TE Vwgh Erkenntnis 1992/6/25 92/09/0113

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Veröffentlicht am 25.06.1992
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
60/03 Kollektives Arbeitsrecht;

Norm

AKG 1992 §19;
AKG 1992 §5 Abs1 lita;
AKG 1992 §5 Abs1;
AKG 1992 §5 Abs2;
B-VG Art140 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Mag. Meinl, Dr. Fürnsinn, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde der W in L, vertreten durch Dr. AW, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 28. Jänner 1991, Zl. 53.140/1-3/91, betreffend Arbeiterkammerzugehörigkeit (mitbeteiligte Partei: Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich, Linz, Volksgartenstraße 40), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der (ergänzten) Beschwerde und des von der Beschwerdeführerin vorgelegten angefochtenen Bescheides geht der Verwaltungsgerichtshof vom folgenden Sachverhalt aus:

Die Beschwerdeführerin, die Gattin des Beschwerdevertreters ist, ist in seiner Kanzlei als Angestellte beschäftigt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 28. Jänner 1991 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin, ihre Nichtzugehörigkeit zur Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich festzustellen, ab und sprach aus, die Beschwerdeführerin gehöre als Angestellte im Betrieb des Rechtsanwaltes Dr W gemäß § 5 Abs. 1 des Arbeiterkammergesetzes, BGBl. Nr. 105/1954 in der geltenden Fassung (im folgenden AKG), der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich an. Begründend führte die belangte Behörde nach der Feststellung, die Voraussetzungen für eine Entscheidung nach § 5 Abs. 3 AKG lägen vor, im wesentlichen aus, für die Beschwerdeführerin als Angestellte im Betrieb eines Rechtsanwaltes käme keiner der Ausnahmetatbestände für die Arbeiterkammerzugehörigkeit nach § 5 Abs. 2 AKG in Betracht. Sie habe sich auch gar nicht auf einen Ausnahmetatbestand berufen; vielmehr stütze sie ihren Antrag auf die behauptete Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Festlegung der Kammerzugehörigkeit. Einen Individualantrag der Beschwerdeführerin (nach Art. 140 Abs. 1 B-VG) habe der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 27. November 1990, G 197/90, unter Hinweis auf die Möglichkeit nach § 5 Abs. 3 AKG vorzugehen, zurückgewiesen. Die behauptete Verfassungswidrigkeit des § 5 Abs. 1 AKG der geltenden Fassung könne von der belangten Behörde nicht aufgegriffen werden; im übrigen verweise sie jedoch auf die Entscheidung

VfSlg. 8485/1979, in der der Verfassungsgerichtshof keine Zweifel bezüglich der Verfassungsmäßigkeit der Pflichtmitgliedschaft geäußert habe. Da die Antragstellerin unbestritten zum Personenkreis der arbeiterkammerpflichtigen Dienstnehmer nach § 5 Abs. 1 AKG gehöre, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof, in der sie im wesentlichen die Zwangsmitgliedschaft nach § 5 Abs. 1 lit. a AKG (mit näherer Begründung) als verfassungswidrig bezeichnete. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 25. Februar 1992, B 178/91, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und sie antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde ergänzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bringt im wesentlichen unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, für Angestellte einer Rechtsanwaltskanzlei bestehe kein Kollektivvertrag; das Dienstverhältnis der Beschwerdeführerin unterliege dem Angestelltengesetz. Da der Kammer für Arbeiter und Angestellte somit auf das Dienstverhältnis kein Einfluß zukomme, stehe den zwangsweise eingehobenen "Umlagen" keine Gegenleistung gegenüber, sodaß die erwähnte Kammer ungerechtfertigt bereichert sei.

Dieser Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Im Beschwerdefall ist das Arbeiterkammergesetz, BGBl. Nr. 105/1954 in der Fassung zuletzt BGBl. Nr. 202/1982 anzuwenden.

§ 5 AKG regelt die Kammerzugehörigkeit. Aus dem System der Absätze 1 und 2 ergibt sich, daß grundsätzlich alle Dienstnehmer den Arbeiterkammern angehören, soweit sie nicht unter die in Abs. 2 abschließend angeführten Ausnahmen fallen (vgl. auch den Ausschußbericht zum AKG, 260 BlgStenProtNR, 7. GP). In der "Positivliste" nach § 5 Abs. 1 AKG werden dementsprechend die der Arbeiterkammer zugehörigen Dienstnehmer lediglich beispielsweise angeführt. Nach § 5 Abs. 1 lit. a AKG gehören (u.a.) den Arbeiterkammern alle Dienstnehmer an, die in freien Berufen beschäftigt sind.

Unbestritten ist, daß auf die Beschwerdeführerin kein Ausnahmetatbestand nach § 5 Abs. 2 AKG zutrifft.

Damit steht aber die Arbeiterkammerzugehörigkeit der Beschwerdeführerin nach § 5 Abs. 1 lit. a AKG fest; die oben erhobene Rechtsrüge ist daher unbegründet.

Soweit die Beschwerdeführerin auf diese Überlegungen neuerlich die von ihr behauptete Verfassungswidrigkeit des § 5 Abs. 1 lit. a AKG (und des § 19 Abs. 1 bis 4 leg. cit.) stützt und deren Anfechtung beim Verfassungsgerichtshof "beantragt", ist ihr zu erwidern, daß der Verwaltungsgerichtshof gegen diese Bestimmungen unter den von der Beschwerdeführerin aufgezeigten Gesichtspunkten keine verfassungsrechtliche Bedenken hat, zumal auch der Verfassungsgerichtshof in seinem die Beschwerdeführerin betreffenden Ablehnungsbeschluß (unter Hinweis auf VfSlg. 3120 und 11065) die Pflichtmitgliedschaft aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht beanstandet hat.

Die Beschwerdeführerin verkennt auch den umfassenden Auftrag nach § 1 Abs. 1 AKG, wonach unter anderem die Arbeiterkammern berufen sind, die sozialen, wirtschaftlichen, beruflichen und kulturellen Interessen der Dienstnehmer zu vertreten und zu fördern. Zur Durchführung dieses im § 1 festgesetzten Zweckes beruft das Gesetz die Arbeiterkammern zu einer Vielzahl von im § 2 AKG demonstrativ aufgezählten Aufgaben, zu denen auch die von der Beschwerdeführerin in den Mittelpunkt ihrer Beschwerde gestellte Vorbereitung von kollektiven Arbeitsverträgen (§ 2 lit. f) gehört. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes verbleiben jedoch unabhängig von dieser Aufgabe auch in Bezug auf die Beschwerdeführerin weitere Aufgaben zur Erfüllung des im § 1 AKG festgelegten Zweckes, die ihre Pflichtmitgliedschaft einschließlich der Umlagepflicht nach § 19 AKG rechtfertigen.

Da bereits die (ergänzte) Beschwerde ihrem Inhalt nach erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992090113.X00

Im RIS seit

25.06.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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