Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Steiner, über die Beschwerde des NN in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Bundeskanzlers (nunmehr: Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz) vom 10. Juni 1988, Zl. 3147/5-I/2b/88, betreffend Fahrtkostenzuschuß, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist die Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung und -forschung mit Sitz in Wien (die seit der Novelle des Bundesministeriengesetzes 1986, BGBl. Nr. 45/1991, wieder in den Planstellenbereich des Bundesministeriums für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz fällt.
Mit Schreiben vom 9. Juni 1983 gab der Beschwerdeführer seiner Dienstbehörde bekannt, er habe seinen "Hauptwohnsitz" von W (Anm.: das ist der Wohnsitz der Eltern des Beschwerdeführers) nach V in derselben Ortsgemeinde verlegt. Der "Neben- und Dienstwohnsitz" in L.gasse in Wien bleibe von dieser Maßnahme unberührt.
Mit Schreiben vom 17. Juli 1987 teilte der Beschwerdeführer der belangten Behörde mit, er habe seinen im Dienstort Wien gelegenen Wohnsitz auflösen müssen; sein (nunmehr einziger) Wohnsitz befinde sich in V.
Mit Schreiben vom 20. Juli 1987 gab der Beschwerdeführer der belangten Behörde bekannt, daß die Auflösung seines Wohnsitzes auf zwingende soziale und familiäre Umstände (Hilfsbedürftigkeit seiner Eltern) zurückzuführen sei; gleichzeitig ersuchte er um Zuerkennung eines Fahrtkostenzuschusses.
Nachdem der Beschwerdeführer über Aufforderung der belangten Behörde in seiner Stellungnahme vom 28. September 1987 die Gründe für die Auflösung seines Wohnsitzes in Wien näher dargelegt hatte (Betreuungsbedürftigkeit seiner in W allein in einem Haus lebenden Eltern; Schwester in der Nähe Mailand mit ihrer Familie lebend; finanzielle Unzumutbarkeit der Unterbringung seiner Eltern in einem Pflegeheim und Unzumutbarkeit der Führung zweier getrennter Haushalte aus familiären und finanziellen Gründen) wies die belangte Behörde mit Dienstrechtsmandat vom 25. Jänner 1988 den Antrag auf Gewährung eines Fahrtkostenzuschusses nach § 20 b des Gehaltsgesetzes 1956 ab. Sie begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, die Pflege und Betreuung der Eltern könne zwar als anerkannte sittliche Pflicht angesehen werden, doch bedinge deren Erfüllung nicht zwingend und notwendig die Verlegung des Wohnsitzes (eines Kindes). Dies sei nur eine der Möglichkeiten, das Problem der Elternbetreuung zu lösen. Eine andere - vom Beschwerdeführer selbst erwähnte - Möglichkeit sei die Unterbringung der Eltern in einem Pflegeheim. Mangels konkreter Angaben des Beschwerdeführers über die von ihm behauptete finanzelle Unzumutbarkeit dieser Maßnahme (unter Berücksichtigung allfälliger Zuschußmöglichkeiten durch die öffentliche Hand) könnten die von ihm vorgebrachten Gründe nicht als von ihm selbst nicht zu vertretende bewertet werden.
Auf Grund der Vorstellung des Beschwerdeführers führte die belangte Behörde ein Ermittlungsverfahren durch, gewährte dem Beschwerdeführer zu den Ergebnissen Parteiengehör und wies mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 10. Juni 1988 dessen Vorstellung ab und bestätigte die Ablehnung des Ansuchens um Gewährung eines Fahrtkostenzuschusses nach § 20 b GG 1956.
Sie begründete ihren Bescheid im wesentlichen damit, die der Dienststelle nächstgelegene Wohnung des Beschwerdeführers habe sich bis 17. Juli 1987 in Wien befunden; seither wohne er nach seiner Meldung in V. Laut Mitteilung des Allgemeinen öffentlichen Krankenhauses W vom 22. Februar 1988 und der Bezirkshauptmannschaft W vom 23. März 1988 seien die Eltern des Beschwerdeführers pflegebedürftig. Das Einkommen der Eltern betrage derzeit rund S 11.240,--. Im Falle der Unterbringung im Pflegeheim entstünden laut Kostenschätzung der Bezirkshauptmannschaft ungedeckte Kosten von monatlich
S 7.088,--; der Beschwerdeführer habe auf Grund seines geschätzten Nettoeinkommens (S 15.000,--) mit einem (monatlichen) Betrag von S 1.950,-- dazu beizutragen. Die Kosten eines pauschalierten Fahrtkostenzuschusses für die tägliche Fahrt vom derzeitigen Wohnsitz des Beschwerdeführers zu seiner Dienststelle würden S 999,-- betragen. Von diesem Sachverhalt informiert habe der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 28. April 1988 dies nicht bestritten, sondern im wesentlichen auf die sittliche Verpflichtung der Elternbetreuung hingewiesen, deren Beweis die Behörde hätte aufnehmen müssen. Demgegenüber habe die belangte Behörde bereits festgestellt, daß diese Verpflichtung als allgemein anerkannte sittliche Pflicht angesehen werde. Nach Wiedergabe des § 20 b GG 1956 führte die belangte Behörde weiters aus, sie habe im Sinn des § 20 b Abs. 6 Z. 2 leg. cit. geprüft, ob der Beschwerdeführer den Wohnungswechsel selbst zu vertreten habe. Im Beschwerdefall seien daher wirtschaftliche, familiäre und soziale Aspekte untersucht und bewertet worden:
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In Relation zu seinem Monatsbezug (netto: S 15.575,--) müßten die zusätzlichen Kosten von und zum Dienstort in der Höhe von
S 999,-- als wirtschaftlich zumutbar angesehen werden;
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die sittliche Verpflichtung der Kinder, ihre Eltern zu betreuen, werde ausdrücklich anerkannt. Allerdings könne die einzige Lösung dieses Problems nicht darin bestehen, den Wohnsitz zu verlegen und im Umweg über besoldungsrechtliche Forderungen dem Dienstgeber die Pflegekosten zu überwälzen;
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die tägliche Fahrt von und zum Dienstort stelle auch eine familiäre und soziale Belastung dar. Diese Belastung habe jedoch ein erheblicher Teil der erwerbstätigen Bevölkerung wegen der Arbeitsmarktlage zu tragen ("Pendlerschicksal"). Auch einem Beamten müsse diese Belastung zugemutet werden können. Mangels Vorliegen der gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen für einen Fahrtkostenzuschuß sei das Dienstrechtsmandat zu bestätigen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 20b Abs. 6 Z. 2 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung) ist der Beamte vom Anspruch auf Fahrtkostenzuschuß ausgeschlossen, solange er aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, mehr als 20 km außerhalb seines Dienstortes wohnt.
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Fahrtkostenzuschuß nach § 20b GG 1956 durch unrichtige Anwendung dieser Norm, insbesondere ihres Abs. 6 Z. 2, verletzt.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bringt der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, der Beamte habe nur jene Gründe (im Sinne des § 20b Abs. 6 Z. 2 GG 1956) selbst zu vertreten, die er in Wahrnehmung einer ihm zukommenden Gestaltungsfreiheit hätte vermeiden können. Eine darüber hinausgehende extensive Auslegung würde den Rahmen der üblichen Begriffsbedeutung sprengen: Sie wäre durch Wendungen wie "in der Sphäre des Beamten gelegene Gründe" oder "im privaten (persönlichen) Bereich des Beamten gelegene Gründe" zum Ausdruck gebracht worden. Davon sei offenbar auch die belangte Behörde ausgegangen, habe sie doch nicht bloß mit der Zugehörigkeit der im Beschwerdefall (für den Wohnungswechsel) maßgebenden Umstände zu seinem Privatbereich argumentiert, sondern aufzuzeigen versucht, der Beschwerdeführer hätte alternative Handlungsmöglichkeiten gehabt. Diese Frage habe aber die Behörde in rechtlicher Hinsicht unrichtig gelöst: der Beschwerdeführer erfülle nämlich durch die Betreuung seiner Eltern eine von der Rechtsordnung anerkannte sittliche Verpflichtung, zu der es (nach allen rechtlich bedeutsamen Kriterien) keine adäquate Alternative gebe. Sittliche Gründe könnten einen von der Rechtsordnung anerkannten derart zwingenden Charakter haben, daß sich der einzelne dem nicht entziehen könne; dies ergebe sich aus § 34 EStG 1972 und der dazu ergangenen Rechtsprechung. Handle jemand in Erfüllung einer sittlichen Pflicht, habe er diese Handlungsweise nicht "selbst zu vertreten". Der Verwaltungsgerichtshof habe auch in seinem Erkenntnis vom 27. April 1982, Zl. 81/12/0176, den Wohnungswechsel wegen Erkrankung der Ehegattin des Beamten als von diesem nicht zu vertreten bezeichnet. Im Beschwerdefall sei eine andere Beurteilung durch nichts gerechtfertigt; der Unterschied zwischen Ehe und dem Kind-Elternverhältnis werde dadurch berücksichtigt, daß eine Gleichhaltung der vorhin erwähnten Ehegattenpflicht mit der Kindespflicht nur dann anzunehmen sei, wenn die gesundheitliche Beeinträchtigung so schwerwiegend sei, daß eine ständige Betreuung erforderlich sei. Werde dies aber grundsätzlich bejaht, sei es völlig ausgeschlossen, im Fall der Pflegebedürftigkeit der Eltern zu verlangen, es dürfe nur die persönlich-menschliche wie auch medizinisch-gesundheitliche (es sei medizinisch erwiesen, daß ein alter Mensch durch eine gravierende Umstellung des Lebensbereiches - eine solche stelle eine Übersiedlung in ein Pflegeheim dar - schwer beeinträchtigt werde, was sogar zu einer Verkürzung seines Lebens führen könne) und im Beschwerdefall sogar die aus der Sicht der Finanzen der öffentlichen Hand (Zuschußbedarf von mehr als S 5.000,-- bei Heimbetreuung gegenüber einem Fahrtkostenzuschuß in der Höhe von S 1.000,--) schlechtere Lösung - nämlich die Heimbetreuung - gewählt werde. Der entscheidende Rechtsirrtum der belangten Behörde liege also vor allem darin, daß sie es verkannt habe, es bestehe im Beschwerdefall keine (aus rechtlicher Sicht) zumutbare Handlungsalternative für den Beschwerdeführer, weshalb er den Wohnungswechsel nicht zu vertreten habe.
Die Beschwerde ist im Ergebnis berechtigt.
Strittig ist im Beschwerdefall nur die Frage, ob die belangte Behörde das Vorliegen des den Anspruch auf Fahrtkostenzuschuß ausschließenden Tatbestandes nach § 20b Abs. 6 Z. 2 GG 1956 annehmen durfte oder nicht.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beamte ein Wohnen außerhalb der 20 km-Zone (gerechnet vom Dienstort) dann nicht selbst zu vertreten, wenn - unter Bedachtnahme auf die Umstände des Einzelfalles - hiefür unabweislich notwendige Gründe vorliegen (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 26. Februar 1992, Zl. 90/12/0260 und die dort angeführte Vorjudikatur).
Zutreffend hebt der Beschwerdeführer hervor, daß dies der Fall ist, wenn dem Beamten zu der von ihm gewählten Möglichkeit der Begründung eines Wohnsitzes außerhalb der 20 km-Zone keine zumutbare Handlungsalternative offensteht. Ob dies der Fall ist, kann jeweils nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden, die unter Mitwirkung des Beamten von der Dienstbehörde zu erheben sind und einer sorgfältigen (Gesamt)Würdigung durch die Dienstbehörde zu unterziehen sind.
Eine zumutbare Handlungsalternative fehlt nicht nur in jenem Fall, in dem der Beamte mit seiner Wohnungswahl einer Rechtspflicht nachkommt. Insofern geht der an sich zutreffende Einwand der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift, den Beschwerdeführer treffe keine Rechtspflicht nach dem ABGB, die Sorgepflicht gegenüber seinen Eltern persönlich zu erbringen (vgl. dazu das bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Februar 1992, Zl. 90/12/0260) ins Leere. Schon in seiner bisherigen Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof familiäre Umstände (wie z.B. die Erkrankung der Ehegattin des Beamten) als Motiv für einen nicht vom Beamten zu vertretenen Wohnsitzwechsel angesehen (beginnend mit dem Erkenntnis vom 30. Juni 1977, Zl. 575/77; vgl. ferner die Erkenntnisse vom 27. April 1982, Zl. 81/12/0176 sowie vom 14. November 1983, Zl. 83/12/0005) und desgleichen wirtschaftlichen Gründen, wenn sie sich im Vermögen des Beamten auswirkten (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. November 1978, Zl. 80/78 = VwSlg. 9682/A) sowie sozialen Gründen (vgl. dazu das zur vergleichbaren Rechtslage nach der Wiener Besoldungsordnung ergangene Erkenntnis vom 26. Februar 1992, Zl. 90/12/0271) Bedeutung im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung zuerkannt. Eine solche Betrachtungsweise folgt aus § 20b Abs. 6 Z. 2 GG 1956 selbst, sodaß dem Hinweis des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde auf § 34 EStG 1972 keine tragende Bedeutung zukommt.
Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß die Eltern des Beschwerdeführers (Geburtsjahrgänge 1910 und 1913) im maßgeblichen Zeitpunkt pflegebedürftig waren. Die Bezirkshauptmannschaft W (der die belangte Behörde mangels einer erkennbaren Einschränkung zur Gänze gefolgt ist) gründete diese in ihrer an die belangte Behörde gerichteten Stellungnahme vom 23. Februar 1988 getroffene Feststellung auf eine amtsärztliche Untersuchung der Eltern des Beschwerdeführers vom 18. Februar 1988; sie ging dabei von der Pflegebedürftigkeit im Sinn des § 33 Abs. 3 lit. a NÖ. Sozialhilfegesetz aus und hielt fest, daß dieser Begriff den Kriterien für die Gewährung eines Hilflosenzuschusses entspreche. Die belangte Behörde ist auch insofern der Bezirkshauptmannschaft gefolgt, als bei Unterbringung der Eltern in einem Pflegeheim dem Beschwerdeführer (unter Berücksichtigung seines Einkommens und der ihn treffenden Sorgepflichten für die Ehegattin und sein Kind) eine Kostenbeitragspflicht von S 1.950,-- (ca. 13 Prozent des Nettoeinkommen) treffen würde. Die zusätzlichen (durch den Wohnungswechsel bedingten) monatlichen Fahrtkosten W - Dienstort Wien (und retour) betrugen im maßgebenden Zeitpunkt S 999,--.
Vor dem Hintergrund der oben dargestellten Sach- und Rechtslage ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes davon auszugehen, daß eine derartige - wie im Beschwerdefall festgestellte - Pflegebedürftigkeit beider Eltern eines Beamten (die zu seinem Wohnungswechsel in deren Nähe führt, um ihre Pflege sicherzustellen) einen familiären Umstand darstellen kann, den der Beamte (im Sinne des § 20b GG 1956) nicht zu vertreten hat. Daß die Pflege nicht vom Beamten selbst, sondern (jedenfalls überwiegend) von seiner Ehegattin besorgt werden soll (in diesem Sinne können die Ausführungen des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 28. September 1987 verstanden werden) ist dabei ohne Bedeutung.
Entgegen der Auffassung der belangten Behörde ist bei der Mitberücksichtigung des wirtschaftlichen Aspektes nicht darauf abzustellen, ob es dem Beschwerdeführer zumutbar ist, die durch den im Beschwerdefall vorgenommenen Wohnungswechsel entstehenden zusätzlichen Fahrtkosten im Hinblick auf seinen Monatsbezug selbst zu tragen. § 20b Abs. 3 GG 1956 legt nämlich abschließend fest, welchen Fahrtkostenanteil der Beamte selbst zu tragen hat. Für über diesem Eigenanteil liegende Fahrtkosten gebührt dem Beamten bei Vorliegen der im § 20b GG 1956 geregelten Voraussetzungen (einschließlich des Nichtvorliegens von Ausschlußgründen) ein Fahrtkostenzuschuß. Das Gesetz enthält keinen Ansatzpunkt dafür, daß bei Prüfung des Ausschlußtatbestandes nach § 20b Abs. 6 Z. 2 GG 1956 die wirtschaftliche Zumutbarkeit der Tragung der (über den Eigenanteil liegenden) Fahrtkosten von Bedeutung sein soll. Zu prüfen ist vielmehr, mit welcher finanziellen Belastung des Beamten allenfalls zu der von ihm gewählten Lösung bestehende Alternativen verbunden wären. Bezogen auf den Beschwerdefall wäre daher zu prüfen gewesen, ob die (nach den Ermittlungen als einzige in Erwägung gezogene) Handlungsalternative (Unterbringung der Eltern des Beschwerdeführers in einem Pflegeheim) für den Beschwerdeführer wirtschaftlich zumutbar wäre oder nicht. Im Beschwerdefall ist diese Grenze der Zumutbarkeit (auf dem Boden der von der belangten Behörde getroffenen Sachverhaltsfeststellungen, wonach die Belastung über 10 Prozent des Nettobezuges läge) nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes bereits überschritten. Wegen der den Dienstgeber treffenden Treue- und Fürsorgepflicht kann im Rahmen der Prüfung der Gebührlichkeit des Fahrtkostenzuschusses nach § 20b GG 1956 eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit auch dann gegeben sein, wenn ein nach anderen Rechtsvorschriften vom Beschwerdeführer zu leistender Kostenbeitrag zur Unterbringung seiner Eltern in einem Pflegeheim auf sein Einkommen und seine Sorgepflichten Bedacht nimmt.
Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Kostenaufwand gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der im Beschwerdefall gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung, BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Sachverhalt SachverhaltsfeststellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1988120123.X00Im RIS seit
16.11.2000Zuletzt aktualisiert am
10.11.2010