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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §184 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kirchmayr, über die Beschwerde des F in L, vertreten durch den zur Verfahrenshilfe bestellten Rechtsanwalt Dr. G in V, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat) vom 25. Juli 1991, Zl. B 89/1 - 4/88, betreffend Umsatzsteuer (vorläufig), Einkommen- und Gewerbesteuer jeweils für 1987, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen im Betrag von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Baumeister. Er erstattet schon seit Jahren keine Einkommen- und Gewerbesteuererklärungen und führt keine fortlaufenden ordnungsgemäßen Aufzeichnungen. Für das Jahr 1987 erfolgte eine abgabenbehördliche Prüfung hinsichtlich Umsatzsteuer und Straßenverkehrsbeitrag. Dabei wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer die Umsätze nicht fortlaufend aufzeichnete, sodaß sie anhand vorgelegter Rechnungsdurchschriften ermittelt werden mußten. Die Ausgangsrechnungen waren nicht fortlaufend numeriert, sodaß eine Überprüfung auf deren Vollständigkeit nicht möglich war. Eine Verprobung anhand der Zahlungseingänge (bar und auf Bankkonten) wurde versucht. Hiebei wurden bei Bankkonten Zahlungseingänge auf Rechnungen für 1987 festgestellt, bei denen die Rechnungsdurchschriften nicht vorgelegt worden sind. Allerdings wurden nicht alle Bankkonten vorgelegt und auch keine Einnahmenaufzeichnungen in bezug auf Bareingänge. Eine lückenlose Überprüfung der Umsätze war daher nicht möglich. Die Umsätze wurden deshalb sowohl um die bisher nicht versteuerten Entgelte ergänzt, als auch um einen "Unsicherheitszuschlag" von S 100.000,-- zur Erfassung jener Entgelte, deren Verprobung mangels geeigneter Unterlagen unmöglich war. Es wurde auch festgestellt, daß der Beschwerdeführer, der auf Grund der Umsatzhöhe zur monatlichen Abgabe von Voranmeldungen verpflichtet gewesen sei, nur vierteljährliche Umsatzsteuervoranmeldungen vorgenommen hatte. Der Prüfer kürzte den Vorsteuerbetrag um im einzelnen genannte und begründete Positionen, die mit dem Unternehmen nicht im Zusammenhang standen, darunter solche, die einen Pkw betrafen. Das Finanzamt folgte in seinem vorläufigen Umsatzsteuerbescheid den Feststellungen des Prüfers. Die Einkommen- und Gewerbesteuer setzte das Finanzamt auf Grund einer Globalschätzung (Gewinn rund 8 vom vorangemeldeten Umsatz) fest, weil der Beschwerdeführer keinerlei Unterlagen zur Verfügung stellte, die eine andere Gewinnermittlung erlaubt hätten.
Der Beschwerdeführer erhob Berufungen und behauptete, sämtliche Rechnungen seinen Umsatzsteuervoranmeldungen zugrundegelegt zu haben. Die vom Finanzamt berücksichtigte Rechnung vom 3. August 1987 über S 72.504,-- sei storniert worden, die Rechnung vom 9. Dezember 1987 sei als Teilrechnung ausgestellt worden. Der Unsicherheitszuschlag sei daher ebenfalls nicht berechtigt. Die Vorsteuerkürzung werde nicht zur Kenntnis genommen. Die Globalgewinnschätzung sei überhöht. Im Baugewerbe sei ein Gewinn vom Umsatz zwischen 3 und 5 anzusetzen. Laut Mitteilung mehrerer Unternehmer im Baugewerbe kann höchstens mit einem Reingewinn auf Umsatz von 4 gerechnet werden. Hätte der Beschwerdeführer eine Erklärung bzw. Bilanz abgegeben, würde die Einkommen- und Gewerbesteuer gering sein. Investitionen, Kreditrückzahlungen und uneinbringliche Forderungen seien nicht berücksichtigt worden.
Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie schenkte den Behauptungen des Beschwerdeführers in der Berufung aus den von ihr im einzelnen dargestellten Gründen keinen Glauben. Dabei nahm sie unter anderem darauf Rücksicht, daß der Beschwerdeführer im Verfahren nicht entsprechend und konkretisiert mitgewirkt habe. Es sei daher nicht als erwiesen anzunehmen, daß er die vom Finanzamt dem Umsatz hinzugerechneten Ausgangsrechnungen bereits in seinen Voranmeldungen berücksichtigt habe, die eine Rechnung bereits im Jahre 1987 und nicht erst 1988 storniert wurde und es sich bei der Rechnung vom 9. Dezember 1987 um eine Teilrechnung gehandelt habe, die Abschlußrechnung daher erst im Jahre 1988 nach vollständiger Erbringung der Leistungen gelegt worden sei. Auf die Begründung für die Vorsteuerkürzungen sei der Beschwerdeführer im einzelnen überhaupt nicht eingegangen. Der Beschwerdeführer habe in den Vorjahren, in denen ebenfalls Globalschätzungen des Gewinns erfolgt seien, höhere Reingewinnsätze als 8 hingenommen. Sein Vorbringen, für 1987 sei ein Reingewinnsatz von 8 überhöht, sei daher als Schutzbehauptung zu werten, weil nicht angenommen werden könne, daß sich die Verhältnisse im Baugewerbe innerhalb weniger Monate drastisch zum Nachteil des Beschwerdeführers geändert hätten. Mangels ordentlicher Gewinnermittlung durch Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben sei das Vorbringen des Beschwerdeführers über Investitionen, Kreditrückzahlungen und uneinbringliche Forderungen nicht zu berücksichtigen gewesen.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht auf gesetzmäßige Abgabenfestsetzung verletzt, er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gem. § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG zusammengesetzten Senat erwogen:
In seiner Ausführung des Beschwerdegrundes inhaltlicher Rechtswidrigkeit geht der Beschwerdeführer nicht von dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt aus. Dieser Beschwerdegrund ist deshalb nicht dem Gesetz (§ 41 VwGG) gemäß ausgeführt. Das betreffende Vorbringen ist daher nicht geeignet, die behauptete Rechtswidrigkeit aufzuzeigen.
Zum Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptet der Beschwerdeführer, die belangte Behörde habe die von ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen in keiner Weise berücksichtigt, sondern sei dem Bericht des Prüfers kritiklos gefolgt. Der Vorwurf ist unberechtigt. Der Beschwerdeführer führt nicht aus, welche von ihm zur Verfügung gestellte Unterlagen er meint. Die aus den vorgelegten Verwaltungsakten ersichtlichen Unterlagen waren nicht geeignet, die Prüfungsfeststellungen zu widerlegen. Auch die Behauptung, die belangte Behörde habe den Bericht des Prüfers kritiklos übernommen, ist unrichtig. Dies zeigt die ausführliche Auseinandersetzung der belangten Behörde mit dem vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren gemachten Vorbringen und den von ihm im Verwaltungsverfahren vorgelegten Unterlagen. Der Beschwerdeführer setzt sich mit den betreffenden Begründungselementen des angefochtenen Bescheides nicht auseinander. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher nicht zu erkennen, aus welchem Grund die belangte Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung unter Berücksichtigung des Erfordernisses der Schlüssigkeit zu für den Beschwerdeführer günstigeren Tatsachenfeststellungen hätte gelangen müssen.
Daß die Rechnungen vom 30.10., 10.11., 2.12. und 17.12.1987 über zusammen S 224.932,80 im Jahre 1987 zur Gänze vorangemeldet worden seien, hat der Beschwerdeführer im Zuge des Verwaltungsverfahrens nie konkretisiert nachgewiesen. Sein Beschwerdevorbringen, die Voranmeldung sei in der Weise geschehen, daß die erste Teilrechnung in Höhe von S 35.277,75 im November 1987 in die Buchhaltung Eingang gefunden habe, der Restbetrag von S 189.654,85 im Dezember 1987, ist eine unzulässige und daher im Beschwerdeverfahren unbeachtliche Neuerung. In diesem Zusammenhang ist vor allem darauf hinzuweisen, daß der Beschwerdeführer im gesamten Verwaltungsverfahren nie ernstlich behauptet hat, eine "Buchhaltung" zu besitzen. Die anläßlich der abgabenbehördlichen Prüfung festgestellten Mängel seiner Aufzeichnungen der Umsätze hat er ebenfalls im Verwaltungsverfahren nie zu widerlegen versucht.
Hinsichtlich der Rechnung vom 9. Dezember 1987 im Betrag von S 98.640,-- hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid festgestellt, daß eine Rückfrage beim Rechnungsadressaten ergeben habe, daß die 1987 abgerechneten Leistungen im Streitjahr auch tatsächlich erbracht worden seien. Der Beschwerdeführer sei im Zuge des Berufungsverfahrens auf den Vorhalt dieser Tatsache nicht näher eingegangen, sondern habe lediglich einerseits behauptet, die Arbeiten mit Jahresende nicht fertiggestellt zu haben, andererseits unmittelbar darauf, daß die Arbeiten 1987 fertiggestellt worden seien. Auf Grund dieses Widerspruches im Vorbringen des Beschwerdeführers selbst habe die belangte Behörde der Mitteilung des Leistungsempfängers geglaubt. Der Beschwerdeführer trägt nichts vor, was Anhaltspunkte für eine Unschlüssigkeit dieser Beweiswürdigung der belangten Behörde bieten könnte. Ob der Beschwerdeführer den betreffenden Rechnungsbetrag im Laufe des Jahres 1988 in einer Voranmeldung berücksichtigt hat, ist im Beschwerdeverfahren ohne Bedeutung.
Hinsichtlich der Stornierung der Rechnung vom 3. August 1987 über S 72.504,-- hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Behauptung nicht geglaubt, die Stornierung sei noch im Jahre 1987 "mit 31. Dezember 1987" erfolgt, weil der Beschwerdeführer in seiner Berufungsschrift ausdrücklich ausgeführt hatte, daß die Rechnung "mit 1. September 1988" storniert worden sei. Angesichts der Berichtigungsgrundsätze des § 16 UStG 1972 berühre die nachträgliche Änderung der Bemessungsgrundlage die gegenständliche Steuerfestsetzung nicht. Dem Beschwerdevorbringen kann nicht entnommen werden, daß die belangte Behörde dem betreffenden Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers nicht hätte folgen dürfen. Die belangte Behörde hat daher das spätere gegenteilige Vorbringen des Beschwerdeführers keineswegs "ignoriert und keiner weiteren Prüfung unterzogen", sondern dem ersten Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers geglaubt. Der Aktenlage sind keine Umstände entnehmbar, die für eine Unschlüssigkeit dieser Beweiswürdigung der belangten Behörde sprechen.
Im Hinblick auf die bereits erwähnten Unsicherheiten der Umsatzaufzeichnungen des Beschwerdeführers war die Hinzuschätzung eines "Unsicherheitszuschlages" von S 100.000,-- nicht rechtswidrig.
Was die Kürzung der Vorsteuer anlangt, wurde diese vom Prüfer in seinem Bericht detailliert und eingehend begründet. Der Beschwerdeführer ist im Zuge des Verwaltungsverfahrens trotz mehrmaliger Aufforderung auf diese Begründung nie eingegangen, sondern hat lediglich pauschal erklärt, die Kürzung von Vorsteuern nicht zur Kenntnis zu nehmen. Auf Grund dieser Sachlage war es nicht rechtswidrig, daß die belangte Behörde den betreffenden Prüferfeststellungen folgte. Das Beschwerdevorbringen, der "Peugeot" sei in Wahrheit ein "Lkw mit geschlossenem Aufbau, fester Wand hinter dem Sitz sowie einer Ladetür hinten", der Beschwerdeführer habe sich vergeblich bemüht, den Prüfer unter Vorlage des Typenscheines von der Klassifizierung des Kraftwagens zu überzeugen, ist als unzulässige Neuerung gemäß § 41 VwGG unbeachtlich, weil ein entsprechendes Vorbringen im Zuge des Verfahrens vor den Verwaltungsbehörden nicht gemacht wurde.
Da der Beschwerdeführer Einkommen- und Gewerbesteuererklärungen nie erstattete, aber auch keine Gewinnermittlung, sei es durch Betriebsvermögensvergleich, sei es durch Einnahmen-Ausgabenrechnung, vorwies, war es nicht rechtswidrig, daß die Abgabenbehörden mit Globalschätzung vorgingen. Im Hinblick auf diese zulässige Schätzungsmethode war das im übrigen nicht konkretisierte Vorbringen des Beschwerdeführers über Investitionen, uneinbringliche Forderungen und Kreditrückzahlungen für die Schätzung bedeutungslos. Die Behauptung, der Beschwerdeführer habe sein betreffendes Vorbringen durch entsprechende Unterlagen untermauert, findet in der Aktenlage keine Deckung. Seine Richtigkeit ist auch nicht auf andere Weise nachprüfbar dargelegt. Es kann von ihm daher nicht ausgegangen werden.
Zur Begründung seiner Behauptung, daß ein 8-iger Reingewinnsatz mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht in Einklang gebracht werden könne, trägt der Beschwerdeführer lediglich vor, daß sich auf Grund der im Baugewerbe herrschenden Konkurrenz die Kalkulationen zwischen 2 und 3 bewegten. Diese - im übrigen durch den Beschwerdeführer nicht bewiesene - Behauptung zeigt eine Rechtswidrigkeit der Globalschätzung nicht auf. Für diese kommt es nämlich nicht auf die Verhältnisse im Baugewerbe im allgemeinen an, sondern auf die Verhältnisse des Betriebes des Beschwerdeführers. Die belangte Behörde hat nun als Indiz für die Richtigkeit der Globalschätzung den Umstand herangezogen, daß der Beschwerdeführer in Vorjahren wesentlich höhere, der Schätzung im Abgabenverfahren zugrundegelegte Reingewinnsätze anstandslos hingenommen habe. Diese Überlegung ist nicht unschlüssig und daher vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu beanstanden.
Der Beschwerdeführer zeigt daher auch mit der Behauptung, durch eine Anfrage bei der Bundesinnung der Baugewerbe hätte ohne großen Aufwand "verifiziert werden können", daß auf Grund der im Baugewerbe herrschenden Konkurrenz sich die Kalkulationen zwischen 2 und 3 bewegten, einen wesentlichen Verfahrensmangel nicht auf. Einen Beweisantrag in dieser Richtung hatte er im Verwaltungsverfahren im übrigen nie gestellt.
Da dem angefochtenen Bescheid somit keine Rechtswidrigkeit anhaftet, die den Beschwerdeführer im Rahmen des Beschwerdepunktes in seinen Rechten verletzt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992140028.X00Im RIS seit
23.06.1992