TE Vwgh Erkenntnis 1992/6/18 92/11/0101

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Veröffentlicht am 18.06.1992
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
82/02 Gesundheitsrecht allgemein;

Norm

AVG §68 Abs1;
AVG §8;
ImpfSchG §1b Abs3 idF 1991/278;
ImpfSchG §2a Abs1 idF 1991/278;
ImpfSchG §2a Abs2 idF 1991/278;
ImpfSchG §2a Abs4 idF 1991/278;
ImpfSchG §4 idF 1991/278;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde der SX, vertreten durch MX als Mutter und gesetzliche Vertreterin, und der MX, beide in R, beide vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz vom 16. September 1991, Zl. 274.052/2-II/A/5/91, betreffend Entschädigung nach dem Impfschadengesetz, beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

1) Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin MX wird als unzulässig zurückgewiesen.

2) Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin SX wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde (deren Behandlung mit Beschluß dieses Gerichtshofes vom 24. Februar 1992, B 1222/91, abgelehnt wurde), der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides, der Gegenschrift der belangten Behörde an den Verfassungsgerichtshof einschließlich der ihr angeschlossenen Unterlagen sowie dem über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes nach Abtretung der Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG erstatteten ergänzenden Schriftsatz der Beschwerdeführerinnen ergibt sich folgender Sachverhalt:

Die im Jahre 1990 geborene Erstbeschwerdeführerin wurde 4 Tage nach ihrer Geburt gegen Tuberkulose geimpft. Mit Schreiben vom 2. August 1991 stellte die Zweitbeschwerdeführerin bei der belangten Behörde für die Erstbeschwerdeführerin, ihre Tochter, unter Bezugnahme auf eine näher bezeichnete Gesundheitsschädigung den Antrag "auf Impfschadenersatz".

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Antrag vom 2. August 1991 "gemäß § 1b des Impfschadengesetzes BGBl. Nr. 371/1973 in der Fassung BGBl. Nr. 278/1991" (ImpfSchG), Folge gegeben, die in Rede stehende Gesundheitsschädigung als Impfschaden anerkannt und gemäß § 2a Abs. 2 ImpfSchG eine Entschädigung in der Höhe von S 12.526,-- zuerkannt. Der genannte Betrag setzt sich aus einer einmaligen Entschädigung von S 10.000,-- zuzüglich der Entschädigung für 3 Tage Anstaltsaufenthalt zusammen.

In ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde machen die Beschwerdeführerinnen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragen die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Der Gerichtshof hat erwogen:

1) Das ImpfSchG regelt nicht ausdrücklich, wer Impfschaden beanspruchen kann. Aus der Systematik des Gesetzes, insbesondere aus dem Umstand, daß nur der Geschädigte im Zusammenhang mit der Geltendmachung des Ersatzanspruches im Gesetz genannt ist (§ 4), ist zu schließen, daß nur der Geschädigte selbst anspruchs-, und damit auch antragsberechtigt ist (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Oktober 1980, Slg. Nr. 10271/A, und vom 20. November 1990, Zl. 90/18/0017, in denen jeweils der Geschädigte als Anspruchsberechtigter und als Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof behandelt wurde). Eine selbständige Antragsberechtigung eines Elternteiles des Geschädigten besteht nicht. Der Verwaltungsgerichtshof geht aber davon aus, daß die Zweitbeschwerdeführerin nur in ihrer Eigenschaft als gesetzliche Vertreterin der Erstbeschwerdeführerin den dem Verfahren zugrunde liegenden Antrag vom 2. August 1991 gestellt hat (wofür auch die im Kopf des betreffenden Schreibens aufscheinende Wendung "Familie X." und die im Antrag gebrachte "Wir-Form" spricht). Dieser Antrag wurde mit dem angefochtenen Bescheid erledigt, auch wenn im Kopf des Bescheides die Zweitbeschwerdeführerin als Antragstellerin genannt ist; es besteht kein Zweifel, daß die belangte Behörde den Antrag vom 2. August 1991 erledigen wollte und sich dabei mit der allein prozeßfähigen Zweitbeschwerdeführerin auseinandersetzte. Partei des Verwaltungsverfahrens war aber ausschließlich die durch die Zweitbeschwerdeführerin vertretene Erstbeschwerdeführerin.

Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin ist daher zulässig. Die ausdrückliche Nennung der Zweitbeschwerdeführerin als beschwerdeführende Partei neben der durch sie als "Kindesmutter" vertretenen Erstbeschwerdeführerin ist aber verfehlt. Eine selbständige Beschwerdeberechtigung steht der Beschwerdeführerin nicht zu, weil der angefochtene Bescheid in ihre Rechtssphäre nicht nachteilig eingreift. Die Beschwerde war daher insofern gemäß § 34 Abs. 1 in Verbindung mit § 12 Abs. 3 VwGG ohne weiteres Verfahren wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen, als sie von der Zweitbeschwerdeführerin erhoben wurde.

2) Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin ist unbegründet. Gemäß § 1b Abs. 3 ImpfSchG hat der Bund für Schäden Entschädigung zu leisten, die durch eine Impfung verursacht worden sind, die im jeweils ausgestellten Mutter-Kind-Paß genannt ist.

Gemäß § 2a Abs. 1 ImpfSchG gebührt dann, wenn die Schädigung Dauerfolgen nicht bewirkt, eine Entschädigung nur, wenn durch die Impfung eine schwere Körperverletzung im Sinne des § 84 Abs. 1 StGB bewirkt worden ist. Nach § 2a Abs. 2 ImpfSchG ist die Entschädigung nach Abs. 1 grundsätzlich als einmalige pauschalierte Geldleistung im Betrag von S 10.000,-- zu leisten. Der Betrag erhöht sich für jeden Tag, an dem beim Geschädigten Anstaltsbedürftigkeit gegeben war, um ein Dreißigstel der Pflegezulage der höchsten Stufe. Nach Abs. 4 der betreffenden Gesetzesstelle steht eine Entschädigung u.a. nach Abs. 2 einer Entschädigung für später hervorkommende Dauerfolgen nicht entgegen und ist auf eine solche nicht anzurechnen.

Das ImpfSchG in der geltenden Fassung legt die Entschädigung mit einem Pauschbetrag von S 10.000,-- fest, wenn es sich bei dem Schaden nicht um einen Dauerschaden handelt. Die von der Beschwerde vermißte Bemessung des "tatsächlichen Schadens" brauchte daher nicht zu erfolgen. Daß "ein Zukunftsschaden" zu erwarten sei, wurde im Verwaltungsverfahren nicht geltend gemacht. Die belangte Behörde konnte in Anbetracht der erfolgten operativen Öffnung des als Impfschaden anerkannten Abszesses davon ausgehen, daß der Impfschaden als behoben anzusehen ist. Die in der Beschwerde aufgestellte Behauptung, es sei ein "Zukunftsschaden" gegeben, ist nicht begründet; die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels betreffend Nichtfeststellung eines solchen "Zukunftsschadens" wurde überhaupt nicht dargetan. Darüber hinaus ergibt sich aus § 2a Abs. 4 ImpfSchG, daß die Zuerkennung einer einmaligen Entschädigung der späteren Anerkennung von Dauerfolgen und der Zuerkennung einer Entschädigung hiefür (ohne Anrechnung der einmaligen Entschädigung) nicht entgegensteht.

Gegen diese gesetzliche Regelung hat der Verwaltungsgerichtshof (wie offenbar auch der Verfassungsgerichtshof) keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Bereits der Inhalt der Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin läßt erkennen, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht gegeben ist. Die Beschwerde war gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992110101.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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