TE Vwgh Erkenntnis 1992/6/29 92/10/0026

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Veröffentlicht am 29.06.1992
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Index

L55007 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs3;
NatSchG Tir 1975 §13 Abs4;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck Dr. Waldner, Dr. Novak und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde der S in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 2. Dezember 1991, Zl. U-7421/44, betreffend Abweisung eines Antrages auf Verlängerung der Gültigkeit eines naturschutzrechtlichen Bescheides, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde, dem angefochtenen Bescheid und den damit im Zusammenhang vorgelegten Beilagen ergibt sich im wesentlichen folgender Sachverhalt:

Mit Bescheid vom 23. September 1982 erteilte die Tiroler Landesregierung der Beschwerdeführerin unter Berufung auf das Tiroler Naturschutzgesetz, LGBl. Nr. 15/1975 (im folgenden: TNSchG), die naturschutzrechtliche Ausnahmebewilligung betreffend die Errichtung und den Betrieb des Kraftwerkes K-E unter Vorschreibung verschiedener Nebenbestimmungen. Im Spruchpunkt II dieses Bescheides wurde dabei auch auf § 13 Abs. 4 TNSchG verwiesen. Dieser Bescheid erwuchs am 6. Oktober 1982 in Rechtskraft.

Mit Schreiben vom 8. August 1984 stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Verlängerung der ihr erteilten Bewilligung um weitere zwei Jahre. Der Antrag wurde im wesentlichen damit begründet, daß das gegenständliche Vorhaben innerhalb der nächsten zwei Jahre "realisiert" werden könne.

Mit Bescheid vom 4. November 1986 erteilte der Landeshauptmann von Tirol der Beschwerdeführerin die wasserrechtliche Bewilligung für das von ihr beantragte Kraftwerk. Mit Schreiben vom 20. November 1986 teilte die Tiroler Landesregierung der Beschwerdeführerin mit, daß das nunmehr wasserrechtlich bewilligte Projekt nicht mit dem von der Tiroler Landesregierung im Jahre 1982 naturschutzrechtlich bewilligten Projekt ident sein dürfte. Die Beschwerdeführerin erklärte daraufhin mit Schreiben vom 5. Dezember 1986, daß ihrer Auffassung nach das wasserrechtlich bewilligte Projekt mit dem naturschutzrechtlich bewilligten Projekt übereinstimme. Aufgrund einer Berufung der Marktgemeinde H gegen den wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid wurde dieser vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft mit Bescheid vom 28. Juli 1987 aufgehoben und das Verfahren zur neuerlichen wasserrechtlichen Verhandlung an den Landeshauptmann von Tirol zurückverwiesen.

Mit Schreiben vom 1. März 1989 ersuchte die Tiroler Landesregierung die Beschwerdeführerin um Mitteilung, ob der naturschutzrechtliche Bescheid vom 23. September 1982 verlängert werden solle oder hinsichtlich eines neuen Projekts um eine naturschutzrechtliche Bewilligung angesucht werde. Mit Schreiben vom 9. März 1989 erklärte die Beschwerdeführerin, um Verlängerung des naturschutzrechtlichen Bescheides für das Kraftwerksprojekt bis zur neuerlichen Wasserrechtsverhandlung im ersten Halbjahr 1989 anzusuchen. An der Ausgangssituation, die zum naturschutzrechtlichen Bescheid vom 23. September 1982 geführt habe, habe sich ihrer Auffassung nach nichts geändert.

Mit Schreiben vom 2. Jänner 1991 teilte die Tiroler Landesregierung der Beschwerdeführerin mit, daß nach § 13 Abs. 4 TNSchG eine naturschutzrechtliche Bewilligung erlösche, wenn eine für das Vorhaben sonst erforderliche Bewilligung rechtsunwirksam werde. Die in der gegenständlichen Sache rechtsgültige wasserrechtliche Bewilligung scheine nicht mehr rechtswirksam zu sein. Abgesehen davon scheine in der Zwischenzeit die Erteilung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung unzulässig geworden zu sein, da sich die sachlich geforderte Pflichtwassermenge verändert habe. In einer Stellungnahme vom 25. Jänner 1991 erklärte daraufhin die Beschwerdeführerin, daß bis zum heutigen Tag noch keine wasserrechtliche Bewilligung erteilt worden sei. Von seiten der Tiroler Landesregierung sei der Beschwerdeführerin mehrfach erklärt worden, daß der naturschutzrechtliche Bescheid vom 23. September 1982 bis zum Abschluß des Wasserrechtsverfahrens aufrecht bleibe.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Verlängerung der Rechtswirksamkeit der naturschutzrechtlichen Bewilligung der Tiroler Landesregierung vom 23. September 1982 betreffend Errichtung und Betrieb des Kraftwerkes K-E gemäß § 13 Abs. 4 TNSchG in Verbindung mit Art. III der Kundmachung der Landesregierung vom 18. März 1991 über die Wiederverlautbarung des Tiroler Naturschutzgesestzes, LGBl. Nr. 29/1991, abgewiesen.

Nach Darstellung des bisherigen Verfahrensablaufes verwies die belangte Behörde zunächst auf Art. III (ergänze: Abs. 8) der Kundmachung der Landesregierung vom 18. März 1991 über die Wiederverlautbarung des Tiroler Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 29/1991. Verwaltungsverfahren aufgrund des Tiroler Naturschutzgesetzes, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle zum Tiroler Naturschutzgesetzes bereits anhängig seien, seien nach den gesetzlichen Bestimmungen, wie sie beim Inkrafttreten der Novelle zum Tiroler Naturschutzgesetz in Geltung gestanden seien, weiterzuführen. Die Novelle zum Tiroler Naturschutzgesetz, LGBl. Nr. 52/1990, sei nach ihrem Art. II am 1. September 1990 in Kraft getreten. Da zum 1. September 1990 der Verlängerungsantrag der Beschwerdeführerin anhängig gewesen sei, sei er nach den Bestimmungen des Tiroler Naturschutzgesetzes in der Stammfassung LGBl. Nr. 15/1975 zu behandeln. Nach dem Übergangsrecht zum AVG 1950, BGBl. Nr. 51/1991, seien am 1. Jänner 1991 anhängige Verfahren nach der bis zum Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 357/1990 geltenden Rechtslage zu Ende zu führen. Das bedeute, daß im gegenständlichen Fall die Vorschriften des AVG 1991 nicht anzuwenden seien.

Die belangte Behörde gehe davon aus, daß die Beschwerdeführerin berechtigt gewesen sei, einen Verlängerungsantrag zu stellen. Werde § 13 Abs. 4 des Tiroler Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 15/1975, auf diesen Antrag zur Anwendung gebracht, so sei im Entscheidungszeitpunkt in jedem Fall die naturschutzrechtliche Bewilligung vom 23. September 1982 als erloschen anzusehen: Unterstelle man nämlich - aktenwidrig - die Zulässigkeit des Einräumens sämtlicher in § 13 Abs. 4 TNSchG erwähnten Fristen, so wäre eine maximale Verlängerung um 7 Jahre erwägbar. Zwei Jahre nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides hätte mit dem Vorhaben begonnen werden müssen (d.h. bis zum 6. Oktober 1984). Das Vorhaben hätte dann binnen drei Jahren nach dem Beginn seiner Ausführung vollendet werden müssen (d.h. bis spätestens 6. Oktober 1987). Die Rechtswirksamkeit der naturschutzrechtlichen Bewilligung könne höchstens um zwei Jahre verlängert werden, wenn die Vollendung dieses Vorhabens unverschuldet verhindert worden und in der Zwischenzeit die Erteilung der Bewilligung nicht unzulässig geworden sei. Die Bewilligung hätte daher maximal bis zum 6. Oktober 1989 verlängert werden können. Im Entscheidungszeitpunkt (2. Dezember 1991) sei daher eine Verlängerung in jedem wie immer gearteten Fall unzulässig. Die Beschwerdeführerin könne im übrigen jederzeit einen neuen naturschutzrechtlichen Antrag auf Bewilligung ihres Projektes stellen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die - der Sache nach - wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf ein ordnungsgemäßes Verfahren verletzt, da sie von der belangten Behörde stets in dem Glauben gelassen worden sei, die rechtskräftig erteilte naturschutzrechtliche Bewilligung könne ohne Probleme verlängert werden. In keiner Äußerung der belangten Behörde sei die Auffassung vertreten worden, daß ein nicht mehr sanierbarer Fristablauf vorliege. Durch diese Vorgangsweise der belangten Behörde sei die Beschwerdeführerin irregeführt worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 13 Abs. 4 TNSchG bestimmt:

"(4) Eine Bewilligung erlischt, wenn binnen zwei Jahren nach Eintritt ihrer Rechtskraft mit der Ausführung des Vorhabens nicht begonnen oder wenn das Vorhaben binnen drei Jahren nach dem Beginn seiner Ausführung nicht vollendet wurde, ebenso dann, wenn eine für das Verhaben sonst erforderliche Bewilligung rechtskräftig versagt oder rechtsunwirksam wird. Die Rechtswirksamkeit einer Bewilligung ist auf Antrag um höchstens zwei Jahre zu verlängern, wenn ihr Inhaber glaubhaft macht, daß er an der rechtzeitigen Vollendung des Vorhabens ohne sein Verschulden verhindert ist, und wenn in der Zwischenzeit die Erteilung der Bewilligung nicht unzulässig geworden ist."

Mit Gesetz vom 9. Mai 1990, LGBl. Nr. 52/1990, wurde das Tiroler Naturschutzgesetz geändert, wobei Art. III Abs. 8 vorsah, daß Verwaltungsverfahren aufgrund des Tiroler Naturschutzgesetzes, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits anhängig sind, nach den gesetzlichen Bestimmungen, wie sie beim Inkrafttreten dieses Gesetzes in Geltung standen, weiterzuführen sind. Diese Novelle zum Naturschutzgesetz trat gemäß Art. II Abs. 1 am 1. September 1990 in Kraft.

Mit Kundmachung der Tiroler Landesregierung vom 18. März 1991 über die Wiederverlautbarung des Tiroler Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 29/1991, herausgegeben und versendet am 3. April 1991, wurde in der Anlage das Tiroler Naturschutzgesetz, LGBl. Nr. 15/1975, unter Berücksichtigung der durch das Gesetz LBGl. Nr. 52/1990 erfolgten Änderungen als "Tiroler Naturschutzgesetz 1991" wiederverlautbart. Art. III der Wiederverlautbarungskundmachung wiederholt Art. II und Art. III der Novelle LGBl. Nr. 52/1990.

Auf Grund der zitierten Übergangsbestimmungen ergibt sich, daß auf das vor der belangten Behörde seit dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 8. August 1984 anhängige Verfahren die Bestimmung des § 13 Abs. 4 TNSchG anzuwenden war.

Daß bei Anwendung dieser Bestimmung eine Verlängerung der mit Bescheid vom 23. September 1982 erteilten naturschutzrechtlichen Bewilligung im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch zulässig gewesen wäre, wird von der Beschwerdeführerin nicht behauptet. Ein solches Vorbringen wäre im Hinblick auf die insofern eindeutige Sach- und Rechtslage auch nicht erfolgversprechend. Hätte die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorhaben (Kraftwerk K-E) nicht binnen zwei Jahren nach Eintritt der Rechtskraft des Bewilligungsbescheides vom 23. September 1982, also ab 6. Oktober 1982, begonnen (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 3. Juni 1987, Zl. 87/10/0006), so wäre die Bewilligung bereits mit Ablauf des 6. Oktober 1984 erloschen. Eine Verlängerung der Baubeginnfrist ist im Gesetz nicht vorgesehen.

Nur unter der Voraussetzung, daß mit dem Vorhaben tatsächlich begonnen worden wäre, käme bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 13 Abs. 4 TNSchG eine Verlängerung überhaupt in Frage, allerdings nur - worauf die belangte Behörde zutreffend verwiesen hat - bis maximal 6. Oktober 1989. Eine Verlängerung darüber hinaus ist nach dem Tiroler Naturschutzgesetz nicht mehr möglich.

Wenn die Beschwerdeführerin der belangten Behörde vorwirft, von dieser nie darauf aufmerksam gemacht worden zu sein, daß die Bewilligung nicht mehr verlängert werden könne, so ist sie darauf zu verweisen, daß Gegenstand des Parteiengehörs nur der durch die Behörde als erwiesen angenommene Sachverhalt, nicht aber auch dessen rechtliche Beurteilung sein kann (vgl. etwa das Erkenntnis vom 24. November 1986, Zl. 86/10/0169). Im übrigen hat die Tiroler Landesregierung im naturschutzrechtlichen Bewilligungsbescheid vom 23. September 1982 unter Spruchpunkt II gesondert auf die Bestimmung des § 13 Abs. 4 TNSchG hingewiesen und diese auch teilweise wörtlich wiedergegeben.

Auf Grund dieser Erwägungen ist der angefochtene Bescheid nicht mit der von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtswidrigkeit behaftet. Die Beschwerde war daher ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Parteiengehör Rechtliche Beurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992100026.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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