteiligten von "F" auf "L". Mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 19. Dezember 1991 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die Namensänderung nach dem Namensänderungsgesetz 1988, BGBl. 195 (NÄG), gehört zu den in § 154 Abs. 2 ABGB genannten wichtigen Angelegenheiten, bei denen Vertretungshandlungen und Einwilligungen eines Elternteiles zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des anderen Elternteiles bedürfen. Im Beschwerdefall ist jedoch nicht strittig, daß seit der Scheidung der Eltern des Mitbeteiligten im Jahr 1985 dessen Mutter die Obsorge allein zukommt. In einem solchen Fall hat der andere Elternteil gemäß § 178 Abs. 1 ABGB außer dem Recht auf persönlichen Verkehr, das Recht, von außergewöhnlichen Umständen, die die Person des Kindes betreffen, und von beabsichtigten Maßnahmen zu den im § 154 Abs. 2 und 3 genannten Angelegenheiten von demjenigen, dem die Obsorge zukommt, rechtzeitig verständigt zu werden und sich zu diesen, wie auch zu anderen wichtigen Maßnahmen, in angemessener Frist zu äußern. Diese Äußerung ist zu berücksichtigen, wenn der darin ausgedrückte Wunsch dem Wohl des Kindes besser entspricht.
Dies bedeutet zunächst, daß dem auf die Mindestrechte des § 178 ABGB verwiesenen Elternteil in bezug auf die im § 154 Abs. 2 ABGB genannten Maßnahmen lediglich der Anspruch zukommt, durch den allein personensorgeberechtigten Elternteil von der Antragstellung auf Namensänderung verständigt zu werden (vgl. Pichler in Rummel, ABGB I2 § 178, Rz 2; Zeyringer, Das neue Namensänderungsgesetz, ÖJZ 1988, 737, 742). Die Zustimmung des auf die Mindestrechte gemäß § 178 ABGB verwiesenen ehelichen Vaters war somit im Beschwerdefall nicht Voraussetzung der Vertretungsbefugnis der Mutter. Die Genehmigung des Gerichtes im Sinne des § 154 Abs. 3 ABGB war ebenfalls nicht erforderlich, weil die Änderung des Familiennamens nicht zu den in der zuletzt zitierten Vorschrift angeführten Angelegenheiten zählt. Der Elternteil, dem die Obsorge allein zusteht, bedarf somit zum Antrag auf Namensänderung des Minderjährigen weder der Zustimmung des anderen Elternteiles noch einer gerichtlichen Genehmigung (vgl. Pichler, Neues Kindschaftsrecht und Namensänderung, ÖA 1990, 98). Ein Einschreiten des Gerichtes nach § 176 ABGB ist im Beschwerdefall ebenfalls nicht erkennbar. Der insbesondere auf § 154 Abs. 2 ABGB gestützte Beschwerdevorwurf, die belangte Behörde habe es unterlassen, zu prüfen, ob zur Antragstellung die Zustimmung "einer dritten Person oder Institution" erforderlich gewesen wäre, ist somit nicht berechtigt; die Antrags- bzw. Vertretungslegitimation der Mutter ergab sich im Beschwerdefall schon auf Grund des Umstandes, daß dieser alleine die Obsorge zukommt.
Dem Beschwerdeführer kommt nach § 8 Abs. 1 Z. 5 NÄG die Stellung einer Partei im Verfahren auf Änderung des Familiennamens des Mitbeteiligten zu. Die mit der zitierten Vorschrift eingeräumte Parteistellung und damit auch das daraus resultierende Berufungsrecht reichen jedoch nicht weiter als der durch § 178 Abs. 1 ABGB eingeräumte Rechtsanspruch; dies bedeutet für den vorliegenden Fall, daß die vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren abgegebene Äußerung bei der behördlichen Entscheidung lediglich dann zu berücksichtigen gewesen wäre, wenn die Beibehaltung des bisherigen Familiennamens des Mitbeteiligten dem Wohl des Kindes besser entsprochen hätte als die beantragte Namensänderung (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Jänner 1992, Zl. 91/01/0051, und vom 18. März 1992, Zl. 92/01/0057). Die belangte Behörde hatte daher als Berufungsbehörde auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers nicht zu prüfen, ob im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 6 NÄG das Wohl des Beschwerdeführers ohne die Änderung des Familiennamens gefährdet wäre, sondern sich lediglich damit auseinanderzusetzen, ob die Beibehaltung des Familiennamens des Minderjährigen dessen Wohl besser entsprochen hätte als die Namensänderung (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Mai 1992, Zl. 92/01/0024). Schon aus diesem Grund können jene Darlegungen der Beschwerde, in denen die Auffassung vertreten wird, durch die Beibehaltung des bisherigen Familiennamens werde das Wohl des Kindes nicht gefährdet, der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.
Die belangte Behörde vertritt auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und von ihr eingehend dargestellter Erwägungen die Auffassung, durch die Änderung des Familiennamens werde das Wohl des Kindes in einem höheren Maße verwirklicht als durch die Beibehaltung des bisherigen Familiennamens; sie hat die oben dargelegte, für die Entscheidung des Berufungsverfahrens maßgebliche Frage somit bejaht. Der Beschwerde gelingt es nicht, eine dabei unterlaufene inhaltliche Rechtswidrigkeit oder einen relevanten Verstoß gegen Verfahrensvorschriften aufzuzeigen.
Die allgemeinen Darlegungen der belangten Behörde, das Wohl des Kindes werde dann am besten verwirklicht, wenn es in der Stabilität, Kontinuität und Geborgenheit einer Familie ohne andauernde bzw. wiederkehrende Erschütterungen aufwachse, entsprechen der allgemeinen menschlichen Erfahrung; die nicht weiter konkretisierten Darlegungen der Beschwerde, dabei handle es sich um eine "unzulässige Vermutung zu Lasten des Beschwerdeführers ohne diesbezügliche Beweisergebnisse", zeigen somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Dies gilt auch für jene Beschwerdeausführungen, die darauf hinweisen, daß auch die belangte Behörde davon ausgehe, eine Namensänderung während des laufenden Schuljahres bringe Probleme mit sich; daraus sei - nach Auffassung der Beschwerde - eine Gefährdung des Kindeswohles abzuleiten. Diesen Darlegungen ist zu erwidern, daß die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ihrer Aufgabe entsprechend die aus einer Namensänderung für das Kindeswohl resultierenden Schwierigkeiten und Nachteile ebenso wie die daraus sich - insbesondere langfristig - ergebenden Vorteile dargestellt und gegeneinander abgewogen hat. Dabei ist die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangt, daß die für die Namensänderung sprechenden Umstände überwiegen; eine Rechtswidrigkeit dieser Auffassung kann mit dem den Gesamtzusammenhang nicht berücksichtigenden Hinweis auf einen der bei dieser Abwägung wahrzunehmenden Umstände nicht aufgezeigt werden.
Im vorliegenden Zusammenhang ist der auf § 139 ABGB gestützte Hinweis der Beschwerde verfehlt, wonach "Kinder aus geschiedenen Ehen die Namensänderung infolge erneuter Eheschließung ihrer Eltern nicht mitmachen". Aus § 139 ABGB folgt unter anderem, daß sich die neuerliche Eheschließung eines Elternteiles auf den vom gemeinsamen Familiennamen der Eltern abgeleiteten Namen eines ehelichen Kindes (ex lege) nicht auswirkt; dies schließt jedoch eine im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 6 NÄG auf Antrag erfolgende Namensänderung nicht aus.
Die behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit liegt somit nicht vor.
Die Beschwerde vertritt weiters die Auffassung, die Vernehmung des Antragstellers, dem "weder Parteistellung noch ein Anhörungsrecht" zukäme, stelle einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, weil § 8 Abs. 2 NÄG nur eine Anhörung von Kindern zwischen dem vollendeten 10. und 14. Lebensjahr anordnet. Mit diesen - was die Parteistellung des Antragstellers (vgl. § 8 Abs. 1 Z. 1 NÄG) betrifft, offenbar die Begriffe der Parteistellung bzw. Parteifähigkeit mit jener der Prozeßfähigkeit verwechselnden - Darlegungen zieht die Beschwerde aus § 8 Abs. 2 NÄG einen verfehlten Umkehrschluß. Aus der Anordnung der zitierten Vorschrift, wonach Kinder zwischen dem vollendeten 10. und 14. Lebensjahr, für die ein Antrag auf Änderung ihres Familiennamens oder Vornamens eingebracht wurde ... anzuhören sind, kann entgegen der Ansicht der Beschwerde keinesfalls gefolgert werden, daß ein Verbot der Anhörung von Kindern, die das 10. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (im Sinne eines Beweismittel- oder Beweisverwertungsverbotes) bestünde. Die zitierte Vorschrift bedeutet die zwingende Anordnung der Anhörung eines zehn- bis vierzehnjährigen Kindes, das vom Namensänderungsverfahren betroffen ist; betreffend die Anhörung eines Kindes, das das 10. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, kann dem NÄG weder eine Anordnung noch ein Verbot entnommen werden. Das Vorgehen der belangten Behörde, die den damals im 10. Lebensjahr stehenden Antragsteller am 22. August 1991 zur beantragten Namensänderung angehört und seinen Standpunkt bei ihrer Beurteilung berücksichtigt hat, war daher, soweit es die Verwertung der Äußerungen des Minderjährigen als Beweisergebnis betrifft, an den in den §§ 37, 39 Abs. 2, 45 Abs. 2 und 46 AVG normierten Vorschriften über den Zweck und Gang des Ermittlungsverfahrens, den Beweis und die Beweismittel zu messen. Einen der belangten Behörde unterlaufenen Verstoß gegen diese Vorschriften zeigt die Beschwerde nicht auf. Den Verwaltungsakten kann ein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften ebenfalls nicht entnommen werden.
Die Beschwerde macht schließlich geltend, die belangte Behörde habe auf das im Verfahren eingeholte psychologische Gutachten nicht hinreichend Bedacht genommen. Diesen Ausführungen ist zu erwidern, daß der Sachverständige lediglich dargelegt hat, die vom Minderjährigen (auf Grund der Namensverschiedenheit zur "Stieffamilie") erlebten Probleme (Gefühle der Benachteiligung) seien zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht als "kindeswohlgefährdend" einzustufen. Wie oben bereits dargelegt wurde, hatte die belangte Behörde im Berufungsverfahren jedoch nicht zu beurteilen, ob die Beibehaltung des bisherigen Familiennamens das Wohl des Minderjährigen gefährdet hätte, sondern, ob dem Wohl des Minderjährigen durch die Namensänderung besser entsprochen werde. Für die Lösung dieser Frage ergibt sich aus dem Gutachten jedoch kein Anhaltspunkt; schon aus diesem Grund ist der Hinweis der Beschwerde auf den Inhalt des Gutachtens nicht geeignet, eine der belangten Behörde bei ihrer Beurteilung, mit der sie sich im Einklang mit den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für ähnlich gelagerte Sachverhalte zum Ausdruck gekommenen Erfahrungssätzen befindet, unterlaufene Rechtswidrigkeit aufzuzeigen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Es erübrigt sich daher eine Entscheidung über den zur Zl. AW 92/01/0019 protokollierten Antrag des Beschwerdeführers, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich (im Rahmen des Begehrens) auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992010120.X00Im RIS seit
17.06.1992