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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §24 Abs1 litn;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Bernard und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 10. Dezember 1991, Zl. MA 70-9/174/91/Str, betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 10. Dezember 1991 wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug schuldig erkannt, er habe am 2. Februar 1990 um 14.04 Uhr in Wien 17, Hernalser Gürtel gegenüber Ordnungsnummer 37, einen dem Kennzeichen nach bestimmten LKW auf einer Straßenstelle abgestellt, die nur durch Verletzen des Vorschriftszeichens "Fahrverbot (in beiden Richtungen)" habe erreicht werden können. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs. 1 lit. n StVO 1960 begangen, weshalb gemäß § 99 Abs. 3 lit. a leg. cit. über ihn eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 43 Abs. 1 lit. b Z. 1 StVO 1960 hat die Behörde für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes durch Verordnung, wenn und insoweit es die Sicherheit, die Leichtigkeit oder Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs, die Lage, die Widmung, Pflege, Reinigung oder Beschaffenheit der Straße, die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines an der Straße gelegenen Gebäudes oder Gebietes oder wenn und insoweit es die Sicherheit eines Gebäudes oder Gebietes und/oder der Personen die sich dort aufhalten, erfordert, dauernde oder vorübergehende Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote ... zu erlassen.
Aus dem dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Akt des Magistrates der Stadt Wien, Zl. MA 46-V-Allg.-2011/89/Kau/Jus, ergibt sich, daß das in Rede stehende Fahrverbot am Tatort für den Fall der Einstellung der Straßenbahnlinie 8 bei Aufnahme des U-Bahnbetriebes der U 6 am 7. Oktober 1989 als vorläufige Maßnahme bis zur definitiven Nutzung der Fläche erlassen wurde, weil geplant war, in diesem Bereich einen Radweg anzulegen. Der Verwaltungsgerichtshof hegt daher im Hinblick auf die eingangs wiedergegebene Bestimmung des § 43 Abs. 1 lit. b Z. 1 StVO 1960 keine Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit dieser Verordnung. Daß auch eine andere Nutzung der in Rede stehenden Fläche (Parkplätze) möglich gewesen wäre, vermag an dieser Rechtsansicht nichts zu ändern. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher nicht veranlaßt, der Anregung des Beschwerdeführers zu folgen und beim Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Aufhebung der in Rede stehenden Verordnung zu stellen.
Gemäß § 44 Abs. 1 StVO 1960 sind die in § 43 bezeichneten Verordnungen - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen abgesehen - durch Straßenverkehrszeichen kundzumachen, wobei diese zufolge § 48 Abs. 1 leg. cit. in einer solchen Art und Größe anzubringen sind, daß sie von den Lenkern herannahender Fahrzeuge leicht und rechtzeitig erkannt werden können.
Nach Abs. 2 der zuletzt zitierten Gesetzesstelle sind Straßenverkehrszeichen - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - auf der rechten Straßenseite oder oberhalb der Fahrbahn anzubringen. Zufolge Abs. 5 darf der Abstand zwischen dem unteren Rand eines Straßenverkehrszeichens und der Fahrbahn bei seitlicher Anbringung nicht weniger als 0,6 m und nur in Ausnahmefällen mehr als 2,20 Meter, bei Anbringung oberhalb der Fahrbahn nicht weniger als 4,50 m und nur in Ausnahmefällen mehr als 5,50 m betragen, sofern sich aus den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bei einzelnen Straßenverkehrszeichen nichts anderes ergibt. Bei seitlicher Anbringung darf der seitliche Abstand zwischen dem der Fahrbahn zunächst liegenden Rand eines Straßenverkehrszeichens und dem Fahrbahnrand im Ortsgebiet nicht weniger als 0,30 m und nur in Ausnahmefällen mehr als 2 m, auf Freilandstraßen nur in Ausnahmefällen weniger als 1 m und mehr als 2,50 m betragen.
Der Beschwerdeführer hat bereits im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens, nämlich in seiner Berufung gegen das erstbehördliche Straferkenntnis geltend gemacht, das gegenständliche Straßenverkehrzeichen "Fahrverbot" sei nicht, wie vorgeschrieben, aus der Sicht des herannahenden Verkehrs leicht erkennbar aufgestellt gewesen, sondern irgendwo mitten auf dem ehemaligen selbständigen Gleiskörper der Linie 8 verdreht gestanden, sodaß er es überhaupt erst nachträglich habe erkennen können.
Trotz dieses Vorbringens hat es die belangte Behörde unterlassen, Feststellungen über die Art und Weise der Aufstellung des in Rede stehenden Straßenverkehrszeichens zu treffen, sodaß es dem Verwaltungsgerichtshof nicht möglich ist, im Rahmen der ihm obliegenden nachprüfenden Kontrolle festzustellen, ob das am Tatort verordnete allgemeine Fahrverbot auch dem Gesetz gemäß kundgemacht wurde und damit im Tatzeitpunkt dem Beschwerdeführer gegenüber wirksam war.
Da somit der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992020121.X00Im RIS seit
12.06.2001