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L66507 Flurverfassung Zusammenlegung landw GrundstückeNorm
FlVfGG §17 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Kremla, Dr. Kratschmer und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Waldner, über die Beschwerde der M in N, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 12. September 1991, Zl. LAS-282/10-90, betreffend Absonderung eines Teilwaldrechtes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 7. Mai 1991, Zl. 91/07/0026, verwiesen. Mit diesem war der damals angefochtene Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung (der belangten Behörde) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben worden; dies mit der Begründung, daß es die belangte Behörde unterlassen habe, sich mit der wesentlichen Frage auseinanderzusetzen, ob - wie von der Beschwerdeführerin behauptet - schon früher ("vor ca. 20 Jahren") eine Absonderung des Teilwaldrechtes 3214b von der Liegenschaft EZ 313 II KG H und dessen Zuschreibung zur Liegenschaft EZ 986 II KG H agrarbehördlich (rechtskräftig) bewilligt worden sei, sodaß mit dem angefochtenen, die Bewilligung dieser Absonderung im Instanzenzug versagenden Bescheid vom 13. Dezember 1990 gegen § 68 Abs. 1 AVG (res iudicata) verstoßen worden wäre.
2. Nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens erließ die belangte Behörde den Bescheid vom 12. September 1991, mit dem sie die von der Beschwerdeführerin begehrte Absonderung des besagten Teilwaldrechtes im Instanzenzug neuerlich verweigerte.
Begründend führte die belangte Behörde aus, sie habe der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes folgend das Ermittlungsverfahren ergänzt und zur Frage einer allfälligen früheren agrarbehördlichen Bewilligung der von der Beschwerdeführerin beantragten Absonderung zwei Zeugen (den Altwaldaufseher Franz G. und den nunmehrigen Waldaufseher Werner R.) vernommen, aufgrund deren Aussagen sie zu der Ansicht gelangt sei, daß eine Übertragung des Teilwaldrechtes 3214b agrarbehördlich nie genehmigt worden sei, sodaß der faktischen Umschreibung dieses Teilwaldrechtes im Waldprotokoll durch den Altwaldaufseher von "F" und "G" rechtlich keine Bedeutung zukommme.
Die beabsichtigte Übertragung des Teilwaldrechtes stelle eine Absonderung eines agrargemeinschaftlichen Anteilsrechtes dar und bedürfe somit gemäß § 38 Abs. 3 des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1978 (TFLG 1978) der Bewilligung der Agrarbehörde. Dem Gesamtzusammenhang der einschlägigen Bestimmungen des TFLG 1978 sei eindeutig zu entnehmen, daß Anteilsrechte - sohin auch Teilwaldrechte - der Leistungsfähigkeit landwirtschaftlicher Betriebe dienen sollen, die mit einer Stammsitzliegenschaft verbunden sind. Ausdrücklich normiert werde dies in § 38 Abs. 4 lit. d TFLG 1978. Im konkreten Fall stehe außer Zweifel, daß es sich bei der Liegenschaft der Beschwerdeführerin, mit der das in Rede stehende Teilwaldrecht verbunden werden solle, nicht um einen landwirtschaftlichen Betrieb, sondern um eine 692 m2 große Grundparzelle mit darauf errichtetem Wohnhaus handle. Der Umstand, daß auch mit der bisherigen Stammsitzliegenschaft seit Jahrzehnten keine Landwirtschaft mehr verbunden gewesen sei, und auch für die Zukunft nicht damit zu rechnen sei, daß dort jemals wieder eine Landwirtschaft betrieben werde, habe nichts mit der Frage zu tun, ob durch die beabsichtigte Absonderung die Leistungsfähigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebes verbessert werden könnte. Es stünde nämlich in krassem Widerspruch zu den vom TFLG 1978 zu schützenden Interessen an einer gesunden Agrarstruktur, wenn allein unter der Voraussetzung, daß mit der bisherigen Stammsitzliegenschaft kein landwirtschaftlicher Betrieb mehr verbunden sei, jeder Absonderung von Anteilsrechten ohne Bindung an die Schutzbestimmungen des TFLG 1978 die agrarbehördliche Bewilligung erteilt würde. Es sei daher der beabsichtigten Übertragung des Teilwaldrechtes schon im Hinblick auf § 38 Abs. 4 lit. d TFLG 1978 die Zustimmung zu versagen gewesen. Im übrigen sei - aus näher dargelegten Gründen - auch der Versagungstatbestand des § 38 Abs. 4 lit. b leg. cit. (Zersplitterung von Anteilsrechten) gegeben.
Der Umstand, daß der Eigentümer der Stammsitzliegenschaft aufgrund eines Urteiles des Bezirksgerichtes Silz vom 28. November 1988 verpflichtet sei, zur gegenständlichen Übertragung (Absonderung) des Teilwaldrechtes einzuwilligen, vermöge nichts daran zu ändern, daß es für die rechtswirksame Durchführung der Legatserfüllungsurkunde der agrarbehördlichen Bewilligung bedürfe.
3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser Gerichtshof lehnte die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluß vom 25. Februar 1992, B 1232/91). Zufolge der vor dem Verwaltungsgerichtshof erstatteten Beschwerdeergänzung erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf "Anerkennung" (gemeint wohl: Absonderung) des außerbücherlichen Teilwaldrechtes M Nr. 3214b mit 628 Klaftern von der Liegenschaft EZ 313 II KG H bzw. Absonderung und Zuschreibung dieses Rechtes zu der ihr eigentümlich gehörenden Liegenschaft EZ 986 II KG H verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und begehrt deshalb die Aufhebung des bekämpften Bescheides.
4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Vorweg ist dem Beschwerdeeinwand zu begegnen, es sei "unzulässig, allgemeine Verwaltungsbehörden, wie das Amt der Landesregierung, mit Aufgaben, die den Agrarbehörden zustehen, zu betrauen". Die unter Hinweis darauf vertretene Ansicht einer nicht gesetzmäßigen Abwicklung des Verfahrens trifft nicht zu. Es genügt diesbezüglich auf den Ablehnungs-Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Februar 1992, B 1232/91, und die dort zitierte Vorjudikatur dieses Gerichtshofes zu verweisen; danach bestehen gegen die Zulässigkeit der Betrauung des Amtes der Landesregierung mit agrarbehördlichen Aufgaben (als Angelegenheiten der Bodenreform) keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
2. Die belangte Behörde hat - der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Vorerkenntnis Zl. 91/07/0026 entsprechend - die ihr im ersten Rechtsgang infolge offensichtlicher Verkennung der Rechtslage in Ansehung des § 68 Abs. 1 AVG unterlaufenen Verfahrensmängel saniert. Die Aussagen der zwecks Ergänzung des maßgeblichen Sachverhaltes einvernommenen Zeugen (des Altwaldaufsehers, des nunmehrigen Waldaufsehers) wurden von der belangten Behörde dahin gehend gewürdigt, daß für die seinerzeitige Übertragung des Teilwaldrechtes 3214b von "F" (der Urgroßmutter der Beschwerdeführerin) auf "G" (der Großmutter und Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin) keine agrarbehördliche Bewilligung erteilt worden sei. Der Verwaltungsgerichtshof hält nunmehr den Sachverhalt für ausreichend erhoben; die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen sind nicht als unschlüssig zu erkennen. Die vom Gerichtshof in seinem zitierten Vorerkenntnis (noch) nicht beantwortbare Frage, ob die belangte Behörde mit der Versagung der von der Beschwerdeführerin begehrten Absonderung des Teilwaldrechtes 3214b gegen § 68 Abs. 1 AVG (res iudicata) verstoßen habe, ist demnach zu verneinen.
3.1. Zentrales Beschwerdevorbringen unter dem Gesichtspunkt inhaltlicher Rechtswidrigkeit ist, daß die Beschwerdeführerin das besagte Teilwaldrecht als Legat von ihrer Großmutter erworben habe und ein solcher Erwerb keiner agrarbehördlichen Zustimmung bedürfe.
3.2. Dieser Einwand ist nicht zielführend, übersieht doch damit die Beschwerde einen entscheidenden Aspekt: Nicht ein Übergang des Teilwaldrechtes 3214b auf die Beschwerdeführerin im Wege eines Legates war Gegenstand des agrarbehördlichen Verfahrens, sondern ausschließlich und ausdrücklich die in der Legatserfüllungsurkunde vom 18. Juli 1989 zwischen Walter C. (dem heutigen Eigentümer der Stammsitzliegenschaft EZ 313 II KG H) und der Beschwerdeführerin vereinbarte Absonderung ("Abtrennung") des Teilwaldrechtes 3214b von dieser Stammsitzliegenschaft und dessen Verbindung mit der im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden Liegenschaft EZ 986 II KG H (vgl. dazu die im Verwaltungsakt einliegende Legatserfüllungsurkunde vom 18. Juli 1989, errichtet von Walter C. und der Beschwerdeführerin; den dieser Vereinbarung entsprechenden Antrag der Beschwerdeführerin auf Absonderung an die Agrarbehörde erster Instanz vom 29. August 1989 unter Anschluß der genannten Urkunde; den die Bewilligung verweigernden Spruch des erstinstanzlichen Bescheides vom 7. Mai 1990 und schließlich dessen Bestätigung durch den angefochtenen Bescheid). Daß diese Legatserfüllungsurkunde, in der Walter C. zustimmt, daß das "mit dem Haus K 5" (in EZ 313) verbundene Teilwaldrecht von der bisherigen Stammsitzliegenschaft abgetrennt und künftig "mit dem Haus O 25" in EZ 986 als neuer Stammsitzliegenschaft verbunden werde, und die Beschwerdeführern den genannten Waldteil "übernimmt" und ihn mit ihrem Haus O 25 "verbindet", eine gewillkürte Absonderung im Wege eines Rechtsgeschäftes unter Lebenden und nicht den Übergang eines Rechtes von Todes wegen zum Gegenstand hat, bedarf keiner weiteren Erörterung.
4.1. Die Beschwerdeführerin meint, die belangte Behörde habe § 38 Abs. 4 lit. d TFLG 1978 unrichtig ausgelegt. Die Auffassung der Behörde, im vorliegenden Fall sei der Tatbestand nach dieser Gesetzesstelle verwirklicht, sei "denkunmöglich". Wenn nämlich auf der Stammsitzliegenschaft des Walter C. (EZ 313) keine Landwirtschaft betrieben werde, dann könne kein Zusammenhang zwischen dieser Liegenschaft und jener der Beschwerdeführerin bestehen, und daher auch kein Vergleich in der von der belangten Behörde vorgenommenen Art gezogen werden.
4.2.1. Gemäß § 38 Abs. 3 TFLG 1978 darf die mit einer Liegenschaft (Stammsitzliegenschaft) verbundene Mitgliedschaft an einer Agrargemeinschaft von der Stammsitzliegenschaft nur mit Bewilligung der Agrarbehörde abgesondert werden.
Zufolge des Abs. 4 dieses Paragraphen ist die Bewilligung nach Abs. 3 (u.a.) zu verweigern, wenn (lit. d) der Erwerb des Anteilsrechtes nicht der Verbesserung der Leistungsfähigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebes dient, sofern dieser Erwerb nicht durch die Agrargemeinschaft bzw. durch die Gemeinde als Eigentümerin des agrargemeinschaftlichen Grundbesitzes erfolgt.
4.2.2. Das Gesetz verlangt somit im Fall der Absonderung den Bestand eines landwirtschaftlichen Betriebes (auch) auf seiten des Erwerbers eines Anteilsrechtes. Da dieses mit einer Liegenschaft verbunden werden muß, die spätestens durch diese Verbindung zur Stammsitzliegenschaft wird, zu einer solchen aber stets ein landwirtschaftlicher Betrieb gehört (vgl. etwa § 54 Abs. 3 lit. b TFLG 1978, in dem von der Verknüpfung der beiden Begriffe ausgegangen wird), entspricht dieses Erfordernis einem Grundgedanken des Gesetzes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 1989, Zl. 84/07/0125). Da die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid, von der Beschwerdeführerin unbestritten, festgestellt hat, daß es sich bei der im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden Liegenschaft EZ 986, mit der das Teilwaldrecht 3214b verbunden werden soll, nicht um einen landwirtschaftlichen Betrieb, sondern bloß um ein 692 m2 großes Grundstück mit darauf errichtetem Wohnhaus handle, hat sie den Versagungstatbestand des § 38 Abs. 4 lit. d TFLG 1978 insoweit zu Recht als erfüllt angesehen. Aber auch unter dem Blickwinkel, daß die Liegenschaft EZ 313, von der das genannte Teilwaldrecht abgesondert werden soll, nicht mehr landwirtschaftlich genutzt wird - nach dem Berufungsvorbringen (von der belangten Behörde nicht in Zweifel gezogen) wird auf dieser Liegenschaft "seit Jahrzehnten" keine Landwirtschaft mehr betrieben -, ist für die Beschwerde nichts zu gewinnen. Denn aus dieser Tatsache folgt ohne weiteres, daß insoweit die Verbesserung der Leistungsfähigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebes aus der gegenständlichen Absonderung nicht resultiert (vgl. dazu die auch hier zum Tragen kommenden grundlegenden Erwägungen zum Wesen von Stammsitzliegenschaften im hg. Erkenntnis vom 15. Jänner 1991, Zl. 89/07/0109).
Die behauptete Rechtswidrigkeit liegt somit auch in dieser Hinsicht nicht vor.
5. Ob im Beschwerdefall - wie von der belangten Behörde angenommen - auch der Tatbestand des § 38 Abs. 4 lit. b TFLG 1978 (Zersplitterung von Anteilsrechten) verwirklicht wurde, kann dahinstehen, da für die Rechtmäßigkeit der Verweigerung der agrarbehördlichen Bewilligung die Erfüllung auch nur eines der Versagungstatbestände des § 38 Abs. 4 leg. cit. ausreicht. Wenn die Beschwerde darüber hinaus meint, daß die Voraussetzungen der lit. a und c des § 38 Abs. 4 leg. cit. nicht vorlägen, so übersieht sie, daß sich die belangte Behörde auf diese Tatbestände nicht berufen hat; im übrigen gilt auch insoweit das eben zu § 38 Abs. 4 lit. b TFLG 1978 Gesagte. Damit gehen auch die in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen ins Leere.
6. Da sich nach den vorstehenden Ausführungen die Beschwerde als zur Gänze unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
7. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992070056.X00Im RIS seit
23.06.1992