TE Vwgh Erkenntnis 1992/6/24 91/12/0123

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.06.1992
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

AVG §52;
PG 1965 §36 Abs1;
PG 1965 §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Steiner, über die Beschwerde des E in V, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 15. März 1991, Zl. SchA-64930/110/1991, betreffend Begünstigung gemäß § 9 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Anfechtung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde der im Jahre 1943 geborene Beschwerdeführer auf seinen Antrag gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 302, mit Wirksamkeit vom 1. April 1991 in den Ruhestand versetzt. Weiters wurde ausgesprochen, daß eine Zuerkennung von Jahren zur ruhegenußfähigen Dienstzeit gemäß § 9 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, nicht stattfinde, weil die gesetzlichen Voraussetzungen fehlten. Schließlich enthält der Bescheid noch die Bemessung des Ruhegenusses, die mit 86 v.H. der Ruhegenußbemessungsgrundlage vorgenommen wurde. Zur Versetzung in den Ruhestand führte die belangte Behörde in der Bescheidbegründung aus, da der Beschwerdeführer seit 24. Dezember 1990 ununterbrochen im Krankenstand stehe und nach dem vorliegenden psychiatrischen Gutachten der Universitätsklinik Innsbruck, das ihm am 7. Februar 1991 zur Einsichtnahme übermittelt worden sei, mit der Wiedererlangung der Dienstfähigkeit nicht mehr zu rechnen sei, sei auch die Dienstbehörde der Meinung, daß dauernde Dienstunfähigkeit vorliege und somit die gesetzlichen Voraussetzungen für die vom Beschwerdeführer beantragte Versetzung in den Ruhestand gegeben seien.

Zur Begründung des Abspruches, betreffend die Begünstigung gemäß § 9 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965, führte die belangte Behörde aus: Aufgrund des zitierten ärztlichen Gutachtens leide der Beschwerdeführer an einer depressiven Erkrankung vom bipolaren Verlaufstyp. Trotz des im Gutachten festgestellten Leidenszustandes sei die Dienstbehörde der Meinung, daß der Beschwerdeführer infolge der verbliebenen körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit durchaus in der Lage sei, eine zumutbare anderweitige Beschäftigung auszuüben, sodaß die Zurechnung von Jahren gemäß § 9 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 nicht möglich gewesen sei.

Mit der vorliegenden Beschwerde ficht der Beschwerdeführer diesen Bescheid insoweit an, als ihm damit die Begünstigung gemäß § 9 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 versagt wurde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Zurechnung von Jahren zur ruhegenußfähigen Dienstzeit verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die von der belangten Behörde erstatteten Gegenschrift erwogen:

Gemäß § 106 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984 sind unter anderem die Vorschriften des Pensionsgesetzes 1965 auf die Landeslehrer mit der Maßgabe anzuwenden, daß anstelle des Dienstverhältnisses zum Bund das Dienstverhältnis zu dem betreffenden Land tritt.

Im § 9 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 in der Fassung BGBl. Nr. 426/1985, ist angeordnet, daß dem Beamten, der ohne sein vorsätzliches Verschulden zu einem zumutbaren Erwerb unfähig geworden ist, aus Anlaß der Versetzung in den Ruhestand der Zeitraum, der für die Erlangung des Ruhegenusses im Ausmaß der Ruhegenußbemessungsgrundlage erforderlich ist, höchstens jedoch zehn Jahre, zu seiner ruhegenußfähigen Dienstzeit zuzurechnen ist.

Gemäß § 36 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 hat die Dienstbehörde, soweit die Beurteilung eines Rechtsbegriffes von der Beantwortung von Fragen abhängt, die in das Gebiet ärztlichen Fachwissens fallen, durch ärztliche Sachverständige Beweis zu erheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu § 9 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 23. Oktober 1987, Zl. 86/12/0115, und die darin angeführten weiteren Entscheidungen sowie das einen gleichgelagerten Fall betreffende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Jänner 1988, Zl. 87/12/0123) die Auffassung vertreten, daß die Dienstbehörde auf Grund des Gutachtens eines ärztlichen Sachverständigen festzustellen hat, welche Erwerbstätigkeiten (Berufe) der Beamte auf Grund der ihm verbliebenen Leistungsfähigkeit noch ausüben kann. Dies setzt eine berufskundliche Beurteilung voraus und muß ausreichend, das ist in einer die nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof ermöglichenden Art und Weise, begründet werden. Tätigkeiten die der Beamte vom medizinischen Standpunkt beurteilt noch auszuüben vermag, sind dann zumutbar, wenn sie ihrer sozialen Geltung nach der früheren Beschäftigung, der dienstlichen Stellung und der Fortbildung des Beamten annähernd gleichkommen und wenn die Aufnahme der Tätigkeit vom Beamten auch nach seinen sonstigen persönlichen Lebensumständen billigerweise erwartet werden kann.

Die belangte Behörde hat im Beschwerdefall die hier zu lösenden Fragen ohne ausreichende Ermittlung des Sachverhaltes und ohne ausreichende Begründung beantwortet. Der angefochtene Bescheid mußte daher (im Umfang der Anfechtung) gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit.b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Arzt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991120123.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten