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20/05 Wohnrecht Mietrecht;Norm
EStG 1972 §28 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Baumann, Mag. Heinzl und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kirchmayr, über die Beschwerde der M und des W in X, beide vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat I) vom 11. März 1987, GZ. 146-3/86, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1983, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 11.720,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer bezogen auf Grund eines am 15. Jänner 1983 geschlossenen Bestandvertrages über ein in den Jahren 1952/1953 mit Mitteln des Wohnhauswiederaufbaufonds wiederhergestelltes Bestandobjekt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von S 82.000,-- monatlich. In der Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften (Gemeinschaften) 1983 machten die Beschwerdeführer gemäß § 28 Abs. 3 EStG 1972 einen steuerfreien Betrag von S 723.592,-- (verrechnungspflichtige Mieteinnahmen von S 1.062.720,-- abzüglich Werbungskosten von S 339.128,--) geltend. Mit der Begründung, die Bestimmung des § 28 Abs. 3 EStG 1972 sei bei frei vereinbarten Mieten nicht anzuwenden, gab das Finanzamt dem Antrag der Beschwerdeführer auf Bildung eines steuerfreien Betrages keine Folge und stellte die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 1983 gemäß § 188 BAO mit S 725.449,-- fest (Anteil M.W. S 362.724,-- und W.W. S 362.725,--).
Mit Berufung brachten die Beschwerdeführer vor, daß auch der frei vereinbarte Hauptmietzins zu den nach mietrechtlichen Vorschriften verrechnungspflichtigen Einnahmen zähle. Ergänzend wiesen die Beschwerdeführer in Beantwortung eines Vorhalteverfahrens darauf hin, daß der Erwerb der Liegenschaft von dem in finanziellen Schwierigkeiten befindlichen Verkäufer und nachfolgenden Mieter wegen des im Hinblick auf die zu erzielenden Mieten günstigen Kaufpreises erfolgt sei. Im Jahre 1984 sei der Mieter in Konkurs gegangen und die Miete sei dann im Einvernehmen mit dem Masseverwalter auf S 55.000,-- herabgesetzt worden.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge und setzte die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für 1983 einheitlich und gesondert mit S 405.537,-- (Anteil M.W. 202.768,-- und W.W. 202.769,--) fest. Sie vertrat dabei die Ansicht, daß jener Teil eines frei vereinbarten Mietzinses, der über den nach § 16 Abs. 1 Mietrechtsgesetz (MRG) angemessenen Betrag hinausgehe, nicht als Hauptmietzins anzusehen und somit nicht als verrechnungspflichtige Einnahme in der Hauptmietzinsabrechnung auszuweisen sei. Eine derartige, nach mietrechtlichen Vorschriften nicht verrechnungspflichtige Einnahme komme damit aber auch nicht für die Bildung eines steuerfreien Betrages gemäß § 28 Abs. 3 EStG 1972 in Frage. Dem Einwand, im MRG seien keine Obergrenzen der Mieten für Geschäftslokale festgelegt, stünden allein schon die Vorschriften des § 16 Abs. 1 MRG entgegen. Der Gesetzgeber des MRG gehe trotz aller Einschränkungen vertraglicher Dispositionsfreiheit davon aus, daß der Mietzins jeweils zu vereinbaren sei, und beschränke nur die zulässige Höhe entweder durch die Grenze einer Angemessenheit in § 16 Abs. 1 MRG oder nach starren Ausstattungskategorien im § 16 Abs. 2 MRG mit ziffernmäßig festgelegten, wenn auch dynamisierten Höchstbeträgen. Der Vermieter sei aber grundsätzlich nicht verpflichtet, die jeweilige Höchstgrenze auszuschöpfen. Die Ansicht der Beschwerdeführer, es handle sich nicht um einen überhöhten, sondern um einen frei vereinbarten Mietzins, werde nicht nur von der Finanzbehörde, sondern auch vom Masseverwalter nicht geteilt. In einem Schreiben habe der Masseverwalter ausgeführt, daß ihm der vereinbarte Mietzins von S 82.000,-- netto wesentlich überhöht erschienen sei, sodaß die Herabsetzung des Mietzinses auf monatlich S 55.000,-- für die Zeit Mai bis Dezember 1985 und ab Jänner 1986 auf S 60.000,-- vereinbart worden sei.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Übersteigen bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung die nach mietrechtlichen Vorschriften verrrechnungspflichtigen Einnahmen aus der Vermietung eines Grundstückes (Gebäudes) sowie die zur Deckung von Aufwendungen nach § 10 Mietrechtsgesetz vereinnahmten Beträge sämtliche mit diesem Grundstück (Gebäude) in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Werbungskosten, so bleibt der übersteigende Betrag gemäß § 28 Abs. 3 EStG 1972 auf Antrag zunächst steuerfrei. Voraussetzung ist, daß die verrechnungspflichtigen Einnahmen in der nach mietrechtlichen Vorschriften gebotenen Abrechnung der Mietzinsreserve oder der Erhaltungsbeiträge ausgewiesen werden.
Was nun zu den nach mietrechtlichen Vorschriften verrechnungspflichtigen Einnahmen zählt, ist hier nach den Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes, BGBl. 520/1981, zu beurteilen.
Gemäß § 20 Abs. 1 MRG hat der Vermieter in übersichtlicher Form eine Abrechnung über die Einnahmen und Ausgaben eines jeden Kalenderjahres zu legen. Die Abrechnung hat nach Z. 1 lit. a der Gesetzesstelle als Einnahmen die dem Vermieter für die vermieteten Mietgegenstände des Hauses als Hauptmietzins (erhöhter Hauptmietzins, Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag) entrichteten Beträge auszuweisen.
Gemäß § 16 Abs. 1 Z. 1 MRG sind Vereinbarungen zwischen dem Vermieter und dem Mieter über die Höhe des Hauptmietzinses für einen in Hauptmiete gemieteten Mietgegenstand ohne die Beschränkungen des Abs. 2 bis zu dem für den Mietgegenstand nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs- und Erhaltungszustand angemessenen Betrag zulässig, wenn der Mietgegenstand nicht zu Wohnzwecken dient; wird ein Mietgegenstand teils als Wohnung, teils als Geschäftsräumlichkeit verwendet, so darf nur der für Wohnungen zulässige Hauptmietzins angerechnet werden, es sei denn, daß die Verwendung zu Geschäftszwecken die Verwendung zu Wohnzwecken bedeutend überwiegt.
Übersteigt der nach Abs. 1 vereinbarte Hauptmietzins den für den Mietgegenstand nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs- und Erhaltungszustand angemessenen Betrag, so ist gemäß § 16 Abs. 5 MRG die Mietzinsvereinbarung soweit unwirksam, als sie dieses Höchstmaß überschreitet.
Was entgegen den Bestimmungen der §§ 15 bis 26 oder den Bestimmungen des Abs. 1 geleistet wird, kann gemäß § 27 Abs. 3 MRG samt gesetzlichen Zinsen zurückgefordert werden. Auf diesen Rückforderungsanspruch kann im voraus nicht rechtswirksam verzichtet werden. Der Rückforderungsanspruch verjährt in drei Jahren. Die Verjährung des Rückforderungsanspruches ist gehemmt, solange bei Gericht (bei der Gemeinde, § 39) ein Verfahren über die Höhe des Mietzinses anhängig ist.
Bei den nach mietrechtlichen Vorschriften verrechnungspflichtigen Einnahmen ist zwischen den fiktiven, deren Höhe das Gesetz ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Verhältnisse normiert, und den effektiv zu verrechnenden zu unterscheiden, bei denen auf den tatsächlichen Eingang abgestellt wird. Bei Effektivverrechnung kommt es ausschließlich auf die eingehenden Zahlungen an, gleichgültig, ob sie geringer sind, als es dem Gesetz oder der Vereinbarung entspricht, oder ob sie gesetzliche Höchstgrenzen übersteigen; allerdings nur bis zur Rückforderung. Effektiv zu verrechnen sind u.a. Hauptmietzinse für den Mietzinsvorschriften des MRG unterliegende Mietgegenstände (Würth in Korinek-Krejci, Handbuch zum Mietrechtsgesetz, S 379 f).
Verstöße gegen die u.a. in Abs. 1 des § 16 MRG normierten Höchstgrenzen sind nach § 16 Abs. 5 leg. cit. mit Teilnichtigkeit hinsichtlich des übersteigenden Betrages bedroht, sodaß dieser innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist des § 27 rückwirkend zurückgefordert werden kann (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19, Rz. 7 zu § 16). Solange überhöhte Mietzinse nicht zurückgefordert werden, sind diese voll zu verrechnen (Würth-Zingher, aaO, Rz. 3 zu § 20).
Erst im Fall der Entscheidung über die Angemessenheit des vereinbarten oder begehrten Hauptmietzinses nach § 37 Abs. 1 Z. 8 MRG wird die Verrechnungspflicht der Einnahmen rückwirkend zu beurteilen sein.
Unbestritten handelt es sich im vorliegenden Fall um effektiv zu verrechnende Einnahmen. Eine Rückforderung eines Teiles des Hauptmietzinses ist nicht erfolgt. Die von der Abgabenbehörde vorgenommene Beurteilung der Angemessenheit des Hauptmietzinses kann aber - wie dargestellt - an der Verrechnungspflicht der allenfalls überhöhten Einnahmen nichts ändern.
Die Beschwerde, mit der vorgebracht wird, daß der im vorliegenden Fall bezahlte Hauptmietzins zur Gänze zu den nach mietrechtlichen Vorschriften verrechnungspflichtigen Einnahmen zählt, erweist sich demnach als berechtigt. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1987140092.X00Im RIS seit
23.06.1992